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KOMMENTAR zur Bürgermeisterwahl in LauterbachVollmöller läuft Gefahr, ein Bürgermeister ohne Biss zu sein

MeinungLAUTERBACH. 70 Prozent der Lauterbacher, die gewählt haben, wollten Rainer-Hans Vollmöller erneut zum Bürgermeister. Doch nur knapp 35 Prozent der Wahlberechtigten haben überhaupt ihre Stimme abgegeben. Damit wirkt Vollmöller in seiner fünften Amtszeit geschwächt. Dass er sich trotz dieses Ausgangs für eine “tolle Bestätigung” bedankt, klingt wie Realsatire, kommentiert OL-Chefredakteur Juri Auel.

20 Sekunden ist das Video lang, welches Rainer-Hans Vollmöller am Wahlabend auf seiner Facebook-Seite postet, um in Corona-Zeiten ohne Wahlparty seine Gedanken mit den Lauterbacherinnen und Lauterbachern zu teilen. 20 Sekunden, in denen sich Vollmöller neben der “tollen Bestätigung” auch für einen “schönen und großartigen Vertrauensbeweis“ bedankt. Angesichts des Wahlergebnisses muss man sich fragen, ob das Videochen vielleicht vorsorglich schon mal aufgenommen wurde, bevor die Urnen überhaupt geleert worden sind. Vielleicht wollte Vollmöller auch einfach etwas für Unterhaltung sorgen – in einer Zeit, in der nicht nur Wahlpartys, sondern auch bald die Faschingssitzungen in der Region ausfallen werden. Realsatire nach Lauterbacher Art.

70 Prozent, das hört sich auf den ersten Blick gut an. Nach 20 Prozent über 50 Prozent, nach solidem Ergebnis, bei dem aber noch Luft nach oben war. Doch die Wahlbeteiligung macht dieses schöne Bild zunichte. Wenn gerade einmal 35 Prozent der Menschen ihre Stimme abgegeben haben, um ihren Bürgermeister im Amt zu bestätigen (Vollmöllers schlechtester Wahlbeteiligungswert war bislang 56,4 im Jahr 2014), dann kann dieser sich nicht vor eine Kamera stellen und sich für einen “schönen und großartigen Vertrauensbeweis” bedanken. Stattdessen sollte er sich lieber demütig fragen, warum so viele Menschen nicht zur Wahl gegangen sind, gut 30 Prozent dezidiert „Nein“ zu ihm gesagt haben, ohne eine Alternative zu haben – und wie er mit diesem Ergebnis im Rücken überhaupt ein Bürgermeister sein will, der in der Stadt etwas verändern kann. Vollmöller läuft Gefahr, ein Bürgermeister ohne Biss zu sein.

Dass der CDU-Mann keinen Kontrahenten hatte, kann nur sehr begrenzt als Entschuldigung dienen. Das zeigt zum Beispiel ein Blick nach Freiensteinau, wo am Sonntag ebenfalls gewählt wurde, obwohl es keine Auswahl gab. Amtsinhaber Sascha Spielberger hatte keinen Herausforderer und wurde mit fast 91 Prozent und einer Wahlbeteiligung von etwas über 52 Prozent wiedergewählt. Und in Alsfeld holte Stephan Paule im vergangenen Jahr ebenfalls ohne Herausforderer fast 84 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von gut 54 Prozent.

Vollmöller lobte vor der Wahl die gute Zusammenarbeit aller Fraktionen im Stadtparlament, die es ermöglicht habe, den städtischen Haushalt wieder in den Griff zu bekommen. Als Rathauschef mit diesem Ergebnis könnte es für ihn schwieriger werden, solchen Konsens erneut herzustellen.

OL-Liveticker zu den Vogelsberger Bürgermeisterwahlen

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17 Gedanken zu “Vollmöller läuft Gefahr, ein Bürgermeister ohne Biss zu sein

  1. Wenn denn schon angeblich so viele Wähler Herrn Vollmöller nicht als Bürgermeister haben wollten hätten Sie mit einem „nein“ beim Urnengang eine Änderung herbeiführen können; haben Sie aber nicht!! Chance gehabt, Chance vertan? Also unterstützen Sie ihn. Wie intelligent muss man sein, um hieraus andere Schlüsse zu ziehen, als dass die wahlberechtigten eben keine Veränderungen wollen.

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  2. …sollten sich schämen! Keinen Kandidaten aufstellen und nicht zur Wahl gehen… Irgendwann wacht ihr auf und euer Bürgermeister heißt Donald J. Volltrump.

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  3. Läuft was? Ach so, Gefahr. Er hätte sich natürlich auch voll laufen lassen können angesichts der geringen Wahlbeteiligung und nicht gerade begeisterten Zustimmung der Lauterbacher Bürger. So läuft er immerhin zur Hochform auf beim schön Reden und Wähler Danken. Aber ihm scheinen mit den Jahren nicht nur die Gegenkandidaten, sondern auch die Unterstützer aus der Bürgerschaft davon zu laufen. Da hat sich nicht mal ein Vollpfosten als Pro-forma-Mitbewerber gefunden, wie einst bei einer denkwürdigen Landratswahl. Wo laufen se denn, wo laufen se denn…

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  4. Die meisten Vogelsberger Strolche
    Waren früher ebensolche
    Verbreiter unbelegter Schlüsse
    Doch weiß man ja, dass hohle Nüsse
    Am lautesten von allen klappern
    Drum lässt man sie halt weiter plappern!

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  5. So ein Bürgermeister hat doch recht wenig zu melden. Er ist der Chef einer Behörde. Also, er leitet die Stadtverwaltung. Welches Interesse sollte ich daran haben, ihn zu wählen oder nicht zu wählen? Die eigentlichen Beschlüsse fasst das Stadtparlament.

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  6. es ist schade, dass dieser bemerkenswerte wahlausgang – zweitschlechteste beteiligung in ganz hessen – nicht mal ehrlich analysiert wird. das übliche geplapper, wonach es nur strahlende gewinner gibt, reicht hier nicht aus. sind das die auswirkungen der grossen koalitionen, dass keiner dem anderen mehr weh tun will und man sich gegenseitig in die lukrativen ämter hievt, ist es die sich greifende vetternwirtschaft im rathaus und anderswo oder dass der bürger mit seinen anliegen nicht mehr zu gehör kommt oder die amtsmüdigung nach so vielen jahren im selben amt? die nichtwähler haben wohl von vornherein resigniert und haben sich der wahl entzogen, aber auch rund 1000 waren mit der ein-mann-kandidatur schlichtweg nicht einverstanden. es wäre für die cdu und ihren kandidaten – warum bekennt er sich eigentlich nicht als cdu-kandidat anzutreten? – anzuraten, sich öffentlich mal ernsthaft mit diesem desaströsen ergebnis auseinanderzusetzen und daraus auch erkennbare lehren zu ziehen und nicht in die bekannten floskeln zu verfallen und schon vor dem wahlausgang verfasste dankesreden zu publizieren.

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  7. Sehr geehrter Herr Auel,

    hier ist doch der Vater des Gedankens – nämlich der Wunsch, unbedingt kritisch über die CDU zu berichten – äußerst leicht zu erkennen.

    Zum einen hat Herr Vollmöller über 80% der Stimmen erhalten. Zum anderen ist es doch völlig klar, dass in einer Wahl, wo nur ein Kandidat zur Auswahl steht, kaum jemand hingeht. Ich persönlich finde die Wahlbeteiligung in einer solch „eingeschränkten Wahl“ von 35%, dazu noch zu Corona-Hochzeit, gar nicht schlecht.

    Sie sehen: Anhand derselben Beobachtung kommen wir zu völlig unterschiedlichen Schlussfolgerungen.

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    1. So ganz stimmt Ihre Rechnung nicht Herr Realist. Es waren nur 70 % für Vollmöller und keine 80 %.
      Eine Wahlbeteiligung von nur 34,5 % ist zudem eine historisch niedrige Beteiligung in ganz Hessen.
      Und Corona als Alibi-Entschuldigung für die CDU dienen zu lassen, ist schon ziemlich dreist!
      Schauen Sie sich mal die Wahlbeteiligung bei Herrn Spielberger in Freiensteinau an. Auch er war Einzelbewerber. 91 % für ihn.
      Komisch, in Freiensteinau weiß man wie die Briefwahl während Corona funktioniert …

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      1. @ Leser: Manchmal bildet Lesen, lieber Leser. Bewusst wurde das Argument angeführt, dass eine Wahl mit nur einem Kandidaten immer zu einer geringen Wahlbeteiligung führt. Corona wurde nicht als Entschuldigung herangezogen, sondern lediglich als Begleiterscheinung.

        Bitte aber ruhig weiter Klatschen und Teddybären werfen – Nizza und Wien sind nicht mehr weit von Deutschland entfernt.

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    2. „Anhand derselben Beobachtung kommen wir zu völlig unterschiedlichen Schlussfolgerungen.“

      Das sieht und hört man immer wieder. Donald Trump hätte diese Wahlbeteiligung und ein so bescheidenes Stimmenergebnis vermutlich „amazing“ gefunden und behauptet, „never ever“ hätten mehr Wähler an einer Bürgermeisterwahl teilgenommen und dem Kandidaten ein so überwältigendes Stimmenergebnis geschenkt.

      Nur: Wenn Sie selbst als „Realist“ auftreten, impliziert dies, dass derjenige mit den unterschiedlichen Schlussfolgerungen eine Wahrnehmungsstörung haben muss. Ich dagegen behaupte: Die einen hören Stimmen, die anderen zählen Stimmen. Und ich möchte mich bei Letzteren einschreiben.
      Eine Wahl hat man übrigens immer, auch wenn nur ein Kandidat antritt:
      (1) pro Kandidat – man geht zur Wahl
      (2) contra Kandidat (oder scheißegal, wer’s wird) – man bleibt der Wahl fern
      Nichtwählen ist eben nicht die Option: „Ich halte mich raus!“ Nichtwählen heißt: Nein danke, das Angebot lehne ich ab.
      Bei einer Wahlbeteiligung von 35 % ziehe ich den Schluss, dass 65 % den Kandidaten nicht wollten und sauer waren, dass die anderen Parteien es nicht für nötig gehalten haben, einen eigenen Kandidaten zu präsentieren.

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      1. Käpt´n Blauwahl hat doch was von Trump, da er der ist, der sich seine Welt selbst macht und Schlüsse für sich zieht, die auf keinen Fall belegt und belegbar sind. Es kann, wie ich schon auf die möglicherweise fehlgeleitete Mutmaßung von Strolch geschrieben hatte, durchaus anders sein, dass nämlich sehr viele Lauterbacher so zufrieden und sich siegessicher waren, dass sie eben nicht zu Wahl gegangen sind.
        Es hat ja auch sicher einen Grund, warum kein Gegenkandidat von den anderen Parteien od. auch Käpt´n Blauwahl gewonnen werden konnten.

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  8. …was für ein Aufreger, Links und Grün sind auch in der Mindeheit, wurden nicht gewählt und trotzdem geben die den Ton in Berlin an.
    Dito NGOs und Kirche, Minderheit und kein Stimmrecht und bestimmen trotzddem die Asylpolitik!
    Vollmüller wurde gewählt und Punkt.
    Wenn das ein AfD Politiker wäre, ist das kein Thema, dann wird von Merkel eine Neuwahl gefordert bis es passt.
    Herr Auel, so ist und so geht Demokratie, warum heulen Sie jetzt da rum ?

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  9. Die Kreisstadt wird weiter schlafen aber das war ja vor der Wahl schon klar. Schuld daran sind einzig und alleine die Oppositionsparteien, allen voran die SPD. Wenn bei einer Bürgermeisterwahl nur 1/3 der Wahlberechtigten teilnimmt und dann nur 70 % für den einzigen Kanditaten stimmen dann ist das nicht nur eine klatschende Ohrfeige sondern ein Nachweis für vorhandene Wechselstimmung der Wähler für den Rathausstuhl. Das es die anderen Parteien nicht geschafft haben einen Herausforderer aufzustellen ist daher ein riesiges Armutszeugnis.
    Kleinstädte brauchen Bürgermeister als Lokführer und nicht als Bremser oder Schlafwagenschaffner.

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    1. Und da ist sie wieder, die Laber-Zirrhose der Politiker. „Tolle Bestätigung“, „schöner und großartiger Vertrauensbeweis“. Danke, danke, danke! Aber schuld an der niedrigen Wahlbeteiligung ist einzig und allein Oberhessen-live mit seinem Spinnenfäden ziehenden Chefredakteur. Denn pünktlich zum Wahltermin hatte Dieter Dichter, der Verfasser zahlloser gereimter Ungereimtheiten, ein Wahlaufrüfchen gepostet, das dann leider aber wohl der OL-Löschtruppe zum Opfer fiel, die sich jetzt wahrscheinlich ins heimtückisch manipulierende Fäustchen lacht. Dieses lautete (in etwa, ist nur mündlich überliefert):

      In Lauterbach trägt die Monstranz
      Des Bürgermeisters Rainer-Hans
      Darum ihr Leute sagt ihm Dank
      Durch exzessiven Urnengang!

      Ich wette, die Lauterbacher Bierstrolche wären unter Lobgesängen zu 99% in die Wahllokale geströmt.

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      1. P.S.: Ebenfalls nicht berücksichtigt wurde das folgende Werk, das die Verdienste des CDU-MdL Michael Ruhl heraus arbeitet. Ich zitiere mit freundlicher Genehmigung des geistigen Urhebers:

        „Er hat so oft schon kandidiert
        Da wird’s Zeit, dass was aus ihm wird
        Karriereträume wurden wahr
        Trotz einer Pandemie sogar
        Das MdL bleibt Optimist
        Obwohl es zweimal Ausschuss ist
        Pardon, ich hab das „im“ vergessen
        Und dass er außerdem gesessen
        Auch noch im Petitionsauschuss
        Wo sich jemand befassen muss
        Mit Eingaben, die möglichst man
        Kostenneutral bescheiden kann
        Ohne juristische Instanz
        Und jährlich zieht er dann Bilanz*)
        Doch weil ihn leider niemand kennt
        wird er gewählt mit zehn Prozent.“

        *) https://www.oberhessen-live.de/2020/10/29/zwei-jahre-im-hessischen-landtag-michael-ruhl-zieht-bilanz/

        Gerade in Pandemiezeiten sollten doch die Kulturschaffenden stärker wertgeschätzt und ihre Werke – wo immer es geht, und es geht fast immer – verbreitet werden.

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    2. Lieber Strolch, man könnte es so sehen (will man böswillig sein), aber es könnte auch anders herum ein Schuh daraus werden. Da für die sehr vielen zufriedenen Lauterbacher eine Wiederwahl des seitherigen Bürgermeisters außer Frage stand, scheuten viele, ob der widrigen Umstände (Corona, Wetter), die Mühe sich auf den Weg zum Wählen zu machen. Dies bedeutet, dass die geringe Wahlbeteiligung eben nicht auf Unzufriedenheit, sondern auf Zufriedenheit zurückzuführen ist. Hier gar eine Wechselstimmung erkennen zu wollen ist schon sehr spekulativ und nicht nachzuweisen. Wohl dem der bei dem Bericht böses denkt.

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