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Die Staatliche Technikakademie Alsfeld feiert 125-jähriges Jubiläum„Von Dogmen und Irrtümern“ in der Technikerschule

ALSFELD (ep). Die Alsfelder Technikerakademie ist gestern 125 Jahre alt geworden. Zur Jubiläumsfeier lud der kommissarische Schulleiter Stephan Rühl ehemalige Schüler und zahlreiche Ehrengäste ein. Referenten aus Darmstadt und Oldenburg nannten dem Publikum Veränderungen und Irrtürmer im Bauwesen.

Als erster Gratulant stand Alsfelds Bürgermeister Stephan Paule auf der Liste. Schließlich sei der Beginn der heuten Technikerakademie fest mit der Stadt Alsfeld verbunden, so Rühl. „1891 wurde die Akademie noch als städtische Handwerkerschule ins Leben gerufen“, erklärte Paule. Zwei Räume standen den anfänglich nur zwölf Schülern im Alsfelder Hochzeitshaus zur Verfügung. Erst 1962 übernahm das Land Hessen die Trägerschaft der Schule, an der heute über 120 Studierende eingeschrieben sind.

Die Schüler stellten eigene Projektarbeiten an diesem besonderen Tag aus. Der Renner dabei waren die Fachwerkhäuser in Alsfeld. Foto: privat

Die Schüler stellten eigene Projektarbeiten an diesem besonderen Tag aus. Der Renner dabei waren die Fachwerkhäuser in Alsfeld. Foto: privat

„Nicht nur von Schülern aus dem Vogelsbergkreis, sondern auch von jungen Erwachsenen aus den umliegenden Landkreisen und Bundesländern wird die Schule besucht“, machte Rühl deutlich. In den Unterrichtsalltag fließen Projektarbeiten in Kommunen und Landkreisen ein und ermöglichten den Schülern so praxisorientiertes Arbeiten. Als Abschluss der zweijährigen Weiterbildung gilt die Anerkennung als staatlich geprüfter Bautechniker.

Auch Landrat Manfred Görig würdigte das Engagement der Schule. Wichtig sei jedoch, sich weiterzuentwickeln und keinesfalls stehen zu bleiben, denn das Angebot der Schule sei für den Kreis in Zeiten des Fachkräftemangels von großer Bedeutung. Schulamtsleiter Michael Scholz gratulierte ebenfalls zum Jubiläum, aber auch für die positive Entwicklung der Technikerschule in den letzten Jahren.

Viele Reden wurden gehalten, die die Zuschauer in ihren Bann zogen. Foto: privat

Viele Reden wurden gehalten, die die Zuschauer in ihren Bann zogen. Foto: privat

Technikakademie damals und heute

Anschließend zeigte Rühl eine Videoaufnahme vom 100-jährigen Jubiläum der Technikerschule in der Hessenschau. Damals, 1991, fand gerade der Umbruch hin zur digitalen Projektgestaltung statt. Nicht jeder Schüler besaß zuhause einen Computer und man musste mit wenigen CAD-Arbeitsplätzen auskommen. Unter CAD (computer-aided design) versteht man das heute übliche rechnerunterstützte Konstruieren. Zurzeit besitzt die Akademie 100 CAD-Arbeitsplätze. Die Zahl sei aber rückläufig. „Wir erwarten von unseren Schülern, dass sie ein Notebook besitzen. Dadurch können wir die Mittel statt in Computerhardware und Wartung in andere Bereiche stecken“, erklärte Rühl den Sachstand.

Zwei Referenten hatte Rühl für das Publikum mit im Gepäck. Professor Klaus Habermehl von der Hochschule Darmstadt referierte von den Anforderungen des Bauwesens an die Ausbildung.

Die staatliche Technikerakademie hat eine lange Geschichte, die anhand eines Zeitstrahls aufgezeigt wurde. Foto: privat

Die staatliche Technikerakademie hat eine lange Geschichte, die anhand eines Zeitstrahls aufgezeigt wurde. Foto: privat

Bis 1970 stand laut Habermehl noch der manuelle Entwurf an wichtigster Stelle. Heute übernehme die digitale Konstruktion die Hauptaufgabe im Bauwesen. Energieeinsparung und der Verkehrsbau seien aufgrund des Klimawandels und der Luftverschmutzung heute die wichtigen Herausforderungen im Bauwesen.

Dogmen und Irrtümer

Einen sehr lebendigen Vortrag hielt zum Abschluss der Architekt Professor Ingo Gabriel aus Oldenburg unter dem Titel „Von Dogmen und Irrtümern“.

So leitete der Architekt mit provokanten Fragen ein: „Wenn wir in Deutschland eine Abbrecherquote von 50 Prozent haben, warum schließen wir nicht 50 Prozent der Hochschulen?“ In seiner täglichen Arbeit als Architekt nähmen das betriebswirtschaftliche Arbeiten und das menschliche Miteinander die meiste Zeit in Anspruch. Die wenigsten Architekturstudenten wüssten aber, was sie tatsächlich im Berufsleben erwartet. Deshalb sei er überzeugt vom Konzept der STA in Alsfeld, die Schüler praxisorientiert und an realen Projekten zu unterrichten.

Lebendige Vorträge und jede Menge interessanter Fakten. Foto: privat

Lebendige Vorträge und jede Menge interessanter Fakten. Foto: privat

Kritisch stehe Gabriel der Wohnhausdämmung gegenüber und hält sie an einigen Stellen für die falsche Investition. Schließlich rechne sich die Dämmung erst nach mehreren Jahrzehnten. Dahingegen sorge aber doch der Klimawandel dafür, dass in den nächsten 30 Jahren ohnehin die Heizlast geringer werde, dafür aber die sommerliche Überhitzung weiter zunehme. Andere Energieeinsparungen, wie einen kürzeren Weg zur Arbeit oder Fahrrad statt Auto zu fahren, seien viel gewinnbringender.

Musikalisch umrahmt wurde der Festakt am Klavier von Dr. Walter Windisch-Laube, Leiter der Alsfelder Musikschule. Dabei führte die Musikauswahl von Windisch-Laube vorbei an vergangenen Jubiläumsfesten der Technikerschule. So spielte er unter anderem den „Schärpentanz“ aus dem Gründungsjahr 1891, aber auch „Nothing Else Matters“ aus 1991, dem 100. Jubiläumsjahr der STA.

Auch das musikalische Programm konnte durchaus überzeugen. Foto: privat

Auch das musikalische Programm konnte durchaus überzeugen. Foto: privat

Stephan Rühl dankte den Gästen, mit ihm gemeinsam das Jubiläum zu feiern, und lud anschließend bei einem Buffet am Rathausmodell zum Austausch zwischen Lehrern, Ehrengästen und Schülern ein.

Zwei gute Projekte zum alten Krankenhaus in Lauterbach und damit ebenfalls zukunftsorientiert und praxisnah wurden durchgeführt. Foto: privat

Zwei gute Projekte zum alten Krankenhaus in Lauterbach und damit ebenfalls zukunftsorientiert und praxisnah wurden durchgeführt. Foto: privat

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