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Interview mit Dr. Mischak zum Ende der Vogelsberg Consult„Wenn diese rechtlichen Probleme nicht wären, hätten wir das weitergemacht“

VOGELSBERGKREIS (jal). Die Vogelsberg Consult – eine Firma, die Unternehmen dabei unterstützt, sich in der Region anzusiedeln und erfolgreich zu bleiben – soll aufgelöst werden, ihre Aufgaben sollen die Kreisverwaltung und ein Verein übernehmen. Aber wieso? OL hat mit dem Ersten Kreisbeigeordneten Dr. Jens Mischak ausführlich darüber gesprochen.

Seit mehr als 20 Jahren berät die Vogelsberg Consult Firmen, die in die Region ziehen wollen und solche, die schon länger dort sind, bei allen möglichen Fragen rund um den unternehmerischen Erfolg. Das Angebot reicht von Förderungen für Existenzgründer, der Hilfe bei der Standortsuche bis hin zu Tipps, wie sich Fachkräfte in der Region halten lassen.

Eine wichtige Aufgabe der Consult ist bislang auch die Unterstützung bei der Beantragung sogenannter LEADER-Mittel der EU – spezielle Fördergelder, mit denen Brüssel die Entwicklung von ländlichen Regionen voranbringen will. Diese Unterstützung und die Priorisierung der Anträge soll künftig ein Verein übernehmen, der extra dafür gegründet werden soll. Die Bewilligung der Gelder soll weiter wie bisher im Landratsamt selbst erfolgen. Der Kreis war bislang einer von mehreren Gesellschaftern der Vogelsberg Consult GmbH. Neben ihm waren alle 19 Kommunen des Kreises sowie die sechs Banken in der Region und der Verein Wirtschaftsförderung an der Firma beteiligt. Der Kreis hatte zwar mit 42,59 Prozent den größten Anteil an dem Unternehmen – konnte aber nicht allein über seine Geschicke bestimmen. Nach dem Willen des Kreises sollen alle ehemaligen Mitglieder der Consult in den neuen LEADER-Verein eintreten.

Doch warum soll die Vogelsberg Consult überhaupt aufgelöst werden? Will der Kreis seinen Einfluss in der Wirtschaftsförderung schlicht ausbauen, wie einige heimische Unternehmer munkeln? Aus Lauterbach heißt es, der Grund für den Schritt liege in Brüssel. Oberhessen-live hat mit Dr. Jens Mischak, dem Ersten Kreisbeigeordneten, lange über das Thema gesprochen, bevor es am Donnerstag im Kreistag behandelt wird.

Oberhessen-live: Herr Mischak, wann kam die Nachricht von der EU, dass an der Konstellation der Vogelsberg Consult etwas geändert werden muss?

Dr. Jens Mischak: Wir sind nicht von der EU benachrichtigt worden, sondern wir haben ein Rundschreiben des Hessischen Landkreistages bekommen. Das Schreiben kam am 26. März. Die Überschrift lautet „EU betrachtet Wirtschaftsförderung nicht als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“. Dieses Rundschreiben haben wir in unseren Abteilungen prüfen lassen und uns die Primärquelle der EU besorgt. Nach den Osterferien ist es dann das erste Mal beim Landrat und bei mir aufgeschlagen, so dass wir entscheiden mussten, wie es nun weitergeht.

Ich frage deshalb so genau, weil es doch bereits eine Veränderung an der Struktur der Consult gegeben hat, um Ärger mit der EU zu vermeiden. Die Satzung des Wirtschaftsfördervereins, der Gesellschafter der Consult ist, wurde geändert und der Verein so für mehr Akteure geöffnet, um die Bevölkerung besser abbilden und so LEADER-Mittel weiter vergeben zu können. Ist das Problem mit Brüssel nicht also schon längst gelöst und die Auflösung der Gesellschaft damit unnötig? 

Das hat mit diesen Fördermitteln erst einmal gar nichts zu tun. LEADER-Mittel sind nur ein Teil der Aufgaben der Vogelsberg Consult. Von 12 Köpfen, die die Consult hat, beschäftigen sich nur drei mit LEADER-Mitteln – und auch das nicht mit voller Stelle. Die restlichen Mitarbeiter machen Gründungsberatung oder Bundes- und Landesprojekte, Projekte zur Fachkräftesicherung. Die Strukturen mussten 2016 nur rein bezogen auf die LEADER-Fragen geändert werden und zwar im Sinne einer klaren Trennung zwischen LEADER-Beratung und Antragsstellung auf der einen Seite und auf der anderen die Bewilligung der Anträge mit einem unabhängigen Entscheidungsgremium, welches die Priorisierung vornimmt.

Was heißt das konkret? 

Die Vorgaben, die im Prinzip durch das Land Hessen im Wesentlichen kamen, waren zum Beispiel, dass Landrat und Erster Beigeordneter, also die politische Führung, keinen Einfluss auf die Priorisierung der Anträge nehmen dürfen.  Das war vorher so, weil diese Personen in den Entscheidungsgremien drin waren, also musste das geändert werden. Das Land Hessen wollte, dass man die Entscheidung auf eine möglichst breite, demokratische Basis stellt. Da sollte nicht nur Politik entscheiden, sondern auch Wirtschaft und Gesellschaft. Der geöffnete Wirtschaftsverein sollte diese pluralistische Einflussnahme auf die Vergabe der LEADER-Mittel in der Consult garantieren.

Hintergrund

Was sind DAWI-Leistungen? DAWI ist eine Abkürzung für „Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse.“ Darunter versteht man Angebote, die im Interesse der Allgemeinheit stehen, häufig aber im freien Markt nicht rentabel angeboten werden können – zumindest nicht in dem Umfang, den das Gemeinwohlinteresse gebietet.

Was ist ein Betrauungsakt?Als Betrauungsakt versteht man den Hoheitsakt, mit dem einem Unternehmen die Erbringung einer „Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“ übertragen wird.

Das heißt, das jetzige Problem mit der EU hat nichts mit dieser Anpassung von vor drei Jahren zu tun?

Genau. Die EU-Kommission hat sich allgemein angeschaut, für welche Fälle Kommunen und Landkreise Beihilfen an externe Gesellschaften rund um die Fragen von Wirtschaftsförderung zahlen. Und dabei ist sie zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Großteil der Fälle, in denen es zu solchen Zahlungen kommt, keine DAWI-Leistungen sind, also keine privilegierten Leistungen im Sinne des EU-Rechts.

Das müssen Sie genauer erklären. 

Das Problem ist die Größenordnung, in der der Kreis bislang Mittel an die Consult gezahlt hat. Die EU sieht darin eine mögliche Wettbewerbsverzerrung, wenn ein Landkreis so wie wir, jährlich gut 377.000 Euro an ein von ihm beherrschtes Unternehmen zahlt, das für ihn beispielsweise Startup-Beratung vornimmt. Mit der jetzigen Konstellation hätte man die zu vergebenden Mittel vielleicht ausschreiben müssen, damit auch andere Firmen, die ähnlich sind wie die Consult, davon profitieren können. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das Problem zu lösen. Man hätte sagen können, es gibt nur noch maximal 200.000 Euro innerhalb von drei Jahren. Aber dieser Förderrahmen ist für die bisherige Aufgabenstellung der Vogelsberg Consult schlicht und einfach zu gering.

Die andere Option wäre gewesen, diese konkrete Leistung, die der Kreis in einem neuen Betrauungsakt an die Consult vergeben würde, im Einzelfall von der Kommission in einem sogenannten „Notifizierungsverfahren“ überprüfen zu lassen. Das ist ein relativ kompliziertes Verfahren. Zudem gibt es ein zeitliches Problem. Der aktuelle Betrauungsakt läuft am 31. Dezember dieses Jahres aus. Und vor dem Hintergrund, was die EU da auch inhaltlich gesagt hat, ist es unwahrscheinlich, dass diese Aktion Erfolg hätte.

Der dritte Punkt wäre, man würde sich die einzelnen Aufgaben der Consult heraussuchen und diese dann ausschreiben, wie zum Beispiel die Beratung von Existenzgründern. Dann hätte man aber für jede Aufgabe ein einzelnes Ausschreibungsverfahren. Das sind die drei Möglichkeiten, die wir geprüft haben. Am Ende haben wir aber gesagt, wir wollen den Laden zumindest inhaltlich zusammenhalten – nur eben dann nicht mehr in dem Konstrukt der Consult, sondern innerhalb der Verwaltung.

Nun ist es aber durchaus so, dass Sie sich ein bis zwei potenzielle Probleme mit dem Ende der Consult vom Hals schaffen. Dass eine ist, dass der Kreis vereinfacht gesagt zwar die Rechnungen bezahlt hat, bislang aber nicht die Entscheidungsmehrheit hatte. Und zum anderen ist da der Punkt, dass die Consult den Kreis als eigenen Gesellschafter ja auch schon verklagt hat.

Der Vorteil liegt natürlich darin, dass wir strategisch die Wirtschaftsförderung in Zukunft beim Kreis an einem Ort bündeln. Aber bis in den März hinein haben wir ja an einem neuen Betrauungsakt für die Consult gearbeitet. Es ist die Mitteilung der EU-Kommission über die geänderte Rechtslage, die uns dazu gebracht hat, diesen Weg nicht weiter zu verfolgen. Aber Sie haben insofern Recht: Mit dieser Entscheidung können wir Wirtschaftsführung in Zukunft aus einer Hand machen.

Sitz der EU-Kommission in Brüssel. Foto: NakNakNak/pixabay

Aus einer Hand, die ihre ist und auf die sie mehr Einfluss haben.

Nein, aus einer Hand, die eine Stelle ist. Wir hatten im Vogelsbergkreis in der Vergangenheit drei verschiedene Stellen, die sich mit Wirtschaftsförderung beschäftigt haben. Das war zum einen die Consult, zum zweiten ein Amt für Wirtschaftsförderung und dann noch ein Amt für den ländlichen Raum mit dem Sachgebiet Dorf- und Regionalentwicklung. Die beiden Ämter sind mittlerweile verschmolzen. Wenn wir jetzt auch noch die Consult in die Verwaltung nehmen, haben wir dieses Nebeneinanderher nicht mehr, wo es natürlich auch Dopplungen gibt.

Aber wollen Sie nicht zugeben, dass Ihnen das Ende der Consult in den Kram passt, nicht nur weil Synergien entstehen, sondern auch weil sie als Kreis mehr Einfluss bekommen und sich potenziellen Ärger vom Hals halten, weil ihnen die gesamte Wirtschaftsförderung direkt untersteht? 

Diese Situation gab es ja nun in der Vergangenheit nicht. Ich bin selbst nur drei Jahre im Aufsichtsrat der Consult, aber ich habe da keine einzige Abstimmung erlebt, die nicht einvernehmlich ausgegangen wäre. Was Sie jetzt meinen, müsste ja bedeuten, dass wir in der Vergangenheit Situationen gehabt haben müssen, in der sich die übrigen Mitglieder gegen den Kreis gestellt haben. Aber das war nicht der Fall. Wir waren immer einer Meinung. Dass der Kreis da von anderen dominiert worden wäre und sich auf diesem Wege nun mehr Luft verschafft, weil er allein entscheiden kann, würde bedingen, dass es in der Vergangenheit zu Schwierigkeiten gekommen wäre.

Aber diese Schwierigkeiten gab es doch. Die Consult hat den Vogelsbergkreis verklagt, als er die Gewinne aus der Gesellschaft für sich beansprucht hat.

Das hatte ja einen anderen Hintergrund.

Nämlich?

Wir hatten einen Betrauungsakt, der Ende des Jahres ausläuft, und in diesem Betrauungsakt steht drin, dass es eine konkrete und ganz klar definierte Spartenrechnung gibt, was diese verschiedenen Aufgaben wie Fachkräftesicherung, die DAWI-Leistungen und das übrige Geschäft der Consult als Drittes geben muss. Was der Kreis jährlich zahlt, muss in jeder Spate abgerechnet werden. Und wenn bestimmte Leistungen nicht verbraucht sind, müssen die zurückerstattet werden.

Der Kreis hat seine Interessen in der Vergangenheit in der Gesellschaft ausreichend durchsetzen können.

Der Geschäftsführer hatte zwar gegen den Kreis geklagt, diese Klage dann aber wieder zurückgenommen, weil man sich im Aufsichtsrat und der Gesellschafterversammlung über den Abrechnungsmodus verständig hat. Und die Klage hatte nur den Hintergrund, dass der Geschäftsführer in der Zeit, wo das noch nicht klar war, sicher gehen musste, dass man ihm seitens der Gesellschafter nicht später vorwirft, er hätte Ansprüche nicht geltend gemacht. Das hätte ich als Geschäftsführer möglicherweise genauso gemacht, um die Interessen der Gesellschaft zu wahren. Aber nochmal: Die Klage wurde ja dann nach der Verständigung zurückgenommen.

Ist es nicht völlig logisch, dass man sich oft auf den Nenner einigt, den der Kreis vorschlägt, wenn er derjenige ist, der am Ende die Rechnungen zahlt?

Der Kreis hat seine Interessen in der Vergangenheit in der Gesellschaft ausreichend durchsetzen können. Aber in einem Punkt haben Sie vollkommen Recht: Der Kreis war letztlich derjenige Gesellschafter, der die ganze Kirmes bezahlt hat, indem diese 377.000 Euro im Jahr geflossen sind, seit 2015. Auch in der Zeit, als es der Gesellschaft schlecht ging, war es der Kreis mit Landrat Görig, der gesagt hat, wir müssen die Consult erhalten, wir machen das mit den jährlichen Zahlungen. Und außer einer Erhöhung des Stammkapitals, die sich auch in überschaubaren Grenzen gehalten hat, waren die übrigen Gesellschafter nicht bereit, zu einer besseren finanziellen Ausstattung der Consult beizutragen.

Das ist auch das, was wir bei anderen Bereichen wie der Touristik sehen: Dass es letztlich immer wieder an der großen Einheit Kreis hängenbleibt, weil der Rest sagt „Es muss, es muss, es muss“ – aber das Portmonee aufmachen soll dann bitte der Landkreis. Das war 2015 so und wir haben dann auch versucht, die Interessen des Kreises bei der Consult in den vergangenen vier Jahren berücksichtigen zu können.

Wie würden Sie denn generell die Zufriedenheit der Wirtschaft mit der Wirtschaftsförderung im Landkreis beurteilen?

Es hat eine hohe Zufriedenheit mit der Arbeit der Consult gegeben, auch mit der Arbeit des Geschäftsführers Thomas Schaumberg, dem der Kreis sehr, sehr viel zu verdanken hat. Das ist das, was ich gespiegelt bekomme, weil viele sagen, es sei schade, dass die Gesellschaft aufgelöst wird. Wenn diese rechtlichen Probleme nicht wären, hätten wir das weitergemacht. Also unter dem Strich würde ich die Zufriedenheit gut beurteilen.

Wir haben uns auch ein bisschen bei Unternehmen in der Region umgehört. Und eine Frage, die dort aufkam, lautet „Warum denkt der Kreis, dass er besser Wirtschaftsförderung kann, als die Wirtschaft selbst?“

Da ist ja doch die Frage: Wo verändert sich etwas aus der Sicht der Wirtschaft? Wo hat die Wirtschaft in der Vergangenheit auf die Arbeit der Vogelsberg Consult Einfluss genommen? Der Wirtschaftsförderverein hat einen von zehn Vertretern im Aufsichtsrat gestellt. Den Einfluss der Wirtschaft auf die Vergabe von LEADER-Leistungen wird es auch zukünftig geben, weil wir die allein wegen landesrechtlicher Vorgaben von der Verwaltung trennen müssen. Aber dass die Wirtschaft Einfluss genommen hätte auf die Arbeit von der Consult, das ist so nie von der Struktur her angelegt gewesen. Das, was Wirtschaft besser kann, soll Wirtschaft machen und das, was Verwaltung besser steuern kann, wollen wir unterstützen.

Was sagen Sie zu dem Argument, dass das Ganze ein Kniff ist, den die CDU im Kreis parteipolitisch nutzt, um ihr Profil als wirtschaftsfördernde Partei zu schärfen?

Das ist Quatsch.

Wieso?

Weil wir so selbstbewusst sind, dass wir sagen, das konnten wir auch in der Vergangenheit: Uns als Partei darstellen, der es wichtig ist, dass es der heimischen Wirtschaft gut geht. Davon gehe ich jetzt auch bei den übrigen Fraktionen und Parteien aus – dass das nicht nur ein Anliegen der CDU ist. Die größten Kritiker der Consult waren jedoch immer die Linken, die haben bei jeder Haushaltsdiskussion am liebsten diesen Ansatz von 377.000 Euro aus dem Haushalt streichen wollen, weil sie sagten, damit könne man viele, schöne andere Dinge machen.

So, und jetzt in der Situation, wo man sagt, wir lösen die Consult aus anderen Gründen heraus auf – da waren die Linken auf einmal die ersten, die gesagt haben „ja aber das ist doch alles gut gelaufen. Warum will denn der Kreis das jetzt auf einmal nicht mehr machen?“ Das kann man dann alles lange rechtlich begründen, am Ende hat dann der Herr Riese trotzdem dagegen gestimmt. Da muss man sich schon fragen lassen, wie ernsthaft der Widerstand gegen die Zahlungen an die Consult die Jahre zuvor war.

Ich finde die ganze Koalition – das ist nicht nur ein CDU-Thema – hat bei der Wirtschaftsförderung auch mit der Consult gute Akzente gesetzt bekommen und jetzt ändert sich nur im Hintergrund eine Struktur. Es ist ja der Wille, dass das möglichst reibungslos alles weiterläuft. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Consult werden in die Verwaltung übernommen.

Mit solchen Plakaten warb der Vogelsbergkreis im eigenen Gebiet für sich selbst. Foto: Gaby Richter

Der Kreis hat in Sachen Wirtschaftsförderung unter anderem Youtube-Videos produzieren lassen und auf Werbetafeln im Kreisgebiet selbst für den Vogelsberg geworben. Wer sich bei Wirtschaftsvertretern umhört, der vernimmt durchaus kritische Stimmen darüber, wenn auch hinter vorgehaltener Hand. Es steht die Frage im Raum, was diese Maßnahmen konkret gebracht haben und ob es nicht bessere Alternativen gegeben hätte. Haben Sie konkrete Zahlen über die Wirkung dieser Kampagnen, die Sie mit uns teilen können? 

Was für Zahlen meinen Sie denn jetzt da? Wie viele Neuansiedlungen im Kreis wir dadurch bekommen haben, oder ….

Ja, zum Beispiel. Oder wie viel Leute das tatsächlich gesehen haben, wie die Kampagnen auf sie gewirkt haben. Jede Firma, die eine Werbekampagne schaltet, hat doch einen Mechanismus, mit dem sie feststellen kann, was die Aktion wirklich gebracht hat. 

Also das, was wir zurückgespiegelt bekommen von den Kommunen, ist, dass es gerade bei den Gemeinden, die an die Oberzentren Gießen und Fulda angrenzen, sehr, sehr starke Nachfrage nach Wohnraum gibt. Ich wundere mich immer über diese Stimmen, die da laut werden wenn alle irgendwie meinen, sie könnten Wirtschaft und wüssten genau, wie es funktioniert.

Im Übrigen sind die Maßnahmen, die wir dort umgesetzt haben, ja zusammen mit der Wirtschaft entstanden. Wir haben in über 12 Monaten in mehreren Workshops zusammengesessen. Da sind Ideen entstanden, von Plakatkampagnen innerhalb und außerhalb des Kreises, Anzeigen in überregionalen Blättern, Anzeigen bei Facebook – und, und, und. Das ist ja nichts, was sich die Verwaltung alleine ausgedacht hat. Die Ideen kamen aus den Reihen des Handwerks, von Immobilienmaklern und mehr. Kritik von der Wirtschaft an den Aktionen wäre also Kritik an den eigenen Vorschlägen.

Aber nochmal: Gibt es konkrete Zahlen über den messbaren Erfolg der Kampagnen?

Natürlich kann man sich hinstellen und lange über den Sinn und Zweck eines einzelnen Plakats in der Landschaft nachdenken. Aber man darf nicht so verblendet sein und denken, man könne dort innerhalb von zwei Jahren jetzt die großen Erfolge sehen. Marketingexperten sagen, das sind Prozesse, die gehen in anderen Regionen über acht, neun, zehn Jahre, bis man da einen spürbaren Effekt sieht. Das sind langfristige Strategien, um die es dort geht.

Es gibt einen Trend von Nachfragen nach Kitaplätzen und Bauland im Kreis, den wir dadurch unterstützen. Aber ob wir noch einmal Geld für Plakate und Videos ausgeben würden, das ist eine Frage, die sie mir vielleicht in drei Jahren stellen können. Die Aktionen laufen erst so richtig seit eineinhalb Jahren. Ich bin überzeugt, dass sich in so kurzer Zeit keine seriöse Antwort über die Wirkung solcher Kampagnen geben lässt.

10 Gedanken zu “„Wenn diese rechtlichen Probleme nicht wären, hätten wir das weitergemacht“

  1. Die Lehrgänge und Beratungen sind hilfreich und nützlich. Der Raum Alsfeld hat keine große Industrie, man muss ständig mit Geschäftsaufgabe aus Altersgründen und wegfallende Industriebereiche arbeiten, ohne neue Firmen und somit der Unterstützung von Vogelsberg Consult wird die Sachlage nicht einfacher.

    1. Natürlich sind beispielsweise Lehrgänge und Beratungen für Existenzgründer, Unternehmens-Nachfolger usw. „hilfreich und nützlich“. Die „Sachlage“, nämlich eine zu zaghafte regionale Unterstützung von Existenzgründungen und neuen Geschäftsideen oder die Tatsache, dass erfolgreiche Unternehmer nicht automatisch auch erfolgreichen Nachwuchs hervorbringen, der die ererbte Firma überhaupt zu übernehmen bereit ist und sie anschließend nicht vor die Wand fährt oder an Heuschrecken verkauft, lässt sich aber nicht durch „Beratung“ aus der Welt schaffen. Schon gar nicht ist es notwendig, zu diesem Zweck eigens eine öffentlich bezuschusste „Firma“ wie die Vogelsberg-Consult zu gründen. Bei den Industrie- und Handelskammern, den betriebswirtschaftlichen Abteilungen regionaler Fachhochschulen und diversen Behörden mit dem Schwerpunkt Raumordnung und Regionalentwicklung gibt es genügend Anlaufstellen, die sich nur noch stärker
      die Erfahrungen zunutze machen müssten, die z.B. europaweit im Rahmen aktiver Wirtschaftsförderungsmaßnahmen durch Bestandsunternehmen (Regionalentwicklung durch die Wirtschaft, siehe https://www.boeckler.de/pdf/p_edition_hbs_261.pdf) entwickelt und zur Verfügung gestellt werden. Die Situation im Vogelsberg scheint mir dadurch geprägt zu sein, dass man seitens der Kreispolitik zwar ständig vom „Blick über den Tellerrand“ redet, dass man hierzu aber gar nicht fähig ist, weil hierzu auch ein fachlich geweiteter Horizont gehörte. Was nützt es, „offen“ für die Ideen und Erfahrungen anderer zu sein, wenn diese sich infolge eigener Beschränktheiten gar nicht erschließen und man am Ende die eigenen Ideen immer noch für die überzeugendsten hält.

      1. Interessanterweise hat gerade Wirtschaftsminister Peter Altmaier den Mittelstand als neues Lieblingsthema entdeckt, weil die deutsche Wirtschaft ja durch und durch mittelständisch sei und Mittelständler mehr als jeden zweiten Euro des BIP erwirtschafteten, 82 Prozent aller Auszubildenden ausbildeten und gut 58 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze stellten. Den „Motor unserer Volkswirtschaft“ will man jetzt durch umfassende Maßnahmen tunen, von denen einige im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Vogelsberg-Consult GmbH bereits genannt wurden. Zucker wird man hoffentlich nicht in den Tank füllen. Dafür gibt es jetzt aber ZIM(t) = Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand mit den Schwerpunkten künstliche Intelligenz, Digitalisierung und Technologietransfer. Und angesichts des sich im Mittelstand abzeichnenden umfassenden Generationenwechsels und dessen Bedeutung für die Erhaltung von Wirtschaftsstandorten, Know-how und Arbeitsplätzen, hat man sich umfassende Angebote zur Vorbereitung einer geregelten Unternehmensnachfolge ausgedacht. So z.B. die Gründungsoffensive „GO!“, die das Wirtschaftsministerium gemeinsam mit den Wirtschaftsverbänden durchführt. Ferner Aktionstage der bundesweiten Gründerinnenagentur und der Industrie-und Handelskammern. Als zentrales Instrument des BMWi im Bereich Unternehmensnachfolge wurde die gemeinsam mit der KfW und Regionalpartnern betriebene Nachfolgebörse http://www.nexxt-change.org geschaffen, über die kostenlos Kontakte geknüpft werden können (derzeit 6.400 Verkaufsangebote und rund 1.800 Kaufgesuche) veröffentlicht. Darüber hinaus fördert das BMWi das Projekt „STARTS -Start to Succeed! Unternehmensnachfolge erfolgreich umsetzen“ des Instituts für Entrepreneurship, Mittelstand und Familienunternehmen der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, wo auch unter http://www.nachfolge-in-deutschland.de eine Wissens- und Informationsplattform zum Thema Unternehmensnachfolge entwickelt wurde.
        Ich beschreibe dies so ausführlich, um deutlich werden zu lassen, in welchen Größenordnungen andernorts gedacht wird. Wird seitens des Vogelsbergkreises der Versuch gemacht, hier anzudocken und umfassendes Wissen für sich nutzbar zu machen? Nein, denn man hat ja sein Vogelsberg-Consult und demnächst seinen „Leader-Regional-Verein“. Klein-Klein in der Provinz. Wie immer. Aber wahrscheinlich werden wir demnächst wieder in der Zeitung lesen, dass der Vogelsbergkreis vergleichbaren Regionen im Grunde bereits weit voraus sei, ja die Avantgarde Hessens darstelle. Abschreckendes Beispiel: Sozialräumliche Orientierung (vgl. https://www.oberhessen-live.de/2017/11/13/professor-hinte-das-ist-die-hohe-schule/).

  2. Wenn man so manchen Kommentar liest, muss man sich schon fragen, wie ernsthaft Dinge und Debatten tatsächlich verfolgt werden oder wer mit wem noch Rechnungen offen hat und unabhängig von der Sachfrage einfach nur gestänkert werden soll.

  3. Hat der alte Kommentator
    Sich doch einmal weg begeben
    Und nun park ich den Rollator
    Um meine Stimme zu erheben
    Seine Wort und Werke
    Hatten zu viele Zeichen
    Bei meiner Geistesstärke
    Werd‘ ich das nie erreichen.
    Wer sonst nichts hat im Leben
    Mag sich mit Schreiben quälen
    Bei mir reicht’s gerade eben
    Die Buchstaben zu zählen
    Die Geiser, die ich rief
    Werd‘ ich trotzdem nicht los
    Irgendwas ging hier schief
    Wie schreibt man das denn bloß?
    Fehlt da nicht noch ein „T“?
    Und das bei erst sechs Zeichen
    Und mittags um halb zwee
    Vor Scham sollst du erbleichen.

  4. Viereinhalbtausend Zeichen um Mitternacht. Wer sonst nichts hat im Leben, meinetwegen

  5. „Wenn diese rechtlichen Probleme nicht wären, hätten wir das weitergemacht“. Die Überschrift des Beitrags, der die Selbstzufriedenheit der „politischen Führung“ mit vollem Recht stört, entlarvt doch schon die „Denke“ dieser großen Testosteron-Koalition. Dass es um das grundsätzliche Demokratieverständnis von SPD und CDU unter Görig und Dr. Mischak gehen könnte, wird aus den Antworten des Ersten Kreisbeigordneten nicht einmal in Ansätzen sichtbar. Und es ist zu befürchten, dass man genau so weitermachen wird wie bisher, und die paar rechtlichen Probleme, die ein ehemaliger Richter ja vielleicht auch bereits im Vorfeld hätte sehen und vermeiden können müssen, wird man in gewohnter Weise „umgehen“, statt eine Neustrukturierung im Sinne erweiterter demokratischer Mitbestimmung vorzunehmen, die auf eine Minderung des Einflusses der Groko-Politiker hinaus liefe.
    Denn was ist denn die eigentliche Machtbasis von Görig/Dr. Mischak im Vogelsbergkreis? Dass man so zu sagen an der Geldquelle sitzt, die weitgehend aus Fördermitteln gespeist wird, und darüber bestimmt, wer wann wofür welches Geld bekommt. So schafft man sich eine treue Anhängerschaft. Ohne Moos wäre hingegen nichts los. Da könnte man dann bestenfalls unter den Augen der Weltpresse Tempo 30-Schilder vor Kindergärten und Grundschulen enthüllen.
    Die Vogelsberg-Consult war in diesem Sinne – dank politischem Führungspersonal im Aufsichtsrat und hoher Bezuschussung aus Steuermitteln – nur eine scheinselbständige Veranstaltung, eine Art Scheinfirma, wie auch der von einem anderen Kommentar angesprochene Kreis-Seniorenbeirat nur eine scheinbare Interessenvertretung der Senioren sein dürfte.
    Die Kritik, die jetzt offensichtlich zu Veränderungen zwingt, bezieht sich auf einen zu großen Einfluss von Görig und Dr. Mischak auf die Bewilligung von Förderanträgen aufgrund der Tatsache, dass die „politische Führung“ sich in den entsprechenden Entscheidungsgremien breit gemacht habe. Stattdessen soll nach den Vorstellungen der Hessischen Landesregierung eine möglichst breite demokratische Basis der Mittelvergabe gesichert werden, indem nicht nur die Politik, sondern auch „Wirtschaft und Gesellschaft“ (was immer das heißen mag) über die Projektauswahl und die Mittelvergabe mitbestimmen.
    Doch wird das Ziel einer „pluralistische[n] Einflussnahme auf die Vergabe der LEADER-Mittel“ durch die Lösung „Verein statt Firma“ garantiert?
    Ich habe da meine Zweifel angesichts der Konzentration der Wirtschaftsförderung an einer Stelle in der Verwaltung und des von Dr. Mischak gebrauchten Begriffs „Wirtschaftsführung“, offensichtlich als Synonym für „Wirtschaftsförderung“.

  6. Besser die Kreisverwaltung inkl. Görig und Mischak auflösen und in die Vogelsberg Consult integieren. Dann würde es besser laufen als mit den beiden arroganten Politiker-Darstellern der unteren Kreisklasse.

  7. Ganz toll! Weil der „spürbare Effekt“ (der ja gar nicht sicher ist!) sich erst nach Jahren und Jahrzehnten einstellen wird, soll man heute nach dem Sinn und den Erfolgsaussichten der entwickelten Projekte und getroffenen Maßnahmen nicht fragen dürfen? Das könnte diesen Herren so passen, die längst über alle Berge sind, wenn sich herausstellt, dass ihre „bahnbrechenden Ideen“ nichts waren als heiße Luft und des Kaisers neue Kleider? In der Werbebranche gibt es einen alten Spruch, der da lautet: „Die Hälfte eines Werbeetats ist immer aus dem Fenster geschmissen. Nur weiß eben keiner, welche Hälfte!“

  8. Machen wir uns doch nichts vor: Diese ganzen „Erklärungen“ sollen nur wieder darüber hinweg täuschen, dass Görig, Mischak und Co. ein weiteres Mal Nachhilfe in Sachen Demokratie, Transparenz und Gewaltenteilung gebraucht haben! Das ganze Szenario erinnert doch verdächtig an die Einrichtung des Kreisseniorenbeirats in Form einer „Kommission“ (vgl. https://www.fuldaerzeitung.de/regional/schlitz/der-kreis-seniorenbeirat-ist-gegrundet-1080481-FF1052007), wodurch Landrat Görig und weitere Mitglieder des Kreisausschusses Zwangsmitglieder und automatisch Vorsitzende eines Gremiums wurden, das eigentlich die Interessen älterer Mitbürger gegenüber der Kreisverwaltung zur Geltung bringen sollte, die ihnen nun die Tagesordnung ihrer Versammlungen diktierte. Als der Regierungspräsident in Gießen das Kommissionsmodell schließlich untersagte, hieß es auch: „Jetzt ändert sich nur im Hintergrund eine Struktur.“ In Wirklichkeit änderte sich nicht mal die, sondern man benannte die „Kommission“ lediglich in „Beirat“ um (https://osthessen-news.de/n1248964/vogelsbergkreis-seniorenkommission-im-vogelsbergkreis-nun-formloser-beirat.html) und ließ ansonsten alles beim Alten. Die Legende von einer „Empfehlung der Kommunalaufsicht“ ermöglichte die Gesichtswahrung.
    Nun also ein „Verein“ statt der vom Kreis maßgeblich gesteuerten „Vogelsberg-Consult“. Und wie die Länge des obigen Artikels es eindrücklich belegt, bedarf es wiederum äußerst wortreicher „Erklärungen“, damit die Verantwortlichen nicht erneut als Deppen dastehen. Und natürlich hat der Misserfolg jetzt doppelt so viele Väter wie zuvor der (herbei geredete) Erfolg: „Das ist ja nichts, was sich die Verwaltung alleine ausgedacht hat. Die Ideen kamen aus den Reihen des Handwerks, von Immobilienmaklern und mehr. Kritik von der Wirtschaft an den Aktionen wäre also Kritik an den eigenen Vorschlägen.“ Ja, sicher doch. Mit gegangen, mit gefangen! Nur um es mal deutlich zu sagen: Gerade diese ganzen Beratungen und Planungen der immer gleichen inzüchtigen Personengruppen, deren Zusammensetzung der Landrat bestimmte, waren Verantwortlich für Provinzialität und Biedersinn, wo in anderen Landkreisen hochrangige Experten gerufen wurden, die frischen Wind in den lokalen Diskurs brachten. Im Vogelsberg war nur wichtig, „dass Landrat und Erster Beigeordneter als politische Führung hinreichend Einfluss auf die Projektanträge nehmen konnten wie schon in der Kreisseniorenbeiratskommission und die schönen Fördergelder möglichst an Ort und Stelle versickerten. Man kennt sich und man schanzt sich die Aufträge zu. „Der Vulkan schläft – und keiner merkt was“! Zum Beispiel, dass bei der kreativen Regionalentwicklung vor allem die guten Ideen des Landrats selbst zur Ausführung gelangten. Vogelsberg-Slogan-Wettbewerb, Vogelsberg-Song, Flashmob vorm Lebensmittelmarkt, E-Mobilität, E-Partizipation, eh egal. Was das alles tatsächlich gebracht hat – einschließlich Plakataktion und http://www.vogelsberg.de... Schon die Frage erscheint der politischen Führung offensichtlich ungehörig. „Ich wundere mich immer über diese Stimmen, die da laut werden, wenn alle irgendwie meinen, sie könnten Wirtschaft und wüssten genau, wie es funktioniert.“
    Genau! Sollen das doch diejenigen machen, die Wirtschaft nachweislich nicht können und auch nicht wissen, wie es funktioniert (Ja, wer mag das wohl sein?). Und wer im Rahmen der LEADER-Programme nun in welcher Weise Einfluss genommen hat – Wirtschaft, Verwaltung oder der Klosterfrau Melissengeist – oder wer Einfluss hätte nehmen sollen, dürfen und müssen… Es bleibt – wie immer, wo gemauschelt wird – alles irgendwie im Ungefähren. Hauptsache, es läuft alles weiter wie geschmiert. Zitat: „Es ist ja der Wille, dass das möglichst reibungslos alles weiterläuft. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Consult werden in die Verwaltung übernommen.“ Na, dann ist ja für alle gesorgt. Und die Rechnung wird ja ohnehin erst präsentiert, wenn die Verantwortlichen eine angemessene „Anschlussverwendung“ gefunden haben oder ihre üppigen Pensionen verzehren. Zitat: „Das sind Prozesse, die gehen in anderen Regionen über acht, neun, zehn Jahre, bis man da einen spürbaren Effekt sieht. Das sind langfristige Strategien, um die es dort geht.“ Tja, so ist das.

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