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Kolumne von Ida Lautenschläger über Bräuche und SprichwörterWas sagt Ida … zum Advent?

REGION. Es gibt Redewendungen, Bräuche und Feste, die wir alle kennen – und auf die wir dennoch einen sehr unterschiedlichen Blick haben können. In dieser neuen Kolumne beschreibt OL-Leserin Ida Lautenschläger ihre ganz persönliche Sicht auf genau diese Dinge. Zum Auftakt heute: der Advent.

Advent, Advent,
ein Lichtlein brennt.
Erst ein, dann zwei,
dann drei, dann vier,
dann steht das Christkind vor der Tür.
Und wenn die fünfte Kerze brennt,
dann hast du Weihnachten verpennt.

(Verfasser unbekannt)

 

Das Fest der Liebe zu verpassen ist heutzutage schlichtweg unmöglich, da man auf unterschiedliche Art und Weise schon fast unauffällig an die wohl schönste Zeit des Jahres erinnert wird: die Weihnachtszeit.

Mit der Weihnachts- und Adventszeit verbinde ich rasch freudige Kinderherzen. Es begeistert mich zu sehen, wie unsere Kinder sich überall die Mühe und Vorbereitungen freuen. Dieser Glanz in den Augen ist für mich das größte Geschenk. Nicht käuflich. Nicht erzwungen. Vom Herzen. Wenn man das Glück hat, die Feiertage mit Kindern verbringen zu dürfen, dann spürt man den Weihnachtszauber intensiver. Denn insbesondere für die Kleinen wohnt dem Heiligabend und den Weihnachtsfeiertagen noch ein magischer Zauber inne. Sie glauben an den Weihnachtsmann, das Christkind und den Nikolaus. Und das sollten sie sich auch noch lange beibehalten. Ich genieße es in vollen Zügen zu sehen, wenn man sich noch von solchen Details verzaubern lassen kann. Das können wir von unseren kleinen Zauberwesen gerne abschauen und in unseren Alltag einbauen.

Die Adventszeit ist auch eine Zeit der Traditionen, Bräuche und Rituale, die von Generation zu Generation weitergetragen werden. Und das hat auch einen guten Grund: Sie sind es, die unser Gefühl von Weihnachten prägen und Kindern wie Eltern im Jahreslauf Beständigkeit und Geborgenheit vermitteln. Ob Weihnachtsbaum, Bescherung oder der Adventskalender: All diese Weihnachtsbräuche gehören zu einem typisch deutschen Weihnachtsfest dazu.

Jedes Jahr aufs Neue stelle ich mir beim Gestalten des Adventskalenders die Frage: Wie soll er für die Kinder befüllt werden: Möglichst bunt, pädagogisch sinnvoll, mit einer Freu-Garantie, nicht teuer. Viele Gedanken. Viel Kleinkram. Viel zu viel ausgegeben. Wohlwissend, dass die Liebe zu unseren Kindern nicht an einem Adventskalender bemessen wird. Belesene Professoren und Psychologen sehen den Adventskalender als ein schönes Ritual, das Kindern hilft, sich im Warten zu üben, bis der große Tag endlich da ist. Kinder, die gelernt haben, auf eine Belohnung zu warten, haben nachweislich viele Vorteile im Leben, denn dadurch lernen sie, Zeit und Mühe für ein höhergestecktes Ziel zu investieren – in der Adventszeit kann man das wunderbar üben.

Wenn ich mich in meine Kindheit zurückversetze, um mich zu erinnern, wie ich meinen Adventskalender empfand, dann kann ich dazu nichts sagen, denn ich hatte keinen Adventskalender. Ich gehöre zu den Aussiedlerdeutschen und bin 1985 in Kasachstan geboren. Meine Familie und Vorfahren haben zwar die deutschen Werte und Bräuche gepflegt und gelebt, aber da wir in der ehemaligen Sowjetunion lebten, galten dort andere Bräuche. In Russland feiert man das russisch-orthodoxe Weihnachtsfest 13 Tage nach dem deutschen Weihnachtsfest, also am 6. Januar. Die Weihnachtsgeschenke bringt dort Väterchen Frost und seine Enkelin Snegurotschka; allerdings an Silvester. Die Familien versammeln sich um einen Weihnachtsbaum und essen gemeinsam.

Die Hoffnung, der Glanz und das Besinnliche

Die Tatsache, dass ich keinen Adventskalender in der Kindheit hatte, lässt mich auf etwas Wunderbares stoßen, nämlich die Tatsache, dass es nicht essentiell ist, einen zu haben. Ich wurde von meinen Eltern und Großeltern geliebt und habe mich behütet aufgehoben gefühlt – das zählt.

Was sage ich nun zum Advent? Es ist für mich mit Abstand eine glorreiche und zauberhafte Zeit, in der es erlaubt und sogar erwünscht ist, sich sinnliche Auszeiten vom Alltag zu nehmen und in sich zu gehen. Der Ursprung des Festes sollte im Zentrum des weihnachtlichen Geschehens stehen und wir dürfen uns die Hoffnung, den Glanz und das Besinnliche aus der Adventszeit gerne mitnehmen.

Ida Lautenschläger, Jahrgang 1985, gebürtig aus Kasachstan, kam mit ihrer Familie als Aussiedlerdeutsche nach Deutschland und ist in Alsfeld heimisch geworden. Ihre Lieblingsbeschäftigung neben der Betreuung ihrer zwei Kinder: Steuerrecht sowie Sprichwörter und Brauchtum. Über letztere Leidenschaft wird sie für OL zunächst für fünf Folgen eine Kolumne schreiben, die im 14-Tage-Rhythmus erscheinen sollen.  

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