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"SPD und Freunde" beschäftigten sich mit dem Projekt Leben und Wohnen im AlterGaudl: LuWiA ist Romrods Stuttgart 21

ROMROD (tsz). Ohne Mieter steht das umstrittene Bauprojekt LuWiA weiter auf unsicherem Boden. Bei vielen Leuten wächst deswegen das Unbehagen: Wie geht es mit dem Projekt auf dem Gelände des alten Forsthauses weiter – ist ein neuer Mieter in Sicht? Mit diesen Fragen beschäftigte sich der Fraktionsvorsitzende der SPD, Jörg Gaudl, bei einem Treffen der „SPD und Freunde“.

Knapp 30 Leute zog es hinter die Mauern am kleinen Museumsufer zur Diskussionsveranstaltung der SPD über das Bauprojekt Leben und Wohnen im Alter. „Das Projekt LuWiA hat mich beinahe bisher meine ganze politische Laufbahn hier begleitet“, erzählt Gaudl während seiner Begrüßungsrede. Das Ziel des Abends: Den Leuten einen Überblick über das Projekt aus Sicht der SPD geben – und eine Möglichkeit, sich darüber auszutauschen. Denn in der Kommunikation über das Vorhaben, so Gaudl, sei einiges schief gelaufen.

Bereits an dieser Stelle gab es den ersten Schuss gegen die CDU, auf welchen im Laufe des Abends noch einige folgen sollten. „Die Meinung wird eben nicht kundgetan durch Leute wie unsere Bürgermeisterin, durch Leute wie unseren Stadtverordnetenvorsteher, die es entsprechend ablehnen, eine öffentliche Veranstaltung zu machen“, kommentierte Gaudl. Erst in der vergangenen Woche war es in der Stadtverordnetenversammlung zu einem Eklat zwischen Gaudl und dem Stadtverodnetenvorsteher Udo Kornmann gekommen, bei welchem letzter Gaudl zum Rücktritt aufforderte.

Mietvertrag nicht böswillig geplatzt

Ein großes Gesprächsthema des Abends war dabei der inzwischen geplatzte Mietvertrag zwischen der SozioVita gGmbH und der Stadt Romrod. Bürgermeisterin Richtberg betont, dass die Kündigung im Dezember für sie völlig überraschend gekommen sei.  Dabei kritisierte Gaudl, dass bereits nach der Grundsteinlegung Mitte 2017 eine Absicht SozioVitas bestanden habe, einen neuen Vertrag auszuhandeln, hätten sich doch die Rahmenbedingungen des bestehenden Vertrages geändert. Dabei habe die Leiterin von SozioVita, Katja Diehl, angemerkt, dass dies und die letztendliche Kündigung des Vertrags nicht deswegen erfolgt sei, um das Projekt „an die Wand zu fahren“, sagte Gaudl. SozioVita hatte erklärt, den Vertrag gekündigt zu haben, um mit der Stadt nachverhandeln zu können. Die Stadt lehnte derartige Gespräche jedoch ab.

Die Entwicklung des LuWiA-Projekts wurde skeptisch hinterfragt.

Dabei sei der Vertrag am Ende an Kleinigkeiten gescheitert, welche der SPD nach bereits weit im Vorfeld hätten geregelt werden müssen. Dabei machte sich auch Unmut darüber breit, dass circa 22.000 Euro an Rechtskosten für die Verträge angefallen seien, die in den Augen der Mitglieder jedoch nicht die erhoffte Qualität geliefert hätten. Mit anderen Worten: Die Mitglieder monierten, dass viel Geld für Anwälte ausgegeben wurde, der Mietvertrag am Ende jedoch trotzdem platzte.

Wie sollte es weitergehen?

Die Stadt hat mittlerweile eine offizielle Ausschreibung nach einem neuen Mieter gestartet. „Ich würde mir sehr wünschen, dass die AWO sich in das Projekt einklinkt“, sagte Gaudl. Bürgermeisterin Richtberg sprach bei der jüngsten Stadtverordnetenversammlung davon, dass es fünf Interessenten für das Wohnprojekt gebe. Die CDU-Politikern lehnte es jedoch ab, die Namen dieser angeblichen Interessenten offenzulegen. Bei dem SPD-Abend war man sich auch deswegen nicht sicher, ob man die Aussage über die potenziellen Interessenten als „Luftnummer“ ansehen oder ernst nehmen sollte.

Was die Finanzierung des Projektes betreffe, sagte Gaudl, müsse man damit rechnen, dass die Stadt einen Teil der Kosten übernehmen müsse und dabei die Rücklagen der Vorgänger Richtsbergs weiter anzapfen müsse.

Zudem sei man bei der Planung des Projektes zu naiv gewesen, da man keinen Plan B entwickelt habe, sollte es zu einer Kündigung des Vertrags kommen, wie nun passiert sei, kritisierte Gaudl.

„Wir müssen alle an einem Strang ziehen“

Trotzdem zeigt sich die SPD dem Projekt gegenüber offen. Dabei betonte Gaudl, dass man nun vorneweg gehen und offen über LuWia reden müsse. Die Mitglieder stimmten dem zu. „Die Bürgermeisterin wird noch ihr Fett weg bekommen, aber in diesem Moment müssen wir sie mit allen Mitteln unterstützen“, sagte Gaudl. Man müsse das Projekt nun zum Laufen bringen, worauf aus der Reihen der Zuhörer der Zusatz geflogen kam, dass es nun darum gehe, den Schaden zu minimieren.

Versteckte Kosten durch Rückzahlung? Ein Auszug aus der Haushaltsvorstellung von der vergangenen Stadtverordnetenversammlung.

Am Ende des Abends hatte man eines geschafft: Mehr Transparenz aus Sicht der Opposition über die Entscheidungen, die während der Vergangenheit in der Projektplanung gefallen sind, auch wenn diese für viele der Anwesenden nicht immer verständlich waren. Dennoch gelte es nun, das Projekt LuWiA zu einem sicheren Abschluss zu bringen, damit es sich nicht weiter zu einer Romröder Version von Stuttgart 21 entwickle. „Ich bin mir aber auch sicher, wenn wir jetzt alle an einem Strang ziehen, dann kriegen wir vielleicht nicht das tollste Altersheim da hin, aber dann kriegen wir ein schönes Haus da hin“, schloss Gaudl die Abendveranstaltung, gefolgt und regem Applaus.

4 Gedanken zu “Gaudl: LuWiA ist Romrods Stuttgart 21

  1. „Dabei betonte Gaudl, dass man nun vorneweg gehen und offen über LuWia reden müsse.“
    Da fragt sich der interessierte Betrachter doch zunächst mal, wo die SPD-Opposition im Stadtparlament denn bisher unterwegs war? Und wie hat man denn bisher über LuWiA geredet, wenn nicht offen? Was wusste die SPD denn – etwa zum Thema Kostenentwicklung, Planungsfehler usw. -, was den Romröder Bürgern bislang vorenthalten wurde?
    „Man müsse das Projekt nun zum Laufen bringen“, heißt es, indem „jetzt alle an einem Strang ziehen“. Das klingt dynamischer als es sich in der Realität darstellen dürfte. Denn „dass es nun darum gehe, den Schaden zu minimieren“, wie aus den Reihen der Zuhörer verlautete, ist kein Konzept, mit dem man „vorneweg gehen“ und das Konzept umsetzen könnte, mit dem für LuWiA getrommelt wurde. So könnte auch ein Konkursverwalter seine Aufgaben beschreiben.
    Das Thema LuWiA, so der SPD-Fraktionsvorsitzende, habe ihn während seiner gesamten politischen Laufbahn begleitet. Da dürften wohl einige Jährchen zusammen kommen. Und erst jetzt sieht man sich genötigt, einen Info-Abend zu veranstalten, um „den Leuten [gemeint und erschienen sind offensichtlich aber nur die eigenen!] einen Überblick über das Projekt aus Sicht der SPD [zu] geben“ und „sich darüber auszutauschen“? Da scheint nicht nur „in der Kommunikation über das Vorhaben […] einiges schief gelaufen“ zu sein.

  2. …aber wofür?
    Erst der Vergleich mit Stuttgart 21 – in jeder Beziehung ein Supergau (vgl. https://www.youtube.com/watch?v=V49b13fYFik) – dann aber die wachsweiche „Wenn-alle-an-einem-Strang-ziehen“-Nummer. Gaudi mit Gaudl. Typisch SPD. So haben die Sozen schon den Arbeitsmarkt „reformiert“, die Finanzmärkte „gebändigt“, die Bankenkrise „bewältigt“, die Kosten der Hamburger Elbphilharmonie „in den Griff bekommen“ und bei Berlin einen ganz, ganz tollen Flughafen gebaut. Und immer ist der „kleine Mann“ am Ende noch ärmer geworden. Wie jetzt auch der „kleine Romröder“.
    Da bleibt ein immer größerer „Rest“ der explodierenden Baukosten an der Gemeinde hängen, Planungsbüros und Anwaltskanzleien verdienen sich goldene Nasen, ohne dafür was zu leisten, ein potenter Betreiber ist abgesprungen, das gesamte Projekt hängt in der Luft. Aber wenn nur alle am selben Strang ziehen (https://img.wp.de/img/archiv-daten/crop12141385/3072604156-w820-cv16_9-q85/117268288-393.jpg) wird alles gut, „dann kriegen wir vielleicht nicht das tollste Altersheim da hin, aber dann kriegen wir ein schönes Haus da hin“. Das klingt wie das Orakel von Delphi. Ich höre immer nur „dahin, dahin“. Dahin sind die hochfliegenden Pläne von alternativem Wohnen im Alter. Und das Projekt „LuWiA“ scheint mittlerweile seinen Sinn in sich selbst zu finden wie der Stuttgarter Bahnhof ohne Schienen- und der Flughafen Berlin-Brandenburg ohne Flugverkehr. Ein „Altersheim“ sollte es doch gerade nicht werden. Und ein „schönes Haus“ hätte man billiger haben können.

    1. …ist auch keine Lösung. Wenn „alle an einem Strang ziehen“ heißt das nicht, dass es vorwärts geht. Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass beim Tauziehen immer nur eine Mannschaft fotografiert wird, wie sie zieht, ackert, sich in den ruinierten Rasen stemmt? Nicht mit auf dem Foto ist in 99 Prozent der Fälle die zweite Mannschaft, die zwar am selben Strang zieht, nur leider in die entgegengesetzte Richtung. Zum Info-Abend sind nur SPD-Mitglieder und -Anhänger („Freunde“) eingeladen gewesen. Die andere Hälfte der Romröder Bürger nicht. Da kann man sich den zukünftigen „Seilkampf“ vorstellen, sobald es um Fragen der Verantwortung und darum geht, wie man den ganzen Schlamassel denn nun bezahlt.

      1. Ja, Seilkampf! Das wäre doch die Alternative zu diesen öden kommunalpolitischen Auseinandersetzungen. Ich werd‘ ganz wuschig bei dem Gedanken. Da werden nicht irgendwelche Zettel hoch gehalten oder anonym verschickt. Da trägt man die Sachfragen mit Muskelkraft aus (das schont die ohnehin nicht allzu sehr strapazierten Gehirne bei Politikern und Wählern), da johlen die Zuschauerinnen frenetisch und wogen, je nach Kampfkraft der wackeren Kämpen mal nach rechts, mal nach links und betupfen des Siegers schwellenden Bizeps und schweißnasse Stirn, während ihre bebenden Nüstern den Duft der Anstrengung ansaugen. Hach, Kommunalpolitik könnte so schön sein und so klar und so anschaulich! Fast wie bei den oalten Rittersleut‘ im einstigen Rumerode.

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