Gesellschaft8

1250 Jahre Gemünden: Teil 1 "Von der Frühgeschichte bis zur ersten urkundlichen Erwähnung"Nieder-Gemünden im Wandel der Jahrhunderte

NIEDER-GEMÜNDEN (ol). Der Gemündener Ortsteil Nieder-Gemünden feiert in diesem Jahr 1250 Jahre Dorfjubiläum. Hierzu haben sich engagierte Mitbürgerinnen und Mitbürger gefunden, die bereits seit einigen Monaten in Vorbereitungstreffen planen und organisieren, um das Fest in einem würdigen Rahmen zu begehen. Als Einführung dazu gibt es eine geschichtliche Abhandlung des Ortsteils, zusammengefasst von Bernd Reitz. Heute mit dem ersten von insgesamt sechs Teilen: „Von der Frühgeschichte bis zur ersten urkundlichen Erwähnung“.

Nieder-Gemünden liegt im Schnittpunkt zweier Täler, deren Flussläufe Markierungsmerkmale für die Besiedlung waren. Funde aus der Altsteinzeit sind selten, hingegen sind Funde aus der Jungsteinzeit öfters vorhanden, sodass auf erste Sesshaftwerdungen geschlossen werden kann. Der Beginn der Jungsteinzeit ist für Mitteleuropa mit ca. 5000 vor Christi anzusetzen.

Mit Sicherheit ist eine Besiedlung für die Bronzezeit nachgewiesen. Die Bronzezeit ist zeitlich in etwa von 2200 vor Christi bis 800 vor Christi einzuordnen. Ein dichter Gürtel von Hügelgräbern um das Mündungskreuz von Felda und Ohm sowie dem Örtenröder Wässerchen legt davon Zeugnis. Keltische Fluss- und Flurnamen weisen auf die Volksgruppe der Kelten hin (450 vor Christi bis ca. Christi Geburt).

Wenn aus der Vorgeschichte Historie und Geschichte für Nieder-Gemünden wird

Da das Besiedlungsgebiet der Chatten von Fritzlar im Norden bis Gießen und Marburg sich zog und Flurnamen auf die chattische Götterverehrung hinweisen, ist nicht auszuschließen, dass auch Chatten in der Vorgeschichte Nieder-Gemündens hier sesshaft waren. Das Kerngebiet des chattischen Siedlungsraumes waren die Ebene von Fritzlar, das Kasseler Becken sowie die westhessische Senkenlandschaft bis ins Gießener Becken. Zeitlich einordnen lässt sich diese Epoche um die christliche Zeitenwende. Am Rande sei darauf verwiesen, dass die Chatten als Namensgeber für Hessen in der Literatur bezeichnet werden. Das Wort Hessen ist auf die allmähliche Wortwandlung des Stammesnamens der germanischen Chatten ist über mehrere Zwischenschritte zum heutigen Namen Hessen zurückzuführen.

Mit der Zeitenwende nähert sich der Zeitpunkt, wo aus der Vorgeschichte Historie und Geschichte für Nieder-Gemünden wurde. Eine erste Quelle berichtet von dem Vorhandensein eins Dorfes mit dem Namen Gemunden, es ist anzunehmen, dass auch schon Straßen durch die Gemarkung führten. Ein alter Vicinalweg von Homberg kommend traf hier auf die Straße, die im späten Mittelalter (1300 bis 1500 n. Chr.) den Namen Burg-Gemunderstraße führte und eine bedeutende Nord-Südverbindung darstellte.

*****************************************************************************

Grußwort von Gemündens Bürgermeister Lothar Bott

Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger, verehrte Gäste!

In diesem Jahr feiert unser Ortsteil Nieder-Gemünden sein 1250-jähriges Bestehen. Gleichzeitig wird die Vogelsbergbahn 150 Jahre alt. Zwei klassische Jubiläen, welche es auch verdienen, gebührend gefeiert zu werden. Neben weiteren Veranstaltungen im Jahresverlauf werden die Feierlichkeiten des Ortsteiljubiläums sicherlich ihren Höhepunkt in dem stehenden Festzug am Sonntag, dem 30.08.2020 haben.

Der Festausschuss der Vereinsgemeinschaft Nieder-Gemünden hat in zahlreichen Stunden der Vorbereitung in sehr interessantes und anspruchsvolles Programm zusammengestellt. Das Dorf wird an diesem Tag zur „Flaniermeile“. Die Besucherinnen und Besucher erhalten durch zahlreiche Stände im Ort einen Überblick über Historisches und Neues und natürlich wird auch für das leibliche Wohl bestens gesorgt werden.

Mein Dank gilt daher schon jetzt all denjenigen, die sich in ehrenamtlicher Tätigkeit bei der Vorbereitung dieses Jubiläums mit eingebracht haben. Es werden aber auch im Hinblick auf die anstehenden Feierlichkeiten noch zahlreiche Helferinnen und Helfer benötigt.

Meine Bitte daher, machen Sie mit, bringen Sie sich im Rahmen Ihrer Möglichkeiten mit ein und sorgen Sie dafür, ob als Aktiver oder als Gast, dass das 1.250-jährige Bestehen unseres Ortsteils Nieder-Gemünden in gebührender Weise gefeiert werden kann.

Den Feierlichkeiten wünsche ich schon jetzt einen guten Verlauf bei hoffentlich schönem Wetter.

*****************************************************************************

So wird auch das Straßenkreuz bei Nieder-Gemünden bestimmend für die Bedeutung des Ortes im frühen Mittelalter (500 bis 1000 nach Chr.) und seine damit verbundene erste urkundliche Erwähnung in der Karolingerzeit. Die Karolinger, ein Herrschergeschlecht der westgermanischen Franken, regierten von ca. 750 bis ca. 950 nach Christi. Verbunden mit dieser Zeit ist ihr berühmtester Vertreter: Karl der Große. Karl der Große erlangte als erster westeuropäischer Herrscher am 25. Dezember 800 die Kaiserwürde. Er wurde im Petersdom in Rom gekrönt und übernahm die Nachfolge der römischen Imperatoren. Die historische Abfolge und Einordnung mag dem Leser verdeutlichen, in welche Epoche die Ersterwähnung Nieder-Gemündens erfolgte. Nicht unerwähnt in diese Zeitschiene ist Bonifatius zu nennen.

Bonifatius, sein eigentlicher Geburtsname Wynfreth, war einer der bekanntesten Missionare, Bischof von Mainz und Gründer mehrerer Klöster, darunter Fulda. Geboren wurde er um 673 und ermordet in 754 oder 755, bekannterweise ist er im Dom in Fulda bestattet. Gründe, weshalb in diesen Ausführungen auf Bonifatius Bezug genommen wird, sind darin zu sehen, dass Bonifatius sich anschickte, von der Amöneburg kommend das Christentum im Lahn- und Hessengau zu verbreiten. Vielleicht dürfte Bonifatius auf dem heute so genannten Pilgerpfad gewandert sein, sicher ist jedoch, nach ihm sind dort viele Pilger und Mönche auf dem Weg nach Fulda gewandert. Der Weg befindet sich 300 Meter nördlich der ehemaligen Nieder-Gemündener Gärtnerei in West-Ost-Richtung, der Flurname ist auch heute noch der „Pilgerpfad“.

Und genau aus Fulda kommt die für das Dorf Nieder-Gemünden entscheidende Urkunde der Ersterwähnung. Die Urkunde wird heute im Staatsarchiv Marburg aufbewahrt. In dieser Urkunde übertragen Graf Arcgoz und seine Gemahlin Liubbirc den dritten Teil ihres Besitzes zu u.a. „Zegemunden“. Die Urkunde schießt mit dem Zusatz, Graf Arcgoz übergibt in diesen Orten dem heiligen Bonifatius den dritten Teil seiner Güter mit allem Zubehör.

Diese Urkunde bedarf einiger Erläuterungen

Bei Graf Arcgoz dürfte es sich um einen Grafen des Oberlahngaues handeln. Die Urkunde selbst gehört zum Lahngaukartular der sogenannten Eberhardschen Summarien. Nach Wikipedia ist ein Kartular Zitat „eine Quelle, die die Texte von Urkunden in Abschriften“ enthält. Die zeitliche Fixierung ist von Historikern für die Zeit von 750 bis 779 angesetzt. Gutachten legen die Ersterwähnung in die Amtszeit des Abtes Sturmius
(† 17.12.779, Kloster Fulda)

Während es in der Vergangenheit vage Zweifel gab, mit dem Ort „Zegemunden“ nicht Nieder-Gemünden zu meinen, ist diese Zuordnung nun gemäß jetzigem Stand der Forschung eindeutig. Allerdings ist es forschungsüblich, bei nicht datengenauer urkundlicher Ersterwähnung von Ortschaften, das Todesjahr des jeweiligen Abtes in dessen Amtszeit eine Erstbenennung erfolgt ist, als Ersterwähnungsdatum heranzuziehen.

Da jedoch auch bereits in 1970 offensichtlich eine entsprechende Stellungnahme nicht in der Altregistratur des Staatsarchivs Marburg zu finden ist und das Hessische Innenministerium im Jubiläumsjahr anlässlich der 1200 jahr-Feier die Freiherr-Vom-Stein-Medaille genau aus diesem Grund verlieh, ist die nun anstehende 1250 Jahr-Feier ein würdiger und richtiger Rahmen, dass sich der Ort Nieder-Gemünden, seine Bürger und Gäste der Geschichte erinnern, der Gegenwart erfreuen und mit großer Zuversicht der Zukunft entgegensehen.

Weitere Informationen
Der Ortsteil Nieder-Gemünden der Gemeinde Gemünden, Felda feiert in 2020 sein 1250-jähriges Bestehen. Hierzu haben sich engagierte Mitbürgerinnen und Mitbürger gefunden, die bereits seit einigen Monaten in Vorbereitungstreffen planen und organisieren, um das Fest in einem würdigen Rahmen zu begehen.

Um die Gäste aus nah und fern, alle Gemündener und selbstverständlich auch alle Nieder-Gemündener Einwohnerinnen und Einwohner auf das Jubiläum vorzubereiten werden in den nächsten Wochen und Monaten an dieser Stelle die Geschichte, die Historie aber auch die Gegenwart und die abzusehenden Perspektiven des Ortsteils näher dargestellt.

Es wird der Versuch unternommen innerhalb verschiedener Epochen und Themen das Entstehen, die Entwicklung und das Leben des Dorfes den geneigten Lesern näher zu bringen. Als Quellen hierzu dienen das Heimatbuch der Gemeinde Gemünden, Festschriften von vergangenen Jubiläen, Aufzeichnungen aus Archiven, Hintergrundarbeiten verschiedener Autoren und persönliche Gespräche, Bilder hierzu stammen aus öffentlich zugänglichen Quellen.

Zur Einstimmung auf die im Laufe des Jahres anstehenden Feierlichkeiten wird diese Berichterstattung in den kommenden Wochen fortgesetzt. Erwarten darf der Leser hierzu Hintergründe und Informationen zur kirchlich-religiösen Entwicklung, der Wirtschaft, der Schule, der Verkehrswege und einiges Andere: Mit anderen Worten: Nieder-Gemünden im Wandel der Jahrhunderte.

8 Gedanken zu “Nieder-Gemünden im Wandel der Jahrhunderte

  1. Ich halte mich für intelligent und frage mich daher, was eine Diskussion über die A49 zu einem Beitrag über die Geschichte von Nieder-Gemünden zu tun hat.
    Leute, nehmt Eimerchen und Schäufelchen und geht auf den Spielplatz um euch zu Zanken.
    Meiner Meinung nach ist es durchaus möglich das Nieder-Gemünden und Umliegend mehr an Wohnreiz bekommt, da Kassel mit der Fertigstellung der A49 mindestens 45 Minuten näher heranrückt.
    Von weniger Emission durch kürzere Wege mal abgesehen …

  2. 1250 Jahre Ortsgeschichte! Und dann ein „geschichtlicher Abriss des Ortsteils“! Armes Nieder-Gemünden! Schlimm, schlimm! Gut dass für die B49 nur ein paar Bäume und Sträucher gerodet werden müssen. Die Dörfer können dem Vernehmen nach doch stehen bleiben, oder? Braunkohle gibt es in der Gegend ja Gottseidank nicht. Höchstens in den Köpfen einzelner Agros.

    1. Lieber Herr Liederlich,

      die Abhandlung von Herrn Reitz ist äußerst fundiert und sehr interessant.
      Ihr Kommentar kommt mir allerdings etwas merkwürdig vor, aber vielleicht interpretiere ich falsch. Sicher liefern Sie uns noch eine Erklärung für die Qualifizierung „Armes Nieder-Gemünden!“ Ich bin gespannt auf Ihre Ausführungen!

      1. Hallo Herr Beobachter!
        Nichts gegen Herrn Reitz und seinen „historischen Abriss“. Man hätte den vielleicht als historische Abhandlung oder Chronik vorstellen können. Dann hätte man wenigstens das Wortspiel mit dem Abriss vermieden, den das „arme Nieder-Gemünden“ nach 1250 Jahren nun „erleiden“ muss.

      2. Aber Sie wollen jetzt nicht in Abrede stellen, dass das Thema Armut sowohl historisch als auch aktuell einen erheblichen Stellenwert in der Geschichte des nordöstlichen Vogelsbergkreises hat?! Sich „der Geschichte erinnern, der Gegenwart erfreuen und mit großer Zuversicht der Zukunft entgegensehen“ liest sich wie das Motto eines Festprogramms. Aber begeht man dafür solche 1250-Jahr-Feiern? Ich wäre für eine realistische Bestandsaufnahme an Stelle von „Feierlaune“.
        Von einer regelrechten Armutswanderung in den Vogelsbergkreis wurde noch auf einer Tagung im Jahr 2013 in Burg-Gemünden gesprochen (vgl. https://www.giessener-allgemeine.de/vogelsbergkreis/kluge-gehen-arme-kommen-12072365.html). Und je weiter man in die Vergangenheit zurück geht, um so drastischer wird das Bild zunehmender bzw. sogar tiefster Armut als Massenphänomen. Die Geschichtsschreibung hatte lange Zeit die Geschichte der Adels-Eliten in den Vordergrund gestellt. Erst relativ spät wendte sich die Forschung den Lebensverhältnissen des Volkes zu (https://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/infoclio.asp?type=rezbuecher&id=17893&pn=rezensionen).

    2. Wer „disliked“ hier eigentlich so frenetisch? Leute, die den Joke nicht verstanden haben, humorlose Nieder-Gemündener oder Braunkohle-Agros? Es gab mal einen Bundeskanzler. Den nannten sie „Birne“. Der sprach gern vom „Mantel der Gechichte“.
      Der wäre jetzt gut als Abriss-Birne. Und jetzt gleich wieder disliken! Däumchen runter gegen heimatschädigende Witze. Ja, gib ihm! Und noch einen! Und noch einen!

      1. Die Sache mit den „Likes“ bzw. „Dislikes“ darf man bei OL nicht so eng sehen, aus irgendwelchen unerklärbaren Gründen kommt da manchmal ein Multiplikator mit ins Spiel.
        Das habe ich selbst schon mehrfach erlebt, gerade in letzter Zeit, bis zu 20-fach mit einem Click.

      2. Genau! Und gleich erst mal 100 Dislikes aus dem Däumchen-Generator. Glaubt auch jeder Doofe. Steck sie dir in den …

Comments are closed.

Schreibe einen Kommentar

Bitte logge Dich ein, um als registrierter Leser zu kommentieren.

Einloggen Anonym kommentieren