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Schulleiter der Gerhart-Hauptmann-Schule, Angelo Müller, im Porträt„Den Grundstein zu legen ist eine Herausforderung“

ALSFELD (akr). Er ist der Neue, aber irgendwie auch nicht: Angelo Müller leitet seit diesem Schuljahr die Gerhart-Hauptmann-Schule in Alsfeld und tritt damit in die Fußstapfen von Hannelore Hartl. Müller ist kein Unbekannter und weiß, was ihn erwartet. Kein Wunder, schließlich war er zuvor fast vier Jahre Konrektor der Grundschule. Ein Porträt.

Angelo Müller nimmt an dem runden Tisch in seinem neuen Büro Platz. Mittlerweile herrscht wieder Ruhe auf den Gängen und dem Pausenhof. Es ist 11.45 Uhr, die Pause ist gerade vorüber, die Schüler wieder zurück in ihren Klassen. „Eigentlich ist alles anders gelaufen“, sagt Müller mit Blick auf seine Karriere und beginnt zu erzählen.

Nach dem Abitur hat er nicht direkt angefangen, Lehramt zu studieren. Zuvor stand bei ihm der Zivildienst auf dem Programm, den er in Schwalmstadt in der Sozialeinrichtung Hephata absolvierte. „Das hat mir so viel Spaß gemacht, also begann ich eine Ausbildung zum Heilerziehungspfleger“, erzählt der 35-Jährige. Dass ihm der Beruf Spaß machte, reichte dann allerdings nicht aus. „Es hat mir zwar Spaß gemacht, aber es hat mich nicht erfüllt. Ich wusste, dass ich das nicht den Rest meines Lebens machen wollte“.

Da gab es aber noch ein Beruf, der ihm schon während seiner Schulzeit im Kopf herumschwirrte: Grundschullehrer. „In der Grundschule legt man den Grundstein, das ist spannend und toll“, sagt der zweifache Familienvater. Zunächst sah es aber so aus, als würde das mit dem Traumberuf nichts werden, Numerus Clausus sei dank. Sein Abi war für das Studium zu schlecht, im Nachrückverfahren klappte es dann aber doch noch.

„Es ist eine Herausforderung, aber auch sehr spannend“

Neben seinem Studium arbeitete Müller weiter als Heilerziehungspfleger. Fünf Jahre später folgte das erste Staatsexamen, zwei weitere Jahre später das Zweite. „Im Referendariat habe ich viel gelernt, so viel Unterricht wie möglich besucht“, sagt Müller. Keine andere Schulform sei nämlich so heterogen wie die Grundschule. Was er meint ist der Mix, der in den Klassenräumen einer solchen Schule herrscht. Schüler mit und ohne gute Deutschkenntnisse treffen aufeinander, Schüler aus reicheren und ärmeren Familien, Kinder mit und ohne Lernschwäche sind Klassenkameraden.

„Den Grundstein zu legen ist schon eine Herausforderung, aber auch das, was das alles sehr spannend macht“, sagt Müller, der in seiner Freizeit gerne im Garten arbeitet, um den Kopf frei zu bekommen. Aber auch auf Reisen geht er gerne. „Ich möchte möglichst viel von der Welt sehen“.

Erst als sicher war, dass Angelo Müller das Amt des Schulleiters sicher hat, zog er in das Büro von Hannelore Hartl. Foto: akr

Seine erste, eigene Klasse 1. Klasse übernahm er in einer Grundschule im Landkreis Marburg-Biedenkopf. „Da habe ich mich riesig drauf gefreut“, strahlt er. Die erste eigene Klasse, ein besonderer Moment für jeden Lehrer.

Zum Klassenlehrersein gehört auch der Elternabend. Vor seinem ersten war Müller aufgeregt. „Einige meiner Schüler hatten Lehrer als Eltern und ich kam quasi frisch aus dem Referendariat“, erinnert er sich. Er selbst hat keine „Lehrer-Eltern“. Sein Vater, der damals als Gastarbeiter aus Italien nach Deutschland kam, führte fast 30 Jahre lang eine Pizzeria in Neustadt.

Im April 2015 sollte Müllers Vertrag an seiner ersten Schule enden. Wie es weiter gehen sollte, das habe ihm keiner sagen können. Er ergriff die Eigeninitiative, bewarb sich an vielen Orten. Geklappt hat es bei der Gerhart-Hauptmann-Schule in Alsfeld.

Schnell das Amt des stellvertretenden Schulleiters übernommen

Lange blieb er nicht einfach „nur“ Lehrer, die damalige Schulleiterin Hannelore Hartl hatte ihn gefragt, ob er nicht die Stelle des Konrektors übernehmen wollen würde. Gefragt, getan: Müller schlug Anfang August 2015 ein, auch wenn er erstmal überlegen musste. Schließlich hat er eine Frau, zwei kleine Kinder und eine Menge neue Aufgaben würden auf ihn zukommen. „Ich wusste aber, dass ich irgendwann eine Funktionsstelle haben wollte“, sagt er selbstbewusst. Dass es dann doch so schnell gehen würde, damit habe er nicht gerechnet. Immerhin war er zu der Zeit gerade mal 31 Jahre alt.

Als stellvertretender Schulleiter hat er weiterhin unterrichtet, aber eben auch Stundenpläne erstellt, Veranstaltungen geplant, sich um die Verwaltung gekümmert. „Es war dann eben nicht mehr so, dass um 13.10 Uhr die Schule aus war“, sagt er und lächelt. Das stört ihn aber nicht, er liebt seinen Job. „Die Arbeit ist sehr abwechslungsreich. Jeden Tag kommt etwas, mit dem man nicht gerechnet hat, und das meine ich nicht im negativen Sinne“.

Müller wusste natürlich, dass Hannelore Hartl irgendwann in den Ruhestand gehen würde. Als sie es jedoch für Ende Juli letzen Jahres ankündigte, war das für ihren Stellvertreter schon ein kleiner Schock. „Als sie mir das erzählt hab, da habe ich erstmal geschluckt“, erinnert sich Müller, „und dann hat sie mich gefragt, ob ich mir nicht vorstellen könnte, die Schulleitung zu übernehmen“ – ein kleines Déjà-vu. „Ich habe lange und viel überlegt, ‚Warum nicht?‘ habe ich mich dann gefragt. Ich fühle mich wohl an der Schule und für mich war auch klar, dass ich hier definitiv bleiben möchte, also habe ich zu mir gesagt ‚komm, du wagst den Schritt.'“

Im März 2019 übernahm er dann die Leitung der Gerhart-Hauptmann-Schule, an der aktuell 24 Lehrer, eine Sozialpädagogin, zwei Referendare und ein Pfarrer rund 340 Schüler in zwölf Grundschul-, sechs Förderstufen- und einer Vorklasse unterrichten. Zunächst allerdings kommissarisch. Am 23. Oktober wird er dann endgültig, in einer kleinen Feierstunde, in sein Amt eingeführt.

„Ich habe einiges vor, was ich die nächsten Jahre noch anpacken möchte“, sagt er. Genaueres verraten wollte er allerdings nicht. Nur so viel, dass man sich ständig weiterentwickeln sollte, man immer ein Stück mit der Zeit gehen muss, auch in Sachen Digitalisierung. „Es wäre fatal, stehen zu bleiben und den Stiefel quasi einfach so durchzuziehen“, betont er. Dann ist es mit der Ruhe plötzlich aus, die Schulglocken ertönen, die Kinder strömen aus den Klassen. Es ist 13.10 Uhr. Die Schule ist vorbei. Für Angelo Müller allerdings noch nicht.

2 Gedanken zu “„Den Grundstein zu legen ist eine Herausforderung“

  1. Jung dynamisch und fähig ..ich mag ihn als Recktor .Klasse , Freue mich als Mutter von einem Schüler

    1. „Jung dynamisch und fähig…“ – so wünscht man sie sich, die Grundschulrektoren. Zu meiner Grundschulzeit (lang, lang ist’s her) war der Rektor selbstverständlich ein Mann. Ihm zur Seite stand „der Vollstrecker“ in Gestalt des Hausmeisters. Zumeist ein ebenso unangenehmes wie gefürchtetes Gespann. Heute reibt man sich verwundert die Augen, wenn man überhaupt noch Männer in den Grundschulkollegien vorfindet. Tempora mutantur.

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