Kultur0

Die Trends am Friedhof: pflegeleicht und höchst individuellGrabsteine, die vom Leben erzählen

LAUTERBACH. Der Tod ist ein krisensicheres Geschäft. Gestorben wird schließlich immer. Allerdings gibt es auch am Friedhof Modetrends. Ganz individuell, oder ganz schlicht und unauffällig sollen Grabstätten heute sein. Steinmetz Gunther Schmalz kann ein Lied davon singen. Selbst Flachbildschirme sind am Friedhof kein Tabu mehr. 

Eine handvoll klassischer Grabsteine, so wie man sie bislang am oberen Ende der meisten Gräber findet, stehen noch auf dem Firmengelände von Steinmetz Gunther Schmalz in Lauterbach herum. Glatt polierte Granitplatten, die obere Partie in Wellenform abgerundet, eine Trauerweide oder Kreuz ziert die Front an der Seite. Daneben Platz für die Lebensdaten des Toten. Schmalz würde sie gern loswerden. Lieber heut‘ als morgen. So krass sagt es der 50-jährige Geschäftsführer zwar nicht, aber man merkt ihm an: Gunther Schmalz mag keine Grabsteine von der Stange, wenn man das so sagen kann.

Individualismus über den Tod hinaus

Und seine Kunden denken genau so, sagt er. Deswegen designt er seine Steine am liebsten selbst. Das Ergebnis soll nicht teurer sein als die Katalogware. Der Trend, Grabsteine individuell an den Menschen anzupassen, dessen letzte Ruhestätte sie markieren, sei kein Großstadtphänomen, sagt Schmalz. Er habe längst den Vogelsberg erreicht. Immer häufiger haben die Grabmale einen Bezug zu dem Beruf und den Hobbys des Verstorbenen, sind in Gestalt und Aussagekraft an den Menschen angepasst. Der Individualismus macht eben selbst vorm Jenseits nicht halt. Wer zum Beispiel aufmerksam über den Lauterbacher Friedhof wandelt, der kann einen Granitfelsen entdecken, in den filigran eine winzig kleine Geige, und darunter ein Äskulapstab, das Zeichen des Ärztestandes, eingemeißelt sind.

ccc

Filigran in Stein gehauen: Ein Grabstein auf dem Lauterbacher Friedhof ziert eine winzige Geige.

Zeitgleich verliert der Grabstein als solches an Bedeutung, klagt der Bundesverband Deutscher Steinmetze. Aus Sorge, den Hinterbliebenen mit der Grabpflege zur Last zu fallen, boomen die so genannten alternativen Bestattungsmethoden. Menschen lassen ihre Asche unter Bäumen vergraben, in Wiesengräbern beisetzten oder entscheiden sich für eine Kammer in einem Kolumbarium, also einer Wand, in der die Urnen aufbewahrt werden. Im Frühjahr 2008 wurde die erste Urnenwand mit 90 Kammern auf dem Lauterbacher Friedhof eingeweiht, vor einem Jahr bereits die zweite. Grabsteine braucht man für solche Gräber nicht.

Idee aus Holland: Grabstein mit Flachbildschirm

Steinmetz Gunther Schmalz ist sich deswegen sicher: Wer sich in der Zukunft überhaupt noch für einen Grabstein entscheidet, der will was besonderes. Einen Grabstein zum Beispiel, in dem der Verstorbene weiterlebt. Digital zumindest. Auf holländischen Friedhöfen gibt es bereits Grabsteine mit integriertem Flachbildschirm. Auf Knopfdruck spielt das Gerät Bilder und Videos des Verschiedenen ab. Allerdings ohne Ton, um die Totenruhe nicht zu stören. Vor einiger Zeit sorgte ein deutscher Steinmetz für Schlagzeilen, dem es als erstes Gelang, einen QR-Code in Stein zu meißeln. Wer den Code mit dem Handy scannt, gelangt auf eine Trauerseite im Internet.

Wenn sich Menschen lieber in Wäldern und auf Wiesen bestatten lassen, gibt es auch für die Friedhofsgärtner weniger zu tun. Schlecht laufen seine Geschäfte aber nicht, sagt Heiko Euler, der die Gräber des Lauterbacher Friedhofs betreut. Neue Konzepte und Ideen helfen auch hier, ähnlich wie bei den Steinmetzen, die Krise abzuwenden. So hat sich der 41-Jährige vor einigen Jahren für die Eröffnung des Memoriamgartens auf dem Lauterbacher Friedhof stark gemacht. Erd- und Urnengräber sind dort in eine kleine Gartenanlage eingebettet. Der Kunde kauft ein Komplettpaket – Grab, Stein, Pflege – alles inklusive.

Stellt sich auf den Wandel der Zeit ein: Heiko Euler, Friedhofsgärnter in Lauterbach.

Stellt sich auf den Wandel der Zeit ein: Heiko Euler, Friedhofsgärnter in Lauterbach.

Die Entscheidung, wie man sich zur letzten Ruhe betten möchte, sollte man übrigens nicht alleine treffen. Aus Angst, die Hinterbliebenen zu belasten, fällt die Wahl manchmal zu schnell auf ein pflegeleichtes Urnengrab .“Es gibt einige Kinder, die sagen, wir wollen eine Erdbestattung für unsere Eltern und wir wollen das Grab auch pflegen“, berichtet Euler. Damit es keine Missverständnisse gibt, hilft nur eins: Darüber reden, bevor es zu spät ist.

 Von Juri Auel 

 

 

Schreibe einen Kommentar

Bitte logge Dich ein, um als registrierter Leser zu kommentieren.

Einloggen Anonym kommentieren