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Ausschuss für Bauen, Umwelt und Stadtentwicklung: IKEK einstimmig zur Annahme empfohlenEin bedeutendes Werk für die Entwicklung der Alsfelder Stadtteile

ALSFELD (akr). Das „Drehbuch“ für die Zukunft der Alsfelder Stadtteile liegt vor. Das Stadtplanungsbüro Quaas aus Weimar hat nämlich das IKEK, also das integrierte kommunale Entwicklungskonzept, das gemeinsam mit Alsfelder Bürgern in den vergangenen Monaten erarbeitet wurde, fertiggestellt. Auf über 300 Seiten beinhaltet es insgesamt 54 Projektideen, die in den kommenden Jahren das Leben und Wohnen in den Dörfern wieder attraktiver und lebenswerter machen sollen.

Es war der 4. Tagesordnungspunkt, der am Dienstagabend im Bauauschuss im Angenröder Dorfgemeinschaftshaus auf dem Programm stand. Und um diese Drucksache vorzutragen, stand Bürgermeister Stephan Paule extra auf. In den Händen hielt er dabei ein 300-Seiten-Werk: das IKEK, die Kurzform für integriertes kommunales Entwicklungskonzept. „Ich stehe extra auf, um die Bedeutung des Werkes für die Entwicklung unserer Stadtteile zu unterstreichen“, schmunzelte der Rathauschef. „Das, was die Steuerungsgruppe, die Projektgruppen, die Bürger in mühseliger Kleinarbeit geleistet haben, das kann sich wirklich sehen lassen“, sagte er.

Aber zunächst ein kurzer Rückblick: Die Stadt Alsfeld wurde im August 2018 vom Hessischen Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in das hessische Dorfentwicklungsprogramm aufgenommen. In dem kommenden Jahren werden also die Alsfelder Stadtteile verstärkt in den Mittelpunkt rücken.

Konkret bedeutet das: In allen 16 Stadtteilen können in den Folgejahren bis 2025 kommunale und private Maßnahmen mit finanzieller Unterstützung der Dorfentwicklung vorbereitet und umgesetzt werden. Ziel ist es, die ländlichen Stadtteile nachhaltig zu stärken. Grundlage für die Umsetzung ist das IKEK. Das wurde in Zusammenarbeit mit den Bürgern in insgesamt drei Foren, beziehungsweise „Bürgerwerkstätten“, erarbeitet.

Ein Blick auf das dritte IKEK-Forum am 31. Oktober 2019.

Vor einigen Monaten haben sich also die Stadt, das zuständige Planungsbüro Quaas und einige Bürger gemeinsam intensiv mit der Zukunft der Alsfelder Stadtteile auseinandergesetzt. Insgesamt 94 Projektideen wurden in Sachen Dorferneuerung eingereicht. Sieben davon waren ohne Förderbedarf beziehungsweise ohne Finanzierungsoption, neun waren nicht von kommunaler, sondern eher privater Bedeutung.

Übrig blieben 78 Projektideen. Diese wurden von der Steuerungsgruppe auf 45 Stück zusammengefasst, neun als Leitprojekte definiert. Leitprojekte sind, so erklärte es Stadtplaner Ingo Quaas beim dritten und letzten IKEK-Forum am 31. Oktober, „Projekte mit besonderer Strahlkraft und Bedeutung“. Einfach gesagt: Es sind Projekte, die für die gesamte Stadt, also für alle Stadtteile, eine besondere Bedeutung haben.

Über 300 Seiten, 54 öffentliche Projekte

Diese ganzen Projekte wurden vom Stadtplanungsbüro Quaas auf rund 300 Seiten im integrieren Kommunalen Entwicklungskonzept samt Zeit-, Kosten- und Finanzierungsplan erarbeitet und zusammengefasst. Insgesamt 54 öffentliche Projektideen sind schlussendlich dabei raus gekommen. „Wir haben einige Projekte aufgeteilt, manche zusammengefasst, beziehungsweise gebündelt“, erklärt das Stadtplanungsbüro auf Nachfrage von Oberhessen-live.

Im Großen und Ganzen sei es aber bei den Projekten geblieben, die auch bereits im dritten IKEK-Forum behandelt wurden. Dazu zählen beispielsweise „kleinere Projekte“ wie die Sanierung von Dorfgemeinschaftshäusern oder Grillhütten bis hin zu „größeren Ideen“ wie das Projekt „Rad- und Wanderwege Rund um Alsfeld“ als Verbindung zwischen den Stadtteilen. „Es kombiniert viele Maßnahmenvorschläge einzelner Teilbereiche zu einem Projekt mit gesamtkommunaler Ausrichtung“, erklärte Paule.

Ob allerdings auch wirklich alle Projekte aus dem Fördertopf der hessischen Dorfentwicklung umgesetzt werden können, ist laut dem Rathauschef noch nicht sicher. Denn für sehr große Projekte, wie beispielsweise das Rad- und Wanderwegekonzept könnten auch sicherlich weitere Fördermittel herangezogen werden. „Für so ein Projekt ist wahrscheinlich auch ein Termin im Ministerium notwendig“, scherzte Paule.

Diskussionen gab es am Dienstag jedenfalls keine. Stephan Rühl von der ALA merkte jedoch an, dass er gerne mehr Zeit gehabt hätte, um die 300 Seiten durchzuschauen, denn er habe es nicht geschafft, alle Seiten zu sichten. „Das ist ein bedeutendes Werk. Da muss man länger rein schauen. Hätte es nicht auch in der nächsten Stadtverordnetenversammlung gereicht?“, fragte Rühl. „Ich will, dass das jetzt so schnell wie möglich auf den Weg kommt“, sagte Paule und Bauauschuss-Vorsitzender Dieter Welker ergänzte: „Die Ortsvorsteher warten darauf, dass wir das Ok geben“.

Nun, das Ok von den Ausschussmitgliedern gab es jedenfalls schon mal, denn die haben das 300-Seiten-Werk einstimmig zur Annahme empfohlen. Jetzt müssen nur noch die Stadtverordneten am Donnerstag das IKEK beschließen. Nach der Beschlussfassung tritt das IKEK dann in die Förderphase ein.

5 Gedanken zu “Ein bedeutendes Werk für die Entwicklung der Alsfelder Stadtteile

  1. In 40% der Haushalte lebt nur noch eine Person. Wer im Vogelsberg 25% seines Einkommens für die Miete ausgibt, bekommt dafür im Durchschnitt 110m² Wohnraum, in Offenbach nur etwas mehr als die Hälfte. In Frankfurt befinden sich 87,3% der Wohnungen in Mehrfamilienhäusern, im Vogelsberg nur 21,4. Im Vogelsberg werden bis 2030 pro 10.000 Einwohner 16 neue Wohnungen benötigt, in Darmstadt über 40.
    Ich ziehe daraus den Schluss:
    1. Kein Alleinstehender benötigt im Alter 110 m² Wohnraum, sondern max. 40-50 m².
    2. Die könnte er für ca. 10 Prozent seines Einkommens anmieten, wenn es entsprechend viele Kleinwohnungen gäbe.
    3. Solche Kleinwohnungen könnte man auch selbst errichten als sog. Kleinsthäuser. Die kosten inzwischen als seriell gefertigte Typenhäuser etwa 50.000 Euro, die sich in 10 Jahren zu mietähnlichen Konditionen amortisieren. Oder man mietet/kauft Ferienhäuser in den zahlreichen dörflichen Wochenend-Siedlungen, die vielfach bereits reguläre Wohngebiete sind, in denen man dauernd wohnen darf. Zusätzlich baut man auf den teilweise recht großen ehemaligen Wochenendgrundstücken noch weitere Kleinhäuser hinzu, die man dann vermietet oder weiter verkauft. Da schlummert ein Riesen-Immobiliengeschäft mit Single-Rentnern. Teilweise könnte man die Kleinhäuser auch touristisch nutzen als Ferienwohnungen. Hier fehlt es nur noch an entsprechendem unternehmerischen Pioniergeist und es würde sich Goldgräberstimmung im Vogelsberg verbreiten. Linglecreek für alle!

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  2. Sind sie Blind ,Schauen euch doch die Dörfer an.Immer weniger Menschen Leben in den Dörfern.Die Vereine werden immer weniger wie weit seid ihr denn von der Wirklichkeit weg.Ihr macht große Reden, und wehr soll das Bezahlen ?.

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    1. Fällt er in den Sumpf, macht der Reiter plumps. Klingt blöde. Und beinhaltet immer wieder dieselbe alte Leier! „Seht ihr denn die Realitäten nicht?“ – „Ihr redet doch nur!“ – „Wer soll das bezahlen…“ Bla, bla, bla. Langsam wird es langweilig!
      Über die demografische Entwicklung reden wir seit Anfang der Nullerjahre. Dass der Vogelsberger Regierung dazu nur wenig Kreatives eingefallen ist, kann man nicht bestreiten. Aber die meisten Vogelsberger haben das nicht mal bemerkt und hampeln wahrscheinlich nach der vor Supermärkten eingeimpften Choreo noch immer zum „Vogelsberg-Song“ vor dem eigenen Schlafzimmerspiegel herum. Der Vulkan schläft – Wir nicht!
      Aber Trends kehren sich um, sobald ein Extrempunkt erreicht ist (https://www.hessenschau.de/wirtschaft/hessencheck-datenanalyse-so-wohnen-die-hessen,hessencheck-datenanalyse-wohnen-100.html)! Wer sechzig Prozent seiner Rente für das Wohnen in der Metropolregion aufwenden muss, überdenkt das mit der urbanen Lebensqualität vielleicht noch mal und zieht dann in den preiswerten Vogelsberg, wo er gesund und sicher lebt und so viel von seiner Rente übrig behält, dass er fünfmal im Monat mit Netflix nach Frankfurt ins Theater fahren kann, doppelt so oft, wie er das geschafft hat, als er zwecks „Kultur“ nur grad mal kurz über die Straße musste. Auch im Vogelsberg wird das Glasfasernetz ausgebaut. Auf diese Weise lassen sich in jedem alten Fachwerkhaus hochmoderne digitale Arbeitsplätze einrichten. Da wird mancher überlegen, ob er nicht nach der hoch qualifizierten Ausbildung in die idyllische Heimat zurückkehrt, morgens lange frühstückt, statt entnervt im Stau zu stehen, und dann im Home-Office nebenbei noch seinen Hund ausführt, die Kinder versorgt oder die Hühner füttert. Da eröffnet sich ein völlig neuer Lebensstil.

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      1. …wer hat das bestellt?

        Frau Werner-Kalbfleisch hätte sich ja wenisgtens mal die Mühe machen können, den Artikel zu lesen, den sie hier reflexartig „kommentiert“. Bei den beschriebenen Aktivitäten sind sowohl die Planungsphase als auch die spätere Ausführung durch IKEK-Mittel abgedeckt. Da muss man nicht fragen, wer das bezahlen soll!

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  3. 300 Seiten Projekte mit besonderer Strahlkraft und Bedeutung… Da sollte man schon ganz genau hinsehen, ob da nicht nur „ein großes Wort gelassen aus“-gesprochen wird, wie Altmeister Goethe es in einem dieser dem Hochadel gern zugeschriebenen geflügelten Zitate den König Thoas zur „Iphigenie auf Tauris“ sagen lässt.
    Obwohl es bei dem hier in Rede stehenden IKEK-Projekt mit Bürgerbeteiligung mehr um den Außenbereich zwischen den einzelnen Ortsteilen Alsfelds geht (Radwege, renaturierte Bachläufe usw.), schwingt ja das Thema Zukunft des Bauens, Ausweisung von Baugebieten, Generierung von weiterem Zuzug usw. immer mit, wenn der Bauausschuss der Stadt sich trifft.
    Und da erscheint es mir gar nicht verkehrt, mal ein gerade vorgestelltes neues Buch zur Zukunft des Bauens vorzustellen, dessen Kernaussagen eine absolute Querdenker-Attacke auf alle Glaubenssätze zum Thema Bauen, Wohnen der Zukunft usw. darstellen, auf die man sich auch in unseren Breiten seit Jahren verständigt zu haben schien.
    „Verbietet das Bauen!“ fordert da Autor Daniel Fuhrhop (siehe auch sein gleichnamiger Blog unter https://www.verbietet-das-bauen.de/). Das klingt angesichts der landauf landab beklagten Wohnungsnot und der damit verbundenen Mietenexplosion in den Ballungsgebieten zunächst einmal reichlich provozierend. War doch sogar im dünn besiedelten Vogelsberg und auch im Raum Alsfeld weitgehend Konsens, dass es zumindest an kleinen Wohnungen für das wachsende Nachfragesegment der Singles, Alleinstehenden, allein lebenden Senioren usw. seit Jahren mangele.
    Dies stellt Fuhrhop nun in Frage, indem er einen „Bauüberfluss 2019“ um rechnerisch 219.500 Wohnungen behauptet, die zu viel gebaut worden seien.
    Zwar räumt er ein, dass zweifellos viele Menschen in Großstädten dringend eine Wohnung suchten. Doch bewiesen die vorliegenden Zahlen, dass der Grund hierfür nicht in dem Mangel an Neubauten liege, sondern in der falschen Verteilung von Wohnraum. Dieser fehle aus drei Gründen: Erstens Spekulation und Zweckentfremdung, zweitens einer ungleichen regionalen Verteilung mit Boomstädten hier und schrumpfenden Orten dort, und drittens aufgrund des Vorhandenseins „unsichtbaren Wohnraums“. Hinter dem Begriff verbirgt sich eine Wohnraum-Reserve aus ungenutzten Zimmern, etwa leere Kinderzimmer nach dem Auszug der Kinder. Vor allem aber wohnten viele ältere Menschen allein im großen Haus und seien dort „nicht unbedingt glücklich, sondern einsam“. Fuhrhops Schlussfolgerung also: „Wenn wir denjenigen helfen, die ihren zu großen Wohnraum anders nutzen möchten, handeln wir nicht nur sozial, sondern schaffen Wohnraum weitaus kostengünstiger als durch Neubau und vermeiden die Klimaschäden des Bauens“.
    Mit dem Klima-Schutz-Argument tritt hier natürlich ein eminent wichtiger Aspekt hinzu, denn die gesamte Diskussion um den „Wiederaufbau“ nach Corona dreht sich ja gerade darum, wie hierbei die Forderungen der Klimaschützer einbezogen werden könnten. In diesem Zusammenhang entwickelt Fuhrhop folgende Argumentation:
    „Bauen ist für zwanzig bis dreißig Prozent der Treibhausgase verantwortlich. Darum ist es nach der Flugscham Zeit für eine Bauscham. Obendrein ist Neubau unnötig, wie die um ein Viertel gestiegene Zahl des Bauüberflusses 2019 zeigt. Anstatt mit über 250.000 neu gebauten Wohnungen das Klima weiter zu zerstören, sollten wir die über 42 Millionen Altbauwohnungen besser nutzen. Hierfür brauchen wir ein Programm zur Mobilisierung des unsichtbaren Wohnraums mit Förderung von Umbauten (Abtrennen von Einliegerwohnungen), Umzügen und Untermiete (Modell „Wohnen für Hilfe“).

    Dies mündet nun wieder in eine seit langem geführte Diskussion darüber, dass in Stadt und Land ein Paradigmenwechsel der Bauförderprogramme notwendig sei, um Fehlentwicklungen zukünftig gegen zu steuern. Dies mag auch unmittelbar einzuleuchten. Selbst die Provinz ist gepflastert mit Bauruinen pleite gegangener Großprojekte. Innenstädte mit wertvoller historischer Bausubstanz verfallen, während immer noch an den Dorfrändern gesichtslose Neubausiedlungen wie Pilze aus unnötigerweise versiegelten Ackerflächen schießen. Dass es ökologischer Unsinn ist, die Metropolregionen immer weiter zu verdichten und den ländlichen Raum zu entvölkern, ist vielen längst klar. Dasselbe gilt für die fortschreitende Konzentration der Arbeitsplätze, deren Entzerrung durch Digitalisierung und Arbeit im „Home Office“ gerade einen Riesensprung nach vorn macht. Und der Wohnortwechsel von Senioren aufs Land – überwiegend aus Kostengründen – scheint inzwischen ein sich deutlich verstärkender Trend zu sein, der jetzt nur noch durch soziale Maßnahmen und gute Modelle des gemeinsamen Wohnens (Green-Care, Senioren-WGs usw.) flankiert werden müsste.

    Auch die Stadtväter Alsfelds täten gut daran, sich nicht nur für erfolgreiche Dorf- und Naturverschönerungsmaßnahmen von den Plätzen zu erheben, sondern sich frei stehend einen Blick auf die hier beschriebenen Perspektiven einer sozialen und ökologischen Regionalentwicklung zu verschaffen.

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