Gesellschaft1

„Die Jugend heutzutage interessiert sich nicht für die Wahl“: Oberhessen.live räumt mit den Vorurteilen gegenüber jungen Wählern auf.Die Wahrheit über die Jugend und die Wahl

ALSFELD (ls). Schon vor Wochen lag sie im Briefkasten – die Wahlbescheinigung. Nach kurzer Bedenkzeit dann der Schock: Hilfe, was wählen wir denn jetzt schon wieder? Am Sonntag (6. März) stehen die Kommunalwahlen in Hessen an. Ich – Luisa Stock, Germanistikstudentin, freie Mitarbeiterin von OL und zum ersten Mal Wählerin in der Kreispolitik – frage mich: Wie stehen die jungen Erwachsenen dazu und gehen sie überhaupt wählen? 

„Die Beteiligung von jungen Erwachsenen an einer Wahl geht immer mehr zurück“, „Jugendliche interessieren sich nicht für Politik“ oder „Die Jugend geht nicht wählen“ sind typische, allerdings auch klischeehafte Aussagen von Erwachsenen gegenüber der Jugend, sobald sich über die Wahl unterhalten wird. Auch ich gebe zu, dass mein Interesse an der Politik neben meinem gesellschaftlichen Engagement eher hintergründig ist, was jedoch nicht heißt, dass ich mich komplett davon abschirme. Puh, Kommunalwahlen – was ist das überhaupt und viel wichtiger, was wähle ich? Aber um was es sich dabei auch handelt – sicher ist, dass ich auf jeden Fall wählen gehen werde! Ähnlich geht es vielen jungen Erstwählern.

Eine junge Erstwählerin bestätigt: „Ich verstehe das ewige Gemecker nicht, selbstverständlich gehe ich wählen. Hier geht es um meine Gemeinde und das ist meine Möglichkeit direkt Einfluss zu nehmen. Ich kann mich nicht darüber beschweren, dass es für junge Leute hier nichts gibt, wenn ich nicht versuche durch meine Stimme darauf Einfluss zu nehmen. Ich lebe hier, also geht es mich was an“. Durch die Kommunal- und Kreistagswahl hat man also die Möglichkeit, an Entscheidungen der Politik in der Stadt/Gemeinde und im Kreis direkten Einfluss zu nehmen. So weit, so gut. Aber irgendwo müssen diese Vorurteile doch her kommen und zu verleugnen ist die sinkende Statistik an einer jugendlichen Beteiligung bei den Wahlen nun auch nicht.

Ich blick da nicht durch: Verloren im Dschungel der Parteipolitik

Auf Nachfragen erfahre ich: Das Problem, warum viele junge Wähler vor einer Wahl zurückschrecken, sind die teilweise unübersichtlichen Programme der Parteien und deren Versprechen. Die Wahlprogramme der einzelnen Parteien stellen besonders junge Erwachsene, die nicht schon seit Jahren politisch tätig sind und sich dementsprechend nicht in regelmäßigen Abständen damit befassen, vor eine große Herausforderung. In einem Gespräch mit einem Erstwähler wird das nochmal deutlich: „Mir sind die ganzen Wahlprogramme irgendwie nicht wirklich klar, man blickt da nicht durch. Für einen Außenstehenden erzählt jede Partei, mit ein paar Ausnahmen, irgendwie das gleiche.“ Hinzu komme die teilweise mangelnde Glaubwürdigkeit der Politik.

Bei vielen Erstwählern ist die Verunsicherung groß, fast genauso groß wie die Zweifel an dem Wahrheitsgehalt dieser Versprechen. Man weiß nicht was man glauben soll, was sich wiederum auf die Wahl selbst ausschlägt. Man möchte seine Wahl nicht einfach willkürlich von möglichen Sympathieträger abhängig machen, sondern möchte den Unterschied zwischen den Parteien verstehen und dadurch eine vertretbare Entscheidung treffen, noch besser, eine die man selbst auch versteht.

Junge Menschen attraktiver ansprechen

„Der Politik fehlt einfach teilweise ein junges, modernes Auftreten. Wahlprogramme nur durch Printmedien zu verbreiten spricht die breite Jugend nicht mehr an“, so ein Erstwähler im persönlichen Gespräch. Locker und aufgeschlossen, nicht mehr nur ernst und distanziert. Besonders den wirren Wahlprogrammen und dem steifen Themen der Parteien geschuldet, entfernen sich Jugendliche immer weiter von der Politik. Ein aufgelockerter Umgang mit politischen Themen und auch der Einsatz von moderen Medien zur Kommunikation könnten ein breiteres Feld der jungen Wähler ansprechen. Viele Jugendliche lesen nicht mehr regelmäßig die Tageszeitungen aber soziale Netzwerke nutzt heutzutage fast jeder – und das sogar stündlich.

Diese Veränderungen nahm sich die Junge Union Alsfeld zum Vorbild und lud über 800 Erstwähler am Mittwochabend in der Alsfelder Clubbar „Plan B“ zu einem gemütlichen Informationsaustausch ein. Eine tolle Idee, die leider auf wenig Resonanz stieß. In der Clubbar wurde nicht nur das Wahlprogramm in gemütlicher Runde vorgestellt, sondern ein direkter Kontakt ermöglicht. „Auch uns fällt natürlich auf, dass die Jugendlichen eher wenig Interesse an politischen Themen zeigen und sind wir mal ehrlich, auch die Statistiken darüber lügen nicht“, so die JU Alsfeld.

Kumulieren und panaschieren oder wie war das noch gleich?

Mit der Beschäftigung über die Wahl treten immer wieder Begriffe in den Vordergrund die für Verwirrung sorgen. Kumulieren und panaschieren – was ist das? Habe ich davon schon mal was gehört? Angestrengt versuche ich mich an den Politikunterricht der Schule zu erinnern. Nichts. Wahrscheinlich habe ich es einfach vergessen. Wikipedia sei dank ist aber auch das kein Problem mehr, ich gehöre schließlich zur Jugend, die sich ihre Informationen aus dem Internet zieht. Im Zuge meiner Recherche habe ich mich bei der Veranstaltung der JU Alsfeld informiert, die auch hier nochmal für Aufklärung sorgte. Man hat Angst davor etwas falsch zu machen, was allerdings kein Grund ist, nicht wählen zu gehen. Auf den Internetseiten der einzelnen Parteien kann man sich darüber nochmal genauer informieren.

Die einfache Aussage, dass die Jugend bloß kein Interesse an der Politik hat oder davon gelangweilt ist, ist eine in die Jahre gekommene Aussage. Soziales Handeln im Sinne von gemeinnützigen Organisationen, Petitionen oder Initiativen stoßen auf ein großes Interesse bei jungen Erwachsenen. Dabei vermitteln die Mitwirkungsmöglichkeiten und kreativen Gestaltungsmittel ein Gefühl der direkten Einflussnahme, mit welchem die träge Parteipolitik nicht dienen kann. Jetzt ist die Politik am Zug etwas zu verändern.

Für alle bisher unentschlossenen oder unsicheren Jugendlichen jetzt der Appell – und dabei bediene ich mich der Worte der Jugend: „Ich weiß zwar noch nicht was oder wen ich wähle. Ich habe auch keinen genauen Durchblick bei allem aber falsch machen kann man dabei nichts. Wir alle leben hier und das ist unsere Möglichkeit um direkten Einfluss auf unsere Wünsche für unsere Heimat zu nehmen! Ich gehe auf jeden Fall wählen, geh du auch!“

Ein Gedanke zu “Die Wahrheit über die Jugend und die Wahl

  1. Seit 1968 gehe ich wählen, habe noch keine Wahl ausgelassen.
    Deshalb appeliere ich an alle Wählerinnen und Wähler geht wählen
    nur so kann eine Demokratie bestehen.
    Auf, zum Wählen am Sonntag.
    Ich gehöre keiner Partei an.
    Schönen Wahlsonntag.

Comments are closed.

Schreibe einen Kommentar

Bitte logge Dich ein, um als registrierter Leser zu kommentieren.

Einloggen Anonym kommentieren