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Auch die Schulen freier Träger profitieren von der Initiative des Landkreises zum Anschluss ans „High-Speed-Netz“Glasfaser ermöglicht den Unterricht der Zukunft

GIEßEN (ol). Statt Kreidetafel und Schwamm sind Active Board und Tablet-PC angesagt: Das Lernen an den Schulen ist längst interaktiv, der Unterricht wird zunehmend digital. Glasfaserverbindungen bis ins Schulgebäude sind die Voraussetzung: Der Landkreis Gießen bindet seine eigenen Schulen ans „Turbo-Netz“ an, bietet die Möglichkeit aber auch für die Schulen anderer Träger. Die Vorbereitungen für den Ausbau laufen.

Naturwissenschaftsunterricht modern: Was das Mikroskop zeigt, gelangt per Datenverbindung auf das große Active Board hinter dem Lehrertisch, von dort direkt auf Tablet-PCs der Schüler, heißt es in der Pressemitteilung des Landkreis Gießen. Das Ganze sei ein Beispiel dafür, wie Schulen mit moderner Ausstattung Lerninhalte vermitteln können. Die Sophie-Scholl-Schule in Gießen nutzt regelmäßig Computer in nahezu allen Unterrichtsarten, wie Schulleiterin Annegret Roggenkamp berichtet. Die Einrichtung, die über eine gemeinnützige GmbH von der Lebenshilfe Gießen getragen wird, wird von der Initiative des Landkreises für die Glasfaseranbindung der Schulen profitieren.

Alle Schulen sollen versorgt werden

„Wir wollen alle Schulen versorgen, auch die der freien Träger“, betont Landrätin Anita Schneider. Sie hat sich jetzt vor Ort darüber informiert, wie die Sophie-Scholl-Schule von der Initiative des Landkreises Gießen profitiert. Mehr als 200 Kinder und Jugendliche besuchen die inklusive Schule. In gemischten Jahrgängen begegnen sich Schülerinnen und Schüler mit und ohne Förderbedarf in Gemeinschaft. „Lernen in Vielfalt“, dieses Motto hat sich die Schule gegeben, die unter anderem das Gütesiegel Hochbegabung trägt.

2. Active Board statt Kreidetafel: Landrätin Anita Schneider (2.v.l.) erfährt im Naturwissenschaftsraum Details zum digitalen Unterricht von Schulleiterin Annegret Roggenkamp (v. l.), dem Geschäftsführer der Sophie-Scholl-Schule gGmbH, Magnus Schneider, und Lebenshilfe-Vorstand Dirk Oßwald. Foto: Landkreis Gießen

Dass die Lebenshilfe als Träger das Angebot des Landkreises Gießen nutzt und die Sophie-Scholl-Schule für den Glasfaserausbau anmeldet, war für Lebenshilfe-Vorstand Dirk Oßwald selbstverständlich: „Wir danken dem Landkreis, dass er die Initiative ergriffen hat. Für uns ist das ein Riesengewinn.“ Dem stimmt auch Magnus Schneider, Geschäftsführer der gGmbH der Sophie-Scholl-Schule zu. Schon jetzt nutzten die Schüler regelmäßig Online-Lernprogramme und –Bibliotheken. Etwa 100 Laptops und PCs stehen ihnen zur Verfügung. Die Verbesserung der Bandbreite komme auch der Datenverwaltung der Lehrkräfte der Schule zugute, die zwei Standorte an der Grünberger und Rödgener Straße hat.

Glasfaser unverzichtbar für künftige Lernmethoden

„Leistungsfähige Datenanbindungen sind unverzichtbar für künftige Lernmethoden“, sagt Landrätin Anita Schneider. Die Glasfaseranbindung der Schulen sei ein wichtiger Bestandteil der dritten Breitband-Ausbauphase im Landkreis. Insgesamt erwarte der Landkreis dabei rund 6,3 Millionen Euro Fördermittel des Bundes und zwei Millionen Euro des Landes Hessen, um alle verbliebenen Lücken zu schließen. Nur noch etwa ein Prozent aller Haushalte ist bislang noch nicht versorgt. Dank der dritten Ausbauphase profitieren bald auch diese Haushalte von Breitband-Internet. Weitere Zuschüsse könnten aus EU-Mitteln für die Stärkung des ländlichen Raums fließen. Insgesamt sei eine Förderung von 60 bis 70 Prozent der Gesamtkosten zu erwarten, erklärt Landrätin Anita Schneider.

Für die Glasfaseranbindung seiner Schulen zahle der Landkreis die nicht durch die Förderung gedeckten Summen aus eigenen Mitteln. Nutzen andere Träger die Initiative für den Breitbandanschluss – so wie die Lebenshilfe – übernehmen sie die jeweilige Co-Finanzierung. „Ohne den Landkreis wären wir jedoch kaum in der Lage, von der Förderung zu profitieren“, freut sich Lebenshilfe-Vorstand Dirk Oßwald.

Die Arbeiten für den Ausbau des Glasfasernetzes werden in Kürze ausgeschrieben. Werden Glasfaserstränge zu den Schulen verlegt, sollen davon nach Möglichkeit auch umliegende Privathaushalte, Unternehmen und Einrichtungen profitieren, die sich an die neue Datenverbindung „hängen“ könnten. „Wir hoffen auf Mitnahme-Effekte“, betont Landrätin Anita Schneider. Die Anbindung der Schulen im Landkreis wird nach einer Prioritätenliste erfolgen: Zunächst werden voraussichtlich die weiterführenden Schulen berücksichtigt, danach alle weiteren.

Hintergrund:

Die Anbindung der Schulen im Landkreis Gießen ans Glasfasernetz sei Bestandteil der von Bund und Land geförderten dritten Breitband-Ausbauphase mit einem Investitionsvolumen von rund 12,5 Millionen Euro. Der Landkreis Gießen und weitere Partner hatten 2011 mit der Gründung der Breitband Gießen GmbH den Ausbau gestartet und in der ersten Phase bis 2016 ausschließlich mit eigenen Mitteln rund die Hälfte aller Haushalte im Landkreis Gießen mit Breitband-Internet versorgt. Nach Abschluss der Ausbauphase zwei im August dieses Jahres verfügen 99 Prozent aller Haushalte im Landkreis über Datenverbindungen von 30 MBit pro Sekunde oder mehr. Weitere Informationen gibt es im Internet.

5 Gedanken zu “Glasfaser ermöglicht den Unterricht der Zukunft

  1. Moderne Technik kann im Unterricht nur etwas bringen, wenn der Lehrkörper auch die entsprechende Ausbildung hat. Also zum Beispiel wie wird ein Programm entstehen und wie wird eine App geschrieben. Was gibt es für Programmiersprachen und für welche ANWENDUNGEN SIND SIE GEEIGNET. Nur so kann in Deutschland eine Wissensgesellschaft entstehen, die in Zukunft in der Lage ist Roboter und Internetseiten zu programmieren. Natürlich sind die Softwarefirmen, wie Microsoft daran interessiert kostenlos Programme für Schulen zur Verfügung zu stellen, damit die Kinder mit der Software später umgehen können.
    Doch auch da ist Vorsicht geboten, weil es auch noch Google, SAP und sehr viele andere Hersteller gibt.
    Lernprogramme können dabei auch eine Hilfe sein, sind aber mit Sicherheit kein Allheilmittel um Lernschwierigkeiten zu beseitigen.

    1. Beim Thema Bildung fließt ja zumeist der politische Sachverstand aus der ganzen Breite der Gesellschaft ein. Die Statistiker erklären uns, dass die fehlenden Lehrer rein nach den Zahlen ja doch irgendwie da wären. Und die Bundesministerin für Banken, Hotelerie, Bildung und Forschung im Kabinett Merkel (Hartz) IV, Anja Maria-Antonia Karliczek, die ohne ihren Alltours besser nichts sagen würde, erklärt uns den Unterschied zwischen flächendeckender Milchversorgung und flächendeckendem Anschluss der Schulen ans schnelle Internet. Derweil fragen sich nicht nur die SchülerInnen der Bruder-Klaus-Grundschule Brochterbeck (heute Teil des Schulverbunds Teutoburger-Wald-Grundschule), die einst Karliczek mit großem Gewinn besucht hat, was denn überhaupt eine Milchkanne sei. Sollte nicht analog vor digital rangieren?

  2. Vollkommen richtig. Mit jeder neuen Technologie tauchten immer „neue Didaktiken“ auf, hinter denen regelmäßig die Lehrmittelindustrie steckte. Erinnere mich noch lebhaft des Buheis um das „Sprachlabor“ in den 1960er/1970er Jahren. Doch die formale Qualifikation der Schüler wurden ständig geringer, die Anforderungen für höhere Schulabschlüsse immer mehr abgesenkt, damit die Bundesländer im Wettbewerb ihrer duodezfürstlichen Bildungssysteme hohe Abiturientenquoten vorweisen konnten.
    Ich erinnere mich allerdings auch der vorsintflutlichen Vervielfältigungs-technik mit per Hand (Schreibmaschine) auf sog. „Matrizen“ übertragenen Texten und unter beißenden Gerüchen hergestellten „Umdrucken“. Welch eine Verschwendung von Zeit und Material. Dann folgte die „Revolution“ der Kopierautomaten, die allerdings bald in der Beschränkung des Kopier-Etats der Schulen ihr Ende fand und den Lehrer zum Einsammler von Centbeträgen für das ausgeteilte Unterrichtsmaterial degradierte.
    Gemessen an dem sind natürlich Internet, Interaktives Whiteboard und Peer-to-Peer-Communication über Schülertablets Quantensprünge in der Unterrichtstechnologie wie in der hierdurch möglichen Qualität des Informationsangebots. Doch es bleiben Hilfsmittel des Unterrichts, die keine eigenständige Didaktik darstellen. Anders ausgedrückt: Selbst mit den modernsten Unterrichtsmedien ist schlechter Unterricht weiterhin möglich. Aber guter Unterricht wird ganz wesentlich erleichtert. Wenn man was von Didaktik versteht.

  3. „Leistungsfähige Datenanbindungen sind unverzichtbar für künftige Lernmethoden“, sagt Landrätin Anita Schneider.
    Im Zusammenhang mit der Anbindung von Schulen an ein schnelles Datennetz wird oft von neuen Lernmethoden gesprochen. Der Lernvorgang selbst wird aber durch den verbesserten Zugang zu den auf der Welt verfügbaren Informationen kein grundsätzlich anderer. Er wird allerdings um ein Vielfaches komplexer und anspruchsvoller, aber auch anregender.
    Was sich durch Datenzugang und digitale Unterrichtsmedien wirklich verbessern lässt, ist die LEHRE! Durch die direkte Verbindung jedes einzelnen Schülers mit dem Lehrer über ein Klassen-Netz kann dieser wesentlich individueller auf jede(n) einzelne(n) Lernende(n) eingehen. Voraussetzung sind aber differenzierte Lernprogramme, die den Schüler zwar da abholen, wo er steht, aber schrittweise auch an den Durchschnitt der Klasse heranführen müssen.

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