Politik2

Staatsminister im Bundeskanzleramt Dr. Helge Braun informierte sich in Alsfeld über ein erfolgreiches IntegrationskonzeptEine Alsfelder Idee: Flüchtlingsbegleiter im Ehrenamt

ALSFELD (cdl). Dr. Helge Braun war maßgeblich an der Entwicklung des Integrationskonzepts der Bundesregierung als Staatsminister im Bundeskanzleramt beteiligt. Wie das Konzept in der Praxis umgesetzt wird, darüber informierte er sich am Freitag vor Ort beim Evangelischen Dekanat in Alsfeld.

Dr. Helge Braun hatte sich ziemlich kurzfristig angekündigt und so war die Aufregung im Dekanat groß. Ralf Müller unterbrach kurzfristig seinen Urlaub, um dem Staatsminister sein Integrationskonzept „Flüchtlingsbegleiter im Ehrenamt“ vorzustellen. Der Staatsminister wollte in Erfahrung bringen, wie es am besten gelingen kann, die Flüchtlinge dem Arbeitsmarkt zuzuführen und sie zu integrieren.

Ralf Müller erläuterte, dass man in Alsfeld bereits vor fünf Jahren mit der Arbeit begonnen habe. Federführend sei seit vielen Jahren Pfarrer Walter Bernbeck aus Billertshausen. Mit einem Selbstlernzentrum und ehrenamtlicher Arbeit sei man gestartet. „Bürgerschaftliches Engagement kann nur so gut sein wie deren professionelle Begleitung und Unterstützung“, so Müller. Daher habe man frühzeitig eine volle Stelle für „Deutsch als Fremdsprache“ geschaffen. Das Wissen sei nach und nach an die ehrenamtlichen Helfer weitergegeben worden.

Nachdem es aber immer mehr Flüchtlinge wurden, sei das Konzept „Flüchtlingsbegleiter im Ehrenamt“ entwickelt worden. Müller habe gedacht, „wir machen einmal eine Grundqualifizierung“, dafür brauche man nur kurz im Internet recherchieren, aber er wurde nicht fündig. Daraufhin sei ein eigenes Konzept erstellt worden. In vier Kursen habe man bereits etwa 140 ehrenamtliche Helfer ausgebildet. Durch die Unterstützung der Fernsehlotterie habe man zum 1. Mai eine weitere volle Stelle schaffen können. Die Stelle teilen sich seitdem Franziska Wallenta und Traudi Schlitt.

Die Kulturwissenschaftlerin Wallenta kümmert sich um die Unterstützung von Projektideen und Fortbildungsveranstaltungen. Schlitt ist für den Bereich Öffentlichkeitsarbeit und interne Kommunikation verantwortlich. Beide sind in ihrer Funktion für den Flächenkreis zuständig.

Trägerübergreifende Qualifikation zum ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer

Die komplette Idee zur Qualifikation „Flüchtlingsbegleiter im Ehrenamt“ ist trägerübergreifend konzipiert. Um sich zu engagieren, muss man also nicht für das Evangelische Dekanat tätig sein. „Es ist, egal wo die Menschen tätig werden wollen. Die Hauptsache ist, sie werden tätig“, erklärt Müller. Das Institutionsdenken sei ein Relikt der Vergangenheit. Darüber hinaus könne jeder für sich den Umfang seines Engagements bestimmen. Ungewöhnlich sei, dass sich überdurchschnittliche viele Männer im Alter zwischen 55 und 65 Jahren einbringen würden. Das liege aber zum Teil auch an der Bevölkerungsstruktur im Vogelsberg.

Das komplette Konzept „Flüchtlingsbegleiter im Ehrenamt“ sei „Open Source“. Sämtliche Unterlagen habe man offen im Internet für alle Interessierten zur Verfügung gestellt. Das Konzept finde daher deutschlandweit Beachtung. Die Idee sei eine Leitseite zu schalten, die ständig aktualisiert werde. „Eigentlich wäre das die Aufgabe der Bundesregierung“, scherzte Müller.

Projektteilnehmer „Flüchtlingsbegleiter im Ehrenamt“ lernen Schutzmechanismen

Dr. Braun wollte wissen, inwiefern das Projekt „Flüchtlingsbegleiter im Ehrenamt“ auch Hilfestellung bei Frustration der Ehrenamtlichen gebe? Das sei ein zentraler Punkt der Ausbildung. Selbstreflexion sei ein wichtiger Bestandteil. Damit der Umgang mit frustrierenden Situationen erlernt wird. Beispielsweise wenn Behörden über eine Abschiebung entscheiden, obwohl der Ehrenamtliche eine andere Auffassung habe, erklärte Müller.

Darüber hinaus sei die gesellschaftliche Akzeptanz für das Ehrenamt gesunken. Viele Helfer wollten nicht auf ihr Wirken öffentlich angesprochen werden, da es aus Teilen der Bevölkerung zu massiven Anfeindungen komme. Daher würde auch vermittelt, wie man mit den „Stammtischparolen“ umgeht. Neu sei ein „Argumentationstraining gegen Rechtsextremismus“ aus den Neunzigerjahren, dass eins zu eins auf die Flüchtlingsarbeit anwendbar sei.

„Ich finde es sehr beeindruckend, was sie hier auf die Beine gestellt haben“, so Dr. Braun. So schwierig manche Lebenslage auch sei, müsse allerdings klar sein, dass man nicht allen Flüchtlingen eine Bleibeperspektive geben könne, erläuterte er vor dem Hintergrund der sogenannten sicheren Herkunftsländer.

Neue Arbeit könnte bei Qualifizierung unterstützen

Dekan Dr. Jürgen Sauer berichtete, dass man auch über die Institution „Neue Arbeit“ Flüchtlinge für den Arbeitsmarkt qualifizieren wolle, aber aufgrund des kirchlichen Tarifvertrages bei Ausschreibungen keine Chance habe. Stadtverordnetenvorsteher Michael Refflinghaus ergänzte, dass der Kreis ebenfalls Gesellschafter der „Neuen Arbeit“ sei und es daher aufgrund des EU-Rechts zu Problemen kommen würde, wenn man die Ausschreibungen anders konzipieren würde. „Wir sind an die Ausschreibungen gebunden“, so Refflingshaus. Dr. Braun, der zuvor einen Vorschlag gemacht hatte, wie man die „Neue Arbeit“ vielleicht doch mit einbinden könnte, ruderte sofort zurück und merkte süffisant an: „Immer gut, wenn ein Anwalt anwesend ist.“

99 Prozent der Flüchtlinge aus dem Nahen Osten würden unsere qualifizierten Abschlüsse gar nicht kennen. Handwerkliche Berufe seien dort „Learning by doing“, berichtete Dr. Braun. Er habe selbst viele handwerklich sehr talentierte Flüchtlinge erlebt, die zum Beispiel Mauern könnten, aber eben nicht die formalisierten Abschlüsse wie in Deutschland haben. Oft sei es schwer, das den Flüchtlingen zu vermitteln. Prinzipiell könne man davon viele schnell in den Arbeitsmarkt bekommen. Dazu seien nur entsprechende Qualifikationskurse notwendig, da bereits das Können, aber nicht der formale Abschluss vorhanden sei. Es dauere viel zu lange, bis ein Flüchtling das erste Mal bei einem Jobberater bei der Arbeitsagentur sitze.

„Mit der Anerkennung ist der Integrationsprozess nicht vorbei, da beginnt er erst“, so Müller. Dabei sei völlig unerheblich, ob jetzt nur wenige Tausend bleiben dürften oder einige Hunderttausend. Wenn das Bleiberecht erreicht sei, müsse das bürgerschaftliche Engagement direkt weitergehen. Doch dazu werde Geld benötigt, um die „Flüchtlingsbegleiter im Ehrenamt“ weiterhin entsprechend professionell zu qualifizieren.

 

 

2 Gedanken zu “Eine Alsfelder Idee: Flüchtlingsbegleiter im Ehrenamt

  1. Die einen halten große Fensterreden, viele verdienen sich daran dumm und dusselig, und die anderen schaffen für nix, das nennt sich heute soziale Gerechtigkeit

  2. Sommerloch. Langeweile.
    Dann mal ein Besuch hier und mal da.
    Dann darf ein Besuch bei der Kernkompetenz der OL, sprich Dekanat nicht fehlen.
    Das Dekanat entpuppt sich immer mehr zur Flüchtlingsindustrie mit dem Umsatzbringer der nächsten Jahre.
    Wäre ein RM ohne Flüchtlinge überhaupt noch im VB Kreis?

Comments are closed.

Schreibe einen Kommentar

Bitte logge Dich ein, um als registrierter Leser zu kommentieren.

Einloggen Anonym kommentieren