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Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten - Strafe wird zur Bewährung ausgesetztErwerb, Besitz und versuchte Verbreitung von Kinderpornografie: 70-jähriger Wartenberger verurteilt

ALSFELD (akr). Weil er 112 Bilder mit kinderpornografischem Inhalt aus dem Internet heruntergeladen hat, auf seinem Computer knapp 1000 weiterer solcher Dateien gefunden wurden und er zudem versucht haben soll, ein Bild im Internet zu verbreiten, wurde ein 70-jähriger Mann aus Wartenberg am Dienstag vor dem Alsfelder Amtsgericht zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt. Gemeinnützige Stunden soll er ebenfalls leisten.

Es ist nicht das erste Mal, dass der 70-Jährige auf der Anklagebank im Alsfelder Amtsgericht Platz nimmt. Nicht etwa, weil er vorbestraft ist, das ist er nämlich nicht. Er sitzt am Dienstag im kleinen Saal des Gerichts, weil die Verhandlung Ende Mai unterbrochen werden musste. Denn eine wichtige Frage konnte zu diesem Zeitpunkt nicht beantwortet werden: Hat der Angeklagte neben dem Erwerb und dem Besitz kinderpornografischer Dateien auch ein Bild mit solchem Inhalt verbreitet? Er selbst verneint diese Tat. Er wisse gar nicht, wie man ein Bild ins Internet hochlädt.

Ein Report von Google, der dem Gericht vorlag, sagte etwas anderes. Demnach war ein solches Bild vom Angeklagten auf einen Server hochgeladen worden, was nicht automatisch bedeute, dass man auf dieses Foto auch als Fremder zugreifen konnte. Die Verteidigung sah diesen Vorgang deshalb nicht als Verbreitung, sondern nur als Versuch der Verbreitung an. Diese Meinung teilte die Amtsanwältin nicht. Für sie war es nicht nur ein Versuch gewesen. Sie bestand darauf, einen Sachverständigen hinzuzuziehen. Die Verhandlung wurde unterbrochen und an diesem Dienstag ein neuer Versuch gestartet – mit einem Sachverständigen.

Pünktlich um 11 Uhr startete diesen Dienstag die Verhandlung also zum zweiten Mal. An diesem Termin war Nils Kühnel als Amtsanwalt im Gericht. Im Auftrag der Staatsanwaltschaft verlas er die Anklageschrift. In dieser wird dem Wartenberger vorgeworfen, sich 112 Bilder mit kinderpornografischem Inhalt aus dem Internet verschafft zu haben. Darüber hinaus wurden laut Staatsanwaltschaft 995 solcher Dateien auf seinem Computer gefunden. Zwar hätten sich diese im Papierkorb-Bereich befunden, weil der Angeklagte den Benutzer-Account des PCs gelöscht hatte, der Besitz werde ihm dennoch vorgeworfen, denn die Dateien konnte man noch immer auf seiner Festplatte auslesen.

Woher diese knapp 1000 Bilder kommen, das konnte sich der 70-Jährige eigener Aussage nach nicht erklären. Er könne sich  vielleicht an 100 erinnern, hieß es. Sonderlich gesprächig war der Wartenberger nicht. Erst als es um den Vorwurf der Verbreitung geht, ist Schluss mit der Stille. Er sei der Meinung, kein Bild ins Internet gestellt zu haben, schließlich wisse er gar nicht, wie man so etwas anstelle. Der geladene Sachverständige Dr. Steven Wood bestätigte, dass eine solche Datei von seinem Computer aus hochgeladen wurde – nicht aber, dass das Bild auch verbreitet wurde. „Für den Tatbestand ist es wichtig, ob das Bild zugänglich war. Da ist die Gretchenfrage“, merkte Verteidiger Ralf Lämmer an. Diese Frage konnte Wood jedoch nicht beantworten.

Tatvorwurf geändert

Die Beteiligten einigten sich, dass der Tatvorwurf von „Verbreitung“ auf den „Versuch der Verbreitung“ geändert wird.  Man macht sich auch mit dem Versuch der Verbreitung strafbar, allerdings fällt hier das Strafmaß milder aus. Nachdem Dr. Wood aus dem Gerichtsaal entlassen wurde, folgten die Plädoyers der Staatsanwaltschaft und Verteidigung. In seinem Plädoyer berücksichtige Anklagevertreter Kühnel, dass sich der Angeklagte soweit geständig gezeigt habe und auch nicht vorbestraft sei. Seiner Meinung nach habe er aber wenig Einsicht bei dem Wartenberger erkennen können. Er forderte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt werden sollte, sowie 200 gemeinnützige Stunden.

Verteidiger Ralf Lämmer hingegen sah das anders. Diese ganze Geschichte würde seinen Mandanten hoch belasten und er würde Reue empfinden, auch wenn man das auf den ersten Blick vielleicht nicht gleich wahrnehme. Lämmer forderte eine Geldstrafe. Diese würde ihn finanziell genug belasten und „ihm das Unrecht der Tat nochmal vor Augen führen“.

Richterin Britta Jansen-Matthies folgte der Forderung von Amtsanwalt Kühnel. Sie verurteilte den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten. Die Die Vollstreckung der Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt, die Bewährungszeit beträgt drei Jahre. Darüberhinaus soll der 70-Jährige 200 gemeinnützige Arbeitsstunden leisten. In der Urteilsbegründung berücksichtigte auch sie, dass sich der Angeklagte geständig gezeigt habe und nicht vorbestraft sei. Doch ein ganz wichtiger Aspekt habe ihr gefehlt: „Irgendeine Form von Reue“. Sie wisse zum Beispiel noch immer nicht, wieso er solche Bilder heruntergeladen habe, was dahinterstecke und ob er sich überhaupt damit auseinandersetze. „Deswegen kann ich das nicht verharmlosen“, betonte sie zum Abschluss und schloss die Verhandlung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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