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Für mehr Sicherheit im Alter: Präventionskampagne "Senioren sind auf Zack" im Alsfelder Rambachhaus„Aus Schamgefühl erstatten die meisten Opfer keine Anzeige“

ALSFELD (akr). Sie ist nicht neu, doch teilweise immer noch erfolgreich – die Masche des Enkeltrick-Betrugs. Immer wieder schickt die Polizei Meldungen wie „Falsche Polizisten ergaunern Geld“ oder „Telefonbetrüger hatte Erfolg“. Ein Fall aus dem letzten Jahr in Fulda war ein ausschlaggebender Punkt, etwas gegen den Telefonbetrug zu unternehmen: Mit dem Präventionsprojekt „Senioren sind auf Zack“ versucht das Polizeipräsidiums Osthessen, mehr Sicherheit im Alter zu gewähren.

„Das Entdeckungsrisiko ist sehr gering, das macht es für Telefonbetrüger attraktiv“, sagte der Polizeipräsident vom Polizeipräsidium Osthessen, Günther Voß bei der Veranstaltung im Alsfelder Rambachhaus. Gemeinsam mit dem Chef der Kriminalpolizei im Polizeipräsidium Osthessen, Kriminaloberrat Daniel Muth, dem Polizeihauptkommissar Jörg Stein aus Alsfeld und Landrat Manfred Görig informierte er in einer Expertenrunde über die Präventionskampagne „Senioren sind auf Zack“.

Immer häufiger versuchen Betrüger, Geldbeträge und Wertsachen zu ergaunern – überwiegend von Senioren. Im Telefonbuch oder im Internet suchen die Anrufer nach Namen, die Deutsch klingen und nach Telefonnummern, die nur aus vier Ziffern bestehen. Das deutet nämlich darauf hin, dass es sich um einen alten Festnetzanschluss handelt und der womöglich einer älteren Person gehört.

Polizeipräsident Günther Voß stellte die Kampagne vor. Alle Fotos: akr

Die Betrüger rufen die Personen an und versuchen sich mit den unterschiedlichsten Maschen, sei es, dass sie sich als Enkelkind in Not oder als Beschützer ausgeben, der die Senioren warnen will, weil angeblich jemand an ihr Geld möchte. Es kommt auch oft genug vor, dass sich die Anrufer als „falsche Polizisten“ ausgeben. Auf dem Display kann dann sogar die 110 erscheinen. „Die richtige Polizei ruft nie jemanden von der 110 an und wir als Polizisten werden niemals jemanden um Geld bitten“, hob Muth hevor. „Die Telefonate können übrigens mehrere Tage, mehrere Stunden andauern“, sagte der Kriminaloberrat. So schleichen sich die Täter in das Vertrauen älterer Menschen ein.

Telefonbetrüger ergaunerte 260.000 Euro

So war es auch bei dem Fall, der für Voß neben dem hohen Anteil älterer Menschen in der Gesellschaft, ein ausschlaggebender Punkt war. Im vergangenen Jahr ergaunerte ein Telefonbetrüger 260.000 Euro von einer Seniorin aus Fulda. Er machte ihr weiß, die Polizei hätte bei einer Durchsuchung einen Zettel gefunden, auf dem ihr Name stand. Sie sollte Angst um ihr Vermögen haben. Der Anrufer erschlich sich ihr Vertrauen und die Dame übergab ihm Bargeld und Wertgegenstände in Höhe von 260.000 Euro. „Viele von uns glauben, wir können keine Opfer von Straftaten werden“, sagte Muth. Und damit hatte er Recht, denn die meisten der anwesenden Senioren waren der Ansicht, dass sie auf so eine Masche nicht reinfallen würden.

Kriminaloberrat Daniel Muth ging auf die Betrugsfälle im Vogelsberg ein.

„Mir würde so etwas nicht passieren, bei Anrufen bin ich sehr vorsichtig. Ich kann nicht verstehen, wie das funktioniert“, sagte die Besucherin Waltraud Fabian. Auch die Seniorin Rosemarie Raidl würde ihrer Meinung nach nicht drauf reinfallen: „Ich bin zwar alt, aber nicht blöd. Wenn es um Geld geht, da dreh ich den Hahn zu“. Vor kurzem habe jemand bei ihr angerufen, der ihr weiß machen wollte, dass sie einen BMW gewonnen hätte. „Da habe ich einfach gesagt: Tut mir leid, aber ich habe schon zwei und habe aufgelegt“, erzählte die Seniorin stolz.

Sie war in Begleitung ihrer Bekannten erschienen. Ihre Freundin gab zu, vor zwei Jahren auf einen Telefonbetrüger reingefallen zu sein. Mehr wollte sie allerdings nicht dazu sagen, außer, dass ihr das definitiv nicht mehr passieren wird. „Wenn ich jetzt seltsame Anrufe erhalte, dann puste ich mit meiner Trillerpfeife ins Ohr, der wird dann so schnell nicht mehr anrufen“, lachte die Rentnerin.

Nur wenige Fälle werden angezeigt

Doch sie ist nicht die einzige. Jährlich werden in Osthessen rund 100 Fälle gemeldet. Dabei handelt es sich aber nur um die, die auch angezeigt wurden, erklärte der Kriminaloberrat Muth. „Die Betrugsform ist weiter auf dem Vormarsch“, sagte Voß, der sich sicher war, dass die Dunkelziffer weitaus höher ausfällt. Aus Schamgefühl erstatten die meisten Opfer aber keine Anzeige. Der Polizeipräsident rät, sich unbedingt bei der Polizei zu melden, wenn einem Anrufe komisch vorkommen.

Die Gäste lauschten den Ausführungen der Experten.

Doch „Senioren sind auf Zack“ umfasst nicht nur die Kriminalprävention im Bereich Trickbetrüger – sei es im Telefon oder im Internet. Ein wichtiger Punkt ist auch die Sicherheit im Straßenverkehr. 2017 wurden im Vogelsberg rund 2500 Verkehrsunfälle verzeichnet, 420 davon sind mit Seniorenbeteiligung, sei es als Verursacher oder Opfer. „Körperliche Einschränkungen sind die häufigsten Ursachen für die Unfälle“, erklärte Jörg Stein.

Das Hör- und Sehvermögen lässt im Alter nach und auch die Bewegungen werden immer eingeschränkter. Viele Senioren können nicht richtig einschätzen, ob sie noch in der Verfassung sind, Auto zu fahren. Aus dem Grund wurden für die Teilnehmer der „Markt der Sicherheit“ mit verschiedene Stationen aufgebaut, wo sie beispielsweise einen Seh- und Hörtest machen oder ihre Reaktionszeit testen konnten. „Wir fahren gerne Auto und wollten einfach mal gucken, wie fit wir noch sind“, begründete ein Ehepaar ihre Anwesenheit.

Und die beiden freuten sich: „Alle Tests haben wir bestanden, wir dürfen also weiter Auto fahren.“ An die Expertenrunde und den“Markt der Sicherheit“ schlossen sich dann Vorträge zu den Themen „Sicherheit im Internet“, „Betrügern keine Chance geben“ und „Gut informiert im Verbraucheralltag“ an.

Weitere Eindrücke von der Veranstaltung im Rambachhaus gibt es hier:

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