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IG BAU kritisiert Schieflage am Arbeitsmarkt im VogelsbergkreisAnteil „atypischer“ Jobs im Kreis auf 45 Prozent gestiegen

VOGELSBERGKREIS (ol). Immer mehr unsichere Jobs: Rund 17.300 Menschen im Vogelsbergkreis arbeiten in Teilzeit, Leiharbeit oder haben einen Minijob als alleiniges Einkommen.

Damit sei der Anteil der sogenannten atypischen Beschäftigung an allen Arbeitsverhältnissen im vergangenen Jahr auf einen Rekordwert von 45 Prozent gestiegen, wie die IG Bau in einer Pressemeldung bekannt gab. Das kritisiert die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU). Die Gewerkschaft beruft sich hierbei auf eine aktuelle Studie der Hans-Böckler-Stiftung, die die Entwicklung am Arbeitsmarkt im Vogelsbergkreis seit dem Jahr 2003 untersucht hat. Damals hatte die Quote atypischer Jobs noch bei 36 Prozent gelegen.

„Alarmsignal an die Politik“

IG BAU-Bezirkschefin Doris Hammes spricht von einem „Alarmsignal an die Politik“: „Es kann nicht sein, dass wir einerseits einen wirtschaftlichen Aufschwung erleben, aber andererseits so viele Menschen in prekären Verhältnissen arbeiten“, sagte Hammes. Hier sei „grundsätzlich etwas in Schieflage geraten“. Der unbefristete Vollzeit-Job müsse dringend wieder zum Normalfall werden, fordere die IG BAU Mittelhessen.

Nach Angaben der Böckler-Stiftung hat im Vogelsbergkreis besonders die Teilzeit-Beschäftigung drastisch zugenommen: Arbeiteten 2003 noch etwa 5.700 Erwerbstätige in Teilzeit, waren es 2016 bereits rund 9.400 – ein Anstieg von 64 Prozent. „Gerade für Frauen ist es nach einer Familienpause enorm schwer, wieder voll in den Beruf einzusteigen. Gegen die Teilzeit-Falle brauchen wir endlich ein verbrieftes Rückkehrrecht in Vollzeit“, sei Doris Hammes überzeugt. Ein entsprechender Gesetzentwurf der großen Koalition war in diesem Frühjahr am Widerstand der Union gescheitert.

Minijobs und Hartz IV keine Seltenheit

Auch bei Minijobs gebe es der Studie zufolge keine Entwarnung: Rund 7.400 Menschen im Vogelsbergkreis waren 2016 ausschließlich geringfügig beschäftigt (2003: 6.700). In der Gebäudereinigung machten Minijobs mittlerweile die Hälfte aller Arbeitsplätze aus, berichtete Gewerkschafterin Hammes. Auch hier seien es insbesondere Frauen, die nach einem Jobverlust oder einer Trennung oft schnell in Hartz IV abrutschten.

Mit Blick auf die Bundestagswahl im September fordert die IG BAU Mittelhessen von den Parteien klare Konzepte „gegen die Unwucht am Arbeitsmarkt“. Dazu müsse die Abschaffung der Befristungen ohne sachlichen Grund genauso gehören wie die Einbeziehung von Minijobs in die Sozialversicherung. „Dabei sind auch die Arbeitgeber in der Pflicht. Statt aufs Billig-Prinzip sollten Chefs auf Kontinuität setzen“, betont Hammes. Wer heute vollwertige Stellen schaffe, brauche sich morgen nicht um fehlende Fachkräfte sorgen.

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