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Landrat erklärt Hintergründe zur PreissteigerungGörig wehrt sich gegen Kritik an KKA-Kosten

ALSFELD (jal). „Ich erwarte von den Fraktionen, die sich jetzt lautstark äußern, sich zunächst im Detail mit der Thematik auseinanderzusetzen.“ Mit diesen Worten reagiert Manfred Görig auf Kritik aus dem Kreistag an der Kostensteigerung beim Neubau des Alsfelder Krankenhauses. Was es nun brauche sei eine „sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema und keine Schlagworte für die Presse“.

Hintergrund des Ganzen dürften die Äußerungen der Fraktionsvorsitzenden des Kreistags sein, die OL zu dem Thema zusammengetragen hat, nachdem der Kreis am Wochenende per Pressemitteilung bekannt gegeben hatte, dass der geplante Neubau des Alsfelder Krankenhauses mehr als 30 Millionen Euro teuer werden könnte, als bisher gedacht. Der Grund dafür sei unter anderem ein höherer Flächenbedarf, der nun erst ermittelt worden sei, neben der bekannten Preisexplosion, die es im Baubereich allgemein gerade gibt.

OL hat den Kreis anschließend mit der Kritik aus den Fraktionen konfrontiert und dazu Fragen gestellt. Diese beantwortete die Pressestelle des Landkreises anschließend in einem Fließtext, ohne dabei im Detail auf bestimmte Aspekte oder Äußerungen aus dem Kreistag einzugehen.

Zu Beginn zitiert die Pressestelle den Landrat nochmals mit einem Verweis auf die anziehenden Preise im Baubereich: „Zunächst einmal muss man ganz deutlich sagen: Die Baupreissteigerung in Deutschland hat uns richtig kalt erwischt. In einem Dreivierteljahr sind die Preise nach Baupreisindex um 23 Prozent gestiegen. Die bisherigen Kostenprognosen erfolgten mit einem Baupreisindex von 3,5 Prozent pro Jahr.“

Paule zum KKA-Neubau: Frage ist nicht ob, sondern wie gebaut wird

Ein Teil der Kritik an der Kostensteigerung kam von den Freien Wählern. Deren Fraktionschef Lars Wicke wollte wissen, warum erst jetzt nach Beschlussfassung des Neubaus bekannt wurde, dass man 5.000 Quadratmeter mehr Fläche benötigt. Die FDP, welche dem Neubau damals nicht zustimmte, weil ihrer Meinung nach die Planungsgrundlage nicht ausreichte, sieht sich nach der Pressemitteilung aus dem Kreishaus bestätigt und spricht von einem „Blankoscheck“, den der Kreistag dem Landrat im Januar ausgestellt habe.

Es stand also die Frage im Raum, warum der Neubau des Krankenhauses nur auf Grundlage einer groben Anfangsplanung beschlossen wurde, und beim Nachschärfen der Planungen nun ein erhöhter Platzbedarf ermittelt wurde. Diese Frage bleibt in der Antwort des Kreises an OL im Kern unbeantwortet, für eine Nachfrage war der Landrat am Montagnachmittag nicht mehr zu erreichen.

Görig zeichnet stattdessen in seiner Stellungnahme den Werdegang des Planungsprozesses zeitlich nach. „Anfang 2020 wurde eine Beraterfirma beauftragt, ein Gesamtsanierungskonzept und einen Grobkostenrahmen zu erstellen. Angenommen wurde ein Flächenbedarf reduziert auf die künftig erforderliche Bettenzahl von 142. Im alten Krankenhaus gibt es allerdings eine sogenannte Flächenunterdeckung, so fehlen Räume für die Ärzte auf Station, zudem gibt es keine Aufenthaltsbereiche. Das musste im jetzt vorliegenden Raum- und Funktionskonzept für den Neubau berücksichtigt werden“, schreibt der Landrat.

Görig führt weiter aus: „In mehreren Sitzungen der Krankenhausleitung mit der Beratungsfirma und in einer Sitzung des Aufsichtsrates und der Krankenhaus-Kommission wurde die strategische Zielplanung festgelegt. Dabei wurde auch festgelegt, dass man das Thema Kardiologie (Herzkatheder-Station) umsetzen will und somit mehr Fläche für zusätzliche Betten und Fläche für Untersuchung benötigt. Da, wo wir schon stark sind, wollen wir noch stärker werden: im Bereich Geriatrie. Dort wird eine Leistungsentwicklung mit plus drei Prozent pro Jahr angenommen, wir bauen den Bereich weiter aus und benötigen auch hier mehr Platz.“

Moderne Krankenhäuser bieten mehr Platz

Der Landrat legt anschließend noch ausführlicher dar, warum mehr Platz benötigt wird. Was offen bleibt ist jedoch stets die Frage, ob man dies nicht hätte schon vorher wissen und in die Planungen vor Beschlussfassung mit einbeziehen hätte können. Görig sagt, um wirtschaftlicher handeln zu können, sei die Bettenzahl von 142 auf 152 erhöht worden. Gleichzeitig stehen nach heutigen Standards pro Bett jedoch rechnerisch mehr Quadratmeter zur Verfügung. 21,37 Quadratmeter zukünftig pro Bett versus 14,21 bis 15,24 Quadratmeter pro Bett im jetzigen Krankenhaus. In der Altersmedizin, die 48 Betten kriegen soll, ist der Raumbedarf wegen Rollatoren und ähnliches in den Zimmern der älteren Menschen pro Bett schließlich nochmals höher.

Und es gibt noch mehr Gründe, warum ein modernes, gutes Krankenhaus im Vergleich wesentlich mehr Platz benötigt. So sind die Räumlichkeiten und die Struktur für die Intensivpflege viel zu klein, beziehungsweise gar nicht vorhanden. Es gibt in Alsfeld bislang keine Intensivpflege mit einer Stationsstruktur, wie sie das Robert Koch-Institut vorsieht. „Hier muss eine Anpassung an die erforderlichen Planungskennwerte erfolgen, eine angemessene Raumgröße in Ein- und Zweibettzimmern geschaffen werden, sowie der Anteil der Intensivpflegebetten auch erhöht werden. Künftig werden acht Pflegeeinheiten der Intensivpflege mit den erforderlichen Pflegeflächen rund um den Patienten geschaffen“, sagt der Landrat.

Hinzu kommen mit einer eigenständigen Pflegestation auch Flächen für einen Schwesternstützpunkt sowie die ärztliche Versorgung unmittelbar in der Station. Und schließlich wird noch mehr Platz für die Verwaltung und ambulante Dienste im Krankenhaus benötigt, die heutzutage mehr als früher eine wichtige Rolle spielen.

Die Beratungsgesellschaft hat uns alle Daten geliefert, die wir benötigen und die wir gefordert habenLandrat Görig

„Die Beratungsgesellschaft hat uns alle Daten geliefert, die wir benötigen und die wir gefordert haben. Das war der Auftrag. Mit diesen Unterlagen im Gepäck werden wir das Gespräch mit Wiesbaden suchen. Der Termin wird gerade vorbereitet“, schreibt der Landrat. Und zusätzlich an anderer Stelle: „Nicht ausgewiesen sind Kosten für Grundstück und Parkplatz, falls erforderlich.“

Schließlich unterstreicht der Landrat noch die Wichtigkeit des Krankenhauses für die Region und schiebt nach: „Ich erwarte da auch eine klare politische Aussage des Landes: Die Investitionsfinanzierung ist Aufgabe des Landes Hessen und da erwarte ich eine adäquate finanzielle Unterstützung, weil auch andere Häuser in der Region hohe Förderungen bekommen haben. Wobei mir klar ist, dass es seit 2016 nur noch eine Pauschalförderung gibt, die geringer ist. Ich sehe das Land aber in der Pflicht, der Investitionsförderung nachzukommen.“ Seit 2016 bekommen Krankenhäuser abhängig von ihrer Größe in Hessen nämlich eigentlich nur noch eine pauschale Fördersumme im Jahr. Der Hintergedanke dabei ist, dass Kliniken freier und unbürokratischer über den Einsatz von Fördergeld entscheiden können. Wollen sie lieber vier mittelmäßig ausgestattete OPs am Laufen halten – oder das Geld für zwei top bestückte Säle sparen?

„Damit erreichen wir eine Größenordnung, die für uns eigentlich nicht mehr zu stemmen ist. Wir müssen auf jeden Fall noch einmal mit Wiesbaden reden. Entweder beteiligt sich das Land in einem größeren Umfang an der Finanzierung oder wir müssen beraten, welche Variante mit dem vorgegebenen Finanzrahmen möglich ist“, sagte Görig, als er die Kostensteigerung am Wochenende verkündete. Am Montag ergänzte er: „Es gilt der vom Kreistag beschlossene Kostenrahmen von 65 Millionen Euro, der mit dem Regierungspräsidium besprochen wurde, daran müssen wir uns orientieren.“

2 Gedanken zu “Görig wehrt sich gegen Kritik an KKA-Kosten

  1. Ich stimme Dr.Otto Dumm voll und ganz zu! Nicht zu vergessen, wo das Personal herkommen soll, um alle Funktionen zu besetzen…
    Pflegenotstand!!!

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  2. im vogelsbergkreis sollte bei drei einrichtungen in lauterbach, alsfeld und schotten eine mindestgrundversorung der bevölkerung erfolgen und nicht eine alleine auf gewinnmaximierung ausgerichtete politik; so haben alle häuser eine neurochirurgie, um auf teufel komm raus an der wirbelsäule herumzuschneiden, geburtshilfe, krebsbehandlung und manches andere bleiben hingegen auf der strecke – jeder wurstelt vor sich hin und will möglichst viel gewinn einfahren – das wohl der immer älter werdenden menschen bleibt auf der strecke. eine medizinische grundversorgung mit hausärzten, die noch patienten aufnehmen und fachärzten sollte da sein, und nicht von manchem eine überversorgung. eine steuerung und auch finanzieller anreiz sollte von der politik durchaus erfolgen. bei jeder erweiterung wird besonders berichtet, wieviel neue op-säle entstanden sind, das macht mir mehr angst, als dass es vertrauen schafft. einfache hilfsmittel, wie kg oder eine körperliche untersuchung werden lapidar verweigert, weil es nicht genug einnahmen bringt. die vermurkste corona-versorgung ist ein beredtes zeugnis dafür, dass hier keine fachleute, sondern lobbyisten am werke sind. so werden milliarden in den sand gesetzt, ohne dass die hilfesuchenden wirksame hilfe bekommen. denkt endlich mal um und an den patienten, die versorgt werden müssen!

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