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Romöder Entwickler von "Fairfahrt" stellen neues Projekt vorEine Mitfahr-App, extra für Schüler aus dem Vogelsberg

ROMROD (akr). Warum alleine zum Einkaufen fahren, wenn man auch Fahrgemeinschaften bilden kann? Aus dieser Überlegung heraus bastelten vier junge Männer aus Romrod ein System namens Fairfahrt, das die Menschen um sie herum beim bilden solcher Gemeinschaften unterstützen sollte. Doch das Projekt kam nicht sonderlich gut an. Kein Grund, einfach aufzugeben. Mit Fairschult haben sie ein neue Idee: Eine Mitfahr-App, exklusiv für Schüler aus dem Vogelsberg.

Von Strebendorf, Zell, Ober-Breidenbach und Nieder-Breidenbach ganz einfach mit dem Auto nach Romrod zu kommen und wieder zurück. Selbst dann, wenn man selbst gar kein Auto hat. Das ist der Gedanke hinter Fairfahrt, dem ersten Projekt der Entwickler hinter Fairschult. Die Idee Dazu kam ihnen bei einem gemeinsamen Abend mit ihren Freunden. „An dem Abend kam uns die Idee, dass die Busverbindung hier im Umkreis ja nicht die beste ist und dass es toll wäre, wenn ältere Leute auch einfach mitgenommen werden können“, sagt der 29-jährige Andreas Stein aus Strebendorf, einer der Mitbegründer des vierköpfigen Teams.

„Ich fahr zum Beispiel immer von Strebendorf nach Gießen und könnte ja theoretisch jemanden mit nach Romrod nehmen.“ Aus diesem besagten Abend entstand schließlich das Projekt Fairfahrt, das mittlerweile dank den Entwicklern Andreas Stein, Jonathan Waschkewitz, Mike Weber und Frederic Madesta seit einem Jahr genutzt werden kann.

An den Stationen scannt man einfach seine Karte ein und wählt den Zielort aus. Foto: akr

Um die digitale Mitfahrbank nutzen zu können, holt man sich bei der Stadtverwaltung in Romrod eine kostenlose Chipkarte, registriert sie einmalig an einer der Stationen, meldet sich an und wählt den Zielort aus. Die grüne Lampe an der Straßenlaterne in der Nähe der Station leuchtet auf und signalisiert den Mitfahrwunsch. „Es gibt aber auch eine App, durch die die „Mitnehmer“ eine Push-Benachrichtigung erhalten, das jemand mitgenommen werden möchte“, erklärt Stein. Man kann von den Dörfern aber nur nach Romrod fahren. Von dort hat man dann aber die Wahl zwischen den unterschiedlichen Zielpunkten, sagt er. Der zentrale Ausgangspunkt ist das Rewe in Romrod, hier steht das Terminal gleich innen am Eingang.

Resonanz anders als erwartet

So ein Projekt ist natürlich auch mit Kosten verbunden. Doch die Tüftler fanden Unterstützung bei der Stadt.“ Bürgermeisterin Richtberg fand die Idee super und hat sie unterstützt“, sagt Stein. Die Kosten für die Einrichtung der Technik hat dann die Stadt übernommen. Weil das System, wenn es erst einmal läuft, seinen Strom über Solarmodule generiert, sind im aktiven Betrieb die zu deckenden Kosten nur minimal. Deswegen sei es auch nicht so schlimm, das die Mitfahrbank nicht so gut angenommen wurde.

„Leider ist es nicht so erfolgreich verlaufen, wie wir es erwartet haben“, sagt Stein. Die Leute, die Fairfahrt innerhalb des einen Jahres genutzt haben, kann man nämlich an zwei Händen abzählen. Und das seien auch nur Leute gewesen, die sich das einfach mal anschauen und einmalig ausprobieren wollten.

Die Gruppe hat sich natürlich Gedanken darüber gemacht, woran die geringe Beteiligung liegen könnte. „Viele Leute fahren einfach mit der Familie oder den Nachbarn mit. Die meisten Leute bemerken aber noch nicht einmal die Stationen, obwohl sie extra so positioniert wurden, dass man sie direkt sieht und es genug Informationsveranstaltungen gab“, erzählt Stein.

Aber wie das so ist: Manchmal ergibt sich durch eine Idee, die nicht so gut ankommt, die Chance auf ein neues Projekt. Der Vogelsbergkreis hat das Werken der Tüftler beobachtet und sie gebeten, eine Mitfahr-App für Schüler zu entwickeln. Anfangs hatte das Team auch die Idee, aus Fairfahrt eine „richtige“ App zu machen. Doch dann kamen die Bedenken. Sie wollten das System einfach und auch für ältere Menschen ohne Smartphone nutzbar machen. So dient die App von Fairfahrt aktuell lediglich als „Anzeige“, wer mitgenommen werden möchte, oder um einzutragen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt fährt. Die App für Schüler sollte allerdings anders werden.

Fairschult – eine Mitfahr-App für Schüler

Fairschult, so lautet der Name der App, die für zunächst drei beteiligte Schulen entwickelt wurde: Die Max-Eyth-Schule in Alsfeld, die Albert-Schweitzer-Schule in Alsfeld und die Alexander von Humboldt Schule in Lauterbach nehmen an dem Pilotprojekt teil. Die Mitfahr-App für Schüler ist ein geschlossenes System, wo nur Schüler von Schülern mitgenommen werden können, zur Schule und wieder nach Hause. Die Registrierung erfolgt über die jeweilige Schule. Dabei werden alle sicherheitsrelevanten Daten nur auf Papier gespeichert. In dem geschlossenen System können die Schüler dann Fahrten suchen und aufgeben.

„Den Abfahrpunkt kann jeder individuell bestimmen, dafür gibt es extra ein kleines Textfeld. Da kann man dann auch reinschreiben, wenn man beispielsweise nur Frauen mitnehmen oder nicht bei Männer mitfahren möchte“, sagt Stein.

Ein Einblick in die Mitfahr-App Fairschult. Foto: akr

In der App können auch Beschwerden festgehalten werden, wenn jemand zum Beispiel zu schnell gefahren ist oder die Fahrt unangenehm war. Dann könne man überlegen, dass derjenige Fahrer nach mehrmaligen Beschwerden gesperrt wird. Für jede abgeschlossene Fahrt erhält der Fahrer außerdem Punkte, „vielleicht könnte daraus eine Art Ranking gemacht werden, aber was daraus gemacht wird, hängt von der Schule ab. Wir sind ja nur für die Entwicklung der App zuständig gewesen“, lacht der Strebendorfer. Und das Team hat jetzt schon eine Idee, wie man die App noch erweitern könnte: „Beispielsweise durch einen Chat oder einen Schulplan“.

Die App „Fairschult“ ist bereits fertig, im Appstore für Android oder iOS allerdings noch nicht verfügbar. „Das Projekt startet erst nach den Sommerferien, also für das Schuljahr 2018/2019“, sagt Stein. Hätte es jetzt schon begonnen, wäre die Wahrscheinlichkeit groß gewesen, dass es über die Ferien hinweg in Vergessenheit gerät. „Ich glaube auch, dass Fairschult besser laufen wird als Faifahrt, gerade mit Schülern und Apps – das wird mehr geben, zumal die App eben auch stetig erweitert werden kann“, sagt er.

Ein Gedanke zu “Eine Mitfahr-App, extra für Schüler aus dem Vogelsberg

  1. Was kann man von solchen Projekten lernen? Eine plausibel erscheinende Idee wird nicht angenommen, weil sie offensichtlich an irgendeiner Stelle nicht den Erwartungen oder Gewohnheiten der Zielgruppe entspricht. Vielleicht werden auch bestimmte Bedarfe (z.B. an Mobilität) überschätzt, oder es wird die Flexibilität unterschätzt, mit der sich die Menschen ungünstigen Gegebenheiten anpassen können und ihre Probleme nachbarschaftlich ganz individuell selbst lösen. Dass einer den anderen im Auto mitnehmen kann, wusste man in meiner Jugend auch schon.
    Jeder kennt den Spruch, dass die, die direkt neben der Kirche wohnen, am häufigsten zu spät zum Gottesdienst kommen. Und die, die direkt neben dem Theater wohnen, nehmen u.U. seltener am kulturellen Leben teil als die pensionierte Lehrerin auf dem entlegensten Dorf. Will sagen: Die angeblichen „Defizite“ etwa in ländlichen Regionen kann man zwar aus den Menschen herausfragen und dann akribisch auflisten. Doch häufig werden sie eben dann doch nicht als so gravierend empfunden, dass man deshalb seine Gewohnheiten ändern und neue Angebote wirklich regelmäßig wahrnehmen würde.
    Alternative Lösungen oder Angebote im Bereich Mobilität, Versorgung usw. müssen vor allem einfach und bequem sein. Ich fürchte, dass so manche „Probleme“, die zum Beispiel in dem Modellvorhaben „MoDaVo“ (https://www.vogelsbergkreis.de/Ansicht.1066.0.html?&tx_ttnews%5Btt_news%5D=8075&cHash=e3f63928405de79fbf558376927069fa) so großartig „erforscht“ wurden, von sog. Experten künstlich aufgebauscht werden. Wie anders wäre es zu erklären, dass MoDaVo nach zwei Jahren und einem Fördermittelverbrauch von 350.000 Euro ein nur äußerst bescheidenes Ergebnis erbracht hat. Außer dem oben beschriebenen Projekt Fairfahrt/Fairschult, einem in Eigeninitiative wiederbelebten Wochenmarkt, zwei Dorfläden etc. (Was davon bitte ist wirklich neu???) kam man zu dem Ergebnis, dass der ÖPNV im Vogelsbergkreis besser sei als gedacht. Ein Riesengegacker für so wenige Eier. Die 350.000 Euro hätte man weiß Gott besser „anlegen“ können!

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