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Mücker Betrieb entwickelt ein metallfreies Labor für das Forschungsschiff PolarsternIm Container bei Forschungen dabei

MERLAU (ol). Ganz wichtig in der Wissenschaft ist seit jeher die Probenreinheit. Daher greifen viele Forschergruppen auf die metallfreien Arbeitsumgebungen von MK Versuchsanlagen und Laborbedarf aus Mücke-Merlau zurück. Ein Container-Labor aus dem Betrieb soll jetzt mit dem Forschungsschiff Polarstern in die Arktis und Antarktis fahren.

Die vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven betriebene Polarstern ist in den südlichen Sommermonaten November bis März in der Antarktis und während der nördlichen Sommermonate in der Arktis unterwegs. An Bord gibt es neun fest verbaute Labore, die für unterschiedlichste wissenschaftliche Untersuchungen ausgerüstet sind.

An und unter Deck gibt es weiteren Raum für Laborcontainer, deren Ausstattung es ermöglicht, spezifischere Forschungsprojekte durchzuführen. Aktuell entwickelt und baut der Vogelsberger Sonderanlagenhersteller MK Versuchsanlagen eine solche Containerlösung für den Einsatz eines metallfreien Reinraums auf der Polarstern.

Das Metall und die Algen

Dr. Scarlett Trimborn, die Leiterin der Arbeitsgruppe EcoTrace am AWI, erforscht, wie die Verfügbarkeit von Spurenmetallen, insbesondere Eisen, aber auch Mangan, Zink und Kobalt das Wachstum von kleinzelligen Algen im Südpolarmeer beeinflusst. Das Spurenmetall Eisen ist lebensnotwendig für die mikroskopisch kleinen Algen. Ohne Eisen können sie, wie auch andere Pflanzen, keine Photosynthese betreiben, d.h. mit Hilfe von Sonnenlicht verbrauchen sie Wasser und Kohlendioxid, um Zucker zu bilden und Sauerstoff freizusetzen.

Dr. Scarlett Trimborn. Foto: Alfred-Wegener-Institut

Um herauszufinden, wie neben Eisen Mangan, Zink und Kobalt das Wachstum der Mikroalgen im Südpolarmeer beeinflusst, erläutert die Forscherin, wie Proben von Meerwasser spurenmetallfrei genommen werden: „Mit einem Wasserschöpfer werden Proben von Wasser aus unterschiedlichen Tiefen bis ca. 4000 Meter genommen. Dabei kommen sogenannte CTD-Kranzwasserschöpfer zum Einsatz. Die Analyse dieser Proben gibt uns Aufschluss darüber, in welchen Konzentrationen diese Spurenmetalle bei den unterschiedlichen Tiefen vorkommen.“

Metallfreier Reinraum für Untersuchungen

Bei dem großen Aufwand für die Gewinnung von Proben ist die Aufgabenstellung für einen metallfreien Reinraum an Bord völlig plausibel. Denn das absolut höchste Gut bei der Verwendung und Untersuchung, ist die absolute Reinheit der gesammelten Wasserprobe. Schon die kleinste Kontamination oder Reaktion mit metallischen Stoffen in der Reinraumumgebung (z.B. in einem Edelstahlreinraum) würde die wissenschaftlichen Ergebnisse verfälschen bzw. gänzlich zerstören.

Ein Container aus Mücke-Merlau dabei

MK Versuchsanlagen wurde daher beauftragt, ein metallfreies Labor zu entwickeln, welches schlüsselfertig in einem Container auf der Polarstern installiert werden kann. Der entscheidende Prozess in der Probennahme tritt ein, wenn die CTD an Deck geholt werden, denn jetzt kann das Wasser aus den unterschiedlichen Tiefen im spurenmetallsauberen Container beprobt werden, ohne die Gefahr einer möglichen Kontamination. Dr. Wolfgang Küstner, Projektleiter bei MK Versuchsanlagen, erläutert die Vorgehensweise: „Das Abspülen der CTD-Flaschen, welche das kostbare Meerwasser enthalten, mit Reinstwasser, werden wir erstmalig mithilfe einer Waschanlage durchführen.

Dafür verwendet man Reinstwasser aus der im Reinraum-Container integrierten Wasseraufbereitungsanlage. Sind alle Sensoren und CTD-Flaschen komplett gereinigt, können die ersten Wasserproben genommen werden. All dies geschieht in dem eigens dafür ausgelegten Laborcontainer von MK Versuchsanlagen. Hierzu werden alle CTD-Flaschen über eine Reinstluftschleuse in den Container eingeschleust. Diese Laborzeile dient zur „kontaminationsfreien“ Wasserprobennahme aus den CTD-Flaschen. Für besondere Anwendungen, wie z.B. Filtration, wird die Probennahme durch eine individuell steuerbare Druckluftanlage unterstützt.“

Kontamination unbedingt vermeiden

Die Leiterin Trimborn gibt einen Einblick, wie sensibel anschließend mit den Proben verfahren werden muss und warum die metallfreie Arbeitsumgebung ideal dafür ist: „Für uns ist die Beprobung im spurenmetallsauberen Reinraumcontainer ideal, da wir ohne Gefahr auf Kontamination Proben zu Bestimmung des Gehalts der Spurenmetalle Eisen, Mangan, Zink, Kobalt und Kupfer im Wasser, aber auch in den Mikroalgen selbst nehmen können. Zusätzlich können wir noch, indem wir das Meerwasser filtrieren, Wasserproben nehmen, um die Chemie des Eisens in diesem Wasser im Detail zu charakterisieren, beispielsweise dessen Speziation sowie die Konzentration der vorhandenen Liganden und der huminsäureartigen Substanzen. Das alles zusammen gibt uns Aufschluss darüber, inwiefern neben Eisen auch die anderen Spurenmetalle maßgeblich das Wachstum der Mikroalgen beeinflussen.“

Neben der Wasseranalytik sind die MK-Laborzeilen im Container als multifunktionaler metallfreier Reinraum aber selbstverständlich auch für eine Vielzahl anderer Analysen geeignet. So können z.B. die CTD-Flaschenhalterungen demontiert und durch Regalsysteme ersetzt werden. Die Schleuse kann ohne Spülung dann weiterhin als Reinstluft-Materialschleuse dienen.

Eine zweite im Polarstern-Container verbaute Laborzeile von MK Versuchsanlagen besteht aus einer Laminar-Flow-Laborspüle mit Zu-und Fortluft, einer Laminar-Flow-Workstation mit Zu- und Fortluft und einer Laminar-Flow-Einheit (einer mit Reinstluft überspülten Tischfläche). Es können neben dem üblichen Präparations-Equipment auch spezielle Heizplatten mit metallfreien chemikalienresistenten Oberflächen betrieben werden.

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