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Appell für eine gentechnikfreie Landwirtschaft„Pflanzen sind Teile des Ökosystems und keine Baukästen“

VOGELSBERG (ol). Über das Experiment „Neue Gentechnik“ und seine Risiken diskutierten kürzlich rund 30 interessierte Gäste mit dem Grünen Landtagsabgeordneten Hans-Jürgen Müller im Dorfgemeinschaftshaus Storndorf. Eingeladen hatte der Grüne Kreisverband Vogelsberg und die Vereine landwirtschaftlicher Fachschulabsolventen Lauterbach und Alsfeld.

Hans-Jürgen Müller ist Sprecher für Landwirtschaft, Tierschutz und Jagd der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Hessischen Landtag und selbst seit 1984 Bio-Landwirt. In einer Präsentation umriss er zunächst das Verfahren der Neuen Gentechnik, die von ihren Befürwortern oft unter Namen wie „Genom-Editing“ oder „Neue Züchtungstechnologien“ vorgestellt wird, um zu verschleiern, dass es sich eindeutig um gentechnische Eingriffe handelt, heißt es in der Pressemitteilung von Bündnis 90/Die Grünen, Kreisverband Vogelsberg,

Müller hob hervor, dass es sich um ein Experiment mit vollkommen unklaren Langzeitfolgen handelt. „Pflanzen sind Teile des Ökosystems und keine Baukästen“, betonte der erfahrene Bio-Bauer. Er warnte eindrücklich vor einer Freisetzung gentechnisch manipulierter Organismen, da diese nicht mehr rückholbar seien. Zudem herrsche ein gravierender Mangel an Risikoforschung, so dass eine Sicherung der gentechnikfreien konventionellen und biologischen Landwirtschaft kaum mehr möglich sei.

Alle Fotos: Bündnis 90/Die Grünen

Hans-Jürgen Müller erläuterte, dass es in der EU kein Verbot für die Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) gebe, aber es gelte das Vorsorgeprinzip. Das heißt, dass gentechnisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel rückverfolgbar und gekennzeichnet sein müssen.

Aktuell plane die EU-Kommission aber eine Deregulierung der durch Neue Gentechnik veränderten Organismen. Die neuen gentechnisch veränderten Lebensmittel würden nicht gekennzeichnet, die Verbraucher wüssten also nie, ob die Lebensmittel, die sie kaufen, GVO seien oder nicht.

Für Ökolandwirte und Landwirte, die keine Gentechnik anwenden, wäre die Nichtkennzeichnung der in ihrer Nachbarschaft angebauten genetisch veränderten Pflanzen ein großes Problem. Denn gerade Ökolandwirte müssen nachweisen, dass ihre Produkte frei von Gentechnik sind. Es könnte zu Kontaminationen vom Nachbarfeld kommen, die zunächst unbemerkt bleiben.

Instrument zum Ausbau von Marktmacht

Die Neue Gentechnik ist zudem ein Instrument zum Ausbau von Marktmacht, da durch Patente Abhängigkeiten geschaffen werden. Sie gefährdet die Biodiversität, die globale Agrarwende sowie Ernährungssouveränität und Selbstbestimmung – Ziele, für die sich die Grünen seit langem einsetzen.

Müller verwies auf etliche Systemansätze, die tatsächlich dazu geeignet sind, die Ernährung der Zukunft zu sichern und die Fruchtbarkeit der Böden zu erhalten. Neben dem Ökolandbau können beispielsweise die Permakultur, vielfältige Fruchtfolgen oder die Agroforstwirtschaft zu einer resilienten und klimastabilen Landwirtschaft beitragen.

Die Grünen fordern wirksamen Klimaschutz und eine soziale/ökologische Transformation, Vielfalt im landwirtschaftlichen System, Forschungsgelder für die gentechnikfreie Züchtung sowie eine strikte Regulierung der Risikotechnologie Gentechnik nach bestehendem EU-Recht.

Bei der anschließenden lebhaften Debatte stiegen die Teilnehmer, darunter etliche Bio-Landwirte, tiefer in die Thematik ein und zeigten enormes Fachwissen. Der Abend endete mit dem Appell, sich an der aktuellen öffentlichen Konsultation der EU zu beteiligen oder die Petition „Pickerl drauf“ für eine strenge Regulierung und Kennzeichnung von Neuer Gentechnik in Lebensmitteln von Global2000 zu unterzeichnen.

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