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Seit 1995 auf dem Alsfelder Pfingstmarkt: Ein Besuch bei Schausteller Stefan FranzWo Geschicklichkeit belohnt wird

ALSFELD (akr). Stefan Franz ist ein alter Hase, was den Pfingstmarkt betrifft. Seit 1995 ist der 55-Jährige mit seinen Spielautomaten fester Bestandteil des beliebten Alsfelder Volksfestes – eines seiner persönlichen Highlights in seinem überaus vollen Terminkalender als Schausteller. Ein Besuch bei dem Mann, bei dem Geschicklichkeit belohnt wird.

Es ist Mittwochvormittag. Auf dem Platz rund um die Alsfelder Stadthalle laufen die Aufbauarbeiten für den Pfingstmarkt auf Hochtouren. In zwei Tagen steht schließlich die Eröffnung auf dem Programm. Stefan Franz kann mit seinen Aufbauarbeiten aber noch nicht anfangen. Er ist auf der Suche nach dem Elektriker, er braucht Strom. „Ohne Strom kann ich den Container hydraulisch nicht herunterlassen“, sagt er und verschwindet wieder zwischen den Buden und Karussells auf dem Festplatz.

Seit 1995 ist Stefan Franz nun schon fester Bestandteil des Alsfelder Pfingstmarktes. Sein Opa und sein Vater waren ebenfalls als Schausteller auf Volksfesten unterwegs. Immer mittendrin: Stefan Franz. Nach seiner Ausbildung zum Elektroinstallateur arbeitete Franz zunächst im elterlichen Betrieb, ehe er sich im Alter von 22 Jahren selbstständig machte.

Damals aber noch nicht mit seiner Spielhalle „Golden Nugget“, sondern mit einem Pavillon und älteren Modellen der „Münzschieber“, beziehungsweise Münzschiebeautomaten, ehe dann auch noch Greifarmautomaten dazu kamen.

Gleich wird Stefan Franz mit den Aufbauarbeiten beginnen, um den Container in eine Spielhalle zu verwandeln. Alle Fotos: akr

Zwei Münzschieber, zwei Greifautomaten mit größerer Zange sowie drei mit kleinerer verbergen sich gerade noch in dem zwölf Meter langen und 2,5 Meter breiten Container, der sich in wenigen Stunden wieder in eine leuchtende Spielhalle voller unterschiedlicher Gewinne verwandeln wird – von Kuscheltieren und Spielzeugen über Geschirr bis hin zu Elektro-Geräten: Bei Franz wird Geschicklichkeit belohnt, denn es handele sich bei seinem Angebot nicht um Glücksspiel, wie er betont.

Mittlerweile ist der Elektriker eingetroffen. Franz und sein Mitarbeiter Zennek können loslegen. Der 55-jährige Braunschweiger öffnet eine kleine Klappe über dem Nummernschild und bedient dort die Hydraulikhebel, um die Stempel rausfahren zu können. „Die Stempel fahren den Container hoch, dann können wir die beiden Achsen rausschieben“, erklärt er. Ein paar Minuten dauert es, ehe alle vier Stempel fest auf dem Boden stehen und die jeweils zwei Tonnen schweren Achsen unter dem Container hervorgezogen werden können.

Stefan Franz und Zennek ziehen die Achsen unter dem Container hervor.

Nun kann endlich der Container auf den Boden gelassen und ausgerichtet werden. Damit dieser auch wirklich geradesteht, legt Zennek einige Holzscheiben drunter. Mit einer Wasserwaage wird immer wieder kontrolliert. „Es würde schneller gehen, wenn wir zu Dritt wären“, erzählt Franz. Doch auch die Schaustellerbranche habe, wie auch so viele andere, seit der Pandemie mit Personalmangel zu kämpfen.

Zwei anstrengende Jahre

„Die letzten beiden Jahre waren psychisch wirklich anstrengend, man war ja praktisch zum Nichtstun verbannt“, erzählt der Braunschweiger, während er sie Sohlenteile für den Fußboden einhängt. Einfach nur rumsitzen, das kam für den Schausteller aber nicht in Frage. Während andere seiner Kollegen sich beruflich umorientiert haben, verkaufte er zuhause auf seinem Betriebsgelände Bratwürste mit seinem Imbisswagen, der normalerweise auf Weihnachtsmärkten zum Einsatz kommt. „Man hat versucht sich über Wasser zu halten“, sagt er – trotz der Corona-Hilfen vom Staat, die er nicht unerwähnt lassen will.

Ein Blick auf die Automaten. Noch verbergen sie sich gesichert im Container.

Die Zeit der Pandemie hat er auch genutzt, um seine Geschäfte zu renovieren. Franz besitzt nämlich nicht nur die Spielhalle, die gerade auf dem Pfingstmarkt aufgebaut wird, sondern noch weitere Automaten. Deshalb ist er auch etwas unter Zeitdruck, denn nachher muss er nochmal nach Braunschweig fahren, um dort für ein Fest aufzubauen. Das Um- und Abbauen wird übrigens bei den Schaustellern „umsetzen“ genannt, wie Franz verrät.

Etwa vier Stunden dauert es, den Container in die Spielhalle zu verwandeln. „Morgen wird dann den ganzen Tag dekoriert“, lächelt er. Dann stehen nicht nur die Automaten in der Halle, sondern überall sind auch die verschiedenen Gewinne zu sehen – unter anderem die großen Plüschtiere, die mit Sicherheit wieder die Blicke der Kinder auf sich ziehen werden. Noch sind die ganzen Gewinne aber im Anhänger verstaut.

Während Franz noch die Sohleteile für den Fußboden vorbereitet, ist Zennek auf das Dach gestiegen, um die Front aufstellen zu können. Erst ist das Golden, dann schließlich das Nugget zu lesen. Eine persönliche Note hat Franz auf der Front ebenfalls hinterlassen: Die zwei kleinen Kinder, die ganz links abgebildet sind, sind seine eigenen. „Da waren sie natürlich noch viel jünger“, lacht er. Immerhin hat er die Spielhalle „Golden Nugget“, benannt nach dem berühmten Hotel und Casino in Las Vegas, schon seit 2006.

Die Sohleteile für den Fußboden werden nach und nach eingehangen.

Pfingstmarkt als ein Highlight

Der 55-Jährige freut sich, dass endlich wieder der Pfingstmarkt stattfindet. Seine erste Veranstaltung in diesem Jahr ist es aber nicht. Für ihn beginnt die Saison nämlich traditionell im März mit dem Ostermarkt in Salzgitter und endet auf dem Weihnachtsmarkt in Braunschweig. Überwiegend ist er in Niedersachen unterwegs, „mit zwei Ausreißern nach Hessen“, wie er sagt. Das sind Alsfeld und Fulda.

Der Alsfelder Pfingstmarkt ist eines der Highlights in seinem Terminkalender. „Wir haben hier eine starke Schaustellergemeinschaft“, erzählt der Braunschweiger. So wird am Donnerstag traditionell mit allen Schaustellern gemeinsam gegrillt, ehe dann die harten Arbeitstage beginnen. Hier auf dem Pfingstmarkt habe er viele Freundschaften geschlossen. Dieses herzliche Miteinander, auch wenn man sich ein Jahr lang nicht gesehen hat, das ist nur eines der vielen Dinge, die er an seinem Leben als Schausteller liebt.

Seit 2006 hat Stefan Franz seine Spielhalle „Golden Nugget“

Für ihn ist Schausteller zu sein aber kein Beruf, sondern seine Berufung. „Ich liebe den ständigen Ortswechsel, die Arbeit an der frischen Luft, den Kontakt zu den Menschen, dass man immer wieder neue kennenlernt und auch ein Stück weit seine Freiheiten hat.“

Doch Schausteller zu sein, das sei schon lange kein „romantischer“ Beruf mehr, sondern „knallhartes Business“, wie er betont. Die ganze Bürokratie – das sei früher nicht so gewesen. „Es macht aber trotzdem Spaß“, lächelt Franz und verschwindet wieder hinter seiner Spielhalle, schließlich gibt es noch viel zu tun und die Uhr läuft.

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