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Entscheidung in der finalen Kamax-Verhandlung ist gefallen - Keine Entlassungen vor dem 1. Oktober 2021Schmerzlicher Kompromiss: Alsfelder Kamax-Werk wird schließen, ETV wird aufgelöst

ALSFELD (ls). In den Verhandlungen um die Schließung des Alsfelder Kamax-Werks ist eine Entscheidung gefallen: Das Kamax-Werk wird schließen, der Ergänzungstarifvertrag wird aufgelöst und eine Transfergesellschaft gebildet. IG-Chef Stefan Sachs spricht von einem „schmerzlichen Kompromiss“.

Sie hatte dann doch ein bisschen länger gedauert als zunächst geplant, die vierte und damit finale Verhandlung um die Schließung des Alsfelder Kamax-Werks. Eigentlich sah die nämlich ein definiertes Ende um 16 Uhr vor, doch den Vorschlag, den Anwalt Holger Dahl am Ende des Konflikts machte, galt es zunächst noch von beiden Seiten zu bedenken. „Wir sind bei den Verhandlungen zunächst nicht zu einer Einigung gekommen“, erklärte IG-Chef Stefan Sachs auf Anfrage von OL nach der Verhandlung.

Dennoch gab es dann eine Einigung. Für alle Beteiligten – Arbeitgeberseite und auch Arbeitnehmerseite – sei das ein „schmerzlicher Kompromiss“ gewesen, wie Sachs berichtet. Der Vorschlag, dem die Betriebsratsmitglieder und auch die Unternehmensvertreter zustimmten, sei am Ende durch Dahl gekommen.

Demnach soll es vor dem 1. Oktober 2021 keine Kündigungen im Alsfelder Werk geben. In Homberg würden 80 Mitarbeiter und in Osterode 100 Mitarbeiter entlassen, das allerdings nicht vor 2022/2023 und gemäß des Sozialplans. Der 1. Oktober sei außerdem auch der erste Termin, wo Beschäftige in die Transfergesellschaft wechseln könnten. Das ist eine Gesellschaft, in die Arbeitnehmer zu einem entsprechenden Zeitpunkt in ein befristetes Arbeitsverhältnis wechseln. Bestehen soll die Transfergesellschaft für zwölf Monate. Arbeitslosigkeit würde somit erst ab 1. Oktober 2022 drohen.

Einige Mitarbeiter zog es bereits am Morgen vor die Villa Raab. Fotos: ls

„Wir würden allen Mitarbeitern dazu raten, in diese Transfergesellschaft zu wechseln“, erklärt Sachs. Zusätzlich dazu bekomme jeder Mitarbeiter – egal ob er in die Transfergesellschaft wechselt oder nicht – eine Abfindung, deren Höhe sich nach einer Quotientenregelung berechne. Besonders dabei habe es Diskussionen gegeben, „wir wollten die Abfindung möglichst hoch, das Unternehmen möglichst niedrig“. Darüber hinaus gibt es pro Kind einen Zuschlag (2500 Euro brutto) sowie für Schwerbehinderte, bei einem Grad der Behinderung von 100 Prozent 5000 Euro brutto.

Sachs an Kamax-Mitarbeiter: „Das ist gelebte Solidarität“

Im Gegenzug dazu mussten die Gewerkschaft und auch Mitarbeiter die Schließung des Alsfelder Werks akzeptieren, wie Sachs es formuliert. Der Ergänzungstarifvertrag, der 2017 in Kraft trat und eigentlich noch bis 2022 gehen würde, werde zum 1. Dezember 2020 aufgelöst. Für die erbrachten Leistungen der Mitarbeiter durch Mehrarbeit würden alle, die vor dem 1. April 2022 gekündigt werden, zwei Brutto-Monatsentgelte an Rückzahlung bekommen. Dies soll der „besonderen Würdigung der Leistungen aus dem Ergänzungstarifvertrag“ dienen. „Es ist ein schmerzlicher Kompromiss und ich hätte gerne ein anderes Ergebnis gewollt“, sagte Sachs. „Für Mitarbeiter aus Alsfeld gibt es eine Prämie von einem Bruttomonatsgehalt, deren Konditionen noch festgelegt werden“, heißt es zusätzlich in einer Mail der Kamax. Damit soll „die besondere Situation der Mitarbeiter in Alsfeld mit der Schließung des Werks bedacht“ werden.

In einem Statement begrüßte Kamax die Einigung, die in „äußerst schwierigen“ Gesprächen erreicht worden sei. „Die Geschäftsführung möchte in diesem Zusammenhang gerne noch einmal zum Ausdruck bringen, wie schwer die Entscheidung zur Auflösung des Ergänzungstarifvertrags sowie zur Schließung des Standortes Alsfeld gefallen ist. Dennoch sind die Maßnahmen aufgrund der schlechten Wirtschaftslage, ausgelöst durch die Transformation in der Automobilindustrie, der immer extremer werdenden Konkurrenzsituation sowie den Auswirkungen der Corona-Pandemie, unvermeidbar gewesen. Zudem sind sie wichtig, um die Wettbewerbsfähigkeit der verbleibenden Standorte in Homberg (Ohm) sowie Osterode (Harz) wiederherzustellen und ihnen damit eine Zukunftsperspektive zu geben.“

In der Stellungnahme heißt es weiter: „Der Geschäftsführung war zu jeder Zeit bewusst, wie schwer diese Entscheidungen vor allem für die Mitarbeiter*innen in Alsfeld sind. Umso wichtiger war es, mit den getroffenen Vereinbarungen auch der sozialen Verantwortung ihnen gegenüber gerecht zu werden, beispielsweise in Bezug auf die Absicherung durch den Wechsel in eine Transfergesellschaft oder auch die mehrmonatige Verlängerung der Beschäftigung im Vergleich zum ersten Angebot.“

Ein kurzer Rückblick: Bis Sommer 2021 wollte der Automobilzulieferer seinen Standort in Alsfeld schließen. Über 200 Mitarbeiter wären davon betroffen. Ganz so einfach ging das allerdings nicht, denn in 2017 wurde ein Ergänzungstarifvertrag abgeschlossen, durch den die Mitarbeiter zwei Stunden in der Woche ohne Bezahlung arbeiten, allerdings auch die Zusicherung bekamen, dass das Werk nicht geschlossen wird und es keine Kündigungen gibt.

Bereits am Morgen hatten einige Mitarbeiter – insbesondere Mitarbeiter aus dem Alsfelder Werk – gemeinsam mit der IG Metall Mittelhessen vor der Alsfelder Villa Raab demonstriert. Schon dabei hatte Sachs resümiert, dass die vergangenen Verhandlungen nicht einfach gewesen seien und prognostizierte auch für den finalen Verhandlungstag einen „schwierigen“ Tag. Schwierig und lang seien die Verhandlungen gewesen, berichtete Sachs schließlich danach. „Deshalb gebührt es großen Respekt an die Mitarbeiter der Kamax, die hier schon seit heute Morgen stehen. Das ist gelebte Solidarität“.

„Mit dem heutigen Tag ist die Geschichte nicht zu Ende“

2 Gedanken zu “Schmerzlicher Kompromiss: Alsfelder Kamax-Werk wird schließen, ETV wird aufgelöst

  1. Ach, was muss man oft von bösen
    Firmen hören oder lesen!
    Wie zum Beispiel hier von dieser,
    die Kamax heißt, es geht kaum fieser.
    Ach, das war ein schlimmes Ding,
    Wie der Belegschaft es erging.
    In Alsfeld vor der Villa Raab
    trägt Arbeitsplätze man zu Grab
    Aber wehe, wehe, wehe!
    Wenn ich auf das Ende sehe!
    Denn bald merkt selbst die SPD
    Bergauf geht’s nur, sofern ich geh
    Den Berg hinauf und zwar zu Fuß
    Aus dem VB ’nen schönen Gruß
    an Kreisvorsitzer Patrick Krug
    Von „aufwärts“ haben wir genug
    Und „Weg erfolgreich weiter geh’n“
    Das redet euch mal selber schön.
    Denn Kamax sagt: Auf Wiedersehn!

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  2. Die nutzen doch Cornoa nur aus um die Leute vor die Tür zu setzen, ekelhaft diese raffgierigen Bonzen.

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