Gesundheit0

Zweiter Hessischer Protesttag der neidergelassenen ÄrzteVogelsberger Arztpraxen am Mittwoch geschlossen

VOGELSBERG (ol). Um ein Umdenken in der aktuellen Gesundheitspolitik zu erreichen, schließen an diesem Mittwoch erneut zahlreiche hessische Haus- und Facharztpraxen, darunter auch Praxen im Vogelsbergkreis. Auch öffentliche Protestveranstaltungen in Gießen und Fulda geplant.

„Weil wir auch in Zukunft für unsere Patientinnen und Patienten da sein möchten, protestieren wir mit den Praxisschließungen gegen die aktuelle Gesundheitspolitik“, sagt Susanne Sommer, Hausärztin aus Mücke und Vorsitzende des Bezirks Vogelsberg des Hausarztverbandes Hessen in der Pressemitteilung.

Die Hausärztin befürchtet, dass die bewährte zeitnahe und wohnortnahe ambulante medizinische Versorgung durch niedergelassene Haus- und Fachärzte massiv gefährdet werde. „Wenn es so weitergeht, gibt es bald keine freie Arztwahl mehr. Die Qualität der medizinischen Versorgung der Bevölkerung wird drastisch abnehmen und die anonyme Konzernmedizin wird an der Tagesordnung sein“, kritisiert Sommer.

Hausärztemangel wird sich noch verstärken

Der Mangel an Hausärztinnen und Hausärzten werde sich noch verstärken: „Wenn wir auf der Ausgabenseite behandelt werden wie alle Wirtschaftsunternehmen, aber die Einnahmenseite von der Politik und den Kassen nach Gutdünken bestimmt wird, werden wir keine jungen Kollegen für diese Art der Medizin begeistern können“, betont Sommer.

Aktuell würden viele Ideen in den Universitäten und der Politik entwickelt werden, um für junge Medizinerinnen und Mediziner schon in der Aus- und Weiterbildung die Arbeit auf dem Land als Mediziner attraktiv zu machen.

Solange man den Beruf des Arztes aber weiter bürokratisiere, eine nicht funktionierende Digitalisierung per Zwang und angedrohten Strafzahlungen in den Praxen einführe oder die Arbeit permanent unter Budgetierung und Androhung von Regress stelle – jeder Arzt haftet mit seinem Privatvermögen für die von ihm verordneten Leistungen –, werde die Anzahl derer, die eine ärztliche Tätigkeit auf dem Land anstreben, begrenzt sein. „Im ländlichen Bereich versorgen wir unsere Patienten bei geringer Facharztdichte, außerdem leisten wir eine erhebliche Anzahl an Hausbesuchen mit langen Anfahrtswegen“, so die Hausärztin.

Hinzu kommen die Sparpläne der Krankenkassen, die die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in diesem Jahr mit einer Honorarerhöhung von zwei Prozent abspeisen und in den beiden kommenden Jahren Nullrunden ansetzen wollen. „Die Honorarentwicklung deckt die steigenden Lohn-, Hygiene- und Energiekosten nicht annähernd ab. Wenn die Kosten weiter steigen, werden viele Praxen ihr Angebot reduzieren müssen“, so Sommer.

„Gesundheitskioske bedeuten erhebliche Einbußen an Qualität“

Die geplanten „Gesundheitskioske“, in denen durch nichtärztliches Personal der Zugang in die ärztliche Versorgung gesteuert werden soll, seien „ein Affront gegen die ambulante Medizin“. „Diese Sparmaßnahmen bedeuten erhebliche Einbußen an Qualität und gefährden letztlich die Gesundheit unserer Patientinnen und Patienten. Ein skandinavisches System ist auf ein Land wie Deutschland nicht übertragbar“, erklärt Sommer.

„Wir fordern daher Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach auf, sein Qualitäts-Versprechen zu halten und dafür zu sorgen, dass die Arbeit in einer Arztpraxis wieder attraktiv wird – für jüngere Ärzte, die sich niederlassen möchten ebenso wie für medizinische Fachangestellte“, so Sommer. Zu der Protestaktion haben unter anderem der Hausärzteverband Hessen (HÄVH) und der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, Landesverband Hessen (BVKJ), aufgerufen.

Schreibe einen Kommentar

Bitte logge Dich ein, um als registrierter Leser zu kommentieren.

Einloggen Anonym kommentieren