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Zwei Vorstandsmitglieder verlassen die DSD - Richtigstellung der DSD vom 13.7.2016Adé: Kiesows Akademie verlässt Schloss Romrod

EXKLUSIV|ROMROD/BONN. Gemunkelt hat man es schon lange: Hinter den Kulissen der Deutschen Stiftung Denkmalschutz kriselt es. Wie jetzt bekannt wurde, sind zwei der drei Vorstandsmitglieder vom Stiftungsrat bereits am 24. Mai 2016 abberufen worden. Was den Vogelsbergkreis allerdings vielmehr tangiert: Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) schließt Ende Juli ihr Büro im Schloss Romrod. Die DenkmalAkademie e.V., die einst von dort aus bundesweit erfolgreich als Bildungseinrichtung agierte und viele Seminarteilnehmer und Touristen nach Romrod lockte, verliert damit ihren letzten Standort.

Nachdem schon Ende 2015 im Höchster Schloss in Frankfurt die Büros haben weichen müssen, hat zum Mai 2016 auch der Standort Görlitz, an dem das Handwerkszentrum und auch die DenkmalAkademie (DA) beheimatet waren, geschlossen. Die Arbeit des Görlitzer Waidhauses, eines internationalen Fortbildungszentrums für historische Handwerkstechniken in Sachsen, wurde vor wenigen Wochen eingestellt.

Den neun Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die seit Gründung des Restauratorenzentrums in 2000 und der Akademie in 2001 dort beschäftigt waren, wurde gekündigt – manchen kurzfristig, manchen mittels Änderungskündigung, deren Umsetzung mit einer Versetzung nach Berlin nicht anzunehmen war, heißt es aus informierten Kreisen. Das dazugehörige Gästehaus in Görlitz – ebenfalls im Besitz der DSD – steht seitdem leer.

Ende einer Ära: Akademie schließt im Juli ihr Büro im Schloss

Auch in Romrod flatterten Kündigungen ins Haus: Die letzten beiden Mitarbeiterinnen des einst zwölfköpfigen Akademie-Teams vor Ort beenden ihr jahrelanges Engagement für die Stiftung auf Wunsch des Stiftungsvorstandes im Juli. Das Akademie-Büro im Romröder Schloss schließt endgültig. Damit endet eine Ära: Die einst so erfolgreiche Akademie hat scheinbar durch das altersbedingte Ausscheiden der Gründerväter – allen voran Professor Dr. Gottfried Kiesow – die ideelle Motivation verloren, Personaldifferenzen und betriebswirtschaftliche Entscheidungen führten offensichtlich in den vergangenen Jahren zu folgeschweren Entscheidungen, die jetzt das Herzprojekt Kiesow’s „Eine DenkmalAkademie im Schloss“ zum Scheitern brachten.

Dieses Schild wird bald der Vergangenheit angehören: Die DenkmalAkademie zieht aus dem Schloss Romrod aus und damit auch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz. Foto: Kierblewski

Dieses Schild wird bald der Vergangenheit angehören: Die DenkmalAkademie zieht aus dem Schloss Romrod aus und damit auch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz. Foto: Kierblewski

Das Schlosshotel, die Gastronomie und auch das unmittelbar bevorstehende Schlossfest bleiben davon allerdings unberührt. Im Gegenteil, durch die Schließung des Akademie- und DSD-Standortes stehen den Pächtern, die Smartig GmbH, noch mehr Räume zur eigenen Nutzung zur Verfügung. Dass die Geschäftsführer Andreas Otterbein und Nico Döring eine solche Chance gut zu nutzen wissen, haben sie erst jüngst mit der Übernahme des ehemaligen Gebäudes der DSD, das in der Neuen Straße für die Jugendbauhütte zur Verfügung stand, bewiesen. In der jetzigen „Alten Hofreite“ ist eine weitere gut besuchte Eventlocation mit „Bier-Atelier“ entstanden.

Die Turbulenzen in der DSD könnten mit Millionenverlusten zusammenhängen, die jährlich auflaufen, so meldet es die Märkische Allgemeine am Mittwoch. Zum einen würden die Kapitalstöcke wegen der niedrigen Zinsen kaum noch Erträge abwerfen. Zum anderen schlage die Tochtergesellschaft Brandenburgische Schlösser GmbH (BSG) jedes Jahr mit Millionenverlusten im hohen einstelligen Bereich zu Buche. Dies allerdings sei nicht wahr, heißt es von offizieller Seite. 2015 weise die GmbH einen Jahresüberschuss von 1,037 Millionen auf und sei damit auf einem guten Weg, so lautete es in einer Pressemitteilung der DSD, die ebenfalls am Mittwoch auf deren Homepage publiziert wurde.

DSD-Geschäftsführer Illert und Breidenstein nehmen ihren Hut

Dennoch, in der besagten gemeinnützigen Betriebsgesellschaft, die denkmalgeschützte Schlösser und Herrenhäuser im Land Brandenburg saniert, verwaltet und vermietet ist ebenfalls Umbruchstimmung: Wolfgang Illert, Geschäftsführer der BSG und gleichzeitig Vorstand der DSD, zuständig für die Denkmalförderung, bekleidet nur noch bis Ende August sein Amt – so ist der aktuellen Meldung der Stiftung zu entnehmen.

Sein Nachfolger steht auch schon fest: Benedikt Buhl. Er sei der Stiftung seit vielen Jahren eng verbunden, zuletzt als Mitglied des Stiftungsrats. Durch den 56-jährigen Diplom- und Bankkaufmann werden in der Stiftung für die Zukunft zusätzliche Impulse in einem sich wandelnden Stiftungswesen erwartet, so lautete es in einer Pressemitteilung von gestern. Benedikt Buhl werde gemeinsam mit dem amtierenden Vorstand Stephan Hansen die Geschäfte der Deutschen Stiftung Denkmalschutz führen. Letztere hatte bisher neben der Spender-Betreuung auch die Unternehmenskommunikation verantwortet.

Illerts DSD-Vorstandskollege, Dr. Felix Breidenstein, war bisher verantwortlich für die Bewirtschaftung der stiftungseigenen Denkmale und Liegenschaften. Auch er geht, er wurde mit sofortiger Wirkung freigestellt. Offiziell heißt es, man habe sich im gegenseitigen und freundschaftlichen Einverständnis zum 30. Juni 2016 getrennt und er habe mit seinen Erfahrungen im Stiftungswesen wichtige Prozesse initiiert und Impulse gesetzt.

Für das Weiterbestehen der Akademie hat das Drehen des Personal-Karussells im DSD-Vorstand nur bedingt Folgen. Die Würfel waren für den Verein der Erwachsenenbildung schon vorher gefallen. Die Entwicklung zeichnete sich die letzten Monate, wenn nicht sogar Jahre, schon ab: Die Kunst- und Kulturreisen ins Ausland hat inzwischen das Unternehmen „Les Grands Tours“ übernommen, in dem laut Aussage der Stiftung der Akademieleiter Karl-Eberhard Feußner mit involviert ist.

Die innerdeutschen Kulturreisen wurden in die Monumente-Reisen – im Wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb – eingegliedert, für die der ehemalige DA-Bildungsleiter Jan Ermel inzwischen arbeitet. Die Architektenfortbildung läuft mit der Kündigung der verantwortlichen Mitarbeiterin Dr. Maria Nowosad gerade aus. Nur die Bauherren-Seminare sowie die Seminare zur Dorfentwicklung bleiben in abgespeckter Version im Programm der Akademie, die man ab sofort von Bonn aus organisiert, unter der Referatsleitung von Professorin Dr. Ingrid Scheurmann.

Stiftung erklärt die Entscheidung mit neuen Gesetzesgebungen und Zentralisierung

Die Stiftung selbst sieht die Entwicklung nicht so kritisch, wie manch ein Beobachter: „Die Gesetzgebung hat sich verändert, wir müssen ideelle Arbeit und den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb klar trennen und entsprechend intern neu strukturieren“, begründet Dr. Ursula Schirmer, Pressesprecherin der DSD, die Entscheidung, beispielsweise die innerdeutschen Kulturreisen aus der Verantwortung der Akademie hinein in die Monumente-Reisen zu integrieren.

Zu den Schließungen der Akademiestandorte erläutert sie eine Grundsatzentscheidung der Stiftung: „Wir haben die Außenstellen alle zurückgeführt und konzentrieren unsere Arbeit auf die Standorte Bonn und Berlin. Stattdessen gehen wir dorthin, wo die Leute sind, und geben dort unsere Seminare.“ Da die Mitarbeiterinnen, die vorher in der Akademie in der Verwaltung beschäftigt gewesen seien, die Änderungskündigung mit den angebotenen Dienstsitzen in Bonn oder Berlin nicht angenommen hätte, werde zurzeit intern gerade eine Stelle für die Veranstaltungsorganisation der Akademie ausgeschrieben.

Sehr bedauerlich findet die langjährige Sprecherin der Stiftung, dass mit der Kündigung von Dr. Maria Nowosad die Architektenweiterbildung – die Qualifizierung in der Denkmalpflege – aufgelöst wird. „Die Qualität der Wochenkurse war super. Es war Frau Nowosads Projekt. Aber der Aufwand für so wenig Leute war einfach zu groß. Wir hatten gehofft, dass wir wie bei vielen Bauprojekten initiativ handeln und viele Mitstreiter ins Boot holen können. Dies ist uns in der Architektenweiterbildung leider nicht gelungen. Auch wir müssen wirtschaftlich handeln…“

von Anja Kierblewski

Richtigstellung auf Forderung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz
Drei Wochen nach Veröffentlichung des Artikels fordert Dr. Ursula Schirmer, Pressesprecherin der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, die Richtigstellung einiger Passagen in dem Artikel über die Stiftung und ihre DenkmalAkadademie. Ihrer Forderung kommen wir hiermit nach.

1. In dem Artikel beziehe sich die Autorin auf eine Meldung der Märkischen Allgemeine, diese habe ihren Artikelmit den Falschmeldungen wieder zurückgezogen.

2. Der Vertrag von Herrn Dr. Breidenstein endete am 30. Juni 2016. Der Vertrag von Herrn Dr. Illert läuft zum 30. November 2016 aus.

3. Die DenkmalAkademie hat laut Stiftung ihre Büros in Bonn und Berlin.

4. Die DSD kann das Görlitzer Handwerkszentrum e.V. nicht schließen. Die DSD förderte den Verein aber nicht mehr.

5. Die Entwicklung habe sich laut schriftlicher Angabe der DSD langfristig abgezeichnet. Mit allen Kollegen in Görlitz ist eine einvernehmliche Vereinbarung getroffen worden.

6. Herr Professor Dr. Gottfried Kiesow ist nicht altersbedingt ausgeschieden, er ist verstorben.

7. Laut schriftlichem Korrekturwunsch der DSD haben die Entscheidung nicht zum Scheitern der Akademie geführt, sondern das Scheitern zu den Entscheidungen.

8. Herr Hansens Zuständigkeitsbereicht umfasst als kaufmännischem Vorstand auch die gesamte Verwaltung und das Finanzwesen.

9. Weder Les Grands Tours noch eine andere Firma haben die Geschäftsbereiche der DSD übernommen. Auslandsreisen hat die DSD nie angeboten und könnten auch lt. Satzung nicht durchgeführt werden, da das Wirkungsgebiet der Stiftung auf Deutschland beschränkt sei.

10.Frau Professorin Maria Nowosad ist nicht gekündigt worden, sie hat Ende 2015 die Möglichkeit des vorzeitigen Ruhestandes wahrgenommen.

11. Frau Professorin Ingrid Scheuermann sitzt in Berlin.

12. Ein Zusammenhang zwischen veränderter Gesetzgebung (die es nicht gab) und der Zusammenlegung der Monumente-Reisen und der Reisen der DenkmalAkademie hat es nie gegeben.

13. Frau Dr. Ursula Schirmer gibt an, dass mit ihr über Frau Prof. Dr. Nowosad im Rahmen des Telefonats zu den Recherchearbeiten für den Artikel nie gesprochen worden sei, (daher auch nicht – über einen Zusammenhang zu einer – nicht erfolgten – Kündigung von Frau Prof. Nowosad mit der Architektenweiterbildung).

Zentral und für die DSD laut Pressesprecherin Dr. Ursula Schirmer doch zu abgelegen um es als Seminarstandort weiter zu nutzen. Foto: Kierblewski

Zentral und für die DSD laut Pressesprecherin Dr. Ursula Schirmer doch zu abgelegen, um als Seminarstandort brauchbar zu sein. Foto: Archiv / Kierblewski

Information
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz engagiert sich seit mehr als 30 Jahren für den Erhalt bedrohter Baudenkmale in Deutschland. Die DSD hat ihren Hauptsitz in Bonn und steht unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Joachim Gauck. Sie wurde 1985 gegründet und ist nach eigenen Angaben die größte private Initiative für Denkmalpflege in Deutschland. Seit ihrer Gründung konnte die DSD dank ihrer mehr als 200 000 Förderer über 5.000 Denkmale mit über 560 Millionen Euro unterstützen – dazu gehörte auch die Sanierung und Restaurierung des Romroder Schlosses mit circa 15 Millionen Euro. Das Eigenkapital der Stiftung wird mit 106 Millionen Euro beziffert, die Bilanzsumme der Stiftung wird mit 138 Millionen Euro (Aktiva und Passiva) ausgewiesen.

 

 

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