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Treffen von Fachleuten aus der Praxis: Image von Pflegeberufen verbessernPflegekräfte sind und bleiben gefragt

VOGELSBERG (ol). Hier sitzen keine Theoretiker am Tisch, die sich zu einem beliebigen Thema in einer Arbeitsgruppe austauschen – bei der Gruppe „PiV – Pflege im Vogelsberg“ sitzen die Fachleute aus der Praxis zusammen: Sie sind Pflegedienstleitungen aus stationären Einrichtungen der Kranken- und Altenpflege, Leiter ambulanter Pflegedienste, Einrichtungs- oder Schulleiter und treffen sich mehrmals jährlich, um ganz konkrete Fragen zu klären und Vorhaben auf den Weg zu bringen.

In der Pressemitteilung des Kreises heißt es, es geht um das Suchen und Finden von Pflegekräften, die Ausbildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten, den großen Bedarf an Fachkräften und die Frage, wie dieser gedeckt werden kann. Am aktuellen Treffen nahmen auch Landrat Manfred Görig und Gesundheitsdezernent Dr. Jens Mischak teil, um sich über Aktionen zu informieren und ihre Unterstützung anzubieten.

Ein Beispiel: Schon seit einigen Jahren ein Publikumsmagnet auf der Ausbildungsmesse in Alsfeld sei der Gemeinschaftsstand mit seinem „Pflegeparcours“, wie Julian Zimmer, Einrichtungsleiter vom „Haus Sonnenblick“ in Schotten berichtet. Schülerinnen und Schüler können sich mit Rollatoren und Rollstühlen bewegen, Essen anreichen oder das Lagern im Bett üben, mittlerweile 13 Einrichtungen präsentieren sich und werben für den Pflegeberuf. „Bei allem Spaß für die Schüler sehen sie auch die Ernsthaftigkeit dahinter“, sagte Zimmer, „es ist leicht ins Gespräch zu kommen und sorgt für hohen Zulauf an unserem Stand.“ Doch führe das alleine leider nicht automatisch auch zu mehr Ausbildungsverträgen, merkte er an.

Schwierigkeit: Anlernen von Kräfte ohne deutsche Muttersprache

Die Arbeitsgruppe „Pflege im Vogelsberg“ ist Teil des Handlungsfelds Gesundheit und Pflege im Bündnis für Familie. Unter der Leitung von Monique Abel vom Pflegestützpunkt wurde im Laufe der Treffen die Broschüre „Wege in die Pflege“ erstellt, eine einzigartige Zusammenstellung von Ausbildungs- und Qualifizierungswegen in die verschiedenen Pflegeberufe inklusive einer Übersicht der Alten- und Pflegeheime, ambulanten Pflegedienste, Tagespflegeeinrichtungen, Krankenhäuser sowie der Schulen.

„Wir haben uns mit dem Thema Fachkräftemangel in der Pflege auseinander gesetzt und nach Ideen zur Fachkräftegewinnung gesucht“, erklärte Abel. Die Besonderheit: Vermeintliche Konkurrenten aus den Pflegeeinrichtungen des Kreises arbeiten Schulter an Schulter am gemeinsamen Ziel. Denn alle eine die Tatsache, dass alleine mit den laufenden Ausbildungsjahrgängen der Fachkräftebedarf nicht zu decken ist – es werde verstärkt Anwerbung vonnöten sein.

Was dabei jedoch Schwierigkeiten bereite, sei das Anlernen und Ausbilden von Kräften, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Es gebe unter den Migrantinnen und Migranten einige interessierte und auch gut qualifizierte Menschen – doch sei zum Beispiel die Anerkennung von ausländischen Abschlüssen äußerst schwierig und auch langwierig, wie eine Heimleiterin berichtet. „Wir haben eine Ärztin aus Tansania im Haus, die jetzt eine Ausbildung zur Altenpflegerin macht“, erklärte Carola Braika vom Haus am Gleenbach in Kirtorf, „sie hat das Anerkennungsprocedere als Ärztin aufgegeben.“ Zum anderen stelle man fest, dass es auch herausfordernd für das Kollegium sei, im Betrieb das Fachwissen weiterzugeben, wenn es zu sehr an den Deutschkenntnissen hapere.

Berufsintegrierte Sprachförderung bereits erfolgreich

Passend dazu stellte Thomas Müller, Leiter der Vogelsberger Pflegeakademie, eine Weiterbildung für Ausbilder und Praxisanleiter vor – hierbei gehe es nicht um den klassischen Deutschkurs, sondern um eine berufsintegrierte Sprachförderung mit Praxiserfahrungen. Sprich: „Die Praxisanleiter lernen bei uns, wie sie im Pflegealltag Fachwissen vermitteln können.“ Ein Angebot, das von einigen Häusern bereits genutzt werde.

Die Bitte nach Verbesserungen im ÖPNV äußerte Kathrin Kleine, Pflegedirektorin im Eichhof-Krankenhaus Lauterbach, in Richtung Politikspitze: Jugendliche könnten wegen der Schichtdienste einen Ausbildungsbetrieb gar nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen, „und eine eigene Wohnung, den eigenen Haushalt führen und gleichzeitig eine Ausbildung absolvieren ist für 16- oder 17-Jährige oft zu viel verlangt.“

5 Gedanken zu “Pflegekräfte sind und bleiben gefragt

  1. Ich empfehle allen Lesern den nachfolgenden Podcast aus „HR Info J0b“ vom 03.06.2018:

    https://www.hr-inforadio.de/podcast/job/ein-teurer-spass-immer-weniger-unternehmen-sind-an-tarifvertraege-gebunden,podcast-episode-27684.html
    Hört doch endlich auf, Euch in die Tasche zu lügen oder belügen zu lassen! Die Grundlage der heutigen Pflegekatastrophe wurde durch die Deregulierungen der Arbeitsmärkte unter Schröder/Fischer bzw. die systematische Aufweichung der Tarifbindung nach der feindlichen Übernahme der bankrotten DDR durch das westdeutsche/europäische Kapital gelegt. Ohne konsequenten Rückbau dieses ganzen Kapitalisten-Beglückungs-Schwindels, insbesondere die Einführung einer flächendeckenden Tarifbindung in allen Branchen, einen von Anstand bestimmten Verhaltenskodex der Unternehmen im Hinblick auf faire Bezahlung und Arbeitsbedingungen sowie die staatlich verfügte Allgemeingültigkeit von Tarifverträgen in Branchen mit besonders hoher Zahl von Kleinbetrieben wird es keinen Ausweg aus der Pflegekrise geben. Denn die, die nach kurzer Zeit massenhaft aus der Pflege aussteigen, weil man von diesem Beruf weder leben noch sterben kann, richten sich nach der Realität und nicht irgendwelchen Politiker- und Verbandsvertreter-Sprüchen!

    Nicht vergessen darf man aber auch die zunehmende Trittbrettfahrer-Mentalität der Arbeitnehmer: Von Tarifverträgen profitieren, aber selbst keine Gewerkschaftsbeiträge zahlen geht eben nicht!!! 

  2. „Jugendliche könnten wegen der Schichtdienste einen Ausbildungsbetrieb gar nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen, ‚und eine eigene Wohnung, den eigenen Haushalt führen und gleichzeitig eine Ausbildung absolvieren ist für 16- oder 17-Jährige oft zu viel verlangt‘.“
    Dürfen Jugendliche denn überhaupt schon im Schichtdienst eingesetzt werden? Oder gibt es in Pflegeberufen auch Ausnahmen wie bei den Bäckern?
    Früher gab es doch an allen größeren Krankenhäusern Wohnheime, wo die Pflegeschüler untergebracht waren und auch verpflegt wurden? Warum macht man von dieser Seite her den Pflegeberuf nicht wieder attraktiver? Ein kleines Einzelappartement ist in Serienfertigung bereits für 30.000 Euro zu haben und lässt sich in jedem Garten aufstellen. Gibts ja auch schon als Francise-Angebot für Existenzgründer (http://www.klein-hotel.de/franchise/). Jedes kleinere Pflegeheim könnte so etwas realisieren. Natürlich ist eine vernünftige Ausbildungsvergütung, BAföG usw. notwendig. Faire Ausbildungsbedingungen und ein wenig „Luxus“ (selbständiges Wohnen, Carsharing usw.) – und ratzfatz wäre der Pflegenotstand behoben. Aber hört man aus der oben beschriebenen erlauchten Runde irgendeine konkrete Idee, mal mit Modellprojekten voran zu gehen? Nein, man jammert lieber und bestätigt sich gegenseitig, dass man es aber auch wirklich schwer hat!

  3. @Politik ist Spitze
    So wie Sie es beschreiben ist es doch auf allen Ebenen. Siehe: https://www.oberhessen-live.de/2018/04/02/innovative-wohnformen-verstaerkt-nachgefragt/#respond
    „Alternative Wohnformen verstärkt nachgefragt!“ Super. Aber wo ist denn das Angebot? Da rotiert der einzige Pflegestützpunkt im Landkreis wie alle Windkraftanlagen zusammen. Und nichts kommt dabei raus als „Erfahrungsaustausch“ (oder soll man sagen Aus-Plausch?). Jahr für Jahr plauscht man vor sich hin und produziert eine Pressemeldung nach der anderen, um aktives Bemühen der Kommunen in Richtung Daseinsvorsorge im Zeichen des demografischen Wandels vorzutäuschen. Und 10 Jahre lang erzählt man sich gegenseitig, wie groß die Herausforderungen seien. Aber konkret geschieht nichts und es soll auch gar nichts geschehen. Denn dadurch würden ja Kosten entstehen. Und die will keiner tragen bzw. lässt man dann eben die Gelder aus der Pflegeversicherung verfallen, weil gar kein Angebot da ist, für das man sie ausgeben könnte. Und ansonsten wartet man auf das nächste Förderprojekt, um wieder Hunderttausende von Euro sinnlos in lächerlichen Projekten wie „E-Mobilität im Vogelsberg“ oder „Studenten erforschen, was die Verwaltung ihnen vorgibt“ zu verbraten. Den alleinstehenden Senioren, Demenzkranken oder pflegenden Angehörigen bietet man dafür Öffentlichkeitsarbeit an: Ein paar äußerst saturierte Pensionäre, die sich im vom Landkreis kontrollierten „Kreisseniorenbeirat“ engagieren, erzählen allen anderen, wie gut es ihnen geht. Beispiel: https://www.oberhessen-live.de/2017/09/09/im-vogelsberg-laesst-es-sich-auch-im-alter-gut-leben/
    Am besten werden im Alter wohl diejenigen leben, die sich jetzt schon in Kreispolitik und Verwaltung sesselfurzend in ihren Büros erholen und sich von einem Rindskopf- und Heringsessen zur nächsten Weihnachtsfeier im Seniorenheim fahren lassen.

  4. Gerade läuft noch Maybritt Illner im TV, Thema „Ist die Pflege noch zu retten?“. Tenor: Die Mängel und vor allem Personalprobleme diskutiert man seit Jahrzehnten. Das gesamte System vor allem der Pflegeversicherung ist Schrott! (Ruhig mal in der ZDF-Mediathek aufrufen! https://www.zdf.de/politik/maybrit-illner/ist-die-pflege-noch-zu-retten-maybrit-illner-spezial-vom-24-mai-2018-100.html)
    Was soll man zu der in dem obigen Artikel präsentierten Art und Weise, „ganz konkrete Fragen zu klären und Vorhaben auf den Weg zu bringen“ noch sagen? Nach meiner Beobachtung soll da nichts geklärt und schon garnichts konkret auf den Weg gebracht werden. Es geht nur darum, einen Fake von Daseinsvorsorge zu produzieren und durch Betriebsamkeit davon abzulenken, dass man die Probleme verschlafen hat und die Spirale der Pflegekrise sich schon nicht mehr zurückdrehen lässt. Ich kenne die „Arbeit“ der Gruppen des Bündnisses für Familie teilweise aus eigenem Erleben. Da kann sich überhaupt nichts Innovatives entwickeln, denn dort sitzen überwiegend die Vertreter von Institutionen, Sozialunternehmen und Parteien, die keinerlei Interesse an einer dynamischen Entwicklung haben, sondern die Hauptverantwortlichen für das aktuelle „Status-Quo-Denken“ in der Sozialpolitik sind (http://www.forschungsnetzwerk.at/downloadpub/ZSR_2006_Christine_Trampusch_sozialpolitik.pdf). Nur so ist es zu erklären, dass angesichts einer sich dramatisch zuspitzenden Situation in der Seniorenbetreuung und -pflege einfach nichts passiert. Am Ende von Illners Sendung gab es daher für die dort auftretenden Betroffenen einschließlich der LINKE-Vorsitzenden Kipping nur eine Forderung: Muckt endlich auf! Geht auf die Barrikaden! Lasst euch das nicht länger gefallen!

  5. Da sitzen also die „Fachleute aus der Praxis“ sowie Landrat Manfred Görig und Gesundheitsdezernent Dr. Jens Mischak zusammen, um „das Suchen und Finden von Pflegekräften, die Ausbildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten, den großen Bedarf an Fachkräften und die Frage, wie dieser gedeckt werden kann“ zu erörtern. Verlautet aus einer Pressemitteilung des Kreises. Und die Medien-Herolde sollten nun per Fanfarenstoß hinausposaunen, welche konkreten Früchte dies getragen habe. Und siehe da: Wieder nur lauwarme Luft. Getreu dem GroKo-Motto: „Fehlt für Konkretes dir die Asche, dann zieh das Image aus der Tasche.“ Das Spielchen kennt man doch, seit Landrat Görig mit wechselnden Koalitionspartnern von einer infantilen PR-Aktion zur nächsten schreitet. Und nun sitzt er also da mit seinem Gesundheitsdezernenten in der Runde der Praktiker und Fachleute, „UM SICH ÜBER AKTIONEN ZU INFORMIEREN UND [IHRE] UNTERSTÜTZUNG ANZUBIETEN“. Wie bitte? Müsste man stattdessen nicht nach den Aktionen dieser Herrschaften fragen, die man sicherlich gern unterstützt hätte, wenn diese denn feststellbar gewesen wären!?
    Die Probleme des demografischen Wandels (Zunahme der Zahl der Pflegebedürftigen!) kennt man seit mindestens zwanzig Jahren. Fachkräftemangel in Kliniken, Seniorenheimen und in der ambulanten Pflege – inzwischen ein alter Hut. Schwierigkeiten beim Anlernen und Ausbilden von Kräften, deren Muttersprache nicht Deutsch ist… Wie lange kennt man die denn schon, einschließlich der Problematik, dass „die Anerkennung von ausländischen Abschlüssen äußerst schwierig und auch langwierig“ ist?
    „Wir haben uns mit dem Thema Fachkräftemangel in der Pflege auseinander gesetzt und nach Ideen zur Fachkräftegewinnung gesucht“, sagt da die Leiterin des einzigen Pflegestützpunktes im Vogelsbergkreis (in Hessen ist nur eine derartige Einrichtung pro Landkreis vorgesehen, in anderen Bundesländern eine pro 30.000 Einwohner!), Monique Abel. So, und was macht man jetzt konkret?
    Hmmm…ja…äh: Also da gibt es doch schon seit einigen Jahren diesen Publikumsmagnet auf der Ausbildungsmesse in Alsfeld, genannt „Pflegeparcours“. Schülerinnen und Schüler können sich dort mit Rollatoren und Rollstühlen vergnügen, Essen anreichen oder das Lagern im Bett üben. Doch, so die ernüchternde Erfahrung, sorgt dies zwar regelmäßig für hohen Zulauf am Stand von „Haus Sonnenblick“, führt aber nicht automatisch auch zu mehr Ausbildungsverträgen in Pflegeberufen.
    Nächste Idee? Hmmm…ja…äh: Da gibt es doch innerhalb des inzwischen zehn Jahre arbeitenden „Familienbündnisses“ die Arbeitsgruppe „Pflege im Vogelsberg“ als Teil des Handlungsfelds Gesundheit und Pflege. Im Laufe der Arbeitsgruppentreffen (2 bis 3 pro Jahr und damit viel zu wenige für eine kontinuierliche und effektive Arbeit!) die Broschüre „Wege in die Pflege“ erstellt, eine „einzigartige Zusammenstellung von Ausbildungs- und Qualifizierungswegen in die verschiedenen Pflegeberufe inklusive einer Übersicht der Alten- und Pflegeheime, ambulanten Pflegedienste, Tagespflegeeinrichtungen, Krankenhäuser sowie der Schulen.“ Ja und? Erfolg bisher? Hmmm…ja…äh.
    Am Ende besteht die Win-Win-Situation nur aus einem einzigen [Ge]Win[n]: Die Pflegeeinrichtungen des Kreises arbeiten Schulter an Schulter am gemeinsamen Ziel und wissen sich durch die Tatsache geeint, „dass alleine mit den laufenden Ausbildungsjahrgängen der Fachkräftebedarf nicht zu decken ist – es werde verstärkt Anwerbung vonnöten sein.“ Also Abwerbung aus anderen Regionen. Aber ohne dass das „Image“ der Pflegeberufe im Vogelsbergkreis ein besseres wäre als anderswo.
    Wer verarscht hier eigentlich wen?

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