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Landrat Görig über Glasfaserausbau im Vogelsberg„Bis Ende 2021 werden alle versorgt sein“

VOGELSBERGKREIS (jal). Der Vogelsbergkreis veranstaltet einen Vortrag für Arbeitgeber zum Thema Digitalisierung. Dabei bekräftigt der Manfred Görig, dass die Sache „natürlich“ auch Thema im Landratsamt sei – und macht den Vogelsbergern in Sachen schnelles Internet erneut Hoffnung. Und dann sind da noch die bierholenden Roboter.

Ein mit Sensoren gespicktes T-Shirt wird uns sagen, wenn unsere Herzfrequenz nicht stimmt, wird die Daten automatisch dem Hausarzt übermitteln, der uns unverzüglich zum Termin einbestellen wird. Science Fiction oder bald schon Realität? Jörg Heynkes ist sich sicher, dass ein solches Szenario in nicht allzu ferner Zukunft keine Besonderheit mehr darstellen wird. „Zukunft 4.1 – die große digitale Transformation“ ist sein Thema, über das er bei einer Arbeitsgeberveranstaltung der Kommunalen Vermittlungsagentur Vogelsbergkreis (KVA) – einer Art Arbeitsagentur des Kreises – spricht. Jörg Heynkes ist seit 1985 unternehmerisch in den Bereichen Medien, Eventmarketing und Projektentwicklung tätig. Er ist Inhaber und Geschäftsführer der „VillaMedia“ in Wuppertal und arbeitet als Berater in den Bereichen Innovation, Energie und Mobilität.

„Kurzweilig, interessant, spannend, aber auch ein wenig beängstigend ist sein Referat, wenn er betont, dass uns die Digitalisierung wie ein Tsunami treffen wird, dass sich die Welt in den nächsten fünf, zehn, fünfzehn Jahre rasant verändern wird in einer Art und Weise, die wir uns heute noch gar nicht vorstellen können“, schreibt die Pressestelle des Kreises in einem Bericht dazu.

Die digitale Transformation sei „natürlich“ auch Thema im Landratsamt. „An dieser Transformation muss auch ein Landrat arbeiten“, sagt Manfred Görig, der die nahezu 100 Gäste der KVA-Veranstaltung begrüßt. Er nennt als ersten Punkt die Verlegung von Glasfaser in jedes Dorf. „Wir haben ein 22-Millionen-Projekt auf die Schiene gebracht, bis Ende 2021 werden alle versorgt sein.“ Als weiteres Beispiel führt er das Online-Zugangsgesetz an. Alle Dienstleistungen der Verwaltung sollen online gestellt werden, bei der Fahrzeug-Zulassung ist das jetzt schon möglich, aber viele andere Bereiche müssen folgen.

Jörg Heynkes blickt in die Zukunft.

Vieles – auch im privaten Bereich – hat sich schon verändert, sagt Landrat Görig im Rückblick. „Die Geschwindigkeit wird sich ändern, das, was undenkbar war, wird kommen. Und es muss sich auch ändern, denn die Welt schaut auf uns.“ Klimaschutz sei ein Stichwort. Es werde in Zukunft darauf ankommen, innovativ und ressourcenschonend zu produzieren, „dann kann uns diese Aufgabe auch gelingen“. Der Landrat abschließend: „Die Frage wird sein: Welches Land bekommt die Transformation am besten hin? Dieses Land wird der Gewinner sein.“

Auch Referent Jörg Heynkes spricht von „Gewinnern und Verlierern“. Verloren haben schon einige Branchen. Früher gab es Fotoapparate mit Rollfilm, es gab die umfangreichen Lexika-Sammlungen oder Stadtpläne. Heute ist das alles im Smartphone. „Steve Jobs hat die Welt verändert“, sagt Heynkes. Ebenso Amazon-Boss Jeff Bezos, der zudem „in den nächsten Jahren unzählige Branchen zerfleddern wird. Er wird das richtig gut machen. Er kann das.“ Auch Google wird, so der Referent, „in den nächsten Jahren unfassbare Dinge auf den Markt werfen“ und Facebook „wird jeden Tag größer werden“, hat der katholischen Kirche als größter Community längst den Rang abgelaufen.

Daten-Unternehmen s heute die wertvollsten Marken der Welt. „Daten sind das Öl von heute. Daten sind die Basis für neue Produkte, für Fertigungen und neue Dienstleistungen. Daten sind der größte Schatz, den Sie in Ihrem Unternehmen haben. Es wird Milliarden jährlich für den Mittelstand geben, statt für Oligarchen, Scheichs und Diktatoren“, sagt Heynkes“, sagt Heynkes an die Adresse der Vogelsberger Arbeitgeber gerichtet. Doch, was die digitale Plattform-Ökonomie angeht, „liegen wir seit 20 Jahren im Tiefschlaf“. Europa hat daran nur einen Anteil von drei Prozent, „das muss schleunigst verändert werden, sonst werden wir auf diesem Planeten keine Rolle mehr spielen“, mahnt Heynkes, „die Chinesen und die Inder überholen uns mit großen Schritten“.

„Es wird ruppig“

„Wir werden nie wieder ein Auto kaufen“, zeigt sich der Referent überzeugt. Stattdessen werden Schwärme von Fahrzeugen unterwegs sind, die auf Knopfdruck angefordert werden und uns von A nach B fahren. „Von dem Tag an, an dem diese Fahrzeuge auf der Straße sind, müssen Sie nie wieder tanken oder Reifen wechseln.“ Die Schwarmmobilität wird den ÖPNV und den Individualverkehr vereinen.

Künstliche Intelligenz werde immer mehr Raum einnehmen, sie werde „Dinge möglich machen, die jenseits aller Vorstellungskraft liegen“, zeichnet Jörg Heynkes das Bild der Zukunft. Humanoide Roboter werden demnach Arbeitskräfte ersetzen – sogar in Pflegeheimen. Sie werden sich mit dementen Menschen beschäftigen, sie werden die älteren Menschen animieren, genug zu trinken, Sport zu machen, sie werden ihnen etwas erzählen. „In fünf, sechs Jahren werden solche Maschinen im Alltag in Betrieb sein. Vielleicht zieht so ein Roboter auch bei Ihnen ein.“ In naher Zukunft „bekommen sie das Hauspersonal, das sie immer wollten“, der Roboter werde gar das Bier aus dem Keller holen.

Natürlich werde die technische Entwicklung vor dem Arbeitsmarkt nicht Halt machen. „Wir brauchen digitale Kompetenz“, denn die Veränderungsprozesse werden sehr schnell sein. Auch die staatlichen Systeme stehen laut Heynkes vor einem Umbau, der sich in den nächsten 20 Jahren vollziehen wird. Wichtig dabei: „Wir müssen die Menschen mitnehmen. Wir brauchen den Mut für Veränderung, dann werden wir lernen, mit den Risiken der Veränderung umzugehen.“

„Es wird ruppig“, formuliert Heynkes salopp, „aber die Chancen, die sich bieten, sind gigantisch“. Und er macht klar: „Es gibt keinen Weg zurück, es gibt nur einen Weg voraus in die Zukunft. Werden Sie alle Zukunftsmacher!“

8 Gedanken zu “„Bis Ende 2021 werden alle versorgt sein“

  1. Die digitale Transformation sei „natürlich“ auch Thema im Landratsamt. „An dieser Transformation muss auch ein Landrat arbeiten“, sagt Manfred Görig, der die nahezu 100 Gäste der KVA-Veranstaltung begrüßt.
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    Ausgerechnet eine Arbeitsgeberveranstaltung der Kommunalen Vermittlungsagentur Vogelsbergkreis (KVA), „einer Art Arbeitsagentur des Kreises“ (so, so), nimmt man zum Anlass für einen glasigen Blick in die Glaskugel. Alle scheinen ja genau zu wissen oder tun zumindest so, was da mit der „digitalen Transformation“ (Achtung, neues Modewort!) auf uns zu kommt: Der Bier holende Roboter! Aber „natürlich“ (offensichtlich auch ein neues Modewort) haben sie in Wahrheit keine Ahnung.
    Ich frage mich, wer von den Beteiligten am Ende wohl das größte Maß an Realitätsverlust für sich verbuchen kann: Die durch die Hartz-IV-Reformen und die Deregulierung des Arbeitsmarktes zur Fachstelle für die Fälschung der Arbeitslosenstatistik und sinnlose „Qualifizierungsmaßnahmen“ transformierte „fördernde und fordernde“ Arbeitsverwaltung, das durch Niedriglohn und Leiharbeit begünstigte Arbeitgeberlager, der referierende Zukunftsforscher, der nicht zufällig als unternehmerisch tätiger „Berater“ in den Bereichen Innovation, Energie und Mobilität mit Vorträgen über ungesicherte Zukunftsprognosen handelt, oder die sich ahnungslos bis ahnungsvoll gebende Provinzpolitik und -verwaltung? Als ich ins Erwachsenenleben eintrat, schossen sich gerade die Pop-Idole unserer Jugend mit Hilfe von Drogen und orientalischem Guru-Mummenschanz aus der bedrückenden Realität verelendender Industriestädte (Die „Transformation“ zur Dienstleistungsgesellschaft war schon in vollem Gange!) in ein kunterbuntes, lysergsäurediethylamid-getränktes Spektralfarben-Nirwana, während altväterlich angegraute Jungpolitiker (Jung war man damals noch mit Mitte vierzig!) von der „geistig-moralischen-Erneuerung“ der Gesellschaft faselten.
    Und jetzt, fünfzig Jahre später, rollt nach der Deindustialisierung an Ruhr und Saar sowie der dann folgenden härtesten Deindustrialisierung in der Geschichte Deutschlands überhaupt („Abwicklung“ der DDR-Wirtschaft), die überall deutliche Spuren hinterlassen hat und noch keineswegs überall bewältigt ist, schon die nächste „Transformation“ über uns hinweg. Die Digitalisierung scheint nun beide gleichzeitig umzuwälzen: Industrieproduktion und Dienstleistungssektor.
    Was in den 1960er Jahren die „Transzendentale Meditation“ eines Maharishi Mahesh Yogi (boshaft verballhornt: Wischiwaschi Haschisch Yoghurt) war, ist jetzt die Meditation über „digitale Transformation“. Und wieder fehlt es nicht an Heilsbringern, die ganz genau wissen, wie es demnächst weiter geht. „Zukunft 4.1 – die große digitale Transformation“ heißt es bei Vortragsredner Jörg Heynkes. Und er ist sich gewiss, dass es „keinen Weg zurück“ gibt, die „Zukunftschancen gigantisch“ sind, es aber auch – salopp gesprochen – „ruppig“ zugehen werde.
    Da will auch Landrat 0.1 Görig, der gerade erst erfolgreich die durch Werbepsychologie bewirkte Transformation von Wunschvorstellungen in gefühlte Wirklichkeit erprobt hat (siehe http://www.vogelsberg.de), nicht länger zurück stehen. „An dieser Transformation muss auch ein Landrat arbeiten“, spricht er gefasst. Und verweist auf – die Zukunft. Erster Punkt: Die Verlegung von Glasfaser in jedes Dorf. „Wir haben ein 22-Millionen-Projekt auf die Schiene gebracht, bis Ende 2021 werden alle versorgt sein.“ Nun ja. Gewinner im Transformationsprozess kann der Vogelsberg 4.1 damit nicht mehr werden. Zu spät. Und wer das Bier und vor allem den Roboter bezahlt, der ersteres demnächst aus dem Keller holen soll, verrät er uns auch nicht.

  2. Wer glaubt denn diesem Kreisankündigungskasperl noch? Hundertmal von ihm persönlich versprochen und nichts ist passiert. Denken der und seine Abnicker von SPD und CDU denn die Leute sind so blöd das sie nicht merken, wie sie hier seit Jahren verkaspert und vertröstet werden? Heute ist Fakt, dass der Vogelsberg techologisch abgehängt ist und immer bleiben wird. Dem roten Märchenonkel mit der miesen Leistungsbilanz und seinen unfähigen Vasallen sei dank.

    1. Jaja immer das selbe gelaber wir hier im Oberwald haben sicherlich nicht bis 2021 hier schnelleres inet

  3. und dann ist wieder für die nächsten Jahrzehnte ruhe…..da es sich aber um Vectoring handel ist bei 250mbit schluss, also hängt der Vogelsberg wieder hinterher. Warum wurde und wird nicht gleich richtig ausgebaut???? Hauptsache sich feiern lassen für alte Technik

    1. Das kommt davon, wenn man einen ehemaligen Telekom-„Ingenieur“ zum Landrat einer schwarz-roten GroKo wählt, der dann auf Druck der CDU-Landesregierung auf das Angebot des ehemaligen Staatskonzerns eingeht, nun doch den Vogelsberg mit „schnellem Internet“ à la Kupfer-Breitband und Vectoring zu versorgen, statt die BIGO-Pläne (https://www.bigo.net/Ueber-BIGO/) weiter zu verfolgen. „Hui!“ schrie die Schnecke, als sie auf einer Schildkröte über den Vulkan ritt. Merke: Die, die ohnehin schon hintendran sind, kriegen auch noch die Ladenhüter angehängt.

      1. Wenn ma keine Ahnung von der Materie hat, sollte man einfach still sein. Aber anonym kann man ja richtig schön motzen

  4. Bis Ende 2021 sollen alle Dörfer im Vogelsbergkreis mit Glasfaser versorgt sein. Wer`s glaubt wird selig.

    1. …bald ist die digitale Transformierung da! Mag ja sein, dass bis Ende 2021 alle Dörfer mit Glasfaser „versorgt“ sind (bis zu irgend einem grauen Kasten jedenfalls). Aber was ist damit denn gewonnen? Ein „Markt der Möglichkeiten“ (hahaha)?
      Zur Erinnerung: Bis 1921 waren alle Vogelsberg-Gemeinden mit elektrischem Strom „versorgt“, aber nur wenige hatten bereits elektrisches Licht in den Wohnstuben. Hausanschlüsse mit frischem Quellwasser gab es sogar schon ab Mitte des 19. Jahrhunderts (für die Reichen!)! Aber ab wann gab es überall „fließend kaltes und warmes Wasser“ bzw. Toiletten mit Wasserspülung?
      Mittlerweile dämmert es doch nicht nur irgendwelchen Zukunftsforschern: Fortschritt hat immer auch eine Kehrseite oder bleibt nie ungetrübt erhalten. Wer die sozialen Kosten der digitalen Transformation bezahlt (mein Tipp: mal wieder der kleine Mann höchstselbst!), darf nicht einfach offen gelassen werden (siehe bedingungsloses Grundeinkommen, Kindergrundsicherung usw.!). Und die ausreichende Strom- und Wasserversorgung sind doch mittlerweile schon wieder in Frage gestellt durch Klimawandel und Probleme bei der Energiewende!

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