Kultur1

Diskussion und Austausch beim kulturpolitischen Nachmittag im Rahmen der 7. TRAFO-Akademie„Kultur ist ein wichtiger Standortfaktor“

VOGELSBERG (ol). Für das Programm „TRAFO – Modelle für Kultur im Wandel“ haben sich verschiedene Institutionen zusammen getan, um ein zukunftsfähiges kulturelles Angebot im ländlichen Raum zu schaffen. Im Rahmen der 7. TRAFO-Akademie hat nun ein kulturpolitischer Nachmittag stattgefunden, bei dem die bisherigen Projekte vorgestellt und in einem Erfahrungsaustausch die Fragen der Einzelnen Projektkommunen bearbeitet wurden.

„Wir sind der ländlichste Kreis in Hessen, aber auch der schönste. Wir haben kein Oberzentrum, liegen zwischen Gießen, Marburg und Fulda – aber unsere rund 106.000 Einwohnerinnen und Einwohner haben einen Anspruch darauf, Kultur zu erleben, auch innerhalb des Landkreises.“ So skizzierte Kulturdezernent Jens Mischak mit einem Augenzwinkern den aus ganz Deutschland angereisten Gästen, in welcher Region sie sich gerade befinden. Er begrüßte neben den Vertreterinnen und Vertretern aus den Teilnehmerregionen des Bundesprogramms „TRAFO – Modelle für Kultur im Wandel“ auch Vogelsberger Kulturaktive und Politiker.

Samo Darian, Programmleiter TRAFO – Modelle für Kultur im Wandel, stellte laut Pressemitteilung des Vogelsbergkreises einleitend heraus, dass Kultur viel mehr als ein weicher Faktor ist und als Teil der Daseinsvorsorge ein wichtiger Standortfaktor sei: „Kultur schafft Orte der Begegnung, durch Gespräche und persönlichen Austausch und die gemeinsame Arbeit an Projekten und Veranstaltungen wird der Zusammenhalt zwischen Menschen gestärkt.“

Aber die Kultur sei auch auf dem Land im Wandel: „Vereine altern und erreichen nicht mehr die gesamte Bandbreite der Menschen. Orte der Begegnung sind verloren gegangen, Gemeinschaftsaktionen wie Dorf- oder Stadtteilfeste werden weniger. Nun geht es darum, die entstandene Lücke zumindest zum Teil wieder zu schließen.“

Samo Darian, Programmleiter von „TRAFO – Modelle für Kultur im Wandel“ stellt heraus, dass Kulturförderung zu einem Teil der Daseinsvorsorge geworden und ein wichtiger Standortfaktor sei: „Kultur schafft Orte der Begegnung, durch Gespräche und persönlichen Austausch wird der Zusammenhalt zwischen Menschen gestärkt.“ Fotos: Gaby Richter – Vogelsbergkreis

Im Projekt „TraVogelsberg“ haben sich mit der Kreisverwaltung, der Lauterbacher Musikschule und dem Kulturzentrum Kreuz drei Institutionen zusammengetan, um neue Formate zu finden, neue Formen für ein zukunftsfähiges kulturelles Angebot – und zwar nicht nur in den Metropolen, sondern in den kleinen Gemeinden und Dörfern. „Das alles braucht Zeit zum Ausprobieren, und für Nachhaltigkeit müssen Allianzen entstehen, die erhalten bleiben“.

Die mobile Einheit im Projekt ist das „TraVobil/Büro für kulturelle Einmischung“, das bisher in drei Projektkommunen Station gemacht hat. Die TraVobil-Teams aus Schlitz, Breitenbach am Herzberg und Schotten präsentierten ihre Arbeit: So wurde aus einem leerstehenden Ladengeschäft in Schlitz zunächst ein Raum für Kulturaktionen, der dank ideeller und auch finanzieller Unterstützung durch die Stadt nun zum „Kulturladen Schlitz“ und einer festen Einrichtung werden soll, wie Wirtschaftsförderer der Stadt Schlitz Oliver Rohde und Bürgermeister Heiko Siemon berichteten.

Das TraVobil-Team stellt die bisherige Arbeit in der aktuellen Projektkommune Schotten vor.

In Breitenbach am Herzberg gab es neben einem Familientag auch einen Kinoabend im Baustall, und die Kirche von Pfarrerin Hannelore Weide-Jatho wurde zum Ausstellungsort mit Mehrwert: Die gezeigten Fotografien des ehemaligen Revierförsters sind inzwischen als Bildband erhältlich. Auch am aktuellen TraVobil-Ort Schotten konnten schon einige Veranstaltungen auf die Beine gestellt werden, darunter ein Friedensmarsch und Konzerte. Lilian Lamadieu, Katja Niebuhr, Nicole Kapeller und Grundschulleiter Andreas Göbel präsentierten ihre Arbeit und kündigten an, dass auch in Schotten aus einem Leerstand ein Ort der Begegnung werden könnte.

Wolfgang Wortmann, Dr. Martin Jatho, Klaus Scheuer und Barbara Brod (v. l.) berichten von den kulturellen Aktivitäten in Breitenbach am Herzberg, wo u. a. die Kirche zum Ausstellungsort und die ausgestellten Fotografien zu einem Bildband wurden.

Beim anschließenden Erfahrungsaustausch ging es um konkrete Erwartungen und Fragen aus den Projektkommunen des Vogelsbergs und die bisherigen Erfahrungen aus den bundesweiten TRAFO-Projekten: Fragen wie „Wie gelingt es, Interesse und Engagement vor Ort zu wecken?“, „Wie kann ein Mehrwert für den Ort entstehen?“ und „Wie kann der künstlerische Ansatz vor Ort Früchte tragen?“ wurden bearbeitet und anschließend im Plenum vorgestellt.

Das „TraVobil/Büro für kulturelle Einmischung“ möchte in möglichst vielen weiteren Vogelsberger Kommunen Station machen. Interessierte Städte und Gemeinden dürfen sich gerne mit einer E-Mail an kulturfoerderung@vogelsbergkreis.de melden.

Wie beginnt die Arbeit des „TraVobil/Büro für kulturelle Einmischung“ in einer Projektkommune? Katja Niebuhr vom TraVobil-Team Schotten zeigt es: Mit dem Verknüpfen vieler Beteiligter zu einem funktionierenden Netz.

Ein Gedanke zu “„Kultur ist ein wichtiger Standortfaktor“

  1. Es ist müßig, sich über den Rückgang der Zahl von kulturellen Veranstaltungen zu beklagen und über Kulturförderung nachzudenken, wenn gleichzeitig Ortsrecht mit prohibitiv hohen Gebührenforderungen mögliche Veranstaltungen verhindert.

    Beispiel 1: Ein Chor aus Romrod plant ein Konzert im Bürgerhaus Romrod, man will den ganzen Saal nutzen und hofft auf 150 Gäste. Man will das Publikum ein wenig einbinden, dafür werden dann auch der Beamter und die Beschallungsanlage genutzt. Eintritt soll nicht genommen werden, man verzichtet komplett auf den Verkauf von Speisen und Getränken. Die Veranstaltung ist laut Satzung, bis auf die evtl. anfallenden Nebenkosten, die auch noch erlassen werden können, gebührenfrei.

    Beispiel 2: Gleiche Veranstaltung , aber im Anschluss will man noch ein wenig zusammenzusitzen bei Salzekuchen und Hopfenkaltschale, der Verkauf soll ein wenig die Vereinsfinanzen stützen. Der Gebührensatz springt schon mal auf 335 Euro, denn es ist jetzt eine kommerzielle Veranstaltung eines örtlichen Vereins.

    Beispiel 3: Gleiche Veranstaltung wie in Beispiel 2, aber der Chor ist nicht ein Verein mit rechtlichem Sitz in Romrod. Der Gebührensatz laut Satzung springt auf beeindruckende 935 Euro. Nein, das ist kein Tippfehler, in Worten: neunhundertfünfunddreißig Euro. Hinzu kommen noch die Nebenkosten. Und die GEMA möchte auch noch einen kleinen Obolus.

    Die Veranstaltung aus Beispiel 1 und 2 wird es nicht geben, denn wir haben in Romrod keinen Chorverein mehr. Und Veranstaltung wie in Beispiel 3, die es früher immer mal wieder gab, wird es sicher auch nicht geben – dafür sorgte nicht Corona, dafür sorgen die Gebühren, die die Stadtverordneten Ende 2019 beschlossen haben.

    Man glaube nun nicht, dass Romrod in eine große Ausnahme ist. Die Satzungen andernorts sind vielleicht etwas älter und die Gebühren nicht ganz so hoch, aber strukturell gibt es im Vogelsberg und darüber hinaus viele ähnliche Fälle.

    Früher einmal mag es als Kulturförderung ausgereicht haben, ortsansässigen Vereinen eine Vorzugsbehandlung zu gewähren. Heute ist die Lage eine andere. In viele Vereine, die aktiv und attraktiv sind, wirken Menschen aus vielen Orten zusammen, und der Sitz des Vereines bildet häufig auch nicht mehr den Wohnort der Mehrzahl der Aktiven ab.

    Darüber hinaus ist festzustellen, dass längst nicht mehr alle kulturell relevanten Aktivitäten in organisierten Gruppen in der Rechtsform eines Vereines stattfinden.

    Im Grunde Gleiches nur auf Grund der Rechtsform und des rechtlichen Sitzes bzw. Wohnortes des Veranstalters mit extrem unterschiedlichen Gebühren zu belegen ist, wenn die Förderung von Kultur wirklich gewünscht sein sollte, einfach nur unsinnig.

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