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Ein Gespräch über die Corona-Situation in Griechenland„Ich lebe auch in Deutschland die griechische Quarantäne“

LAUTERBACH/ATHEN (akr). In vielen Ländern wurden bereits Ausgangssperren verhängt, seit Montag ist das nun auch in Griechenland der Fall. Doch schon einige Wochen vorher hat die Griechische Regierung strenge Maßnahmen ergriffen, um die Ausbreitung des Coronavirus weitestgehend einzudämmen. Vivi Schneider war bis vor wenigen Tagen noch in der Griechischen Hauptstadt Athen. Im Gespräch mit Oberhessen-live erzählt die 59-Jährige von der Corona-Situation in ihrem Heimatland.

Den Großteil des Jahres lebt Vivi Schneider gemeinsam mit ihrem Mann Willi in Athen, die andere Zeit über in der Kreisstadt Lauterbach. Seit 21 Jahren sind die beiden nun schon zusammen, seit 16 Jahren glücklich verheiratet. Bis vor wenigen Tagen waren die beiden ausnahmsweise mal wieder voneinander getrennt: Willi war in Lauterbach, Vivi in Athen bei ihrer Tochter. Am vergangenen Samstag hat Vivi kurzerhand der Griechischen Hauptstadt den Rücken gekehrt und einen Flug nach Deutschland genommen.

Nicht aber weil sie mit der Corona-Situation in Griechenland nicht zufrieden ist, sondern damit sie und ihr Mann nicht voneinander getrennt werden. Eigentlich war nämlich der Plan, das Willi Schneider zu ihr nach Athen fliegen sollte – sie war schon vor ihm in ihre Heimat geflogen weil sie noch etwas erledigen musste – doch dann wurde der Plan kurzerhand umgeworfen.

„Mein Sohn hat mir mitgeteilt, dass die Flüge nach Griechenland gestrichen wurden. Da habe ich Angst bekommen, dass Willi und ich getrennt werden, deswegen habe ich noch schnell am Samstag einen Flug nach Frankfurt genommen“, erklärt Vivi Schneider. Egal in welchem Land, Hauptsache zusammen und bloß nicht voneinander getrennt, nur das war den beiden in diesem Augenblick wichtig.

Auch wenn Vivi nun wieder in Deutschland, genauer gesagt in Lauterbach ist, lebt die 59-Jährige die „Griechische Quarantäne“ hier weiter. Das Haus verlässt die Griechin nur dann, wenn es wirklich nötig ist, und wenn dann auch nur mit Handschuhen und Maske. In Griechenland ist das derzeit quasi normal – wenn man in dieser ganzen Situation überhaupt etwas als normal bezeichnen kann.

Ausgangssperre in Griechenland

Seit Montag früh gilt auch in Griechenland die Ausgangssperre, 821 bestätigte Fälle gibt es laut WHO aktuell (Stand 26. März). Die Menschen dürfen ihre Häuser nur noch verlassen, wenn sie zur Arbeit müssen und kein Home-Office möglich ist, um Lebensmittel einzukaufen, zur Apotheke, zum Arzt oder mit dem Hund raus müssen. Alle Kindergärten, Schulen, Bars, Kneipen, Museen oder sonstige Einzelhandelsgeschäfte wurden bereits vor über zwei Wochen geschlossen.

Ebenfalls geschlossen wurden seit dem 23. März bis vorerst zum 30. April auch landesweit alle Touristenunterkünfte, unter anderem Hotels oder Campingplätze. Eine Ausnahme bilden hierbei jedoch drei Hotels in Athen und Thessaloniki sowie einem Hotel in den jeweiligen Hauptorten der Regionalbezirke, steht auf der Internetseite der Deutschen Vertretungen in Griechenland geschrieben.

„Die Griechische Regierung hat sehr schnell reagiert“, erzählt Schneider. Seit dem 18. März müssen darüber hinaus alle Personen, die vom Ausland nach Griechenland einreisen, sich in eine 14-tägige Hausquarantäne begeben. „Sonst drohen 5000 Euro Strafe“, betont sie.

Besonders schlimm für die griechische Bevölkerung sei gewesen, dass die Kirchen geschlossen wurden, bis auf Weiteres keine Gottesdienste mehr stattfinden dürfen. „Wir sind hier sehr gläubig. Viele haben mehr an die Kirche gedacht, als an den Virus“, betont Schneider. Eine Maßnahme, die gerade vor Ostern, dem wichtigsten Fest der orthodoxen Christen, viele Gläubige sehr hart getroffen habe.

Eine Genehmigung, um das Haus zu verlassen

Verstößt man gegen die Regelungen, dann muss man tief in die Tasche greifen, 150 Euro Bußgeld werden dann fällig. „Wer das Haus verlassen möchte, der muss eine schriftliche Erlaubnis beziehungsweise eine Genehmigung per SMS vorweisen können und natürlich seinen Ausweis dabei haben“, erklärt die 59-Jährige – auch für den Spaziergang mit dem Hund. Einfach mal schnell in den Supermarkt gehen, um ein paar Lebensmittel zu holen, auch das läuft in Griechenland anders ab, als in Deutschland.

Zunächst einmal seien Handschuhe und Mundschutz Pflicht. Wer in den Supermarkt möchte, der bekommt eine Karte – und nur mit dieser Karte darf er auch seinen Einkauf erledigen und das auch nur alleine. Jeder Supermarkt habe quasi eine gewisse Anzahl an Karten, das komme beispielsweise auf die Größe des Ladens an, erklärt Vivi Schneider. Dadurch soll verhindert werden, dass sich zu viele Menschen gleichzeitig in dem Geschäft aufhalten. Nach dem Einkauf gibt man die Karte dann wieder ab.

„Die Menschen in Griechenland halten sich daran und das ist auch gut so“, betont die 59-Jährige. Generell achte man derzeit sehr auf die Hygiene und Sauberkeit, damit sich das Virus nicht weiter ausbreiten kann. „Es wird viel mit Chlor geputzt und wenn man zum Beispiel nach dem Einkauf oder so wieder ins Haus möchte, wird die Kleidung ausgezogen und erst einmal zum Lüften draußen aufgehangen“, erklärt die Griechin.

In Deutschland gehe man mit der Situation im Gegensatz zu Griechenland noch ziemlich locker um, findet Vivi Schneider. „Ich finde das nicht so gut. Die Situation ist ganz ernst, es ist ein gefährlicher Virus. Die Ansteckungskette muss unterbrochen werden“, betont die 59-Jährige – und genau aus diesem Grund wird sie auch in Deutschland die „Griechische Quarantäne“ leben.

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