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Längst beschlossen und scheinbar unabwendbar: Dennoch wurde erneut heftig über die Schließung der Geburtshilfe im Kreistag diskutiertAn Weihnachten kommt der letzte Alsfelder zur Welt

KIRTORF (cdl). Keine Entbindungen mehr ab dem 26. Dezember 2016 – die Belegärzte der Fachabteilung Gynäkologie/Geburtshilfe haben bekannt gegeben, dass sie zum Jahresende keine geburtshilflichen Leistungen mehr anbieten. „Daher können wir leider ab dem 26. Dezember 2016 keine Patientinnen mehr zur Entbindung im Kreiskrankenhaus Alsfeld aufnehmen. Bitte fragen Sie rechtzeitig Ihren behandelten Gynäkologen, wo Alternativen zur Entbindung bestehen“, ist seit heute auf der Homepage des Alsfelder Kreiskrankenhauses zu lesen.

Obwohl das Endgültige aus der Geburtshilfe längst feststeht und spätestens am 6. Oktober besiegelt wurde, unternahmen die Grünen in der heutigen Kreistagssitzung in Kirtorf noch einmal den Versuch mit einem Antrag sich für den Erhalt der Geburtshilfe einzusetzen. Und so wurde die hochemotionale Debatte der vergangenen Monate erneut aufgewärmt.

An den Argumenten hatte sich wenig geändert, doch die Intensität mit der gestritten wurde, war die Gleiche geblieben. Nachdem Dr. Udo Ornik den Antrag seiner Partei begründet hatte und dabei hart mit Landrat Manfred Görig und dem Alsfelder Bürgermeister Stephan Paule ins Gericht ging, schilderte Görig in einer über 20-minütigen Rede erneut die Entwicklungen der der vergangenen Monate.

Teile des Antrags und Begründung der Grünen

Im Antrag der Grünen heißt es unter anderem, dass die Verhandlungen mit allen Beteiligten erneut aufgenommen werden sollen und eine Verhandlungskommission gebildet werden soll. Alle Ergebnisse sollten dann dem Kreistag vorgelegt werden. Darüber hinaus solle mit den Krankenkassen über die Sicherstellung der Geburtenstation verhandelt werden und eine Ausschreibungslösung geprüft werden.

In seiner Antragsbegründung führte Dr. Ornik an, dass die Geburtenstation als Infrastrukturmaßnahme unerlässlich sei. Antreiber zur Schließung sei wohl der Landrat und die CDU, die sich sonst immer familienfreundlich gebe. Er sei darüber verwundert, dass der Bürgermeister der Stadt Alsfeld sich nicht dafür den Erhalt eingesetzt habe. Es seien keine Alternativen diskutiert und ein Schlussstrich der Debatte gefordert worden.

Darüber hinaus werde die Schließung auch Geld kosten. In etwa mit einer Millionen Euro pro Jahr werde das Krankenhaus mit zusätzlichen Kosten ohne Gegenleistung belastet. Die Belegärzte seien aus dem Haus herausgemoppt worden. Ihnen sei gesagt worden, dass sie schuld seien, wenn das Krankenhaus komplett schließen müsse. „Ich glaube, wir machen hier einen großen Fehler. Ich glaube, dass die Verantwortlichen die Geschäftsführung und der Landrat das bereuen werden“, so Dr. Ornik abschließend.

Geburtshilfe

Seit heute auf der Homepage des Alsfelder Kreiskrankenhauses zu lesen.

Görig erklärte ausführlich, dass man alles versucht habe

„Das war ja zu erwarten, dass die Grünen hier mit Klamauk ein Thema aufmachen, von dem sie gar keine Ahnung haben wieder aufmachen“, konterte Görig den Angriff Orniks. Die Argumentation, dass ohne Geburtsstation weniger Kinder geboren würden, stimme nicht. Das könne man in Lauterbach und Schotten nach der dortigen Schließung beobachten. Die Geburtenraten seien sogar gestiegen. „Der Vogelsberg hat keinen Rückgang an Geburten auch ohne Geburtenstation“, so der Landrat. Die Grünen ignorierten die Fakten, dass viermal mit den Ärzten gesprochen wurde. Er könne noch 25 Mal mit den Ärzten reden und sie würden immer dieselbe Antwort geben.

Des Weiteren erläuterte Görig in aller Ausführlichkeit, welche Anstrengungen unternommen worden seien, um die Geburtshilfe zu halten. Beispielsweise die Nachfrage bei allen Gynäkologen im Kreis. Es sei schäbig zu versuchen, dem Landrat die Schließung ans Revers zu heften. Man habe im Jahr 2015 und 2016 noch zwei Hebammen eingestellt, das hätte man doch nicht gemacht, wenn man die Station habe schließen wollen. Es sei einzig und alleine die Entscheidung der Belegärzte gewesen. Er habe sich immer für den Erhalt eingesetzt.

Als abenteuerlich bezeichnete Görig den Vorschlag der Grünen eine Ausschreibung in Angriff zu nehmen, „an wen soll ich das denn bitte ausschreiben?“ Jetzt könne es nur noch darum gehen mit den Ärzten über den Fortgang der Gynäkologie zu reden, damit die Notfallversorgung sichergestellt werden könne. Des Weiteren ging Görig auf die Entwicklung des Krankenhauses allgemein ein und erläuterte, dass man das Defizit von 2,8 Millionen auf nunmehr 300.000 Euro habe senken können und sich das Krankenhaus auf einem guten Weg befinde.

CDU unterstützt Ausführungen des SPD-Landrats

Michael Ruhl (CDU) berichtete, dass nicht nur eine Alternative geprüft wurde, sondern deren Drei. Susanne Schaab (SPD) ergänzte, dass in Schotten die Geburtenrate über dem Kreisdurchschnitt liege und die Frauen in Lich, Bad Nauheim oder Gießen entbinden würden, einen Zusammenhang zwischen Geburtenrate und einer Geburtenstation vor Ort herzustellen, sei schlicht falsch.

Stephan Paule reagierte empfindlich auf die aus seiner Sicht völlig haltlosen Anschuldigungen seiner Person gegenüber und musste in seiner Wortwahl vom Kreistagsvorsitzen Dr. Heuser eingebremst werden. Im Anschluss schilderte er seine Bemühungen und gab zu bedenken, dass die Gründe Landtagsabgeordnete Eva Goldbach einige Mitglieder der Grünen-Landtagsfraktion ins Alsfelder Krankenhaus eingeladen habe und die Grünen Landespolitiker dieselben Schlüsse gezogen hätten, wie CDU und SPD auf Kreisebene. Der Erste Kreisbeigeordnete Dr. Jens Mischak merkte abschließend an, dass es schon lange nicht mehr um die Sache gehe und immer dieselben Fragestellungen aufkommen würden. „Wir hören uns nicht gegenseitig zu“, stellte er für alle Parteien inklusive seiner eigenen Partei fest. „Wir diskutieren nicht darüber, was faktisch gegeben ist, sondern fangen immer wieder von Neuem an.“

Ein Gedanke zu “An Weihnachten kommt der letzte Alsfelder zur Welt

  1. War doch eine Kreistagsitzung mit Klasse, und die Grünen und Linke haben nur noch das Potential zum Karneval.

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