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Oberarzt Dr. Friedrich Jungblut referierte zum Thema „Burn-out“ im Lauterbacher Eichhof KrankenhausWenn uns die Arbeit ausbrennen lässt

LAUTERBACH (mf). Für die einen ist „Burn-out“ ein neumodisches Pseudo-Krankheitsbild, für die anderen eine ernst zu nehmende und häufig auch therapiebedürftige Erkrankung. Wenn zu viel Arbeit und zu viel Stress dafür sorgen, dass wir unsere Leistungsfähigkeit oder gar die mentale Gesundheit einbüßen, sollte die Notbremse gezogen werden.

In unserer leistungsorientierten Gesellschaft gehören Stress und Termindruck für die meisten Menschen zum Alltag. Die eigenen Erwartungen, die Anforderungen von Familie und Arbeitskollegen, in Kombination mit unzureichender Erholung sorgen im Zusammenspiel häufig für Erschöpfung. Diese dauerhafte (psychische) Belastung kann sich über einen längeren Zeitraum in diversen Krankheitsbildern manifestieren. Ein weitläufig bekannter Begriff ist dabei das berühmte „Burn-out-Syndrom“.

Dr. Friedrich Jungblut, Oberarzt der Abteilung Psychotherapie und Psychiatrie der Eichhof-Stiftung Lauterbach, hat am Donnerstagabend im Lauterbacher Krankenhaus einen umfassenden Vortrag unter dem Titel „Ausgebrannt und demotiviert: Wenn der Alltag kaum mehr zu bewältigen ist“, gehalten.

„Burn-out“ sei keine psychische Erkrankung oder Verhaltensstörung im Sinne der klassischen Klassifikationssysteme, sondern gelte mehr als Synonym für das gesamte Problemfeld arbeitsbedingter Erschöpfungszustände. Dabei entwickle sich dieses Phänomen bei Betroffenen immer phasenweise und weiße dabei drei Dimensionen auf: die emotionale Erschöpfung, Zynismus und Distanzierung sowie die folglich verminderte (Arbeits-)Leistung.

Keine klaren Grenzen zwischen „Burn-out“ und Deppresion

Betroffene Menschen leiden häufig unter, teilweise auch körperlicher, starker Erschöpfung und anderen Begleiterscheinungen wie beispielsweise Depressionen. Gerade Letztere sei im Verhältnis zu allgemein geläufigen Begriff „Burn-out“ relativ schwer abzugrenzen, da sie eigentlich als Bestandteil der „Diagnose“ zu sehen sei.

Dennoch habe man es mit einem zunehmenden „Krankheitsbild“ zu tun, das im Wesentlichen durch verhältnisbezogene Faktoren beeinflusst wird. Der gesellschaftliche Wandel und die sich immer mehr verändernde Arbeitswelt, die heute durch eine starke Flexibilisierung geprägt ist, tue ihr Übriges. Die Entgrenzung zwischen Privatleben und Erwerbsarbeit (wie beispielsweise Homeoffice, Dienst auf Abruf, …) können dazu beitragen, den psychischen Druck des Jobs auch im heimischen Umfeld aufrechtzuerhalten. Doch auch die Verhältnisse am Arbeitsplatz seien immer relevant: Fehlende Wertschätzung durch Vorgesetzte und Kollegen, fehlender Zusammenhalt, Ängste um mögliche Stellenkürzungen oder die eigentliche Belastung der Arbeitstätigkeit selbst, seien nur einige wenige relevante Faktoren.

burn-out

Das Vortragsthema lockte viele Interessierte ins Eichhof Krankenhaus

Letztlich könne man auch auf präventiver Ebene aktiv werden. Eine entsprechende Edukation, die Erkennung von Überbelastungen (beispielsweise durch anonyme Mitarbeiterbefragungen) oder psychosoziale Beratungsdienste können helfen, eine Entstehung zu identifizieren und zu verhindern. Im Allgemeinen seien die eigene Entlastung von Stressoren in Kombination mit Erholung (beispielsweise durch Entspannung oder Sport) sowie die eigene Ernüchterung und Korrektur bezüglich eigener Ansprüche essenziell, um das Auftreten von „Burn-out“ zu vermeiden.

Vor dem Hintergrund, dass die mentale Gesundheit ein zentrales Thema des Arbeits- und Gesundheitsschutzes sei, kritisierte Dr. Jungblut die unzureichende Studienlage zur Thematik „Burn-out“ in Deutschland. Im Anschluss an den Vortrag bekam das Publikum die Gelegenheit zur weiteren Diskussion.

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