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Vogelsberger Gemeinschaftsstand-Aussteller auf der Immobilienmesse ziehen BilanzExpo Real: Die Chance in der Krise nutzen

VOGELSBERG (ol). Zum 17. Mal hatten sich kommunale und privatwirtschaftliche Aussteller unter dem Dach des Regionalmanagements Mittelhessen zusammengefunden, um sich Anfang Oktober gemeinsam auf Europas größter Fachmesse für Immobilien und Investitionen, der Expo Real in München, zu präsentieren.

Die 1.887 Aussteller in sieben Hallen zogen knapp 40.000 Teilnehmer aus 73 Ländern an – die Messe hat mit dieser Beteiligung nahezu das Niveau aus dem Jahr 2019 erreicht. Dass der Mittelhessenstand in alter Größe zurückkehren würde, war keine Selbstverständlichkeit, die Entscheidung wird aber von allen Beteiligten begrüßt, heißt es in der Pressemeldung des Regionalmanagement Mittelhessen.

Manfred Wagner, Aufsichtsratsvorsitzender des Regionalmanagements und als Oberbürgermeister von Wetzlar zugleich ein Standpartner zieht Bilanz: „Wir haben 27 statt 26 Mitausteller, das ist ein schönes Signal. Mittelhessen zeigt sich hier in München unübersehbar und ich denke, wir haben die Chance genutzt, sowohl mit Dritten in Kontakt zu kommen als auch unser Netzwerk zu stärken.“

Für Frank-Tilo Becher war es als Gießens Oberbürgermeister eine Premiere: „Es ist gut, Perspektiven auszutauschen, wie man miteinander unterwegs sein kann. Die Messe ist zugleich eine gute Gelegenheit, auch über den Tellerrand Mittelhessens hinauszuschauen und sich Inspiration zu holen.“

Ebenfalls neu als Aussteller am Stand waren die GPEP GmbH aus Limburg und die IWG-Unternehmensgruppe aus Gießen; die GPEP investiert in Einzelhandels-Standorte, ihr Kommunikations-Referent Maximilian Stane ist vom Messeauftritt begeistert: „Wir kamen schon mit einem vollen Kalender und es kamen noch weitere Termine hinzu – auch Neukunden konnten wir hier gewinnen.“

Die IWG ist auf die Entwicklung von Ärzte- und Gesundheitszentrum spezialisiert, Vorstand Dr. Uwe Natter erklärt: „Wenn man jemand aus Mittelhessen treffen möchte, muss man nach München fahren, weil hier alle vor Ort sind: das ist schon toll, was hier aufgestellt worden ist.“

Gemeinschaftlich stark: alle Standpartner auf dem Mittelhessen-Stand auf der Expo Real 2022 in München. Alle Fotos: Regionalmanagement Mittelhessen, Tilman Lochmüller.

Auch die Landkreise waren vor Ort und haben ein klares Ziel. Marian Zachow, erster Kreisbeigeordneter des Landkreises Marburg-Biedenkopf findet es „ganz entscheidend, dass der ländliche Raum hier Flagge zeigt und zeigt, dass wir eine echte Standort-Alternative sind. Metropolen sind ist nicht mehr das, was alle Unternehmen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wollen. Die Menschen wollen heute den richtigen Mix aus Entschleunigung und Dynamik.

Wir haben in Mittelhessen eine unheimlich dynamische, schnelle Wissensregionen, aber auf der anderen Seite eine einzigartige Erlebnis-Qualität mit Naturräumen und Wellness, das kommt so nur im ländlichen Raum zusammen.“ Jens Mischak, erster Kreisbeigeordneter des Vogelsbergkreis stimmt zu: „Corona hat uns wie ein Brennglas die Vorteile des ländlichen Raums offenbart und gezeigt, dass die Leute den Freiraum in Kombination mit Home Office wirklich zu schätzen gelernt haben. Das sind Vorteile, die der ländliche Raum jetzt ausspielen kann.

Wenn die Voraussetzungen wie Breitbandversorgung, Schulen und Kinderbetreuung stimmen, dann können Arbeiten, Freizeit und Wohnen im ländlichen Raum mit einer Beschäftigung in den Metropolregionen durchaus zusammenpassen. Diese Vorteile muss man jetzt ganz bewusst und ganz gezielt auch ausspielen.“

Regionalmanagement-Geschäftsführer Jens Ihle beobachtet, dass alle froh waren, den gewohnten Stand wiederzuhaben. „Die Branche lebt einfach vom persönlichen Kontakt. Das Netzwerk wirkt nach innen und der Standort und seine Protagonisten vermarkten sich als Team nach außen.“

Gruppenbild der Vogelsberger Aussteller mit Ersten Kreisbeigeordneten Jens Mischak (rechts) und Wirtschaftsförderin Andrea Ortstadt (zweite von rechts)

Gleichzeitig stand die Messe im Zeichen mehrerer globalen Krisen und ihrer Folgen, die sich auch auf die Immobilienwirtschaft auswirken: Zentrale Themen waren neben Teuerungen und Inflation auch die Zinspolitik, Environment, Social and Governance (ESG)-Anforderungen und die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Bundesbauministerin Klara Geywitz erklärte zu bezahlbarem Wohnen, dass es darum gehe, „die Rahmenbedingungen zu schaffen, um in Deutschland rentabel bauen zu können und gleichzeitig die Kapazitäten auszuweiten.“

Jens Ihle beobachtete: „Auch unseren Standpartner war die Verunsicherung anzumerken. Aber die Branche und ihre Player waren und sind eher optimistische Leute.“ So gelang es vielen rechtzeitig, zu reagieren und die Krisen als Chancen zu nutzen wie Kai Laumann, der glaubt, dass in der aktuellen Lage das Hauptaugenmerk auf die ökologische Sanierung und Revitalisierung von Bestandsgebäuden liegen muss. Das brauche aber Geduld: „Manchmal arbeitet man an der Planung der Projekte länger, als um sie zu umzusetzen.“

Die Faber & Schnepp Hoch- und Tiefbau entwickelt mit dem Rinn & Cloos-Carree in Heuchelheim genau ein solches Projekt im Bestand. Geschäftsführer Matthias Möhl erklärt: „Da steckt alles drin mittlerweile bis zum Thema Nachhaltigkeit. Wir wollen die Neubauten dort klimaneutral errichten und zugleich einen Industriekultur-Altbestand zukunftsfähig machen. Es geht um die Frage nach Wohnraum in Heuchelheim: die Nachfrage ist groß, doch wie ist das realisierbar?“

Die Stadt Gießen sieht in Sachen Wohnraum einen Mix als erfolgsversprechend an, Frank-Tilo Becher erklärt: „Wir sind mit starken Projektentwicklern in der Stadt Gießen unterwegs und das merken wir auch hier vor Ort in München. Wir können mit viel Vertrauen weiter unterwegs sein neben der Tatsache, dass wir mit der Wohnbau eine starke eigene Wohnungsbaugesellschaft haben.“ Auch beim Schulbau geht die Stadt neue Wege: „Wir bereiten aktuell ein Interessensbekundungsverfahren vor, damit sich private Investoren für den Bau der Liebigschulen-Sporthalle und ein Investitions-Konzept bewerben können.“

„Positive Impulse“

Auch die Limburger Bauunternehmumg Albert Weil und ihre Projektentwicklung nimmt „positive Impulse“ von der Messe mit. Nina Hildebrandt: „Wir denken schon an die Zeit nach der Krise und wie wir aufgestellt sein müssen, wenn es wieder bergan geht.“ Während sich Albert Weil aktuell mit dem Neubau des Amtsgerichts in Bad Schwalbach beschäftigt, konnte die Amadeus Gruppe ein Projekt in Offenbach namens „Mathilde 60“ mit 82 Wohnungen und 5 Gewerbe-Einheiten präsentieren. Geschäftsführer Dirg Parhofer erklärt: „Das ist eine tolle Einheit und ich bin ganz gespannt, was der Markt davon hält.“

Ilona Roth, Vorstand der Sparkasse Gießen, beobachtet nach dem Ende der Niedrigzinsphase eine neue Normalität: „Jetzt gibt es wieder ein genaueres Abwägen, welches Objekt durchgeführt werden kann und welches Objekt nicht. Es geht nicht mehr alles, aber das verstehe ich durchaus als Chance.“

Michael Müller, neuer Vorstand der Volksbank Mittelhessen pflichtet bei: „Investoren, aber auch private Bauherren denken viel intensiver und detaillierter über ihr Bauvorhaben nach. Dennoch ist der Blick grundsätzlich optimistisch. Jetzt achten mehr darauf Investitionen so zu gestalten, dass sie einem gesellschaftlichen, sozialen und auch insgesamt volkswirtschaftlichen Charakter entsprechen, der uns stärker sein lässt.“

Andreas Lenzer, Geschäftsführer der IMAXX hat den Eindruck, „dass die Standpartner und die Besucher mit Blick auf Immobilien vernünftig und zuversichtlich nach vorne blicken. Vor allem hier am Stand sagen die Partner: Auch das werden wir bewältigen. Das hat mir sehr gut gefallen.“

Der zweistöckige Stand, in Halle C1 direkt neben den anderen hessischen Ständen gelegen und seine Organisation durch das Regionalmanagement werden durchweg gelobt. Noch einmal Maximilan Stane: „Der Stand ist hell und freundlich, wir sind rundum versorgt und haben eine ganz tolle Gesprächsmöglichkeit im ersten Stock.“ Marian Zachow ergänzt: „Man merkt, dass die Stimmung wieder wie früher ist – wir haben eine große Nachfrage nach unserer Region Mittelhessen.“

Jens Ihle bilanziert abschließend: „17 Jahre Mittelhessenstand stehen für ein gut entwickeltes Netzwerk der Immobilienwirtschaft. Man kennt sich, man vertraut sich und man möchte die Projekte für alle Beteiligten positiv abschließen. Dieses Vertrauen ist eine starke Währung und Versicherung für den Immobilienstandort Mittelhessen. Wir werden eine gewisse Zurückhaltung in den nächsten Wochen und Monaten sehen, weil alle Investoren beobachten genau, wie sich Märkte in den volatilen Rahmenbedingungen entwickeln werden.“

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