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Polizeipräsident Günther Voß: "Beste Kriminalstatistik in der Geschichte unseres Präsidiums!"Straftaten auf niedrigstem Stand, Gewalt gegen Polizei nahm zu

VOGELSBERG (ol). Zwar ist die Zahl der polizeilich registrierten Straftaten in Osthessen so niedrig wie noch nie, und doch haben einige Bereiche im vergangenen Jahr zugenommen. So sind beispielsweise die Fälle von Gewalt gegen die Polizei gestiegen – maßgeblich haben dazu die Proteste gegen den Bau der A49 beigetragen. 107 Straftaten wurden allein in diesem Kontext polizeilich registriert.

Das jedenfalls wurde mit Blick auf die Kriminalstatistik bekannt geben. Mit einer Aufklärungsquote (AQ) von 70,6 Prozent hat das Polizeipräsidium Osthessen nochmals eine Steigerung um +0,9 Prozentpunkte zum Vorjahr erzielen können. Damit wurden die hervorragenden Ergebnisse der zurückliegenden Jahre erneut verbessert und eine historische Bestmarke erreicht. Im Vergleich aller Polizeipräsidien liegt die osthessische Polizei mit diesem Wert als eines der ersten hessischen Präsidien über der 70er-Marke und bereits zum dritten Mal in Folge auf dem Spitzenplatz in Hessen.

Die Zahl der polizeilich registrierten Straftaten sank im vergangenen Jahr auf den niedrigsten Stand seit Bestehen des Präsidiums. Für das Jahr 2021 wurden in Osthessen 17.315 Straftaten in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) erfasst. Das sind 1.356 Fälle beziehungsweise 7,3 Prozent weniger als noch im Vorjahr. Mit 3.858 Straftaten pro 100.000 Einwohner (2020: 4.154) liegt die Kriminalitätsbelastung in Osthessen deutlich unter der Zahl des gesamten Bundeslandes Hessen von 5.340.

„Die Menschen in Osthessen leben in einer der sichersten Regionen Hessens, dass belegen die Zahlen erneut“, sagt Polizeipräsident Günther Voß. „Ich bedanke mich daher herzlichst bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unseres Präsidiums für die geleistete, aber auch oftmals schwierige und belastende Arbeit.“

Neue Schwerpunkte polizeilicher Tätigkeiten durch Corona-Pandemie

Die Einhaltung und Überprüfung der geltenden Verordnungen und Verfügungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie bildeten auch im Jahr 2021 wieder einen Schwerpunkt polizeilicher Tätigkeiten. Dabei unterstützte die osthessische Polizei die originär zuständigen Gesundheits- und Ordnungsämter und leitete seit Beginn der CoronaPandemie rund 1.000 Ordnungswidrigkeitenverfahren ein. Dabei handelte es sich schwerpunktmäßig um Verstöße gegen die Kontaktbeschränkungen im öffentlichen Raum sowie um Verstöße gegen die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung oder die Ausgangsbeschränkungen.

Hinzu kommen einige Strafverfahren nach dem Infektionsschutzgesetz – zumeist wegen Verstößen gegen Quarantäneauflagen. Ferner wurden rund 150 Versammlungen und Veranstaltungen im vergangenen Jahr im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie in Osthessen gezählt und von der Polizei begleitet. Bei all ihren Maßnahmen setzte die osthessische Polizei auf Kommunikation und den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern. Dies führte in den allermeisten Fällen zu Akzeptanz und Rücksichtnahme und einem störungsfreien Versammlungsgeschehen.

Im Zusammenhang mit den Corona-Schutzmaßnahmen kam es 2021 zu einem Anstieg von Delikten mit gefälschten Impfausweisen bzw. unrichtig ausgestellten Impfnachweisen, wie Urkundenfälschung (+40 Fälle; 2020: 217), Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse (+25 Fälle; 2020: 0) und Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse (+21 Fälle; 2020: 1). Subventionsbetrug wegen Corona-Soforthilfen oder abgewandelte Formen der bekannten Betrugsmaschen wurden hingegen nur vereinzelt festgestellt. Insgesamt 676 Fälle von häuslicher Gewalt wurden im Jahr 2021 in Osthessen registriert, was einer Zunahme um 6,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht (2020: 633 Fälle).

Fallzahlen der Straßenkriminalität auf nahezu unverändert niedrigem Niveau

Die in der PKS erfassten Fälle von Straßenkriminalität befinden sich in 2021 mit 2.183 registrierten Straftaten im Vergleich zum Vorjahr auf einem nahezu unverändert niedrigen Niveau (2020: 2.145).

Unter der Kategorie Straßenkriminalität ist eine Vielzahl von Delikten – unter anderem aus den Bereichen Diebstahl, Sachbeschädigung, Körperverletzung und Raub – zusammengefasst, die im öffentlichen Raum begangen werden. In einer Langzeitbetrachtung der Straßenkriminalität ist erkennbar, dass die Fallzahlen deutlich zurückgegangen sind. Während 2011 noch 3.893 Straftaten erfasst wurden, waren es 2021 noch 2.183. Das entspricht einem Rückgang der Fallzahlen um rund 44 Prozent, bei einer deutlichen Erhöhung der Aufklärungsquote auf 28,0 Prozent (2011: 22,6 Prozent).

Selbst wenn die Corona bedingten Einschränkungen des öffentlichen Lebens die Tatgelegenheiten beeinflusst haben, verdeutlichen die seit Jahren rückläufigen Zahlen den Erfolg vielfältiger polizeilicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Straßenkriminalität, wie zum Beispiel die Videoüberwachung an neuralgischen Punkten, eine hohe sichtbare Polizeipräsenz mit verstärkten Kontrollen sowie der verstärkte Einsatz operativer Einheiten.

Wohnungseinbrüche erreichen Tiefststand: Fallzahlen seit 2016 halbiert

Die Zahlen im Deliktsfeld Wohnungseinbruchsdiebstahl (WED) gehen in Osthessen seit Jahren – mit Ausnahme des Jahres 2020 – kontinuierlich zurück. In 2021 sanken die Fallzahlen im Vergleich zum Vorjahr um 63 auf 206 Fälle, was den niedrigsten Wert seit Bestehen des Polizeipräsidiums Osthessen bedeutet. Somit hat sich die Zahl der versuchten und vollendeten Wohnungseinbrüche innerhalb der letzten sechs Jahre nahezu halbiert. Die Aufklärungsquote stieg im vergangenen Jahr um 3,7 Prozentpunkte auf 21,4 Prozent und liegt damit erstmals seit 2016 wieder über der 20er-Marke.

Der starke Rückgang der Fallzahlen seit 2016 sowie der hohe Anteil an Versuchstaten dürfte unter anderem auf einen anhaltend hohen Kontrolldruck, intensive Präventionsmaßnahmen und verbesserte Sicherungstechnik im Bereich des Wohnungseinbruchsdiebstahls zurückzuführen sein.

Fallzahlen der Rauschgiftkriminalität auf unverändertem Niveau

Mit Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2020 stieg die Zahl der registrierten Rauschgiftdelikte osthessenweit um 158 auf 1.518 Fälle an, was insbesondere auf einen Anstieg im Bereich der allgemeinen Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz zurückzuführen ist. Bedingt durch die anhaltende Pandemielage bleiben die Fallzahlen der Rauschgiftdelikte auch in 2021 mit 1.519 Fällen auf einem unveränderten Niveau. Die Aufklärungsquote stieg hingegen um 1,4 Prozentpunkte und liegt bei 96,3 Prozent.

Da es sich beim dem Phänomenbereich der „Rauschgiftkriminalität“ um ein klassisches Kontrolldelikt handelt, ist der Anstieg unter anderem als Beleg für die hohe Präsenz und die intensiven Bemühungen der osthessischen Polizei in der Bekämpfung der Betäubungsmittelkriminalität zu sehen. Aber nicht nur Handel und Konsum mit Betäubungsmitteln stehen im Fokus polizeilicher Tätigkeiten, auch die Teilnahme am Straßenverkehr unter Drogeneinfluss stellt eine erhebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit dar. Mit zielgerichteten Kontroll- und Bekämpfungskonzepten – wie zum Beispiel den sogenannten DiS-Kontrolltagen (Drogen im Straßenverkehr) – war auch hier das Ziel, die Entdeckungswahrscheinlichkeit zu erhöhen und bei den Tätern eine präventive Wirkung zu erzielen.

Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten nimmt zu

2021 nahmen die Angriffe und Widerstandshandlungen auf Polizistinnen und Polizisten in Osthessen gravierend zu. So stieg die Zahl der Straftaten, bei denen Polizistinnen und Polizisten Opfer einer Straftat geworden sind, im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um insgesamt 143 (+115,3 Prozent) auf 267 Fälle. Dabei wurden 462 Polizeibedienstete als Opfer registriert. Den größten Anteil stellt der Widerstand gegen / tätliche Angriff auf Vollstreckungsbeamte mit 215 Fällen dar.

Dieser gravierende Anstieg an Fallzahlen ist auch auf die Einsatzmaßnahmen rund um den Ausbau der A49 zurückzuführen – 107 Straftaten wurden in diesem Kontext allein in Osthessen polizeilich registriert. Rechnet man diese Fallzahlen aus der Statistik heraus, haben die Fallzahlen im Bereich der Gewaltkriminalität gegen Polizeivollzugsbeamtinnen und –beamte mit 160 Fällen (+29 Prozent) dennoch einen Höchstwert erreicht.

Ein Großteil typischer Widerstandshandlungen entsteht aus alltäglichen Kontrollsituationen. Dabei ist der unkontrollierte Umgang mit Alkohol und Drogen in vielen Fällen Auslöser für Fehlverhalten. Hinzu kommt sehr häufig ein Solidarisierungseffekt, der sich in der Behinderung des Polizeieinsatzes, in Beschimpfungen oder gar in Übergriffen ausdrückt. „Diese Entwicklung macht mir Sorge“, sagt Polizeipräsident Günther Voß. „Meine Kolleginnen und Kollegen stehen tagtäglich für die Sicherheit der Menschen ein und verdienen daher Respekt und Anerkennung.“

Bereits seit Jahren investiert die Hessische Landesregierung mit moderner Ausstattung und Body-Cams gezielt in den Schutz von Polizistinnen und Polizisten. Allein im Jahr 2020 hat das Land 400 und 2021 mehr als 300 Body-Cams angeschafft und den Polizeipräsidien übergeben. Perspektivisch soll in Hessen jede Polizeistreife mit einer Body-Cam ausgestattet sein. In Osthessen sind bereits 55 Body-Cams im Einsatz. Der Einsatz der Kameras zeigt nicht nur deeskalierende Wirkung, sondern dient auch als objektives Beweismittel bei strafrechtlich relevanten Handlungen.

Zahl der registrierten Betrugsstraftaten rückläufig

Die Anzahl der Straftaten im Bereich der Vermögens- und Fälschungsdelikte sank in 2021 – nach einem kontinuierlichen Anstieg innerhalb der letzten Jahre – deutlich auf insgesamt 3.881 Fälle (2020: 5.061 Fälle). Damit befinden sich die Fallzahlen unter dem Niveau von 2018. Dieser starke Rückgang ist im Wesentlichen auf einen größeren und mittlerweile abgeschlossenen Ermittlungskomplex wegen Kreditvermittlungsbetrugs zurückzuführen. Die Aufklärungsquote liegt bei 80,5 Prozent. Den größten Anteil nehmen die Betrugsdelikte mit 3.167 Fällen (81,6 Prozent) ein. Die Aufklärungsquote in diesem Deliktsfeld liegt bei 82,5 Prozent. Rückgänge sind insbesondere beim Kreditvermittlungsbetrug (-626 Fälle), beim Waren-/Warenkreditbetrug (-130 Fälle) und beim Leistungsbetrug (-125 Fälle) feststellbar.

Für den Bereich der Internetkriminalität wurden in 2021 insgesamt 1.669 Fälle registriert (2020: 2.222 Fälle), was in etwa dem Niveau von 2019 entspricht. Die Aufklärungsquote stieg um 0,1 Prozentpunkte auf 90,1 Prozent. Rund die Hälfte aller Straftaten sind Vermögensdelikte. Dabei stellt der Waren-/Warenkreditbetrug mit 579 Fällen den größten Anteil dar.

Bei der Internetkriminalität handelt es sich um Delikte, die mit dem Tatmittel Internet verübt wurden. Die Deliktsfelder weisen eine große Bandbreite auf, die vom einfachen Betrug bis hin zum hochprofessionellen Hacking-Angriff reicht. Dabei lässt sich das nach wie vor hohe Niveau der Fallzahlen unter anderem mit der immer stärkeren Nutzung des Mediums „Internet“, einer vereinfachten Handhabung im Umgang mit internetfähigen Endgeräten und einer – in Teilen sicherlich auch der Pandemie geschuldeten – steigenden Nutzung des weltweiten Online-Handels erklären.

Deutlicher Anstieg bei den Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung

Im Jahr 2021 sind die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung erneut um 49 auf 542 Fälle angestiegen – haben sich somit seit 2018 mehr als verdoppelt. 92,3 Prozent dieser Straftaten wurden im vergangenen Jahr aufgeklärt (2020: 89,9 Prozent).

Die Fallzahlensteigerung resultiert im Wesentlichen aus neuen gesetzlichen Meldeverpflichtungen US-amerikanischer Internet-Provider, wonach strafbares Nutzerverhalten über eine Non-Government-Organisation (NGO) unmittelbar und automatisiert an die zuständigen nationalen Behörden zur Einleitung von Strafverfahren gemeldet wird. Dennoch wird im Bereich der sexualisierten Gewalt von einem großen Dunkelfeld ausgegangen – wobei die Polizei durch stetig anwachsende Datenmengen, immer schnellere Internetverbindungen sowie einer Vielzahl an verfügbaren Internetdiensten zur Verbreitung von Missbrauchshandlungen vor große Herausforderungen gestellt wird.

Mit der Einrichtung der Besonderen Aufbauorganisation FOKUS (Fallübergreifende Organisationsstruktur gegen Kinderpornografie Und Sexuellen Missbrauch von Kindern) hat die Hessische Polizei darauf reagiert und ihre Ermittlungen in den Deliktsbereichen sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen sowie gegen Kinderpornografie seit dem 1. Oktober 2020 gebündelt und intensiviert. Die BAO FOKUS ist im Hessischen Landeskriminalamt (HLKA) zentral angesiedelt und hat in sämtlichen Polizeipräsidien Regionalabschnitte gebildet, um zentral koordiniert landesweit Ermittlungsverfahren zu führen. Allein im Regionalabschnitt des Polizeipräsidiums Osthessen verfolgen derzeit rund 18 Ermittlerinnen und Ermittler gezielt Sexualverbrechen an Schutzbefohlenen.

In Osthessen sanken die registrierten Fallzahlen des sexuellen Missbrauchs von Kindern im Vergleich zum Vorjahr um 35 auf 65 Fälle. Bei den Delikten im Bereich der „Kinderpornografie“ ist hingegen ein deutlicher Anstieg um 54 auf 105 Fälle zu verzeichnen. Den größten Anteil an den Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung stellt jedoch das Delikt „Verbreitung pornografischer Schriften“ mit 312 Fällen dar. Hier ist ein Anstieg um 61,7 Prozent bzw. 119 Fällen im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Mehr als jeder zweite Tatverdächtige gehört in diesem Deliktsbereich der Altersgruppe bis 21 Jahren an, fast jeder Dritte ist zwischen 14 und 17.

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