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Historische Urkunden weisen Alsfeld als Präsentationsstadt der Hessischen Stipendiatenanstalt ausAlsfeld will Stipendiaten nach Marburg entsenden

ALSFELD (cdl). Kürzlich wiederentdeckte Dokumente beweisen, dass Alsfeld eine Präsentationsstadt der Hessischen Stipendiatenanstalt ist. Der ehrenamtliche Stadtarchivar Michael Rudolf hat sie im Marburger Staatsarchiv gesichtet. Nun möchte die Stadt die alte Tradition wieder aufleben lassen und die 28. Präsentationsstadt werden. Davon könnte ein Alsfelder Abiturient pro Semester profitieren.

Die Hessische Stipendiatenanstalt wurde im Jahr 1529 von Landgraf Philipp von Hessen in Marburg gegründet und ist eine Einrichtung der Philipps-Universität. Alle an der Hessischen Stipendiatenanstalt beteiligten Städte liegen im nord- und kurhessischen Raum. Nur Alsfeld ist bisher als eine von wenigen Städten nicht vertreten. Das hatte Bürgermeister Stephan Paule gewundert und er bat den Stadtarchivar Rudolf nachzuforschen. Rudolf wurde schnell fündig und er konnte beweisen, dass auch Alsfeld als Präsentationsstadt vertreten war. Aus diesem Anlass hatte der Bürgermeister zu einem Pressegespräch eingeladen, um gemeinsam mit Rudolf und Xaver Stalleicher von der Stipendiatenanstalt über den Fund der Dokumente und ihre Bedeutung zu informieren.

Die Philipps-Universität ist die älteste protestantische Universität. Um sich zu präsentieren, beteiligten sich die Städte mit Geldern aus ihren Einnahmen an der neu gegründeten Bildungseinrichtung. Im Gegenzug bekam jeweils ein Student der präsentierenden Städte ein Wohnrecht an der Universität. „Alsfeld war Gründungsmitglied, seit die Hessische Stipendiatenanstalt bestand. Das ist alles genau urkundlich belegt“, so Paule. Nachdem die Urkunden gefunden worden waren, habe er Kontakt zur Universität aufgenommen und um Wiedereintritt gebeten. Die Resonanz sei positiv gewesen. „Wir waren von der Bitte des Bürgermeisters positiv überracht“, berichtete Stalleicher.

Viele aufgefunde Dokumente haben den Beleg erbracht. Einige hatte Stefan Rudolf mitgebracht.

Viele aufgefundene Dokumente haben den Beleg erbracht. Einige hatte Michael Rudolf mitgebracht.

„Es gibt eine ganze Reihe Dokumente über die Stipendien“, so Rudolf. Drei Dokumente hatte er zur Anschauung mitgebracht. „Wir haben sogar schon Stipendiatenquittungen von 1541.“ Damals habe es aber noch keine Stipendiatenkasse gegeben, deshalb könne man sagen, „erst ab 1560 ging es richtig los. Alsfeld hat damals 60 Gulden pro Jahr bezahlt.“ Im Anschluss berichtete er über die damaligen Zahlungsmodalitäten und dankte den Marburger Archivaren für ihre Mithilfe beim ausfindig machen der Dokumente.

Bei den Recherchen kam auch heraus, dass der Rektor der Universität im Jahr 1560 aus Alsfeld stammte. „Das war ein interessanter Nebenaspekt meiner Recherche“, führte Rudolf aus. Paule sprach von einer gewissen akademische Tradition in Alsfeld. Diese wolle er bei den heutigen Jugendlichen wieder aufleben lassen. Jedoch in dem Sinne, dass der „akademische Aderlass“ durch die vielen Wegzüge ein wenig eingedämmt werde. Es sei gut, dass die viele Jugendliche zum studieren Alsfeld verlassen. Aber es wäre noch besser wenn sie nach ihrem Studium wiederzurückkehren. Nicht zuletzt diesen Umstand wolle er mit der Präsentationsstadt Alsfeld zum Ausdruck bringen.

Xaver Stalleicher von der Stipendiatenanstalt begrüßte den Vorstoß des Bürgermeisters. „Die Verhandlungen mit der Rechtsabteilung der Universität sind bereits in vollem Gange.“ Mitte Juli sei der Prozess wahrscheinlich abgeschlossen. Den aufgerufenen Betrag, den man noch nicht kenne, werde die Stadt Alsfeld zahlen, so Paule.

Der Bürgermeister übt sich im Lesen der Handschrift.

Der Bürgermeister übt sich im Lesen der Handschrift.

In Zukunft hat die Stadt Alsfeld die Möglichkeit einen Studienanwärter pro Semester nach Marburg zu entsenden. Die Stadt zahlt die Unterkunft im Stipendiatenhaus. „Früher waren die Studenten in der ganzen Stadt verteilt. Das hat sich erst nach dem Zweiten Weltkrieg geändert. Die Stipendiaten sind jetzt alle im Zeughaus des Schlosses beheimatet“, erklärte Stalleicher. Durch die Studentenbewegung 1969 sei das Wohnrecht auch konfessionslos und geschlechterneutral geworden. Darüber hinaus sei die Stipendiatenanstalt seit 1969 selbst verwaltet. Das Wohnrecht gelte offiziell für zehn Semester.

Wie genau die Modalitäten beim künftigen Auswahlverfahren aussehen werden, ist bisher noch völlig offen. Laut Stalleicher hat traditionell der Bürgermeister das Recht einen Stipendiaten zu entsenden. Paule wiegelte sofort ab und merkte an, dass der Magistrat bei der Entscheidung mit einbezogen werden muss. „Ich freue mich schon auf die Diskussionen. Nehmen wir nur Schüler von der Albert-Schweitzer Schule oder auch vom beruflichen Gymnasium? Muss es ein Alsfelder sein, oder kann man auch einen Romröder oder Schwalmtaler entsenden?“ Diese Fragen werden aufkommen und müssten dann geklärt werden.

Einen Einblick über die historischen Hintergründe der Stipendiatenanstalt gibt der Eintrag bei Wikipedia.

 

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