Grillfest für Flüchtlinge und Helfer auf dem Homberger Schloss – Viel privates Engagement in der Ohmstadt -Ärger über höhere BehördenWarme Begegnungen an einem kalten Tag
HOMBERG. Es ist wahrlich kein schöner Tag zum Grillen, dieser Silvestertag 2015. Aber dennoch wird sichtbar: Bei diesem Grillfest auf dem Schloss in Homberg haben Freunde Freude am Treffen: Familien mit Kindern, alleinstehende Männer, Paare – Deutsche und Flüchtlinge. In Homberg/Ohm, so scheint es, funktioniert Integration. Ja, sagt Bürgermeister Bela Dören, die Einwohner geben sich viel Mühe mit ihren Flüchtlingen. Das sei schön. Gar nicht schön sei: „Der Staat versagt bei der Bearbeitung!“ Er ist sauer auf die höheren Stellen.
Zu Silvester hatte die Stadt noch einmal zum gemeinsamen Grillen aufs Schloss geladen: Private Initiatoren von Hilfs- und Unterstützungsangeboten in Homberg und Nieder-Ofleiden versammelten sich im Schlossgarten, dazu etwa 40 Flüchtlinge überwiegend aus der Notunterkunft in der Großsporthalle. Es gibt Saft, Glühwein und Sprudel, sämtlich alkoholfrei, dazu Grillwürstchen aus Rindfleisch, aufgelegt von den Schlosspatrioten, die das Grillfest organisieren. An Stehtisch dabei ist auch Christiane Schneider, die Leiterin des Homberger Familienzentrums: Anlaufstelle für viele freiwillige Helfer. „Das Familienzentrum ist immer dabei!“, betont der Bürgermeister.
Und es gibt viele freundliche bis fröhliche Gesichter im nasskalten Schlossgarten, man kennt sich, plaudert, soweit es die Sprachkenntnisse zulassen. Und das ist nicht Zufall, erzählt der Bürgermeister: „Es gibt hier viel Privatinitiative bei der Integration!“ Schon zu Weihnachten, so erzählt er, luden 60 Familien Flüchtlinge privat zu Weihnachtsfeiern ein. Rund um das Ehepaar Michael und Ulrike Sowa etwa entstand in Nieder-Ofleiden eine Gruppe von hilfsbereiten Einwohnern, die sich um die Asylbewerber in der Gemeinschaftsunterkunft kümmern: „Die fahren sie zum Einkaufen und helfen bei Erledigungen“.
So wirken auch die Besucher aus den Unterkünften recht entspannt und erzählen gerne von sich. Da sind zum Beispiel Abdo Altaha und Ali Aldalissek aus Syrien. Der eine studierte dort Elektrotechnik, der andere war Fischer, beide kamen alleine nach Deutschland, machen einen offenen, freundlichen Eindruck. Abdo Altaha spricht Englisch und übersetzt für seinen Landsmann. Deutsch lernen sie auch und sind derzeit etwas stolz: Sie konnten Praktika in deutschen Betrieben ergattern – ein erster Schritt in Richtung Selbständigkeit. Und die beiden Männer wollen in Homberg bleiben.
„So stellen wir uns das vor“, kommentiert Bürgermeister Dören ihren Werdegang, „dass wir die Menchen hier behalten!“ Doch diesen Bemühungen stehen übergeordnete Kräfte entgegen, erklärt er. So seien um die Weihnachtszeit 22 Bewohner der Notunterkunft über Nacht quasi verschwunden. Sie wurden ohne Ankündigung in aller Frühe abgeholt. Da seien welche dabei gewesen, die sich in Homberg niederlassen wollten, grollt der Rathauschef. Er rief bei der zentralen Koordinationsstelle beim RP Darmstadt ab und er hörte Erstaunliches, erzählt Dören: Eine einzige Frau sei zuständig und habe ihm erzählt, dass sie alleine 3000 Flüchtlinge wöchentlich über Hessen verteile. Bela Dören schüttelt mit dem Kopf: „eine einzige Frau!“
Sinn der Verteilung sei eigentlich, die Flüchtlinge aus den Notunterkünften in bessere Gemenschaftsunterkünfte zu bringen, was jedoch längst nicht immer der Fall sei: „Die werden nur von Camp zu Camp gebracht!“ Und dabei zerreißen frisch gewobene Bande und manche Freundschaften zerbrechen – manchmal sinnlos. Das sei nicht gut: „Das Engagement der Bevölkerung ist gut. Aber der Staat kommt nicht hinterher!“ Er wolle nun versuchen, wenigstens einige der Menschen zurück zu holen.
Unter den Besuchern des Grillfest ist auch Romal Szinwarri, ein 19-jähriger Afghane, der erklärt, dass er vor den Taliban fliehen musste. „I have a message to Homberg“, spricht er den Reporter an: „We are so happy for the people in Homberg!“, kommt dann in etwas stockendem Englisch: „Wir sind so glücklich wegen der Leute in Homberg!“, drückt er den Dank vieler Flüchtlinge aus. Für ihn sei klar: „I hope to stay in Homberg!“ Er möchte in der Ohmstadt bleiben.
von Axel Pries
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