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Neujahrsempfang im Rambachhaus - Gebete und Musik für die Bewohner und die WeltRussische Domra‐Musik für ein friedvolles Jahr

ALSFELD (ol). Gebete und Musik gab es kürzlich für die Bewohner des Rambachhaus Alsfeld. Nach der Corona Pandemie startet man mit dem Neujahrsempfang nun in eine gemeinsame Freizeitgestaltung der Bewohner, sowie der Mieter des seniorengerechten Wohnens.

„Wenn ich einen grünen Zweig im Herzen trage, wird sich ein Singvogel darauf niederlassen“ – mit diesem chinesischen Sprichwort beendete Julia Ratmann, Juniorchefin des Alsfelder Rambachhauses, den offiziellen Teil des diesjährigen Neujahrsempfang für die Senioren der Residenz und leitete zum musikalischen Part mit dem russischen Domra‐Spieler Vladimir Vinogradov über.

Zuvor hatte Pfarrer Horst Nold einen evangelischen Gottesdienst im Kulturhaus gehalten – erstmals nach drei Jahren Corona‐Pause auch mit den Mietern des seniorengerechten Wohnens in der Nachbarschaft der Seniorenresidenz, heißt es in der Pressemitteilung des Rambachhaus Alsfeld.

Während der Pandemie waren die Begegnungen im Kulturhaus sowie die Teilnahme am Programm für die Bewohner des alten Alsfelder Krankenhauses für die Mieter nicht möglich gewesen. Mit dem Neujahrsempfang wurde die gemeinsame Freizeitgestaltung wieder aufgenommen – für die sich vor allem die Bewohner des angegliederten Wohngebäudes viele Konzerte gewünscht haben.

Pfarrer Nold schaute in seinem Gottesdienst zurück auf das vergangene Jahr, wagte aber bewusst keinen Blick in die Zukunft – „manchmal ist es gut, dass wir nicht wissen, was auf uns zu kommt.“ Um Gottvertrauen bat er die Gemeinde und betete mit ihr um Gesundheit und Frieden – überall auf der Welt.

Der russische Domra-Spieler verzauberte die Senioren im Kulturhaus mit seinem Instrumentalspiel. Alle Fotos: Anja Kierblewski

Was vor 100 Jahren war

Julia Ratmann und Susanne Fett, Betreuungsdienstleiterin des Hauses, ergriffen nach dem feierlichen und musikalisch umrahmten Gottesdienst das Wort an die Gäste, bevor der russische Profimusiker sein Konzert gab. Julia Ratmann erinnerte in ihrer Ansprache daran, was vor 100 Jahren war und wie die Menschen über die Zukunft dachten.

Dabei berief sie sich auf eine Umfrage von Paul Faire von der Uni Calgary: 1923 glaubten die Menschen, dass 2023 durch den Fortschritt der Elektrizität nur noch vier Stunden Arbeit pro Tag notwendig seien, dass es weniger Ärzte geben werde, weil Krankheiten wie Krebs, Tuberkulose oder Kinderlähmung ausgeheilt seien, dass die durchschnittliche Lebensdauer weit über 150 Jahre liege und die Menschen alle schön sein würden, so dass Schönheitswettbewerbe sinnlos wären.

Nicht ganz so utopisch waren die Ideen, dass eine Polarfluglinie eröffnet werde, die Flüge von Chicago nach Hamburg innerhalb von 18 Stunden möglich mache, und dass es Funktelefone in Uhrengrößen geben werde, mit denen man sich mit jedem Ende der Welt in Verbindung setzen könne.

Susanne Fett ermutigte die Bewohner in ihrer gewohnt positiven Art mit Wünschen für das neue Jahr: „Menschen wünsche ich dir, denen du vertrauen kannst und die dir vertrauen, die dich verstehen und denen du dein Verstehen schenkst. Menschen (…), die mit dir unterwegs sind (…) in hellen und in dunklen Stunden. Menschen (…) die dir helfen weiterzugehen, wenn dir die Kraft fehlt und du keine Perspektive mehr siehst.“

Herzlich begrüßen und feiern Mitarbeiter und Bewohner des Rahmbachhauses das neue Jahr.

Wünsche, die die Bewohner des Seniorenheimes und die Nachbarn im seniorengerechten Wohnen, aber auch die Mitarbeiter des Hauses, einige mit Migrationshintergrund, sehr gut gebrauchen können. „Die Zeit ist für uns alle schwer – für die Senioren hier in ihrem Alterswohnsitz, Corona und der Krieg in der Ukraine“, fasst Fett zusammen, was während des Vormittages eigentlich auch schon die ganze Zeit „mitschwang“.

„Wir haben hier einige Mitarbeiterinnen mit russischen Wurzeln, die ihre Familien schon lange nicht mehr gesehen haben – erst Corona, dann der Krieg. Von unseren Senioren haben viele den Zweiten Weltkrieg hautnah miterlebt, die Nachrichten wecken alte Erinnerungen, holen Schmerz wieder hoch und machen traurig. Wir alle wünschen uns Frieden.“

Das Konzert des 58‐jährigen Russen war stimmig, denn esr war mit dem Titel „Musik für den Frieden“ überschrieben. Vinogradov wurde in Moskau geboren, fand dort schnell seine Liebe zur Musik und zu dem außergewöhnlichen russisch‐ukrainischen Instrument Domra. Er studierte an der Musikhochschule in Moskau und kam vor 25 Jahren nach Deutschland.

Heute lebt er in Saarbrücken und verzaubert vorwiegend Bewohner von Einrichtungen – Seniorenheimen oder Behindertenwohnstätten – mit seiner Instrumentalmusik vom Dreiseiteninstrument. „Dom“ heißt auf russische „Haus“ und „ra“ heißt „Freude“ – der Name war Programm, der Saitenspieler brachte Freude in das Rambachhaus.

Er spielte ein buntes Programm aus beliebten und bekannten russischen und deutschen Liedern, die die Bewohner – beeindruckend textsicher – zum Mitsingen motivierten, darunter beispielsweise Melodien wie Doktor Schiwago, Lilly Marlene oder Kalinka.

Julia und Ingrid Ratmann mit Susanne Fett stoßen mit den Bewohnern auf das neue Jahr an.

Vladimir Vinogradov spielte seine Musik neben dem Neujahrsempfang im Kulturhaus, auch in den einzelnen Wohnbereichen der Stationen und besuchte Bewohner in ihren Zimmern – so könnten auch immobilen Residenzbewohner den harmonisch und Zuversicht spendenden musischen Neujahrsgruß genießen.

Bevor die Gäste zum Ende der Feier eine deftig‐wärmende Gulaschsuppe genossen, stießen die Familie Ratmann und die Mitarbeiter des Betreuungsdienstes mit einem Glas Sekt auf ein neues, hoffentlich friedvolles Jahr mit ihren Bewohnern an: „Ein russischer Musiker, der mit seiner Domra Musik für den Frieden spielt – was für eine schöne Botschaft zu Beginn diesen neuen Jahres.“

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