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Podiumsdiskussion zum Thema Europawahl im Alsfelder MarktcaféEin Austausch über die Zukunft Europas

ALSFELD (ol). Ende Mai stehen die Europawahlen an. In Alsfeld gab es dazu kürzlich eine Podiumsdiskussion mit Vertretern verschiedener Parteien dazu. Was Europa für unsere Heimat bedeutet wurde genauso diskutiert wie die Frage, ob wegen des Brexits gegenüber den Briten nun Schadenfreude angebracht sei. 

Etwa 30 Gäste hatten sich zu der Veranstaltung im Alsfelder Marktcafé eingefunden. Stephan Paule, Bürgermeister des Kreisverbandes der überparteilichen Europa-Union und Bürgermeister der Stadt Alsfeld, fungierte als Moderator.

Mit ihm auf dem Podium saßen für die Linke Heidemarie Scheuch-Paschkewitz (europapolitische Sprecherin), für die CDU Thomas Mann (Europaabgeordneter), für die SPD Matthias Körner (Kandidat auf der Landesliste Hessen), für die AfD Gerd Morgenthaler (Kreissprecher im Vogelsberg) und für die FDP Dr. Thomas Lieb (Spitzenkandidat auf der Landesliste Hessen). Von den Grünen gab es leider eine Absage.

Zum Einstieg betonte Paule, dass die anstehende Europawahl sehr besondere sei, er sprach von einer „Schicksalswahl“. Es dauerte aber nicht lange und Paule stieg mit der einleitenden Frage an die Kandidaten ein: „Was ist die bedeutendste Errungenschaft der EU im Blick auf unsere Heimat?“

Auf diese Frage herrschte Einigkeit bei CDU, SPD, FDP und Linken, alle waren der Meinung, durch die EU sei Frieden entstanden. Gerd Morgenthaler (AfD) hingegen konnte sich den anderen Kandidaten nicht anschließen, er argumentierte, dass der Frieden kein Verdienst der EU sei und wurde letztendlich in seiner Antwort unterbrochen, da er nicht mehr auf die eigentliche Frage einging.

Das heißeste Thema: Brexit

Schon bei seiner Begrüßung ging Paule auf das Thema, das Europa gerade so sehr beschäftigt wie kein anderes. Der Brexit, das Ausscheiden des Vereinigten Königreiches aus der Europäischen Union, sei so besonders, weil noch nie zuvor ein Land die Union habe verlassen wollen.

„Ist Schadenfreude gegenüber England und dem Brexit angebracht?“, fragte Paule in die Runde. Thomas Mann (CDU) betonte, dass es das Beste sei, wenn England seinen Antrag zurückziehe und in der EU bleibe. „Die Menschen, die für den Brexit gestimmt haben, sind auf Populisten reingefallen“, sagte er.

Matthias Körner (SPD) antwortete auf die Frage ebenfalls geschockt. „Der Brexit ist ein einziges Chaos, England will nächsten Freitag aussteigen und weiß diesen Freitag noch nicht wie das funktionieren soll.“ Und auch Lieb von der FDP schloss sich an: „Nichts macht deutlicher, wie wichtig Wahlen sind, wie die Situation in England“, sagte er. Des Weiteren habe er sich gewünscht, dass die Kanzlerin einmal persönlich in London mit der Regierung geredet und sich nicht so herausgenommen hätte. „Natürlich wünsche ich mir, das England dabei bleibt, ich glaube aber nicht daran.“

Genauso sah das ganze auch Heidemarie Scheuch-Paschkewitz von den Linken: „Schadenfreude ist auf keinen Fall angebracht, wir waren alle geschockt, als wir die Wahlergebnisse sahen.“ Die AfD sprach davon, dass die Abstimmung über den Brexit demokratisch gewesen sei. Morgenthaler argumentierte, dass die Briten früher die Welt beherrscht hätten und sich nun von der EU Vorschriften machen lassen müssten. Es sei nachvollziehbar, dass ihnen das nicht passe.

Ist Europa zu Bürokratisch?

Paule fragte als Nächstes danach, ob Europa zu bürokratisch sei. Und auch zu dieser Frage fand sich viel Einigkeit bei den Kandidaten. Europa, so war ihre Meinung, würde sehr schnell schlecht geredet werden.

„Die Bürokratie wird für Softwarefälschungen von der Automobilindustrie verantwortlich gemacht“, so Matthias Körner. Thomas Mann sprach von engagierten Beamten, die alle mindestens drei Sprachen beherrschen und Heidemarie Scheuch-Paschkewitz von einer offenen Behörde, die „Stammtisch-Gerede“ ohne Lösungen abhalte, jedoch stimmte sie Thomas Mann zu: „Die Beamten in Brüssel sprechen alle drei Sprachen.“ Gerd Morgenthaler sprach davon, dass die EU zu viele Formulare stelle, die EU-Reglungen seien zudem oftmals nicht leicht zu verstehen. Rhomas Lieb von der FDP sprach davon, dass die Abgeordneten geforderten seien und bürgernah gesprochen werden müsse.

Schuldenkrise

Ein Thema durfte in der Diskussion nicht fehlen: die Schuldenkrise in den südlichen Ländern Europas. Auf diese Frage antwortete Gerd Morgenthaler als Erstes und sagte, die Schuldenkrise wäre nicht zustande gekommen, hätte man mehr auf Zahlen geschaut, dadurch hätte man den Griechen und den Deutschen viel erspart. Weiter sagte er: „Griechenland wurde mit Überschreitungen der Gesetze gerettet. Italien schaffen wir nicht, Gesetze gegen die Mafia und die Regierung? – die können sich doch erlauben, was sie wollen.“

Heidemarie Scheuch-Paschkewitz sagte das soziale Gefüge in Griechenland sei zerschlagen worden. „In einer Wirtschaftskrise muss investiert, nicht gespart werden.“ Des Weiteren sei Italien nicht mit Griechenland vergleichbar. Lieb verdeutlichte: „Das ist ein wahnsinnig schwieriges Thema.“ Regeln müssen wieder ernster genommen werden, EU-Projekte sollten aus der Krisensituation führen, dazu zähle zum Beispiel die Digitalisierung. SPD-Kandidat Körner wirkte etwas aufgeschmissen bei seiner Antwort, die er mit den Worten: „In Griechenland war die Frage, wer bescheißt mich auf welche Weise?“ begann. „Wir haben aufgehört, Griechenland zu stabilisieren, die Leute haben keine Krankenversicherung mehr.“ An dieser Stelle mischte sich ein Bürger mit den Worten „Griechenland raus“ ein, Körner antworte auf diese Aussage klipp und klar mit Nein. Und auch Thomas Mann verdeutlichte, es sei bitter, wie die Menschen in Griechenland leiden müssten. „Wir wollen die Griechen an Bord halten“, Friedensfähigkeit und Gemeinsamkeit seien essenziell.

Europa-Union 2020

An letzter Stelle forderte Paule die Kandidaten zu einer Stellungnahme zu einem gemeinsamen EU-Haushalt auf – und kundzutun, was sie sich für die EU für das Jahr 2020 wünschen würden.

Matthias Körner ging dabei auf Chancen von Jugendlichen ein. „Geld soll für Generationen mit hoher Jugendarbeitslosigkeit verwendet werden. Nicht stattgefundene Bildung ist schlimmer als Staatsschulden“, sagte er. Auch Lieb ging auf Bildung ein, seiner Meinung nach solle 2020 Bildungsfreiheit herrschen, alle Schülerinnen und Schüler sollen, ohne finanzielle Unterstützung der Eltern, die Möglichkeit haben, mindestens sechs Monate in einem anderen Land zur Schule zu gehen. Er sprach sich außerdem für eine gemeinsame, europäische Armee aus.

Heidemarie Scheuch-Paschkewitz sprach davon, dass die duale Ausbildung, wie sie in Deutschland möglich ist, exportiert werden müsse. Außerdem müsse die Agrarpolitik geändert werden: „Die bäuerliche Landwirtschaft profitiert nicht, die großen Konzerne greifen die Subventionen ab.“ Gerd Morgenthaler war der Meinung: „Das Geld wird zerwaltet“ Außerdem sei Europa angeblich grenzenlos, habe aber doch Grenzen. Für 2020 wünschte der Kandidat der AfD sich, dass die „Trümmer“ der Bundeswehr wieder einsatzbar gemacht würden.

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