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Alsfelder AmtsgerichtVerwarnung und Geldauflage wegen Kinderpornografie-Besitz

ALSFELD (akr). Ein 22-Jähriger ist an diesem Mittwoch vor dem Alsfelder Amtsgericht nach Jugendstrafrecht verwarnt und zur Zahlung einer Geldauflage verurteilt worden – und zwar wegen des Besitzes einer kinderpornografischen Videodatei. Soviel vorab: Alle Beteiligten im Gericht waren sich einig, dass hier keineswegs Pädophilie vorliegt.

45 Minuten nachdem der Angeklagte auf seinem Stuhl Platz genommen hatte, war die Verhandlung im großen Sitzungssaal des Alsfelder Amtsgerichtes an diesem Mittwoch dann auch schon wieder vorbei: Der 22-Jährige, der sich wegen des Besitzes einer kinderpornografischen Datei vor Gericht verantworten musste, kam mit einer Verwarnung und Geldauflage davon.

„Ich sehe ein, dass es vollkommen blöd war“, erklärte der 22-Jährige. Vor rund drei Jahren bekam er per Whatsapp eine kinderpornografische Videodatei geschickt. Doch anstatt diese zu löschen, kommentierte er „der wird safe später gemobbt“, wie es in der Anklageschrift hieß, die Staatsanwalt Eugen Schwegler vortrug. Im Jahr darauf war er immer noch im Besitz dieser Datei, die bei einer Durchsuchung des LKA entdeckt wurde.

Wegen des Besitzes musste sich der 22-Jährige, der bis letztes Jahr noch in Mücke wohnte, an diesem Mittwoch vor dem Alsfelder Amtsgericht verantworten. Er zeigte sich von Anfang an geständig, sagte, dass er einfach nicht darüber nachgedacht habe, was eben „vollkommen blöd“ gewesen sei – auch hinsichtlich seines Kommentars. „Ich wurde in der Schule selbst gemobbt, ich verstehe nicht, warum ich das geschrieben habe“, erklärte er.

Es sei auch das erste Mal gewesen, dass er so etwas geschickt bekommen habe. „Ich habe mit so etwas nichts zu tun“, betonte der 22-Jährige. Denn wie der Vorsitzende Richter Bernd Süß erklärte, würde es seit einigen Jahren vermehrt vorkomme, dass sich gerade Jugendliche solche kinderpornografischen Dateien, sei es Videos, Bilder oder Gifs, zuschicken würden – nicht aber zur Befriedigung des Sexualtriebes. Staatsanwalt Schwegler sprach in diesem Zusammenhang von „digitaler Naivität“.

Dass der Angeklagte nicht pädophil sei, stand für die Beteiligten im Raum außer Frage. Dann nämlich hätte man unter anderem mehr als eine Videodatei bei ihm gefunden, wie sowohl Süß als auch der Verteidiger Ralf Lämmer anmerkten. „Wir haben es mit einer Videodatei zu tun. Das entspricht nicht dem typischen Bild von Tätern, sondern eher eine jugendtypischen Verfehlung“, betonte Lämmer. Auch die Beamte des LKA, die damals an der Hausdurchsuchung teilnahm, sprach bei ihm von einem „jugendspezifischen delinquentem Verhalten“ und nicht von Pädophilie, wie Süß mitteilte.

Anwendung des Jugendstrafrechts

Vor den Plädoyers gab noch die Jugendgerichtshilfe einen Einblick in das Leben des Angeklagten, ehe sie sich in ihrer Stellungnahme für die Anwendung des Jugendstrafrechts aussprach. Unter anderem sei sein „Reifeprozess“ zum Tatzeitpunkt noch nicht abgeschlossen gewesen. Sie Schlug eine Verwarnung, eine Geldauflage und drei Termine bei einer Täterberatung vor.

Staatsanwalt Schwegler forderte in seinem Plädoyer ebenfalls die Anwendung des Jugendstrafrechts, eine Verwarnung und eine Geldauflage in Höhe von 500 Euro, die an eine gemeinnützige Organisation gespendet werden sollte. Im Gegensatz zur Jugendgerichthilfe sah er aber von einem Beratungsgespräch ab. Verteidiger Lämmer schloss sich dem Staatsanwalt an, warf jedoch ein, die Geldauflage doch als Ratenzahlung zu ermöglichen.

Der ehemalige Mücker wurde schließlich nach Jugendstrafrecht verwarnt und zur Zahlung einer Geldauflage verurteilt. Er soll 500 Euro an die Opferhilfe „Weißer Ring“ zahlen und an einem Erziehungsgespräch teilnehmen. In seiner Urteilsbegründung führte Süß dem 22-Jährigen aber nochmal den Ernst der Lage vor Augen, denn wäre er als Erwachsener verurteilt worden, hätte ihm mindestens eine Freiheitsstrafe von einem Jahr gedroht.

Aber auch das Gericht hatte keinen Zweifel, dass hier das Jugendstrafrecht zur Anwendung kommen sollte. „Allein die Tat ist jugendtypisch“, erklärte er – das so etwas mal „jugendtypisch“ sein sollte, daran hätte man vor zehn, 15 Jahren auch noch nicht gedacht, so der Richter. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidigung kündigten Rechtsmittelverzicht an.

Doch wie sollte man sich nun am besten verhalten, wenn man solche Bilder, Videos oder sonstige Dateien geschickt bekommt? „Zunächst sollte man sich distanzieren“, erklärten sowohl Staatsanwalt Schwegler als auch Richter Süß. Hier könne man beispielsweise einfach antworten, dass man solche Dateien nicht geschickt bekommen möchte. „Dann sofort zur Polizei oder alternativ sofort löschen“, erklären sie und raten, die automatische Speicherfunktion bei Whatsapp auszuschalten.

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