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Ein Drehtag beim "Blaulichtkanal"Die Lebensretter mit Youtube-Kanal

ALSFELD (akr). „Es ist einfach anders, als es im Fernsehen gezeigt wird“, sagt Rettungsassistent Marius Zimmer. Damit die breite Öffentlichkeit einen echten Einblick in den Rettungsdienst erhält, dreht er gemeinsam mit Rettungssanitäter Christoph Schober und Rettungsassistentin Hanah Stradal Videos für ihren Youtube-Channel „Blaulichtkanal“. Ein Besuch beim Drehtag.

Marius öffnet die Tür zum Wachraum. Mit zwei Softboxen bepackt betritt er den kleinen Eingangsbereich der Rettungswache in Kirchhain. Hier stehen schon Christoph und Kollege Johannes, der heute aushilft. Sie warten, dass die nächste Szene gedreht werden kann. Die Softboxen, professionelle Videoleuchten, stellt Marius etwa eineinhalb Meter voneinander entfernt auf. Am kleinen Rad hinter den Schirmen regelt er die Helligkeit. Die LED-Paddles, kleine rechteckige Leuchten, stehen schon bereit. „Das Licht und der Ton sind das A und O“, sagt der 25-jährige Rettungsassistent. Anschließend positioniert er die Kamera samt Stativ.

Marius stellt das Licht der Softboxen ein. Fotos: akr

Seit zwei Monaten drehen Marius, Christoph – beide wohnen in Mücke – und Hanah aus Alsfeld regelmäßig Videos für ihren Youtube-Channel „Blaulichtkanal“. Zwischen fünf und 15 Minuten sind sie lang. Acht Videos hat das Team vom Blaulichtkanal bereits für seine mittlerweile über 2000 Abonnenten veröffentlicht. „Wir wollen mit unseren Videos der breiten Öffentlichkeit zeigen, was hinter dem Rettungsdienst steckt. Es ist einfach anders, als es im Fernsehen gezeigt wird“, erklärt Marius. Im Fernsehen werde oft alles sehr actionreich dargestellt, es werde selten gezeigt, was im Hintergrund wirklich passiert.

Bereitschaft, Rettungsdienst, Feuerwehr und Lehrvideos, das sind die Bereiche, die die drei abdecken wollen – und die bauen aufeinander auf. „Im Endeffekt geht es darum, einen Einblick in den Rettungsdienst zu geben, dass ein größeres Verständnis für Ehrenamt und Hauptamt aufgebracht wird“, sagt Marius lächelnd. Ihren Kanal finden nicht alle Kollegen gut. „Es gibt da den totalen Zwiespalt. Viele Kollegen finden es super, dass sich endlich mal jemand aufgerafft hat, zu zeigen, dass einfach mehr dahinter steckt“, sagt Marius. Andere hingegen – gerade ältere Kollegen – sind davon nicht überzeugt, finden es „nassgeschwitzt“. „Aber davon lassen wir uns nicht beirren. „Der Großteil findet es gut“, sagt er.

Kennengelernt haben sich die drei durch ihren Job. Marius und Hanah sind Rettungsassistenten, Christoph Rettungssanitäter. Die Idee zum Youtube-Kanal schwirrte Marius schon länger im Kopf. „Ich finde den Beruf so cool und es steckt so viel mehr dahinter, als man denkt“, lächelt Marius. Viele Menschen würden denken, dass sie lediglich die Patienten einladen und los fahren. „Manche halten uns für Transporteure und denken, wir würden sonst nichts machen. Dass wir aber richtig Medizin machen und eine sehr umfangreiche Ausbildung absolvieren, das wissen nicht viele“, erklärt er.

Es geht ihm darum, zu zeigen, was er uns seine Kollegen alles tun, wenn sie zu einem Patienten kommen. Dass sie ihn von Kopf bis Fuß untersuchen, Medikamente geben können. „Die Leute sind kompetenter als manche vielleicht denken“.

Marius, 25, ist schon seit längerem bei Instagram aktiv, postet regelmäßig Fotos aus seinem Arbeitsalltag. „Über Bilder kann man aber nicht so viel rüber bringen, wie über Videos“, erklärt er. Deswegen dreht er zusammen mit seinem Team die Clips.

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Viel los momentan… In jedem der letzten Dienste hatten wir echt viel zutun. Von Herzinfarkt bis schwerem Verkehrsunfall war alles dabei. Da ist es das A und O, nachdem wir vieles verbraucht haben während eines Einsatzes, danach wieder alles ordentlich aufzufüllen. Denn steht man bei einem Notfall in der Wohnung und plötzlich fehlt etwas wichtiges, ist man echt aufgeschmissen. Wir haben heute jedenfalls alles tiptop aufgefüllt und das Fahrzeug nach Liste gecheckt. Denn das ist montags unter anderem unsere Tagesaufgabe. So können die Kollegen den Retter beruhigt übernehmen. ??? #Rettungsassistent #rettungsdienst #rtw #rettungswagen #deutschesroteskreuz #notfall #notfallrucksack #rettungswache #paramedic #ambulance

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Die konkrete Idee dazu kam ihm spontan, als er vor einiger Zeit mit Christoph gemeinsam im Rettungswagen stand und erzählte, dass er sich gerne eine Kamera kaufen wollte, um Videos machen zu können. Wie es der Zufall wollte, besaß Christoph genau diese Kamera. Marius schlug ihm seine Idee vor und Christoph war dabei. „Dann haben wir noch Hanah ins Boot geholt“, lacht er. Hanah ist an diesem Drehtag nicht dabei, die Arbeit ruft. Dafür springt Johannes ein. Johannes ist heute das erste Mal dabei, quasi als Gast. Er kennt sich in der Feuerwache in Kirchhain aus, Marius und Christoph nicht. 2011 hat der 25-jährige Johannes sein Freiwilliges Soziales Jahr im Rettungsdienst begonnen, seit 2013 arbeitet er als Rettungsassistent in Kirchhain. „Diese Wache gehört zu den neueren, moderneren“, erklärt Marius. „Deswegen drehen wir hier“.

Die Vorstellung einer Rettungswache

Während Marius mit der Kameraeinstellung beschäftigt ist, schnappt sich der 21-jährige Christoph das Tablet, klappt die rote Hülle auf und liest sich noch einmal die Fragen beziehungsweise Stichpunkte durch, um die es gehen soll. Das Thema des heutigen Videos ist die Vorstellung eine Rettungswache: Was gibt es für Räumlichkeiten? Was macht man in der einsatzfreien Zeit?

Während Marius die Kamera einstellt, checkt Christoph noch schnell die Stichpunkte für den heutigen Dreh.

Christoph legt das Tablet wieder beiseite und stellt sich mit Johannes vor die hellbraune Garderobe, an der einige orangene, neonfarbene Jacken hängen. Sie dienen dazu, dass man beim Einsatz gut gesehen wird. Bevor die Szene gedreht wird, zückt Marius allerdings erst einmal sein Handy aus der Hosentasche und macht noch eine kurze „Instastory“, ein nur wenige Sekunden langes Video für seine Instagram-Seite. Über 8000 Follower hat der Rettungsassistent bereits. Dann geht es los. Marius gibt das Okay und Christoph schlüpft in die Rolle des Unwissenden. Er stellt die Fragen, Johannes beantwortet sie. Es ist ein lockeres, freies Gespräch.

Christoph und Johannes beim Dreh.

Immer wieder blicken beide direkt in die Kamera. „Wir wollen den Zuschauer auf Youtube direkt ansprechen“, erklärt Marius. Auch die zuvor gedrehte Szene wird wieder aufgegriffen: „Johannes hat uns ja bereits die Wache gezeigt, mir schwirren aber immer noch Fragen im Kopf“, sagt Christoph mit Blick in die Kamera. „Wie lange bist du im Dienst, wenn du eine Schicht hast?“, fragt er. „12 Stunden. Entweder von 7 Uhr morgens bis 19 Uhr abends oder andersrum“, antwortet Johannes. Währenddessen hält Marius das Tablet mit den Notizen über die Kamera, damit Christoph die Fragen aufgreifen kann. „Es ist schwer, sich in jemand unwissenden hineinzuversetzen“, erklärt der 21-Jährige. Deswegen blickt er immer wieder in Richtung Tablet, damit er nichts wichtiges vergisst.

Christoph, Johannes und Marius drehen ein neues Video für den Blaulichtkanal.

Dann legen die drei eine kurze Pause ein. Nicht zum Verschnaufen, sondern um sich kurz zu besprechen: Konnten sie alle relevanten Fragen abdecken? Stimmt die Beleuchtung, der Ton? Seit etwa einer Stunde drehen die drei bereits. Weiter geht es. „Frühstückt ihr gemeinsam in der Rettungswache?“, fragt Christoph. Die Szene muss allerdings nochmal eingefangen werden. Eine der kleinen Leuchten ist ausgegangen. Also alles von vorn, bis auch dieser Take im Kasten ist. Marius setzt sich die Kopfhörer auf, überprüft noch einmal den Ton. Alles stimmt. Szenenwechsel.

Das Equipment der Beleuchtung wird um 45 Grad nach links gedreht, auf den Sportcontainer gerichtet. Die Kamera übernimmt dieses Mal Christoph. Er nimmt sie vom Stativ und filmt Johannes, wie er die Hanteln, Matten und Sportutensilien aus dem roten Container zeigt. Eine kleine sportliche Einlage bekommen die Youtube Zuschauer anschließend auch noch zu sehen. „Ich glaube, das Video wird ganz geil“, sagt Marius, und die drei machen sich auf den Weg, am Rettungswagen vorbei, ins Materiallager. Ein sehr kleiner Raum, doch auch hier darf die Softbox nicht fehlen. Die Beleuchtung muss schließlich stimmen.

Johannes übernimmt das Filmen, Marius richtet das LED-Paddle auf Johannes.

Doch das ganze Filmequipment hatten sie nicht von Anfang an. „Bei unserem ersten Video haben wir noch Silberdecken über eine Kirmeszeltgarnitur gelegt und das quasi als Spiegel für das Licht genutzt“, lacht Marius. Jetzt ist es für die Filmer unvorstellbar, ohne Profi-Equipment zu arbeiten. Teilweise haben sie es sich ausgeliehen, teilweise selbst gekauft. So wie die neue Kamera, die heute zum ersten Mal zum Einsatz kommt.

Die letzte Szene

Marius tritt vor die Linse, öffnet den Schrank mit Medikamenten und Verbandszeug. „Alles was man auf einem Einsatz verbraucht, muss im Rettungswagen direkt wieder aufgefüllt werden“, erklärt er. Der Schrank wirkt unordentlich, hat aber ein striktes System. Für die Nahaufnahmen nimmt Christoph die Kamera wieder vom Stativ.

Ein Einblick in das Materiallager.

Mit langsamen Bewegungen schwenkt er die Kamera am Schrank vorbei und fängt die Aufnahmen ein. Die drei sind nach fast zwei Stunden fertig für heute, fehlt nur noch das Schnittmaterial. Schnell drehen sie noch ein paar Nahaufnahmen vom Rettungswagen und wie die Tür des Lagers aufgeht. Das wird das Video füllen, auflockern, verschiedene Perspektiven zeigen. „Das wird ein geiles Video“, ist sich Marius sicher und Christoph macht die Kamera aus.

Und hier das Ergebnis

 

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