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Die wichtigsten Fragen und Antworten zu Fallzahlen, Impfpflicht und KitasWas Sie zur aktuellen Corona-Lage im Vogelsberg wissen müssen

VOGELSBERG (akr). Wie sieht die Corona-Situation in den Kitas und Schulen derzeit aus? Könnten die Einrichtungen wieder geschlossen werden? Wie steht es um die Impfquote im Kreis? Und was ist in den Krankenhäusern los? Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Pandemie im Vogelsberg.

Über 2.000 aktive Fälle und eine Inzidenz von 1595,2: Die vierte Corona-Welle trifft auch den Vogelsberg mit voller Wucht. Täglich steigen die Zahlen weiter an und neue Höchstwerte werden erreicht. Neuinfektionen im dreistelligen Bereich, das ist seit einigen Tagen Standard im Vogelsbergkreis. An diesem Mittwoch meldete das Gesundheitsamt erst wieder 357 neue positive Tests.

Die Folge der stetig steigenden Zahlen: Bei der Kontaktnachverfolgung stößt das Gesundheitsamt an seine Grenzen. Es können nicht mehr alle Kontaktpersonen zeitnah informiert werden. Das Gesundheitsamt hat also mehr als nur alle Hände voll zu tun. Aufgrund der zahlreichen Presseanfragen entschied sich der Kreis daher, eine Pressekonferenz einzuberufen und einen Überblick über das aktuelle Corona-Geschehen zu geben – von der Situation in den Kitas, Schulen und Krankenhäusern, über die Impfquote bis hin zur Impfpflicht, die ab dem 15. März für Beschäftigte in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen gilt. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Wie hat sich die Corona-Lage in den vergangenen zwei Wochen entwickelt?

Vor 14 Tagen lag die Inzidenz im Vogelsberg noch bei 450 – innerhalb von zwei Wochen hat sich sie sich also „im Prinzip“ vervierfacht, wie Gesundheitsdezernent und Erster Kreisbeigeordneter Jens Mischak erklärte. In den letzten Tagen gab es im Vogelsberg durchschnittlich rund 300 bis 500 Neuinfektionen pro Tag. Diese Entwicklung sei auf den ersten Blick erschreckend, doch die Entwicklung liege im Durchschnitt des Landes – Hessen liege übrigens gerade auf Platz 2 was die Inzidenz in Deutschland angeht. Derzeit seien im Vogelsberg 36 Prozent der Fallzahlen Personen der Altersgruppe von 0 bis 19.

Was hat sich bei der Kontaktnachverfolgung geändert?

Bis vergangene Woche hat das Gesundheitsamt noch jeden positiven Fall angerufen. Doch vom Anlegen eines Falls bis zum Ende des Telefongespräch vergehen im Schnitt 15 bis 20 Minuten. Bei der hohen Anzahl an Neuinfektionen funktioniert das trotz der vielen Mitarbeiter nicht mehr, wie Mischak betont.

Das war der Grund, warum das Gesundheitsamt entscheiden hat, Kontaktverfolgung nun postalisch zu machen. Jeder, der als positiver PCR-Fall gemeldet ist, bekommt einen Brief des Gesundheitsamtes mit den Angaben zum Isolationszeitraum, zu den Freitestungsmöglichkeiten oder auch, wie man das Genesenen-Zertifikat erhält, erklärte Andreas Smakal vom Gesundheitsamt. Ferner diene das Schreiben auch zur Vorlage beim Arbeitgeber im Rahmen der Entschädigungszahlung. Der Corona-Infizierte sei also nun selbst dafür verantwortlich, Kontaktpersonen zu informieren.

Wie sieht die Corona-Situation in den Schulen aus?

Während es in den Wochen nach den ersten drei Wochen nach den Herbstferien nur etwa 20 Neuinfektionen gab, sind es nach den Weihnachtsferien über 400. Trotz dieser hohen Infektionszahlen sei das Infektionsgeschehen bei den Lehrern noch einigermaßen überschaubar. Gerade Grundschulen seien von den Neuinfektionen betroffen und das vor allem in den Städten und Gemeinden, in denen das Infektionsgeschehen so oder so schon höher ist, beispielsweise Schlitz, Lauterbach oder Alsfeld. Es gebe Situationen, da sei zum Teil die Hälfte der Klasse nicht im Präsenzunterricht. Bei den kleineren Grundschulen sei die Lage noch relativ entspannt, aber das könne morgen auch wieder ganz anders sein.

Und die Situation in den Kitas?

Im Kreis gibt es derzeit 59 Kita-Standorte, im Moment sind laut Mischak insgesamt acht Gruppen geschlossen. Allerdings müsse man auch hier sagen, dass die Tendenz steigend sei. Es gebe Kitas, die überhaupt nicht betroffen sind, andere wiederum haben auf einen Schlag plötzlich 28 Fälle. Entsprechend unterschiedlich müsse man auch mit Gruppenschließungen und Notbetreuungen reagieren.

Wie wahrscheinlich ist eine kreisweite Schließung der Schulen und Kitas?

„Ich habe mir abgewöhnt in irgendeiner Lage zu sagen, dass etwas nicht in Betracht oder in Betracht kommt“, sagt Mischak. Er will es nicht ausschließen, aber aus heutiger Sicht wird es seiner Meinung nach nicht dazu kommen. Die Situationen in den einzelnen Kommunen seien unterschiedlich. Mischak hält den Schritt bislang für keine angemessene Reaktion auf die Situation und auch für unwahrscheinlich. Die Schließungen hätten unter anderem erhebliche Folgen für die Frage der Kinderbetreuung und wie Eltern dann ihren Alltag organisieren.

Wie sieht die Situation in den Krankenhäusern aus?

Im Versorgungsgebiet 2 Fulda-Bad Hersfeld, das auch den Vogelsbergkreis umfasst, sei die Situation relativ entspannt und man habe auch freie Beatmungsgeräte, wie Dr. Henrik Reygers, kommissarischer Leiter des Gesundheitsamtes des Vogelsbergkreises, erklärte. Die Intensivstationen seien derzeit nicht ausgelastet, es gebe freie Plätze für weitere Patienten, falls diese benötigt werden. Im regelstationären Bereich habe man derzeit sehr hohe Zahlen.

Das sei auch nachvollziehbar, denn die dieser Bereich spiegele ja die allgemeine Gesellschaft wieder. Wenn die Zahlen dort steigen, steigen sie in dem Bereich auch. Rund ein Drittel der Menschen, die derzeit auf der normalen Station liegen haben als „Nebenbefund“ Corona. Sie wurden also wegen einer ganz anderen Erkrankung stationär aufgenommen, beispielsweise nach einem Treppensturz.

„Meine Bitte ist, dass man die Hospitalisierungsrate und insbesondere die Situation auf den Intensivstationen beleuchtet und nach außen kommuniziert, weil die nämlich sagt, wie unsere Krankenhäuser dastehen“, betont Reygers. Er machte auch darauf aufmerksam, dass nicht jeder, der infiziert ist, auch erkrankt sei.

Denn das müsse man unterscheiden. „Wir haben es zum Glück nicht mit Ebola oder dem Marburg-Fieber zu tun, sondern mit einem Virus, das durch diverse Mutationen seinem Ziel näher gekommen ist, sich schnell zu vermehren, aber nicht den Wirt, also den Menschen, umzubringen“ – das sei auch das eigentliche Ziel eines jedes Virus – zumindest insofern man bei zufälligen Veränderungen im übertragenen Sinn von einem Ziel des Virus sprechen kann.

Wie läuft derzeit die Impfkampagne im Vogelsberg?

Das Impfen im Vogelsberg stagniert, wie der Ärztliche Leiter des Impfzentrums, Dr. Erich Wranze-Bielefeld, sagte. Es finden keine 1.000 Impfungen mehr am Tag statt, sondern eher rund 200 bis 250. „Jetzt haben wir jede Menge Impfstoff, aber nur eine geringe Nachfrage.“ Der Vogelsbergkreis liege rund drei Prozent unter dem Hessendurchschnitt. Doch wenn man das aufdröselt nach dem Alter der zu impfenden Personen und nach der Art der Impfung, dann würde sich das relativieren.

So liege der Vogelsberg bei der Auffrischungsimpfung und bei den Impfungen von über 60-Jährigen über dem Hessendurchschnitt. Auch bei den Kinderimpfungen sei die Nachfrage bislang relativ stark. 1.283 Kinder seien bislang geimpft worden. Alle Impftermine, die angeboten wurden, seien ausgebucht gewesen. Jetzt habe sich die Nachfrage in dem Bereich wieder reduziert.

Wann wird im Vogelsberg mit Novavax geimpft?

Der proteinbasierte Impfstoff ist für die 8. Kalenderwoche angekündigt. Dann soll der Bund diesen ans Land liefern. In der 9. Kalenderwoche würde der Vogelsberg den Stoff dann vom Land Hessen bekommen. Wie viele Dosen der Kreis bekommt, sei noch unklar. Rein rechnerisch, so Wranze-Bielefeld, sollten es vermutlich so um die 1.000 Dosen sein.

Novavax gibt es ab März

Ist Novavax besser als die anderen Impfstoffe? Und für wen ist er geeignet?

In den bisherigen Untersuchungen habe Novavax etwas schlechter abgeschnitten als die mRNA-Impfstoffe, aber in der vergleichbaren Größenordnung, also etwa gleich wirksam. Auch bei Novavax liege der Intervall zwischen Erst- und Zweitimpfung zwischen drei bis acht Wochen – im Vogelsberg werden es vier Wochen sein, so der ärztliche Leiter. Wie es mit der Auffrischungsimpfung bei diesem Impfstoff aussieht, darüber wisse man noch nicht Bescheid.

Das Klientel für diesen Impfstoff seien in erster Linie diejenigen, die von der einrichtungsbezogenen Impfpflicht betroffen und bisher noch nicht geimpft sind und in zweiter Linie diejenigen, die dringend geimpft werden müssen, aber bisher Bedenken gegen die Impfung mit einem Vektor- oder mRNA-Impfstoff hatten.

Wie wird im Vogelsbergkreis die ab dem 16. März geltende Impfpflicht gehandhabt?

Bei dieser Impfpflicht für das Gesundheitspersonal spielt das Gesundheitsamt eine entscheidende Rolle, erklärte Mischak. Seiner Meinung nach, und auch seine Kollegen aus den anderen Landkreisen würden das so sehen, sei der Paragraphen 20a im Infektionsschutzgesetz kaum umsetzbar. Im Schnitt gehe man davon aus, dass in den Einrichtungen etwa zehn Prozent bislang noch nicht geimpft sind.

Der Arbeitgeber muss diesen Personenkreis bis zum 15. März erfasst haben und die Personen dann an das Gesundheitsamt melden. Das Gesundheitsamt selbst muss die Ungeimpften dann mit der Bitte um Vorlage eines Impfnachweises kontaktieren. Kann dieser nicht erbracht werden, dann müsse das Gesundheitsamt in jedem einzelnen Fall darüber entscheiden, ob ein Beschäftigungs- und Betretungsverbot für die Person zu erlassen ist. Sprich: Jeder Fall müsse einzeln entschieden werden.

Im Kreis der Gesundheitsdezernenten in Hessen hat man laut Mischak vereinbart, dass es keine Alleingänge einzelner Gesundheitsämter geben wird. Man warte auf einheitliche Vollzugshinweise des Sozialministeriums. „Und allen muss klar sein, dass für die Versorgung der Einrichtungen – egal ob Krankenhaus, Altenheim oder ambulanter Pflegedienst, das natürlich zu Versorgungsengpässen führen kann, sollte die Quote höher als zehn Prozent sein und dann von heute auf morgen solche Verbote erlassen werden müssen“, betont Mischak. Das Gesetz sei in der derzeit angespannten Lage kaum zu meistern und es sei wichtig, dass es deutschlandweit einheitliche Regelungen gibt.

Was eine allgemeine Impfpflicht betrifft, da fehle dem Gesundheitsdezernenten ein Stück weit die Fantasie, wie man die mit vertretbaren Aufwand umsetzen will.

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