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Leserbrief von Michael Riese, Vorsitzender des Fördervereins Jüdische Geschichte Vogelsberg„Ein gutes Zeichen, dass weiterhin Interesse an der Geschichte der Alsfelder Juden besteht“

ALSFELD (ol). Der alte jüdische Friedhof in Alsfeld ist ein beeindruckender Ort zur Geschichte der Juden in Alsfeld bis zur NS-Zeit. Dass im Rahmen der diesjährigen Kulturtage die Führung auf dem Friedhof mit Daniela Eichelberger und Konrad Rüssel auf großes Interesse stieß, ist ein gutes Zeichen dafür, dass weiterhin Interesse an der Geschichte der Alsfelder Juden besteht, meint Michael Riese, Vorsitzender des Fördervereins Jüdische Geschichte Vogelsberg, in einem Leserbrief, den Sie hier im Wortlaut lesen können.

Es ist ein purer Zufall, dass der Friedhof überhaupt noch existiert. Zwischen 1941 und 1942 bemühte sich die Stadt Alsfeld im Rahmen der vom Regime sogenannten „Entjudung des Grundbesitzes“, den jüdischen Friedhof von der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland zu erwerben, wie aus diversen Dokumenten aus dem Staatsarchiv Darmstadt hervorgeht. Ein Kaufpreis von 300 Reichsmark stand im Raum, der Grundstückswert lag laut Finanzamt bei 700 Reichsmark. Die Alsfelder Ratsherrn kamen aber zu der Entscheidung, dass sie den Friedhof nur kostenlos erwerben wollten.

Rundgang über den jüdischen Friedhof

Im April 1942 teilt der Reichsstatthalter in Hessen dem Alsfelder Landrat mit, dass aufgrund eines Erlasses des Reichsinnenministers Anträge von Gemeinden auf „Zwangsentjudung“ von nicht land- oder forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken nicht mit einer Genehmigung rechnen könnten. Im Interesse der Einsparung von Verwaltungsarbeit sollten solche Anträge bis nach dem Kriegsende zurückgestellt werden.

Deutschland verlor den Krieg und kapitulierte. Damit ging der Friedhof nicht in das Eigentum der Stadt und blieb erhalten. Heute ist der Friedhof im Besitz des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden in Hessen und wird aufgrund eines Staatsvertrages von der Stadt Alsfeld gepflegt.

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