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KOMMENTAR zum Ausgang der Landratswahl im VogelsbergDer eigentliche Verlierer ist nicht Friedel Kappes

MEINUNG|VOGELSBERG. SPD-Kandidat Manfred Görig hat die Landratswahl gewonnen. Das war nicht anders zu erwarten. Sein Herausforderer Friedel Kappes war von Anfang an chancenlos. Doch Kappes sollte nicht allzu geknickt sein. Zum einen hat er ein beachtliches Ergebnis eingefahren. Zum anderen sind die eigentlichen Verlierer dieser Wahl andere: Nämlich die Parteien, die im Kreistag vertreten sind und keinen eigenen Kandidaten aufgestellt haben. Ein Kommentar von Juri Auel.

Friedel Kappes dürfte einer der wenigen gewesen sein, die vor der Wahl an seinen eigenen Sieg geglaubt haben. Im Gespräch mit Oberhessen-live hatte sich der parteilose Bauer aus Schwalmtal selbst eine 50:50-Chance eingeräumt. Das gestern verkündete Ergebnis dürfte ihn daher enttäuscht haben. Manfred Görig holte 78,6 Prozent, während Kappes es auf 21,4 schaffte – so lautet das inzwischen verkündete vorläufige amtliche Endergebnis. (Wie in welcher Ortschaft abgestimmt wurde, finden Sie hier).

Dass Görig diese Wahl gewinnt, war vorauszusehen – und ist gut für den Vogelsberg. Die Wähler haben sich mit Görig für Stabilität und Sicherheit entschieden. Kappes, der enge Verbindungen zu obskuren Esoterikern und Verschwörungstheoretikern pflegt und so gut wie keine politischen Erfahrungen vorzuweisen hat, wäre das genaue Gegenteil gewesen.

Wahlverlierer Friedel Kappes (rechts) gratuliert dem alten und neuen Landrat Manfred Görig. Foto: jal

Wahlverlierer Friedel Kappes (rechts) gratuliert dem alten und neuen Landrat Manfred Görig. Foto: jal

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Doch Kappes sollte nicht zu sehr enttäuscht sein. Auf dem Papier ist er am Wahltag zwar unterlegen. Doch über 20 Prozent sind für den Kandidaten, der vor seinem Wahlkampfstart im Spätsommer niemandem im Kreis bekannt war und der kein klares, lokalpolitisches Themenprofil zu haben schien, ein durchaus achtbares Ergebnis. Görig sagt freilich er sehe es anders, doch Kappes‘ 21,4 Prozent sind ein kleiner Makel am knapp 80-Prozent-Erfolg des Amtsinhabers.

Was Kappes außerdem bedenken sollte: Der eigentliche Verlierer ist nicht er, sondern alle Parteien, die im Kreistag vertreten sind und nicht SPD heißen. Ein Lottoanbieter warb einmal mit dem Slogan „Wer nicht spielt, hat schon verloren“. Diesen Spruch sollten sich diese Parteien einmal zu Herzen nehmen.

Keine Gegenkandidaten der Opposition. Das ist bedauerlich

Dass keine Partei der Opposition einen eigenen Kandidaten aufgestellt hat – aus was für einem Grund auch immer – ist bedauerlich, aber in Fällen wie bei der Linken, wo schlichtweg das Personal für den Job fehlt, noch verständlich.

Anders ist es bei der CDU, die mit der SPD in einer großen Koalition regiert und sich mit ihr im Koalitionsvertrag vor einem Jahr drauf geeinigt hatte, bei der Landratswahl keinen eigenen Kandidaten aufzustellen. Sich auf diesen Deal einzulassen, war ein Fehler der Christdemokraten.

Zum einen, weil sie mit Dr. Jens Mischak, Görigs Stellvertreter, durchaus einen Kandidaten gehabt hätten, der dem Amtsinhaber gefährlich werden hätte können. Zum anderen, weil sich die Verfasser dieser Regeln etwas dabei gedacht haben, warum sie Landräte nicht von den Kreistagen, sondern direkt vom Volk gewählt haben wollten. Damit sollten die obersten Verwaltungschefs zumindest ein stückweit unabhängig vom Parteihickhack in den Kreistagen werden. Dass das Schicksal eines Kreistags nicht an das eines Landrats gebunden ist, ist also so gewollt.

Diese Unabhängigkeit haben CDU und SPD untergraben, indem sie ihr Mandat aus der Kreistagswahl fälschlicherweise auf die Landratswahl ausgedehnt und sich auf einen gemeinsamen Landratskandidaten geeinigt haben. Das war nicht der Auftrag, den ihnen die Wähler bei der Kreistagswahl 2016 gegeben haben.

Mischak hätte Görig gefährlich werden können

Görig hatte gegenüber Oberhessen-live erklärt, eine Kandidatur Mischaks hätte die gemeinsame Arbeit gestört. Eine solche Aussage zeugt von Missachtung dem demokratischen Prozess einer Wahl gegenüber. Natürlich ist es schwer, gegen seinen eigenen Stellvertreter und Koalitionspartner auf der Parteiebene Wahlkampf zu führen – siehe SPD-Ergebnis der Bundestagswahl. Aber das ist nunmal das Wesen einer Demokratie. Bündnisse und Koalitionen wechseln. Und zwar nicht weil die Mächtigen das freiwillig so gerne tun, sondern weil der Wähler das so entscheidet. Doch dafür muss er überhaupt erstmal eine echte Wahl haben, sprich einen Kandidaten auswählen können. Um diese Möglichkeit haben SPD und CDU die Wähler bei dieser Abstimmung durch ihren Deal betrogen.

Aus diesem Grund muss man Friedel Kappes sogar dankbar sein. Er hat dafür gesorgt, dass diese Wahl zumindest oberflächlich eine echte Wahl war, weil sich die Bürgerinnen und Bürger zwischen zwei Kandidaten entscheiden mussten. Vielleicht ist ihm das ja ein kleiner Trost.

7 Gedanken zu “Der eigentliche Verlierer ist nicht Friedel Kappes

  1. Wo wird denn der Vogelsbergkreis abgehängt? Dass die jungen Menschen -aus welchem Grund auch immer- in die Ballungsräume ziehen, trifft nicht nur den Vogelsberg, sondern auch fast alle anderen ländlichen Regionen in Deutschland.
    Im Vogelsbergkreis gibt es die niedrigste Arbeitslosenquote seit einer Ewigkeit, bezahlbaren Wohnraum und deutschlandweit mit die sauberste Luft. Ich wohne gerne hier und sehe mich auch nicht abgehängt, nur weil es nicht jeden Blödsinn gibt, den man in Ballungsgebieten angeboten bekommt.

  2. Was soll an dem Artikel gut sein? Zumindest diee Überschrift, denn er Kappes hat bereits vor der Wahl verloren … privat und im Berufsleben. Schlimm, dass 20% der Wähler dann auch noch einem derart abgedrehten Kandidaten ihre Stimme geben.
    Im Übrigen finde ich es überhaupt nicht verwerflich, wenn man so viel Rückgrat hat, auch einem Landrat einer anderen Parteil insgesamt eine so gute Arbeit zu bescheinigen, dass man auf einen Gegenkandidaten verzichtet. In anderen Berufen stellt man auch nicht alle 4 oder 5 Jahre einen Mitarbeiter zur Disposition, wenn er gute Arbeit verrichtet. Wir sollten eher froh sein, wenn sich Parteien in dieser Hinsicht auch mal einig sein können, anstelle reflexartig alle paar Jahre einen ins Rennen zu schicken, der vermeintlich alles besser kann.

  3. Stimme zu, und genau das sollte den Herren der SPD mit ihrer aktuellen Politik, die weiter nur zuschauen während der Vogelsberg abgehängt wird, sehr zu denken geben.

  4. Die eigentlichen Verlierer sind nicht, wie vom Verfasser geäußert, die im Kreistag vertretenen Parteien, sondern die 20% Wähler, die einen (wie der Verfasser selbst schreibt) abgedrehten, zu obskuren Esoterikern und Verschwörungstheoretikern hingewandten beruflich gescheiterten wählt, der als Landwirt noch dazu seine vernachlässigten Tiere konfisziert bekommen hat. … Es ist aus meiner Sicht beschämend und sogar beänstigend, dass selbst eine absolute Flachpfeiffe noch 20% Wählerstimmen bei einer Landratswahl bekommen kann. Umgekehrt halte ich es für ausgesprochen positiv, dass es neben dem oft kritisierten „Parteiengeschacher“ noch die Situation gibt, dass man die Arbeit des aktuellen Amtsinhabers anerkennt und gerade NICHT aus Parteidenken einen Gegenkandidaten nominiert. In anderen Berufen stellt man auch nicht alle paar Jahre einen Mitarbeiter zur Disposition, wenn der aktuelle Kandidat seine Aufgabe gut erfüllt.

  5. Die 20% Kappes-Wähler hätten vermutlich auch eine Gummipuppe zum Landrat gewählt … Hauptsache Gegenkandidat.

  6. Hätten sie mal richtige Pressearbeit vollzogen dann wäre Ihnen aufgefallen das Hr. Kappes einfach sich selbst Mittel zum Zweck gemacht hat, aber sein eigenes Dorf steht ja mit 40% hinter ihm, wie blamabel, und ihre Berichterstattung
    Ist auch in Zukunft fraglich lg

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