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Derzeit 95 geflüchtete Menschen im Container-DorfWeniger Flüchtlinge im Vogelsberg angekommen als erwartet

ALSFELD (ls). Noch vor Weihnachten sollten über 450 geflüchtete Menschen in den Vogelsberg kommen. Innerhalb von wenigen Tagen hat der Kreis ein Container-Dorf als Unterkunft erreichtet. Seit knapp zwei Wochen ist das nun geöffnet, 95 Flüchtlinge sind dort untergebracht.

457 Flüchtlinge sollte der Vogelsbergkreis eigentlich bis Weihnachten aufnehmen, doch weil die Unterkünfte voll sind, musste innerhalb von wenigen Tagen eine Alternative her: Auf einem Gelände unterhalb der Alsfelder Hessenhalle wurde Anfang November aus 87 Containern ein Dorf gebaut, in dem die Menschen untergebracht werden können; aufgeteilt in 70 Wohn-Container und 17 Container für sanitäre Anlagen, Büro-Containern und Platz für die Kinderbetreuung.

Container-Dorf bietet Platz für bis zu 420 Flüchtlinge

Ganz so viele Flüchtlinge wie zunächst angekündigt sind es dann aber doch nicht mehr in diese Monat: Statt der zunächst erwarteten 457 Flüchtlinge – zusätzlich zu den Menschen aus der Ukraine – ist es nur knapp die Hälfte. Nun liegen nämlich die konkreten Zahlen vor: Im Dezember rechnet der Kreis noch mit der Aufnahme von etwa 140 Menschen, 35 Menschen sollen demnach pro Woche aufgenommen werden. 

95 Menschen in der Unterkunft, darunter acht Kinder und Jugendliche

Derzeit leben 95 Menschen in dem Container-Dorf, das von gut zwei Wochen eröffnet wurde. Darunter auch acht Kinder und Jugendliche, wie der Kreis auf Anfrage von OL mitteilt; dabei auch drei Grundschulkinder. Noch vor Weihnachten sollen die Grundschulkinder „eingeschult“ werden, die größeren erst nach den Weihnachtsferien. 

Alle Neuankömmlinge durchlaufen den gleichen Ablauf: Von der Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen werden sie mit dem Bus nach Alsfeld gebracht, wo sie in einen für sie abgesperrten Bereich des Aufenthaltszelts gebracht werden, in dem das Betreuungsteam des Flüchtlingswesens sie erwartet. Dolmetscher helfen bei den anschließenden administrativen Vorgängen wie zum Beispiel dem Ausfüllen von Anträgen oder bei der Erstellung des Bewohnerausweises und informieren sie über Betreuungs- und Essenzeiten und stellen die Hausordnung vor.

Die neuen Bewohner des Containerdorfes bekommen ihren Containerschlüssel, werden mit Bettwäsche und Handtuch versorgt und schließlich vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) zu ihrem Container gebracht. Die Reihenfolge kann variieren, um den von der Anreise meist müden Menschen einen schnellen Bezug zu ermöglichen.

Belegt werden die Container derzeit mit maximal vier Personen. „Die Höhe der Zuweisungen und die Eröffnung neuer Gemeinschaftsunterkünfte werden in Zukunft zeigen, ob die Maximalauslastung von sechs Personen pro Container genutzt werden muss“, erklärt der Kreis.

Kreis: Reibungsloser Ablauf durch Erfahrungswerte

„Durch die Erfahrungen beim Aufbau von Notunterkünften für das Land Hessen 2015 und im März 2022 sind viele inhaltliche Abläufe und Rahmenbedingungen einer Sammelunterkunft bekannt“, erklärt der Kreis im Rückblick auf die Aufbau-Arbeiten der vergangenen Wochen. Mit diesem Erfahrungsvorteil und einem eingespielten Team seien die wesentlichen Notwendigkeiten sehr fokussiert organisiert worden und der Aufbau verlief reibungslos – wenn es auch Verbesserungsbedarf gegeben habe, da das Container-Dorf zum Zeitpunkt des Einzugs der ersten Bewohner noch nicht ganz fertig war.

Täglich würden deshalb Abstimmungsgespräche stattfinden, in denen Probleme im Wohnbereich oder bei der Versorgung der Menschen besprochen, bearbeitet und gelöst werden. Die Versorgung vor Ort wird neben weiteren Helfern auch mit vom DRK übernommen, nur einer der Synergieeffekte, die durch die örtliche Nähe zur Notunterkunft des Landes Hessen oberhalb der Hessenhalle entsteht.

So wird beispielsweise auch in Absprache mit dem Regierungspräsidium Gießen die Arztsprechstunde in der Notunterkunft genutzt, von wo aus fachärztliche Untersuchungen und Behandlungen stattfinden können. Prinzipiell müssten sich die Bewohner allerdings einen Hausarzt suchen, doch die sprachlichen Barrieren machen das schwierig, weshalb sich durch den Synergieeffekt zur RP-Notunterkunft geholfen wird. Größere Krankenheitsausbrüche gab es bislang nicht.

Synergien mit der Einrichtung des RPs durch die örtliche Nähe des Container-Dorfs war der Grund, warum sich der Kreisausschuss für den Standort in Alsfeld entschied. „Gemeinsam profitieren wir von den bereits eingebundenen Unternehmen und Institutionen. Insbesondere doppelte Vorhaltungen von Personal und technischen Ressourcen sind dadurch vermieden worden“, erklärt der Kreis. Insbesondere die mit dem Personal sind von Vorteil. „Man findet keinen neuen Betreiber mehr und auch beim eigenen Personal ist die Grenze des Machbaren längst erreicht“, sagt der Kreis.

Container-Dorf bleibt vorerst weiter bestehen

Die vielen unterschiedlichen Sprachen und der „geringe Anteil an deutsch- oder englischsprechenden Menschen“ stelle die Mitarbeiter vor Ort trotz Dolmetscher vor Probleme. Auch von den Einwohnern werde sich über die fehlenden Dolmetscher und damit sehr eingeschränkte Kommunikation während der Sprechzeiten beschwert – weniger über die Unterbringung. Neben syrischen, türkischen und afghanischen Menschen sind dort außerdem Menschen aus Iran, dem Irak und aus Russland untergebracht.

Wie lange das Container-Dorf übrigens in Alsfeld bleiben wird, ist derzeit nicht absehbar. Sicher ist aber: Es wird erst einmal bleiben. Das wird, so der Kreis, von den Flüchtlingszahlen im neuen Jahr abhängen. Noch wisse man nicht, wie viele Menschen dem Vogelsberg künftig wöchentlich zugewiesen werden, sprich: Wie viele Plätze man stellen muss.

Parallel wird außerdem nach Immobilien gesucht, in denen man Gemeinschaftsunterkünfte einrichten kann. Aber auch das dauere. Sollten also mehr Flüchtlinge nach in das Container-Dorf kommen, als Platz ist, wäre eine Vergrößerung nötig. Das hänge aber letztendlich davon ab, wie schnell Gemeinschaftsunterkünfte gefunden werden. „Sobald sich eine Alternative in einer anderen Kommune bietet, wird diese auch genutzt“, heißt es.

Vor einer Herausforderung steht der Kreis am Ende dann aber doch: vor der Integration, der vielen Menschen. Ehrenamtliche Initiativen, die seit 2015 im Einsatz sind, seien längst an ihre Grenzen gestoßen. Auf diesen Umstand hatte Landrat Manfred Görig schon im Oktober aufmerksam gemacht. Auch in einem Schreiben an Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte der Landrat die Probleme vor Ort benannt.

Vogelsberger Landrat fordert Aufnahme-Begrenzung von Flüchtlingen

Görig und Erster Kreisbeigeordneter Jens Mischak hatten vor diesem Hintergrund eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen gefordert. Es sei niemandem geholfen, „wenn es chaotische Zustände gibt, weil es weder Wohnraum, noch Personal, noch Ehrenamtliche gibt, die das bewältigen können“, hatte der Landrat im Oktober erklärt.

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