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Zu Besuch bei Künstlerin Inge ZuschlagDie Frau hinter dem eindrucksvollen Bühnenbild

LIEDERBACH (akr). Dass das Alsfelder Wintermärchen seit Jahren ein absoluter Erfolg ist, liegt nicht nur an dem schauspielerischen Können der Marktspielgruppe oder den aufwendigen Kostümen, sondern auch am eindrucksvollen Bühnenbild, das mit viel Liebe zum Detail seit jeher für begeisterte Zuschauer sorgt – und zwar dank Inge Zuschlag. Zu Besuch im Arbeitszimmer der Künstlerin.

Wenn man das Arbeitszimmer von Inge Zuschlag in ihrem Haus in Liederbach betritt, weiß man gar nicht, wo man als erstes hinschauen soll. „Ich mag keine kahlen Wände“, lacht die 74-Jährige. Und wahrlich: Man findet kaum eine Stelle, an der kein farbenfrohes Gemälde der Künstlerin zu sehen ist. Seit sie 15 Jahre alt ist, greift Zuschlag zu Pinsel und Farbe und lässt ihrer Kreativität freien Lauf. Die 74-Jährige malt aber nicht nur, sondern fertigt unter anderem auch Skulpturen an. „Ich probiere immer gerne etwas Neues aus. Ich bin zu allen Schandtaten bereit“, sagt sie und lächelt.

Und deshalb ist sie auch unfassbar gerne Teil des Wintermärchen-Teams. Jedes Jahr kann  sie sich aufs Neue beim Bühnenbild künstlerisch austoben. Beim diesjährigen Wintermärchen „Hans im Wald“ ist vor allem ihr Können mit Pinsel und Farbe gefragt. „Dieses Mal ist es sehr viel Malerei“, erzählt Zuschlag. Auf dem Tisch liegt die letzte bemalte Stoffbahn aus Baumwolle zum trocknen. Darauf zu sehen ist der Eingang des Waldes. „Es fehlen aber noch ein paar Feinheiten“, sagt sie mit Blick auf ihr Werk.

Ein paar Feinheiten stehen noch aus. „Man darf keine großen Fehler machen“, erklärt sie. Denn größere Fehler könne man mit der Abtönfarbe nicht übermalen. „Man muss aufpassen, bis jetzt ist aber alles gut gegangen“. Alles was fertig ist, räumt die 74-Jährige in das Zimmer gegenüber.

Zuschlag ist sehr selbstkritisch, wie sie sagt. Nur ein Mal sei sie mit ihrer Arbeit wirklich voll und ganz zufrieden gewesen – und das war das Bühnenbild der Regentrude. Hier hat sie viel mit Papier gearbeitet. „Das ist mir gut gelungen“, lächelt die 74-Jährige bescheiden. Sonst würde sie nämlich immer etwas finden, was sie im Nachhinein hätte anders machen können. Doch das ändert natürlich nichts daran, dass ihr die Arbeit für das Wintermärchen sehr viel Spaß bereitet.

Seit August sitzt Zuschlag an ihren Werken für „Hans im Wald“ – wobei sitzen tatsächlich falsch ist, denn gemalt wird im Stehen. Dann wirft sich Zuschlag ihre knapp 40 Jahre alte Schürze über, schaltete Rockmusik ein und pinselt drauf los. In Abschnitten arbeitet sie sich von oben nach unten, ehe die Farbe trocknen muss und der Stoff zur Seite geschoben werden kann. 2,60 x 2 Meter sind übrigens die Maße der größten Stoffbahn, die Zuschlag für das diesjährige Wintermärchen bemalt hat.

Die Bahnen werden schließlich auf ein Gestell aus Holz gespannt, das vom Bauhof gebaut wurde und das bereits bei einigen Wintermärchen zum Einsatz kam. In diesem Jahr werden darauf verschiedene Eingänge zu sehen sein – beispielsweise den des Hexenhauses. Mehr soll an dieser Stelle aber noch nicht verraten werden.

Ein Wald aus Stoff und viele weitere liebevolle Details

So wie bei den Kostümen wird bei „Hans im Wald“ in Sachen Bühnenbild auf bereits Vorhandenes zurückgegriffen. Für das Märchen „Schneeweißchen und Rosenrot“ hatte Zuschlag schon 2015 einen Wald auf viele Meter Stoff gezaubert – der wird nun wieder verwendet. Viel zu tun hatte die Künstlerin aber trotzdem. Aus Styropor und Papptellern hat sie beispielsweise bunte, glitzernde Lollis kreiert. Die dürfen schließlich für das Hexenhaus nicht fehlen, ebenso wie viele weitere ihrer Kreationen, die das Bühnenbild jedes Jahr so besonders machen.

„Ich schaue mit Kinderaugen auf die Geschichte“, sagt Zuschlag, deshalb darf es bei ihr auch gerne bunt sein. Und für die kleinen Mädchen in diesem Jahr auch mit Glitzer.

Dafür investiert sie immer zahlreiche Stunden. „Wenn fest steht, welches Märchen es sein wird, dann fange ich schon an zu überlegen“, erzählt die 74-Jährige. Johanna Mildner lässt ihr dabei zwar freie Hand, aber ihre Ideen stellt Zuschlag ihr dennoch vor. „Wir vier sind ein gutes Gespann“, lächelt sie – und meint damit die beiden Intendantinnen Mildner und Jenny Wagner sowie Schneidermeisterin Ruth Henkel. Sie strahlt über das ganze Gesicht, wenn sie über die Zusammenarbeit mit ihnen spricht. „Ich hoffe, dass ich das noch lange machen kann“, lächelt die Künstlerin.

Jetzt ist aber erstmal Endspurt angesagt, denn ab Montag steht der Aufbau des Bühnenbilds auf dem Programm sowie ein paar letzte Feinheiten. Zuschlag ist schon ganz gespannt, wie alles zusammen aussehen wird. „Ich freue mich schon sehr“. Wenn dann die letzte Vorstellung über die Bühne gegangen ist, wird auch das Arbeitszimmer geputzt und aufgeräumt. „Vorher hat das keinen Sinn“, lacht sie.

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