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Kurs Darstellendes Spiel der Q3 der Albert-Schweitzer-Schule präsentiert postdramatische SzenencollageFragen des Seins in krassen Szenen

ALSFELD (ol). „Kein normales Theater“ kündigte Antje Stein, Lehrerin für Darstellendes Spiel an der Albert-Schweitzer-Schule, vor wenigen Tagen dem ausgewählten Publikum aus der Schülerschaft an, die in die Aula des Gymnasiums in der Krebsbach gekommen waren, um gemeinsam mit den Akteuren auf der Bühne den „Fragen des Seins“ auf die Spur zu kommen.

Unter diesem Motto nämlich, so heißt es in der Pressemitteilung der Schule, hatten die zehn Schüler des Darstellendes Spiel-Kurses der Q3 unter Steins Leitung seit Herbst an Theaterszenen gearbeitet, die sie – nach einer eingehenden Auseinandersetzung mit dem klassischen, dem aristotelischen Theater – in die postdramatische Richtung verorteten.

Eine Richtung, in der alle Zwänge und Regeln des klassischen Theaters aufgelöst werden: Der Dialog verliert seine Bedeutung, das Publikum wird integriert, die Inszenierungen sind crossmedial. Es werden soziale, aktuelle Themen bearbeitet, doch der Zuschauer bleibt ohne Lösungsvorschlag zurück: Wie er mit dem Gesehen umgeht, welche Position sich daraus für ihn ergibt, bleibt allein seiner Person überlassen. Als Werkschau präsentierte der Kurs seine drei Szenen – auch weil diese nur einen Ausschnitt aus vielen möglichen Szenen abbildeten, eine Schau auf das Werk der Schülerinnen und Schüler seit Herbst, dargestellt als Szenencollage.

Eine Collage war bereits das Plakat, ein Zusammenschnitt aus aktuellen Motiven mit einem Schützengraben in Schwarzweiß, gespickt mit den lautmalerischen Buchstabenanordnungen des Jandl-Gedichts „schtzngrmm“, die wiederum die Schauspieler auf der Bühne rezitierten. In Filmeinspielungen stellten die jungen Leute ihre Fragen, gemünzt auf das existenzielle Thema der Arbeit. Den Einstieg machten sie mit Krieg und Gewalt. „Warum nimmt man den Atem“, fragten sie und kamen zu dem Schluss „… das Sterben liegt in unserer Hand.“ Mit wenigen Mitteln stellten sie einen eskalierenden Krieg nach, Angriffe, töten, sterben. Nur mit ihrer Mimik ließen sie die Vorstellung davon in den Köpfen der Zuschauer entstehen.

Fitness, Schönheit und Konsum ersetzten die Antworten auf die quälenden Fragen des Lebens. Foto: Traudi Schlitt

Auf diese düstere Szene folgten Tanz und Musik, Seifenblasen, zur Schau gestellte Fröhlichkeit. „Was hält die Welt im Inneren zusammen?“, fragten die jungen Leute in ihren kurzen Filmsequenzen. „Warum bin ich ich?“ und „Warum geschieht Leid auf der Welt?“ Eine der existenziellsten Fragen überhaupt „Wohin aber gehen wir, wenn es dunkel wird?“ beantwortete eine ganze Horde menschgewordener Werbeklischees: Im Fitnessstudio, im Schönheitswahn, im Essen – in allen Arten von Konsum suchen wir Erlösung. Eine irre Toncollage bekannter Werbeslogans spulten die Schauspieler und Schauspielerinnen ab, demontierten sie und verdeutlichten deren Absurdität.

Im Publikum hatten an diesem Tag Schüler der Darstellendes Spiel-Kurse der E-Phase Platz genommen. Sie nutzten die Gelegenheit, nach der Aufführung ihre Eindrücke wiederzugeben. Von den fortgeschrittenen Darstellern hörten sie einiges über die Entstehung des Stück, die Kriterien des Postdramatischen Theaters und die Bedeutung der Einbindung des Gedichts von Ernst Jandl.

Die meisten der älteren Schüler lassen sich in den nächsten Wochen im Bereich Darstellendes Spiel auch im Abitur prüfen. Obwohl Darstellendes Spiel ein Fach sei, das einem viel abverlange – nicht zuletzt ausgedehnte Proben am Wochenende und die Überwindung von Schüchternheit -, haben sie ihre Wahl nicht bereut. Im Gegenteil, sie waren sich einig: „In kaum einem Fach lernt man so viel fürs Leben.“

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