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Evangelisches Dekanate Alsfeld und Vogelsberg gehen zusammenWas die Fusion der beiden Dekanate bedeutet

ALSFELD (ls/jal). Bis zum 1. Januar werden die beiden Dekanate Alsfeld und Vogelsberg zu einem Dekanat fusionieren. Diese Nachricht schlug Wellen – vor allem, weil niemand so genau wusste, was das jetzt eigentlich bedeutet. Langfristig soll es den Fortbestand der Evangelischen Kirche in der Region sichern – kurzfristig gesehen ist es für die Verantwortlichen erst einmal eine Menge Arbeit.

Es ist eine große Aufgabe, vor welcher die Kirchenvertreter da stehen. „Herausforderung“ – dieses Wort fällt oft, wenn der Alsfelder Dekan Dr. Jürgen Sauer über das spricht, was da auf ihn zukommt. Aus den zwei mittelgroßen Dekanaten Alsfeld und Vogelsberg soll ein großes werden – ein kirchlicher Verwaltungsbezirk mit 50 Pfarrern und 80 Pfarrgemeinden. Im nächsten Jahr soll das neue Dekanat offiziell stehen – der Endspurt des aufwendigen Projekts, er liegt ausgerechnet in der Weihnachtszeit.

Beide Dekanate waren zunächst gegen die Fusion, welche die Landeskirche EKHN zu verantworten hat. Dass der Zusammenschluss von beiden Seiten her keine Liebeshochzeit sei, liege aber nicht an den alten Animositäten zwischen Alsfeld und Lauterbach, betont Luise Berroth. Sie leitet kommissarisch das alte Dekanat Vogelsberg. Es liege lediglich daran, dass einige das neue Dekanat wegen seiner geographischen Größe schier unpraktisch fänden. Das Gebiet erstrecke sich bis auf einige Ausnahmen dann fast über die komplette Fläche des Vogelsbergs – das bedeute beachtliche Fahrwege für einige Mitarbeiter.

Landeskirche plant die Fusionen einzelner Dekanate

Aus diesem Grund versuchten die Dekanate zunächst, das Kirchengesetz, welches die Zusammenlegung der beiden Bezirke vorsieht, auf unbestimmte Zeit auszusetzen. So heißt es in einem entsprechenden Antrag einer Dekanatssynode (einer Art Kirchenparlament) aus dem Jahr 2014: „Fusionsbefürworter sprechen stets von der Schaffung ‚starker Dekanate’. Faktisch kommt es aber zu einer Schwächung, denn das Dekanat rückt weiter von den Kirchengemeinden weg, eine Entwicklung, die zur Entfremdung führt, Abstimmung und Dialog erschwert und passgenaue kreative Lösungen vor Ort geradezu verhindert.“

Wir rechnen nicht wirklich damit, vor Ort Geld zu sparenDekanin Luise Berroth

Doch warum plant die Landeskirche überhaupt die Zusammenlegung? „Wir rechnen nicht wirklich damit, vor Ort Geld zu sparen“, sagt Pfarrerin und Dekanin Luise Berroth. Die Sache sei komplex, denn sicherlich gehe es der Landeskirche auf einer anderen Ebene schon darum, Geld effizienter einzusetzen. Denn welches Dekanat welche Stellen von der Landeskirche bewilligt bekommt, hängt davon ab, wie viele Mitglieder es hat. Und weil immer weniger Menschen der älterwerdenen Bevölkerung in der Kirche sind, bekommen kleinere Dekanate logischerweise weniger Stellen zugeschrieben.

Dieses Problem werde das neue Dekanat Vogelsberg nicht mehr haben, sagt Berroth. Der Schritt garantiere also die weitre Handlungsfähigkeit der Kirche in der Region. Denn nach der Fusion wird der neue Bezirk mit fast 60.000 Mitgliedern auf 1182 Quadratkilometern das flächengrößte Dekanat der Landeskirche sein.

Neuer Sitz und neuer Name stehen bereits fest

Mittlerweile haben sich die Kirchenverantwortlichen im Vogelsberg mit dem Schritt arrangiert – und das Gestalten begonnen. So steht zum Beispiel schon der Name des neuen Dekanats fest: Es soll – so wie das eine der beiden schon jetzt – Evangelisches Dekanat Vogelsberg heißen. Das sei das einfachste gewesen, sagt Sylvia Bräuning, die Alsfelder Vorsitzende aus dem Dekanatssynodalvorstand. Der neue Name sollte die Worte Evangelisch und Dekanat enthalten und einen regionalen Bezug haben. Man dachte auch über das Dekanat „Weitblick“ nach, weil die Fläche von dem neuen Bezirk ja jetzt so groß sei, aber Dekanat Vogelsberg klinge dann doch regionaler.

Blick in die Synode, welche den neuen Namen und Standort beschloss. Foto: Dekanat Alsfeld

Blick in die Synode, welche den neuen Namen und Standort beschloss. Foto: Dekanat Alsfeld

Kniffliger sei da schon die Wahl des neuen Standorts gewesen, heißt es. Die Mitarbeiter seien in den Prozess eng mit eingebunden worden. Über 20 Gebäude habe man sich in der Region angeschaut. Am Ende habe man sich für das Gebäude der VR-Bank in der Alsfelder Löbergasse entschieden.

Statt Neubau ein Zeichen in Sachen Nachhaltigkeit

Insgesamt drei mögliche Standorte habe man vorher in die engere Wahl genommen: Das alte Pfarrhaus auf dem Alsfelder Kirchplatz, das alte Holzwerk in Lauterbach – und eben das VR-Gebäude. Das Pfarrhaus hätte man schon gerne als neuen Sitz gehabt, sagen die Kirchenvertreter. Der Ort sei „charakterstark“ – was gibt es auch besseres und treffenderes als ein Dekanat, welches in ein altes Pfarrhaus einzieht? Doch die Möglichkeit schied bei genauerer Betrachtung leider aus. Zu baufällig war das Haus, für die Besucher und Mitarbeiter gab es drum herum zu wenig Parkplätze.

Auf Nummer eins der Wunschliste stand aber die alte Holzfabrik in Lauterbach. Das Gebäude ist groß – zu groß, für das neue Dekanat. Man habe gehofft, dass das Diakonische Werk mit umziehe, damit der Standort finanzierbar sei, doch das klappte leider nicht. Damit war es beschlossene Sache: Das Dekanat Vogelsberg wird seinen Sitz in Alsfeld haben. Im VR-Gebäude gebe es nur wenig zu renovieren, die Räume seien in einem guten Zustand, sagt Bräuning.

Jeder macht seine Arbeit etwas anders und ich glaube, das beste Rezept ist, beide Arbeitsweisen zusammen zu werfen Dekan Dr. Jürgen Sauer

Ende 2018/Anfang 2019 soll der Umzug in die Löbergasse beginnen. Am Ende sollen 20 Menschen dort arbeiten können. „Durch die Fusion fällt kein Arbeitsplatz weg“, sagt Sauer. Er sehe der Fusion nun sehr optimistisch entgegen. „Jeder macht seine Arbeit etwas anders und ich glaube, das beste Rezept ist, beide Arbeitsweisen zusammen zu werfen und aus dem besten von beiden etwas Neues zu schaffen.“

Diskussionen über einen Neubau habe es zwar gegeben, doch die habe man schnell aufgegeben. „Es gibt so viele leerstehende Gebäude in der Region und um ein Zeichen in Sachen Nachhaltigkeit zu setzen, haben wir uns entschieden, nicht einfach ein neues zu bauen, sondern ein bereits vorhandenes zu nutzen“, sagt Bräuning.

Neues Dekanat, neuer Dekan

Doch das bedeutet im Umkehrschluss vor allem eine Umstellung für die Mitarbeiter des „alten“ Dekanats Vogelsberg, das ja bislang seinen Sitz in Lauterbach hat. Sie müssen nun nach Alsfeld pendeln. Betroffen seien davon nicht nur die festangestellten, sondern auch die etlichen ehrenamtlichen Mitarbeiter. Aber eine erste gemeinsame Synode habe gezeigt: „Die Leute waren trotz weiterem Fahrwegs da – und es hat alles sehr gut geklappt“, sagt Bräuning.

Winfriede Fuhrmann, Ina Wittmeier, Dekan Dr. Jürgen Sauer und Präses Sylvia Bräuning. Foto: TS

Das Evangelische Dekanat arbeitet mit vielen freiwilligen und ehrenamtlichen Helfern zusammen. Besonders die Jugendarbeit, der sozialpädagogische Dienst, Sprachmittlerarbeit – also Dolmetscherdienste – und einige andere bildungsübergreifende und soziale Projekten betreut die Kirche. Bei neueren Projekten habe man bereits darauf geachtet, dass die beiden Dekanate zusammen arbeiten und ineinander übergreifen, sagt Sauer. Eine Steuerungsgruppe ist gebildet worden, die aktiv die gemeinsame Arbeit gestaltet.

Fragt sich nur noch, wer der neue Dekan des neuen, großen Dekanats werden soll. Das werde in einer Wahl im kommenden Jahr entschieden, heißt es. Bewerben kann sich jeder Pfarrer und jede Pfarrerin auf Lebenszeit aus der Landeskirche. Berroth sagte gegenüber OL, sie habe keine Ambitionen auf das Amt. Auch Dekan Sauer wird nicht zur Wahl antreten. Er beabsichtige ab 2019 in den Ruhestand zu gehen.

Ein Gedanke zu “Was die Fusion der beiden Dekanate bedeutet

  1. Finde das sehr gut.
    Viel wichtiger ist Alsfeld kann nicht mehr machen was es will!!! Andere bekommen es in Zukunft mit! In der Vergangenheit gab es Alsfeld und Deckel drauf.Jeder kann sich die Frage stellen,wer dafür die Verantwortung trägt?

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