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Max-Eyth-Schule verleiht Allgemeine Hochschulreife an 50 AbiturientenErwachsener Jahrgang zieht in die Welt

ALSFELD (ol). Eine Abiturzeugnisverleihung am Nachmittag? In kleinen Gruppen? Ohne Ball? Ohne Händedruck? Was noch vor Monaten undenkbar schien, hat auch das schulische Leben durcheinander gewirbelt. Unter ganz besonderen Bedingungen haben in den vergangenen Wochen viele Schülerinnen und Schüler ihre Abiturprüfungen abgelegt, 50 von ihnen am Beruflichen Gymnasium der Max-Eyth-Schule. Sie durften am Freitagnachmittag ihre Zeugnisse der Allgemeinen Hochschulreife entgegennehmen.

Die feierliche Übergabe fand in der Aula der angrenzenden Albert-Schweitzer-Schule statt, denn dort war es möglich, dass in zwei Etappen zwei Kurse gemeinsam feiern konnten – jeder Schüler begleitet von maximal zwei Personen. Kleine Dreiergruppen waren dafür in der Aula vorbereitet, dazwischen der gesetzlich vorgeschriebene Abstand – doch wie alle Einschränkungen und Regeln der letzten Zeit nahmen die die jungen Erwachsenen diese verantwortungsbewusst und diszipliniert zur Kenntnis.

„Wir haben gerade in dieser Zeit ein überaus erwachsenes, verbindliches Verhalten bei den Abiturientinnen und Abiturienten gesehen“, würde Schulleiter Friedhelm Walther an anderer Stelle dieser Veranstaltung noch sagen, doch den Beginn der Verleihung gestaltete sein Stellvertreter Thomas Möller mit einer Ansprache an die Absolventen.

Auf Abstand dabei: Lehrkräfte und Abiturientinnen und Abiturienten mit ihren Eltern bei der Zeugnisverleihung. Alle Fotos: Traudi Schlitt

13 Jahre auf einen Tag hingearbeitet

„13 Jahre habt ihr auf diesen Tag hingearbeitet – nun habt ihr den höchsten Schulabschluss in der Tasche, den man in Deutschland erwerben kann.“ Mit diesen Worten drückte er Anerkennung und Stolz aus und gratulierte den scheidenden Schülerinnen und Schülern der Max-Eyth-Schule zu ihrem Erfolg. Sie hätten damit eine Zukunftspolice in Händen, die ihnen alle Möglichkeiten eröffne. Gerade angesichts dieser zahllosen Möglichkeiten sei es nötig, über den Sinn des Lebens einmal nachzudenken, so Möller, und er startete ein kleines Experiment: Eine Vase füllte er mit großen Steinen.

Augenscheinlich voll bis zum Rand, passten dennoch eine Menge kleiner Kiesel hinzu. Die großen Steine könnten für die wichtigen Dinge des Lebens stehen, erläuterte der Redner: Familie, Gesundheit, Freiheit. „Was sind Ihre wichtigen Dinge?“, fragte er in die Runde und riet den jungen Erwachsenen, diese Dinge im Blick zu haben, und nicht so viele kleine, unwichtigere Steine in das Glas des Lebens zu füllen, dass für die anderen, die großen, kein Platz mehr sei. „Wir würden gerne daran teilhaben – kommen Sie immer mal wieder vorbei, nehmen Sie mit uns Kontakt auf und erzählen Sie uns von Ihren großen Steinen.“

Paule: „Veränderung ist gut“

Über die Konstanz des Wandels und das Gute darin sprach Bürgermeister Stephan Paule zu den Absolventen. Basierend auf einem Zitat Arthur Schopenhauers machte er den Wandel nicht nur in der Vergangenheit und Zukunft, sondern – und das derzeit gerade sehr deutlich – auch in der Gegenwart aus. Auch die Schulbiografie der nun scheidenden Schülerinnen und Schüler sei bestimmt von Wandel und neuen Situationen, von der Kita über die Grund- und weiterführende Schule bis zur gymnasialen Oberstufe. Bei jedem Wechseln hätten die jungen Menschen immer ein wenig mehr Verantwortung übernehmen müssen, dafür aber auch mehr Freiheit gewonnen.

„Change is good“ – Bürgermeister Stephan Paule wünschte den Abiturientinnen und Abiturienten Mut zur Verändung.

Dass dies möglich war, sei auch den Begleitern und Unterstützern zu verdanken, den Familien, den Freunden, den Lehrkräften. „Ihre Zukunftspolice ist nicht nur das Ende der Schulzeit, sondern auch der Anfang eines neuen Lebensabschnittes“. Veränderung auf dem Weg seien unumgänglich, und man dürfe sie nicht als Hindernisse und unbequeme Umstände sehen, sondern als Chance und Möglichkeit der Entwicklung: „Change ist good“, zitierte der Rathauschef ein Plakat, das er während einer Umbauphase in einem amerikanischen Supermarkt gesehen hatte, „Veränderung ist gut.“

Einzelne Kurse nahmen die Zeugnisse entgegen

In der ersten Gruppe, die ihre Zeugnisse entgegennehmen durften, waren die Absolventen der Schwerpunkte Gesundheit und Pädagogik. Für sie sprach Sarah Kremkau. In einem hochemotionalen Rückblick machte sie deutlich, wie viel ihr und ihren Mitschülern der Zusammenhalt im Jahrgang und das Miteinander an der Schule bedeuten.

Sie alle seien aus den unterschiedlichsten Schulen im BG zusammengekommen, und es sei „ein merkwürdiges Gefühl, heute auseinander zu gehen. Ein trauriger Moment, obwohl mit einem Neubeginn verbunden“, befand die junge Frau, die sich für die prägenden Erfahrungen, die sie miteinander machen durften, sowohl bei ihren Mitschülern als auch bei der Schulgemeinde bedankte. „Wir können stolz auf uns sein, doch wir sollten jetzt nicht aufhören zu lernen“, so ihr Rat und ihr Ruf an ihre Mitschülerinnen und Mitschüler: „Ihr könnt alles erreichen, was ihr euch in den Kopf setzt!“

Für die zweite Gruppe, in der die Absolventen der Schwerpunkte Ernährung und Datenverarbeitungstechnik gemeinsam feierten, sprachen später Melanie Dörr und Alexander Kömpf. Auch sie unterstrichen, wie sehr der Jahrgang zusammengewachsen war und freuten sich, schulische und persönliche Reife gewonnen zu haben. Sie erinnerten an Ausflüge, Austausche, Fahrten und Feiern und blickten auch auf die Zeit der Abiturprüfungen, die geprägt war von Ungewissheit und Anspannung, nicht zuletzt wegen der besonderen Begleitumstände.

Stolz auf einen „erwachsenen, verantwortungsbewussten Jahrgang: Schulleiter Friedhelm Walther.

Ihr Dank galt allen, die sie begleitet haben, insbesondere ihren Tutoren, die sie durch Höhen und Tiefen geführt und ihnen mit Motivationskraft und Humor zur Seite gestanden hätten. Die beiden bedankten sich für die „tollste Zeit des Lebens“ und riefen ihren Mitschülerinnen und Mitschülern zu, ihr weiteres Leben im Vertrauen auf ihre Mitmenschen und sich selbst zu führen.

Nacheinander schritten dann die einzelnen Kurse auf die Bühne, um sich die bereitgelegten Zeugnisse selbst abzuholen. Trotz der Umstände war es ein würdiger, sehr feierlicher Rahmen, den die Schulleitung dafür geschaffen hatten. Jeder Tutor, jede Tutorin würdigte ihren Kurs mit einer persönlichen Ansprache. Den Anfang machte Dr. Eva Rodemer-Lenz, die für den Schwerpunkt Gesundheit sprach.

Auf den letzten Kurs ihres Berufslebens blickte sie wehmütig zurück und erinnerte an große Startschwierigkeiten. Wie die jungen Menschen es dennoch geschafft hätten, sich auf ein erfolgreiches Abitur vorzubereiten, wie beeindruckend das menschliche Miteinander war und wie viel sie selbst von diesem Jahrgang lernen konnte – alle das ließ sie sichtlich berührt Revue passieren.

Elke Keil vom Schwerpunkt Ernährung betonte, dass trotz allem diesem Jahrgang noch viele Aktivitäten möglich waren, die nun erst einmal auf Eis liegen: Exkursionen, Kursfahrten – all das habe ihrem Kurs viel gebracht, neben dem Wissenszuwachs auch viel Freude. Keil blickte auf „geballte Frauenpower“ und dankte dem Kurs für sein engagiertes und fleißiges Tun.

Als eine der Jahrgangsbesten konnte Friedhelm Walther Tonia Okoli ehren.

Für den Schwerpunkt Datenverarbeitungstechnik ergriff Tutor Johannes Breidt das Wort.  Als Essenz der drei Oberstufenjahre, die er mit den Schülerinnen und Schülern verbringen durfte, filterte er das wertschätzende, gute Miteinander heraus und das außergewöhnlich gute Abschneiden seines Kurses bei den Prüfungen. „Es geht weiter, natürlich, aber ich werde euch vermissen“, gab er den Absolventen mit auf den Weg.

Die Abinauten verlassen die Mesasphäre

„Die Abinauten verlassen die Mesasphäre“ – Mit Blick auf das Jahrgangsmotto wünschte Ursula Ulrich, Tutorin im Schwerpunkt Pädagogik, den Abiturientinnen und Abiturienten dazu einen Engel, der sie begleiten möge und dabei helfen solle, die richtige Berufswahl zu treffen, die gesteckten Ziele zu erreichen, sich selbst und das Glück zu finden. All das könne auch auf Umwegen geschehen, so die Rednerin.

Zum Abschluss beider Durchgänge verabschiedete Friedhelm Walther einen Jahrgang, der durch viele Facetten bestochen hatte, wie er unterstrich: Er sei fachlich mit einer hohen Kompetenz aufgestellt, getragen vom Geist für Teamarbeit und Miteinander, dabei mit einer hohen Motivation für schulisches Engagement, beispielsweise in der SV. „Das Kollegium ist stolz auf Sie“, ließ er die jungen Menschen wissen, die als Corona-Jahrgang auch ihren Nutzen aus der Krise gezogen hätten, da sie in schweren Zeiten ein erwachsenes Miteinander gezeigt hätten. Sein Wunsch an die jungen Menschen, die sich nun von der Max-Eyth-Schule auf den Weg in die Welt machten: „Bewahren Sie Haltung, bleiben Sie kritisch und informiert, bleiben Sie aufrecht!“

Weitere Eindrücke der Zeugnisverleihung an der MES

Ein Gedanke zu “Erwachsener Jahrgang zieht in die Welt

  1. Erstaunlich, wie gefasst die Festredner hier unter dem Eindruck einer in ihren Auswirkungen noch kaum abschätzbaren Krise unseres Gesellschaftssystems über die Zukunft der jungen Generation sprechen. Hänschen klein ging allein… Hänsel und Gretel verliefen sich im Wald…
    Das Leben, die Zukunft, der individuelle Lebenserfolg: „Ihr könnt alles erreichen, was ihr euch in den Kopf setzt!“ klingt da inzwischen irgendwie hohl und beliebig. Klar, alles kann, aber nichts muss. Und alles kann gelingen, so lange nichts dazwischen kommt.

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