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Pläne der neuen BundesregierungWas Jugendliche vom Wahlrecht und Autofahren ab 16 halten

GEDERN (lmb). Die Ampel in Berlin will Jugendlichen ermöglichen, mit 16 zu wählen und Auto zu fahren. Ist das sinnvoll? Oder ist es bei manchen Dingen doch besser, noch ein bisschen zu warten? Fragen wir doch mal die Betroffenen selbst. Zu Besuch im Politikunterricht der zehnten Klasse einer Gesamtschule.

Ein Vormittag im Dezember, bei der 10aG der Gesamtschule Gedern steht Politik auf dem Stundenplan. Doch heute geht es nicht um abstrakte Fragen des Staates, die die Jugendlichen nur am Rande betreffen. Es geht vielmehr um die Frage, wie reif die Generation „Fridays for Future“ tatsächlich ist – und was sie sich selbst schon zutraut.

Angesetzt ist eine Diskussionsrunde zu den Plänen der neuen Bundesregierung. Die Ampel hat vor, Jugendlichen schon mit 16 das Wählen und das begleitete Autofahren zu ermöglichen. Ein kleiner Blick zurück verrät: Dass man schon mit 17 Autofahren darf, wenn jemand erwachsenes danebensitzt, wurde 2011 bundesweit dauerhaft eingeführt. Und das Wahlalter 18 kam Anfang der 70er, vorher lag es bei 21. Die einzigen Ausnahmen heute bilden ein paar Bundesländer wie Brandenburg und Schleswig-Holstein, in denen bereits mit 16 an Kommunal- und Landtagswahlen teilgenommen werden darf. Die Bundestagswahlen bleiben bis jetzt jedoch noch allen Minderjährigen verwehrt.

Nun soll also beides, Wählen bei Bundestagswahlen und der Führerschein, mit 16 möglich werden. So haben es sich die Ampel-Parteien in ihrem Koalitionsvertrag zumindest vorgenommen.

Die Gesamtschule in Gedern. Foto: lmb

Bei der 10aG geht es erst ein wenig allgemein um die bekanntesten Argumente in der Diskussion. Durch das Wahlrecht würden die Jugendlichen ein echtes Mitbestimmungsrecht erhalten und ihre Zukunft selbst mitgestalten können. Teilweise müssen auch Jugendliche schon Steuern zahlen, sollten sie daher nicht mitentscheiden dürfen, was mit dem Geld geschieht? Eine mögliche Absenkung des Wahlalters hätte auch großen Einfluss auf die Politik, denn Jugendliche müssten nun als potenzielle Wählerinnen und Wähler gesehen werden.

Ihre Interessen würden folglich ernster genommen und vertreten werden. Weiterhin könnte man auch damit argumentieren, dass eine Wahlberechtigung bei Jugendlichen zu stärkerem Interesse am politischen Leben führen könnte. Es sollte jedem bewusst sein, dass Wahlen etwas verändern und bewegen können und jede Stimme dabei zählt.

Als Gegenargument ist oft zu hören, dass Jugendliche nicht reif genug und beeinflussbar sind. Hier könnte jedoch bereits in der Schule mit angepassten Lehrplänen angesetzt werden. Allerdings, so sagen einige, ist fraglich, ob die Jugendlichen das überhaupt schon wollen: wählengehen.

Insgesamt gehen 16 Schüler mit den unterschiedlichen Meinungen in die 10aG. Einige von ihnen sind sehr interessiert an dem Thema Wahlen, andere jedoch gar nicht. So würden von den 16 Schülern aktuell 10 wählen, wenn sie die Möglichkeit hätten. Leon ist einer der Schüler, die noch 15 sind, trotzdem interessiert ihn das Thema und er würde sobald er 16 ist, sofort wählen gehen. ,,Es wäre eine gute Chance, neuen Wind in die Politik miteinzubringen, was vor allem in der Klimapolitik wichtig wäre“, sagt der 15-Jährige.

Einen weiteren wichtigen Punkt spricht der gleichfalls 15-jährige Marlin an, laut ihm hängt es gar nicht vom Alter ab, wie aufgeklärt man über Politik ist. Auch viele Volljährige seien gar nicht informiert, da sie das Thema nicht interessiere.

Die Meinungen gehen auseinander

Da bei der Mehrzahl der Schüler Interesse am Wählen besteht, stellt sich nun die Frage, wie informiert sie denn bei politischen Themen sind. Die Schüler berichten, dass sie mit Parteien und Wahlen jetzt im zehnten Schuljahr das erste Mal in Berührung gekommen sind. Politik-Lehrer Dennis Döhring bestätigt das. Er denkt, ein halbes Jahr intensive Beschäftigung mit den Parteien und ihren Programmen habe eine gute Grundlage für die Jugendlichen geschaffen, was die nötigen Informationen betrifft.

Ein Blick ins Klassenzimmer. Foto: lmb

Im Gespräch mit den Schülern zeichnet sich jedoch ein anderes Bild. Keiner von ihnen fühlt sich gut genug informiert, um an einer Wahl teilzunehmen.

Außerhalb des Unterrichts, so kommt aus, informieren sich die Schüler nur sporadisch über soziale Netzwerke zu politischen Themen. Apps wie Instagram und TikTok stehen dabei hoch im Kurs. Aber wie neutral können oftmals bezahlte Influencer und Internet-Stars schon über Politik aufklären? Das richtige Handwerkszeug, um gute Quellen und Erklärer zu erkennen, von der Schule vermittelt, könnte sicherlich nicht schaden.

Begleitetes Fahren schon ab 16?

Auch die Möglichkeit vom Führerschein mit 16 wurde heiß diskutiert. Nicht überraschend war hierbei, dass sich fast die gesamte Klasse interessiert gezeigt hat. Von zwei Schülern abgesehen, würden alle gerne bereits mit 16 ihren Führerschein machen. Erstaunlicherweise gaben aber auch Schüler an, dass sie einigen Gleichaltrigen nicht zutrauen würden, bereits zu fahren, aufgrund von Überschätzung und Verantwortungslosigkeit.

So erläuterte die 17-jährige Isabella, sie würde bei vielen in diesem Alter nicht die nötige Reife sehen. Einige Mitschüler stimmten ihr zu. Die meisten waren sich jedoch einig, dass sie es gut finden würden, jetzt schon die Möglichkeit zu bekommen, fahren zu können. Erst recht mit einem Elternteil an ihrer Seite, was das begleitete Fahren ausmacht. Lara ist 15 und sagt dazu: ,,Wenn jemand mit Erfahrung dabei ist, kann ich mir das gut vorstellen, dann ist es ja auch besser, noch ein Jahr mehr zum Üben zu haben.“ Ähnlich sieht es auch die Ampel-Koalition. Sie argumentiert bei ihren Plänen damit, dass es ein guter Weg sei, junge Menschen somit noch früher für die Gefahren des Straßenverkehrs zu sensibilisieren.

Teenager und Politik – passt das?

Was lässt sich vom Besuch bei der 10aG in Gedern also mitnehmen? Letztlich lässt sich aus den Gesprächen ablesen, dass die Schüler durchaus an der Politik und ihren Entscheidungen interessiert sind. Es herrscht offensichtlich der Wunsch danach, mehr darüber zu erfahren. Dieses Interesse daran, über Politik aufgeklärt zu werden, kann man bei vielen Wahlberechtigten nur suchen. Wählen und Autofahren haben schließlich eines gemeinsam, beides erfordert Verantwortung. Auf jeden Fall haben die Schüler das erkannt und diskutiert. Das zeigt: Sie stehen politischen Themen, wie eben jenen nicht gleichgültig, sondern offen gegenüber und hinterfragen ihre Rechte und Pflichten. Was die Politik nun in Zukunft dazu beschließt, lässt sich abwarten.

2 Gedanken zu “Was Jugendliche vom Wahlrecht und Autofahren ab 16 halten

  1. @ Auf dem Dorf fährt man schon ab 12
    Bevor sie etwas lauthals populistisch heraus grölen, wäre es vielleicht hilfreich FAKTEN zu recherchieren ! ;-)
    ….. rund 76 % der über 70 jährigen und sogar 81 % der 60- 69 jährigen Wahlberechtigten haben bei der letzten Bundestagswahl ihre Stimme abgegeben.
    Deutlich höher als andere Altersgruppen !
    Die deutliche Mehrheit dieser Altersgruppe hat ihre
    Stimme den Volksparteien, CDU/ SPD gegeben.
    Ihre so benannten ‚Protestparteien‘
    die AFD/ NPD ect machten ihren größten Schnitt mit Männern mittleren Alters aus der sogenannten Arbeiterklasse.
    Außer in Sachsen/ Sachsen- Anhalt dort teilten sich die männlichen AFD Wähler mittleren Alters die fragwürdige Ehre mit den männlichen Wählern unter 30 fast gleich zu ziehen.
    Quelle:
    u.a. Bund-Länder Demographie Portal

    Also nehmen sie nicht die ältere Wählerschicht in ihre persönliche Geiselhaft und missbrauchen sie, fern aller Realität und Fakten, für IHRE persönliche Politikverdrossenheit und ihr AFD ? wählen.
    P’s
    Ich persönlich finde Fahrerlaubnis ab 16 Jahren wahrlich aus sich selbsterklärenden Gründen, wenn man
    Teenager kennt, vor allen die männlichen, nicht richtig !

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  2. Die größte Partei in unserem Land ist die Partei der Nichtwähler. Mit zunehmendem Alter wird man zunehmend enttäuscht von der Politik insgesamt, wählt Protestparteien oder gar nicht. Das ist ein echtes Problem für unsere Gesellschaft und das sollte thematisiert werden.

    Wenn man 16 jährige für reif genug hält, eine Wahlentscheidung verantwortungsvoll treffen zu können, dann sollte man bitte schön auch die Volljährigkeit herabsetzen.
    Andernfalls offenbart sich nämlich der wahre Grund für diese Offensive: Das Wahlrecht soll manipuliert werden um bei der kommenden Wahl davon zu profitieren.

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