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50 Holzstatuen aus jahrtausende altem Holz in Alsfelder Schaufenstern verteiltDie Kunst aus altem Holz schafft Symbolik

ALSFELD (jal). Eigentlich will Uwe Eifert, der in Alsfeld für die Wirtschaftsförderung zuständig ist, nicht über das Thema sprechen. Es soll noch ein wenig geheim bleiben, die Aktion, die sich die Stadt da ausgedacht hat. Zusammen mit dem Bauhof verteilt ein Künstler gerade Skulpturen aus tausende Jahre altem Holz. Hinter der über die Stadt gestreuten Kunstausstellung steckt eine clevere Idee.

Der Künstler, der da gerade durch Alsfelds Gassen huscht, heißt Dr. Siegfried Modra und kommt aus Willofs. Der 75-Jährige stellt Holzskulpturen her – allerdings nimmt er dazu kein gewöhnliches Fichtenholz, das vielleicht sieben Jahre ruhig vor sich hin getrocknet ist. Wenn Siegfried Modra seinem Werkstück Leben einhaucht, sind die Späne, die da fallen, manchmal bis zu 20 Millionen Jahre alt. Geologen und Archäologen versorgen ihn mit Holz, dass vor Jahrtausenden gewachsen ist und in Mooren konserviert oder und unter dem Druck der Erde fast zu Stein geworden ist. Kostenpunkt für das Ausgangsprodukt: Bis zu 15.000 Euro.

Der Künstler mit seinem Werk: Dr. Siegfried Modra steht neben seiner Statue "Die Entscheidung", die jetzt im Neusehland die Kunden empfängt.

Der Künstler mit seinem Werk: Dr. Siegfried Modra steht neben seiner Statue „Die Entscheidung“, die jetzt im Neusehland die Kunden empfängt.

50 seiner Skulpturen werden nun in Alsfeld zu sehen sein. Sie stehen in den Schaufenstern der Geschäftsleute. Versicherungsbüro, Optiker, Modeladen  – Modra kämmte sich am Dienstag durch alle Branchen, um seine Stücke zusammen mit dem Bauhof an die richtige Position zu bringen. „Es ist auch für mich ein Versuch“, sagt Modra, „hinaus aus der sicheren Galerie mit meiner Kunst hinein in Alsfeld, wo ein lebendiges, städtisches Leben herrscht“.

Modras Werke haben Namen wie „Die Entscheidung“ oder „Im Kokon“. Während des Prozesses, in dem er einem leblosen Stück Holz die richtige Form verleiht, gibt der Bildhauer ihm auch eine tiefere Bedeutung. Da ist zum Beispiel das Kind, welches seine Arme gegen die Eltern stemmt, die ihn wie zwei Wände zu erdrücken drohen. „Die Eltern stehen in einem Zwiespalt“, sagt Modra. „Einerseits wollen sie ihr Kind vor den Gefahren der Außenwelt beschützen. Anderseits müssen sie es loslassen, sonst wird es zu eng für das Kind“.

„Das bin ich.“

Die Werke des Willofser Künstlers wirken naturnah. Die lange Zeit unter der Erde färbte ihr Holz dunkel. „So wie ich zuschlage, so bleibt die Oberfläche. Sie können jeden einzelnen Arbeitsschritt sehen“, sagt Modra, und liefert eine Erklärung für seinen Stil gleich mit. „Das bin ich, das ist meine Art“, sagt er. „Ich bin nicht diplomatisch, ich sage frei heraus was ich denke“. Ungeschönt, ungeschliffen, natürlich, möchte man hinzufügen.

Hinter der stadtweiten Galerie steckt ein ziemlich interessanter Gedanke: Das alte Holz, zu sehen in den Schaufenstern der Stadt, soll die Verbindung zwischen Alsfeld, dem Fachwerk und dem Einzelhandel symbolisieren. Bei einem knappen Gespräch ist Uwe Eifert von der Stadtverwaltung nicht mehr über die Hintergründe und das Konzept der Ausstellung zu entlocken. Genaueres gibt es erst am kommenden Montag, wenn die Ausstellung um 18 Uhr im Alsfelder Rathaus feierlich eröffnet werden soll. Man scheint stolz zu sein in der Alsfelder Verwaltung auf die kreative Idee, Kunst, Geschichte und Wirtschaftsförderung auf diese Weise zu verbinden. Deswegen soll das Vorhaben im richtigen Rahmen präsentiert werden.

Hier ist noch Platz: Im Modehaus Eisenach hätte man gerne noch zwei Statuen ausgestellt. Ob sich das noch organisieren lässt?

Hier ist noch Platz: Im Modehaus Eisenach hätte man gerne noch zwei Statuen ausgestellt. Ob sich das noch organisieren lässt?

Den Geschäftsleuten scheint die Idee jedenfalls schon mal zu gefallen. So wie Janine Kristen, Niederlassungsleiterin von Neusehland in der Obergasse, zum Beispiel. „Ich finde das prima. Unsere Kunden interessieren sich sehr für Lokales“, sagte sie. Auch Versicherungsexperte Egon Skalitziki, der nun eine Statue aus 8000 Jahre alter Mooreiche im Schaufenster seines Büros stehen hat, lobte die Idee.

„Wir versichern ja auch immer mal wieder Kunst“, sagte er. „Da ist es schön, unseren Kunden so etwas mal zu zeigen“. Im Modehaus Eisenach versucht man sogar einen Nachschlag zu bekommen. Zu der einen Skulptur, die jetzt im Vordergrund der Mannequins steht, könnten gerne noch zwei hinzu kommen, hieß es.

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