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ALA-Fraktion will gegebenenfalls Abstimmung der Bürger unterstützenRiese bringt Bürgerentscheid zu Kita-Neubau ins Gespräch

EXKLUSIV|ALSFELD (jal). Eigentlich sah es so aus, als sei die Frage, wo in Alsfeld eine neue Kita entstehen soll, nach langem hin und her endgültig entschieden. Die jüngste Stadtverordnetenversammlung stimmte für die Feldstraße und gegen den Goethepark als neuen Standort – gegen den Willen vieler Eltern. Doch nun könnte das ganze Spiel von vorne beginnen. Denn Michael Riese, Fraktionsvorsitzender der ALA, bringt einen Bürgerentscheid ins Gespräch, der die Entscheidung der Stavo kippen könnte. 

Riese brachte die Möglichkeit eines solchen Entscheids in einem Kommentar unter einem Meinungsartikel von Oberhessen-live zur Sprache, in dem OL-Volontärin Luisa Stock der Stadt vorwarf, den Eltern bei ihrer Entscheidung zu wenig zugehört zu haben. „Das ist zwar viel Arbeit und es gibt hohe Hürden. Aber so könnten alle Alsfelderinnen und Alsfelder darüber entscheiden, wohin die Kita kommt“, schrieb Riese in einem Post.

Am Telefon bekräftigte der ALA- und Linkenpolitiker gegenüber OL seine Aussage. Seine Fraktion habe sich bereits im Vorfeld über das Thema unterhalten. „Wir werden uns dem nicht verschließen“, sagte Riese.

Zuschauer bei der Stavo. Foto: ls

Zuschauer bei der Stavo. Foto: ls

Es gibt zwei Möglichkeiten, einen Bürgerentscheid auf kommunaler Ebene in Hessen auf den Weg zu bringen. Der erste Weg geht über die Vorstufe eines Bürgerbegehrens. Dafür muss eine bestimmte Anzahl an Unterschriften von Wahlberechtigten zusammenkommen, die für einen Bürgerentscheid sind. Nach Angaben der Stadt sind das in Alsfeld 1279 Namen von Unterstützern. Wie sich die Zahl genau ermitteln lässt, lesen Sie hier.

Die zweite Möglichkeit ist ein so genanntes Vertreterbegehren. Dabei entscheidet die Stavo, einen Bürgerentscheid abhalten zu lassen. Dafür ist eine Zweidrittelmehrheit der gesetzlichen Mitglieder des Stadtparlaments nötig. Da die Alsfelder Stavo aktuell 37 Mitglieder hat, müssten also mindestens 25 dafür stimmen, die Abstimmung für das Volk freizugeben. Die ALA werde einen solchen Antrag in die Stavo einbringen, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass sich eine Bürgerinitiative für das Thema gründet, sagte Riese. „Wir müssen uns sicher sein, dass wir den Rückhalt eines Großteils der Alsfelder haben, sonst ist ein Antrag von uns in der Stavo innerhalb von fünf Minuten abgelehnt“, sagte Riese.

Anforderungen an den Bürgerentscheid an sich

Auch für den eigentlichen Bürgerentscheid selbst gelten bestimmte Anforderungen. So muss beispielsweise eine Frage gestellt werden, die einfach mit Ja oder Nein zu beantworten ist. Oftmals wird daher in solchen Fällen einfach gefragt, ob eine vorherige Entscheidung des Stadtparlaments aufgehoben werden soll oder nicht.

Außerdem gibt es ein Quorum, was erreicht werden muss, damit der Entscheid überhaupt gültig ist. „Es entscheidet die Mehrheit der gültigen Stimmen, die allerdings in Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern mindestens 15 Prozent, in Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern mindestens 20 Prozent und in den sonstigen Gemeinden mindestens 25 Prozent der Stimmberechtigten ausmachen muss“, heißt es auf einer Seite des Landes Hessens dazu. In Alsfeld leben laut Stadt etwa 17.000 Einwohner, rund 12.700 waren bei den letzten Wahlen wahlberechtigt. Heißt also: Etwa 3100 Stimmen muss eine Mehrheit bei einem Bürgerentscheid mindestens erhalten, um gültig zu sein.

Ich halte es für einen rein populistischen Schachzug der ALA, um der Koalition und dem Bürgermeister ‚Bürgerferne‘ vorzuwerfenBürgermeister Paule

Konstanze Knell vom Elternbeirat der Kita Wichelland hat im Namen des Gremiums vor der Stavo-Entscheidung für den Standort Goethepark geworben. Die Mutter signalisierte auf Anfrage von OL Sympathien für einen möglichen Bürgerentscheid, wollte sich aber zunächst noch nicht festlegen. „Wir werden das auf jeden Fall besprechen und uns mit der ALA in Verbindung setzen. Wenn es eine Aussicht auf Erfolg hat und vom Aufwand her machbar ist, werden wir weiter für unser Anliegen kämpfen“, sagte sie.

Bürgermeister Stephan Paule ist gegen einen Bürgerentscheid zu dem Thema. „Das würde den Neubau erheblich verzögern“, sagte er Oberhessen-live. Paule weiter: „Ich halte es für einen rein populistischen Schachzug der ALA, um der Koalition und dem Bürgermeister ‚Bürgerferne‘ vorzuwerfen und sich hinterher aufzuregen, warum der Bau erst so spät erfolgt.“

Grundsätzlich seien Bürgerbegehren und -Entscheide natürlich wichtige Elemente der direkten Demokratie auf kommunaler Ebene. Sie seien zum Beispiel dann sinnvoll, wenn die Politik ein bestimmtes Thema nicht selbst aufgreife. „Das trifft im vorliegenden Fall ja nicht zu“, sagte Paule.

„Alle Argumente hin und her diskutiert“

Alle Argumente seien hin und her diskutiert worden. Die Stadtverordnetenversammlung habe eine Entscheidung getroffen. „Wo kämen wir hin, wenn bei jedem Projekt, bei dem einem das Abstimmungsergebnis nicht passt, ein Bürgerentscheid durchgeführt würde?“, fragt Paule – und schob nach: „Wenn das Bauamt mit konkreten Planungen beginnen würde und dann ein Bürgerentscheid einen anderen Standort zum Ergebnis hätte, wären diese Planungskosten komplett in den Sand gesetzt.“

„Huch“, sagte Dr. Christoph Stüber, Fraktionsvorsitzender der SPD, als er mit dem Vorschlag der ALA von OL konfrontiert wurde. „Das überrascht mich jetzt schon“, sagte er. Das Stadtparlament habe viel diskutiert und am Ende mit doch recht deutlicher Mehrheit entschieden, sagte Stüber. Er halte nichts davon, „für alles eine Bürgerbefragung zu machen“. Er sehe es daher nicht als Aufgabe des Parlaments, einen Bürgerentscheid auf den Weg zu bringen. Doch wenn die Alsfelder selbst genug Unterschriften sammeln und den Beschluss aufheben wollen würden, dann „sei das eben so“.

Stüber hatte bei der Abstimmung für den Standort Feldstraße gestimmt. Er sei überzeugt, dass selbst, sollte es ein Bürgerentscheid geben, es bei dieser Variante bleiben würde. Der sonst drohende Wegfall des Goetheparks, die geringeren Kosten und der bessere Baugrund würden die Alsfelder überzeugen, sagt Stüber. Bei der jüngsten Stavo seien viele Anwohner aus der Goethestraße gewesen. „Die sehen das ganz anders als viele Eltern“, sagt der SPD-Politiker. Schon jetzt könne man nämlich in der Gegend nur sehr schlecht einen Parkplatz finden.

Jetzt sind Sie gefragt: Sind Sie für einen Bürgerentscheid?

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9 Gedanken zu “Riese bringt Bürgerentscheid zu Kita-Neubau ins Gespräch

  1. @anno
    Vielleicht ist es ihnen entgangen, das dies nicht zwangsläufig meine persönliche Meinung ist, sondern ich als Elternbeiratsvorsitzende der Kita Wichtelland die Meinungen und Wünsche aller Eltern vertrete. Ebenso die fünf anderen Mitglieder des Elternbeirats auch! Zudem geht es nicht darum etwas zu verzögern, sondern im Hinblick auf die nächsten 20 Jahre die richtigen Entscheidungen (auch was den Standort betrifft – denn darum ging es in den Informationsveranstaltungen) zu treffen. Es ist richtig, dass wir aktuell für unsere Kinder einen Platz haben – das heißt aber noch lange nicht, dass es uns zukünftig nicht mehr betreffen wird. Gerne weise ich sie noch darauf hin, das sie einen Rechtsanspruch auf die Kinderbetreuung haben, von dem sie jederzeit Gebrauch machen können und dies bei der Stadt Alsfeld einfordern.
    P.s. Die Situation bei uns in Alsfeld ist im Vergleich zu vielen anderen Städten eine der unkompliziertesten und günstigsten im Vergleich. Noch ist es hier nicht üblich, sich zu Beginn der SS gegen eine utopische Summe auf eine lange Warteliste setzten zu lassen. Dies sollte man sich stets vor Augen führen, bevor man sich beschwert.

  2. @ Anno,ich kann ihnen da nur Recht geben.

    In ihrem Text ist unser größtes Problem versteckt, was viel bedeutungsvoller ist, als das Thema Planung.

    Eine Familie muss in der Lage sein auch mit einem Verdiener ein Kind groß zu ziehen. Wir haben drei Kinder Mitte 80 bis Mitte 90 geboren. Ich war immer stolz darauf, dass meine Frau nie arbeiten musste und mein Gehalt ausgereicht hat die Familie zu ernähren. Ich schreibe bewusst ernähren, große Sprünge waren nicht drin war aber auch egal. Aber auch schon in diesen Jahren musste das Kind schon mit der Geburt für einen Kindergartenplatz angemeldet werden.

    Handwerk: Ausgelernt, Geselle, 20 Jahre, Stundenlohn 11,00 Euro. 1100 bzw. 1200 Euro, wer soll damit eine Familie ernähren?

    Ein Bürgerentscheid bringt am Ende nicht mehr das gewünschte Ergebnis, da warscheinlich viele Bürger genervt sind von dieser Diskussion und für Feldstrasse stimmen.

    Hätte man Eltern, Erzieher und diverse Planer von Beginn an eingebunden würden wir diese Diskussion nicht führen. Bitte liebe Politik, schreibt nicht ihr hättet! Ich habe Erzieher gefragt und die Antwort war immer gleich „Unser Meinung ist nicht gefragt!“

  3. Wir haben es selber erlebt, wenn man dirket nach der Geburt (2017) seines Kindes eine Termin in der Kita hat und sein Kind dort für die U3-Betreuung anmelden möchte und gesagt bekommt das Jahr (2018) wird das nichts, vielleicht nächstes (2019), ist das ein Schock und man fragt sich was nun!?

    Wir waren daher sehr erleichtert als es hieß es ist eine Entscheidung gefallen und es gibt endlich eine neue Kita. Zwar wird dies uns für dieses Kind nichts bringen, aber gewiss anderen werdenen Eltern, denen dies vielleicht erspart bleiben würde und sie eher einen Platz bekommen würden, wenn der Bau fertig wäre. Sollte es nun zu einem Bürgerentscheid kommen, würde dies bedeuten das der Bau sich wieder um unbekannte Zeit nach hinten verschieben würde. Dies finde ich gegenüber vieler Eltern besonders werdender Eltern unfair! Viele können es sich in der heutigen Zeit, in der freien Wirtschaft gar nicht mehr erlauben 3 Jahre zuhause zu bleiben, bis das Kind in den Kindergarten geht. Daher wäre es meiner Meinung nach daran, das der Bau der Kita möglichst bald anfängt und nicht durch sowas nun verzögert wird. Das sollten sich Frau Knell und die anderen Eltern auch mal vor Augen führen, da sie ja für ihr Kind/ihre Kinder einen Betreuungsplatz haben.

    Davon abgesehen wurde dieses Thema (U3-Betreuungsplätze) sowieso viel zu spät angegangen(schon durch vorherigen Bürgermeister). Wenn der Bedarf steigt, was ich auch anhand länger werdender Wartelisten sehe, muss ich nunmal auch handeln! Dann wären wir vielleicht nicht in der Situation!

  4. Mit den rund 3 Millionen hätten auch die Grundsteuern gesenkt-oder andere Begehlichkeiten gedeckelt werden können…ob jetzt Göthepark oder Feldstraße…hier haben sie Stadtverordneten sich für die Zukunft & Kinder entschieden…weiter so☺☺☺..und wer mitreden – und mitgestalten will ist sicherlich in dem zu gründenden Arbeitskreis herzlich willkommen….

  5. Bei der CDU/UWA bricht die Panik aus! Demokratie ist super aber Bürgerbefragung/ Bürgerbeteiligung nur in der Agenda!

  6. Ich habe die Stadtverordnetenversammlung und Abstimmung live miterlebt. Es sind Argumente von beiden Seiten vorgetragen worden und die Entscheidung ist so gefallen, dass auf die Bürger in Alsfeld und Ortsteile geringere Baukosten zukommen und der Stadtpark nicht zubetoniert wird und im oberen Bereich der Goethestraße kein Verkehrsinfarkt droht. Ich kann es nicht fassen, dass Herr Riese jetzt die Entscheidung kippen will und damit den Bau verzögert und zusätzliche Verwaltungskosten für die Abwicklung des Verfahrens in Kauf nimmt.

  7. Ganz gleich, ob es zu einem Bürgerentscheid und dem Ergebnis kommen sollte, dass der Kita-Standort geändert wird, hat die jetzt einsetzende Diskussion doch ihren Wert in sich. Es ist wichtig, den Bürgern ihre Möglichkeiten der Einflussnahme deutlich zu machen. Klar ist auch, dass es unterschiedliche Formen der Betroffenheit gibt. Für die Eltern der Kita-Kinder haben die Standortbedingungen der neuen Einrichtung einen besonders hohen Stellenwert. Dies sollte ihnen zugestanden werden und auch BürgerInnen, die hier nicht unmittelbar involviert sind, könnten dies durch ihre Unterstützung zum Ausdruck bringen. Ein Gewinn für die Demokratie ist die neu aufgeflammte Diskussion allemal. Es geht hierbei ja nicht um Sand im Getriebe oder eine Korrektur aller Entscheidungen der Stadtverordnetenversammlung, sondern um einen konkreten Einzelfall, indem die hauptsächlich Betroffenen offensichtlich das Gefühl haben, übergangen worden zu sein.

  8. Riese bringt Bürgerentscheid zu Kita-Neubau ins Gespräch.
    Dann machen wir das doch mal! Mal sehen wer dagegen ist?
    Wenn man bei „Anton“ liest demokratisch und Volksvertreter.Da fällt einem ein. Vor der Wahl ist nicht nach der Wahl. Oder was interessiert mich das Geschwätz von gestern. Also warum kein Bürgerentscheid?

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