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Jahresempfang für das Ehrenamt der Alsfelder SPD am Freitagabend im "Schwalbennest"Ehrenamt eine wichtige Säule der Gesellschaft

ALSFELD (cdl). Mit dem derzeitigen Geschäftsführer des DGB Mittelhessen und Bundestagskandidaten der SPD Matthias Körner konnte die Alsfelder SPD prominente Unterstützung bei ihrem Jahresempfang für das Ehrenamt am Freitagabend gewinnen.

Zahlreiche Alsfelder Vereine waren der Einladung gefolgt und so konnte Florian Sauermann Vertreter der AWO, der Bürgerinitiative Schöner Ausblick, des Vdk, des Gesangvereins, des Tierheims, dem Verein Barrierefreie Stadt Alsfeld, des Fördervereins Max-Eyth-Schule, Freunde und Förderer des Kreiskrankenhauses Alsfeld, Pro Bahn & Bus und den Ortsvorsteher von Liederbach Ralph Linker begrüßen. Linker sei gekommen, weil Liederbach als einziges Dorf der Stadt Alsfeld das Dorfgemeinschaftshaus als Verein betreibe, erklärte Sauermann. „Die bunte Mischung zeigt den Stellenwert des Ehrenamts in Alsfeld“, so Sauermann. Körner kündigte er als noch Vorsitzenden des DGB Mittelhessen an, der hoffentlich bald in den Bundestag als designierter Nachfolger von Rüdiger Veit einziehe.

„Das Ehrenamt ist nach wie vor eine wichtige Säule in unserer Gesellschaft“, bekräftigte Sauermann. Die Kommunalpolitik sei ebenso ehrenamtlich geregelt. Immer wieder heiße es, dass sich Politiker die Taschen vollmachen wollten, was aber nicht für die Kommunalpolitik gelten könne. „Ich mach das nicht wegen zehn Euro, sondern weil mir meine Heimatstadt Alsfeld am Herzen liegt“, so Sauermann. Das Ehrenamt stehe vor großen Herausforderungen. Er glaube, dass es das in dieser Form bald nicht mehr geben wird, da es immer schwerer werde, genügend Leute dafür zu begeistern. Das machte er am Beispiel der Freiwilligen Feuerwehren deutlich, von denen dasselbe verlangt werde, wie von einer Berufsfeuerwehr. Im Alarmfall hätten viele Freiwillige Feuerwehren heute schon tagsüber Probleme die Autos zu besetzen. „Ich gehe davon aus, dass wir in absehbarer Zeit an die Grenzen stoßen“, so Sauermann. Man stehe vor einem gesellschaftlichen Wandel.

Florian Sauermann moderierte den Abend.

Weniger Verbindlichkeit in den Vereinen, sondern durch Projekte begeistern

Kurzfristig war der Vorsitzende des Freiwilligenzentrum Stephan Hanisch für die erkrankte Bundesverdienstkreuzträgerin Helma Schnell-Kretschmer als Gastredner eingesprungen. Er beschrieb am Beispiel des gelungenen Projekts Bürgergarten, dass immer weniger Menschen bereit seien, sich dauerhaft in Vereinen zu binden. Jedoch wollten sich die Menschen weiterhin engagieren, wenn sie Gefallen an einem Projekt finden, aber eben nicht dazu gezwungen werden, einen Mitgliedsantrag zu unterschreiben. „Der Bürgergarten war völlig verwahrlost. Wir wollten ein bisschen hochtrabend ausgedrückt ein soziokulturelles Zentrum aufbauen“, so Hanisch.

Man habe einfach einmal angefangen und dann seien ganz von alleine immer mehr Menschen mit ihren Ideen hinzugekommen. So habe Eddie die Arbeiten entdeckt und bekundet, dass er schon immer einmal eine begehbare Sonnenuhr bauen wollte. Das sei aber nicht so einfach gewesen und dann habe er Unterstützung von einem Physiklehrer der Max-Eyth-Schule bekommen. Wieder andere hätte zu Hause einen Teich angelegt und das habe ihnen so viel Spaß gemacht, dass sie im Bürgergarten gleich einen weiteren angelegt hätten. Er sei überzeugt davon, dass man von der Verbindlichkeit wegmüsse. Allerdings gehe das beispielsweise bei der Feuerwehr nicht, „die braucht die Verbindlichkeit“. Darüber hinaus brauche auch der Stamm des Freiwilligenzentrums eine längerfristige Bindung.

Stephan Hanisch nutzte die Möglichkeit, um das Freiwilligenzentrum genauer vorzustellen.

Freiwilligenzentrum eine Plattform für das Ehrenamt

Das Freiwilligenzentrum habe derzeit 23 bis 24 Mitglieder. Als kleiner Verein, der lediglich eine Plattform bieten wolle, reiche das. „Wir sind das einzige rein ehrenamtliche betriebene Freiwilligenzentrum Deutschlands. Wir bringen der Stadt Geld und kosten sie nichts“, so Hanisch. Lediglich die Miete müsse man nicht zahlen. Aber für den Bürgergarten zahle der Verein Pacht und das sogar mehr als alle anderen umliegenden Gärten. Der Bürgergarten habe zwischen 20.000 bis 30.000 Euro gekostet und das sei alles über Spenden gelaufen.

„Wir sind eine Plattform für das Ehrenamt“, so Hanisch. Das Freiwilligen stehen Vereine, die kein eigenes Vereinsheim haben kostenlos zur Verfügung. Lediglich für Heizkosten und Reinigung müssten andere Vereine nach Nutzung aufkommen. Für Vereine, die überhaupt kein Geld hätten, mache man sogar die kostenlose Nutzung möglich. Das Freiwilligenzentrum habe fast eine Million Euro nach Alsfeld geholt, so Hanisch. Dazu habe der Verein die entsprechenden Anträge für Förderprogramme wie Demokratie Leben geschrieben. Die Fördergelder seien allerdings nicht für den Verein zur Verfügung gestellt worden, da sämtliche Bundesprogramme immer über die Kommune laufen würden.

Ehrenamt schafft Gemeinschaft

„Wir müssen das Ehrenamt mehr wertschätzen“, heißt es immer auf Veranstaltungen und das werde dann dort von den Folgerednern immer weiter gesteigert. Er sehe das Problem in der steigenden Komplexität, die heutzutage immer noch das Ehrenamt abwickeln solle. „Die Lösung ist nicht die Komplexität zu reduzieren, sondern sie anders zu verteilen“, so Körner. Hinzu komme erschwerend der demografische Wandel. In der Alterspanne zwischen 20 und 50 Jahren würden sich die Menschen am meisten ehrenamtlich engagieren. Genau diese Altersspanne werde gerade immer weniger.

Außerdem sah er eine gewisse Zweischneidigkeit zwischen Ehrenamt und staatlicher Förderung. Ehrenamt basiere auf Freiwilligkeit. Man müsse sich für eine Sache begeistern und sich dann dafür engagieren. „Man sucht sich Gleichgesinnte und macht dann etwas zusammen. Das ist im Grunde genommen, etwas Staatsfernes“, so Körner. Der Staat dagegen fördere in seiner Logik Projekte, die er gerne hätte. Also suche er sich erst Leute, die genau das machen wollten, was sich der Staat vorstelle, um sie dann zu fördern. Somit sei vorab eine Grundauswahl unabhängig von der Freiwilligkeit getroffen.

Auch wenn es in einigen Bereichen Bestrebungen gebe, das Ehrenamt durch Hauptamtliche zu ersetzen, dürfe man die positiven Funktionen des Ehrenamts nicht unterschätzen. Es entstünden Interessengemeinschaften, die sich oft für soziale Zwecke einsetzten. Gerade die Gemeinschaft in Vereinen hob Körner hervor, „in Amerika würde man Community Building sagen“. „Freude und Spaß zieht Engagement nach sich und das auf dem Prinzip der Freiwilligkeit“, so Körner abschließend.

Ehrenamt

Der Spitzenkandidat der SPD im Wahlbezirk Gießen/Alsfeld für den Bundestag.

Ehrenamtsempfang als Plattform zum Austausch

Nach den Redebeiträgen galt es, Miteinander in den Austausch zu treten. Viele beklagten dann auch den immensen Verwaltungsaufwand gerade in größeren Vereinen. Als Vereinsvorsitzender könne man heutzutage den Eindruck gewinnen, dass man Finanzbeamter, Steuerberater und Jurist zugleich sein müsse. Oft gehe es gar nicht mehr anders, dass man sich beispielsweise nach größeren Festen von außen professionelle Hilfe hinzuholen müsse. Daher sollte man das bestehende Vereinsrecht vereinfachen.

Aber auch die positiven Aspekte wurden hervorgehoben. So machte beispielsweise die Vorsitzende des Vereins Schöner Ausblick Dr. Sachiko Scheuing deutlich, wie ihr die ehrenamtliche Arbeit bei der Integration geholfen habe. Die seit sieben Jahren in Deutschland lebende Japanerin habe sehr viele Leute kennengelernt und ihre Sprachfähigkeit verbessert. „Ehrenamt bedeutet in den Dialog zu treten“, so Dr. Scheuing.

Wieder Andere vermissten eine Anlaufstelle, wenn es um das Auffinden der entsprechenden Förderprogramme bei anstehenden Investitionen für den Verein gehe. Der Kreis biete gemeinsam mit der VHS Seminare zur Fördermittelbeschaffung und Öffentlichkeitsarbeit an, informierte Dr. Herbert Jost-Hof. „Das wusste ich gar nicht. Alleine für diese Information hat sich das Kommen für mich schon gelohnt“, so Bettina Reser* vom Tierheim.

*Ursprünglich stand an dieser Stelle Simone Herrholz. Wir bitten, die Verwechslung zu entschuldigen.

Ein Gedanke zu “Ehrenamt eine wichtige Säule der Gesellschaft

  1. Interessant das Dr. Jost-Hof (Verein aroma-netz e.V.) an so einem Termin Neues verkündigt mit der Nachricht das es so eine Fördermöglichkeit und auch Koordination des VB-Kreises gibt.
    Frage bleibt: warum wird das nicht vom Kreis / Stadt her für Vereine bekannter gemacht ? Vereine haben ja sogar Kaufkraft !

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