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Besuch der Ausstellung noch bis 12. Juni möglichAusstellung über Hebammen in Hessen

ROMROD (ol). In kleiner aber feiner Runde fand die Eröffnung der Ausstellung „Hebammen in Hessen. Gestern und heute“ im Romröder Schlossmuseum statt. Gezeigt wird dort der Hebammen-Alltag im Wandel der Zeit. Noch bis zum 12. Juni kann man die Ausstellung besuchen.

Der Vorsitzende des Heimat- und Kulturvereins Romrod, Horst Blaschko, begrüßte die Besucher. Als besondere Gäste konnte er die Romröder Ehrenbürgermeisterin Birgit Richtberg, die Initiatorin der Ausstellung, Monika Hölscher und Marita Metz-Becker von der Universität Marburg willkommen heißen.

Richtberg betonte in ihrem Grußwort die Wichtigkeit der Ausstellung, weil nirgendwo sonst als bei der Hebammentätigkeit Leben und Tod so unmittelbar in einem lebensnatürlichen Ereignis bewusst werden. Hölscher erläuterte in ihrem Grußwort, wie sie das Thema der Landhebammen seit 2016 zunehmend beschäftigt hat.

Durch die weitere Zusammenarbeit mit Metz-Becker, mit Dr. Hartmann vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, mit der Fachhochschule Fulda, dem Landesverband der Hessischen Hebammen und der Servicestelle der Hebammen in Wiesbaden konnte die Ausstellung in der jetzigen Form erstellt werden, heißt es in der Pressemeldung des Heimat- und Kulturvereins Romrod.

Wander der Gebärkultur dargestellt

Im Eröffnungsvortrag mit dem Titel „Wandel der Gebärkultur in Deutschland am Beispiel des Hebammenalltags“ zeigte Metz-Becker, ausgehend von den aktuellen Problemen, welche die Hebammentätigkeit derzeit kennzeichnen, den Wandel auf, welcher der Umgang mit Schwangerschaft und Geburt in den letzten rund 70 Jahren erfahren hat. Die damit verbundenen Auswirkungen auf die Hebammentätigkeit, aber auch die psychologischen und soziokulturellen Aspekte dieses veränderten Umgangs mit dem Lebensereignis Gebären standen im Mittelpunkt ihrer Ausführungen.

Dabei verstand es die Referentin, sehr anschaulich die verschiedenen gesellschaftlichen Phasen des Umgangs mit Schwangerschaft und Geburt aufzuzeigen. Angefangen von der Hausgeburt als dem früheren Regelfall über den durch die medizinisch-technologische Entwicklung und veränderte Kostenerstattungsregelungen geförderten Übergang zur Klinikentbindung als Regelfall, einer kurzen Phase der Rückbesinnung auf die natürliche Geburt ohne Apparatemedizin im Zuge der stärker werdenden Frauenbewegung bis zu den auch in Krankenhäusern weiterverfolgten Methoden der sanften Geburt.

Foto: Heimat- und Kulturverein Romrod

Trotzdem stiegen die medizinischen Eingriffe, allen voran Kaiserschnittraten von mancherorts über 50 Prozent und bundesweit bei 32 Prozent. Auch die sogenannte Periduralanästhesie, die nach Meinung von Hebammen eine zunehmende Abkopplung des ganzheitlich angelegten Gebärereignisses vom Empfinden der Gebärenden zur Folge hat, kennzeichnet diese Entwicklung. Gebären werde so zu einem Ereignis, welches möglichst ohne Schmerzen, aber damit auch ohne die notwendige Unterstützung der Geburt des Kindes durch Wehen und Pressen der Gebärenden trotzdem erfolgreich sein soll.

Diese Entwicklung stößt nicht nur auf die Kritik der Hebammen wie der Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen WHO, sondern auch auf die großer Bevölkerungsteile, die gegen den Missstand der mangelhaften Hebammenversorgung demonstrieren und dazu eine Petition mit über 200.000 Unterschriften an den Deutschen Bundestag gerichtet haben. Deshalb sahen sich die Hebammen im Jahr 2015 veranlasst, ihr Wissen als immaterielles Weltkulturerbe von der UNESCO schützen zu lassen.

Hebammenkreißsaal als möglich ganzheitliches Versorgungskonzept

Es sei erstaunlich, so Metz-Becker, wie es in relativ kurzer Zeit dazu kommen konnte, dass der rituelle Vorgang der Geburt, der als Interaktion unter Frauen – der Gebärenden und der Hebamme – verstanden wurde, sich vollständig dem radikalen Monopol der Medizin unterordnete, um als Resultat ihrer professionellen Leistung definiert zu werden. Dabei werde die traditionelle oder natürliche Geburt zugunsten einer Vielzahl von medizinisch-technischen Eingriffen weitgehend aufgegeben.

Da aber wohnortnahe Entbindungseinrichtungen immer öfter geschlossen werden, bedeutet dies, dass Geburten zunehmend in Kliniken der Maximalversorgung stattfinden, die gerade in dünner besiedelten Regionen nur mittels langer Fahrzeiten zu erreichen sind.

Als ein mögliches ganzheitliches Versorgungskonzept für Schwangere und Gebärende wurde der sogenannte Hebammenkreißsaal vorgestellt, in dem nur bei Bedarf medizinische Geburtshelfer hinzugezogen werden und ansonsten die Geburt wieder als Interaktion unter Frauen – der Gebärenden und der Hebamme – gelebt werden kann. In der anschließenden lebhaften Diskussion wurden viele Erfahrungen, Bedenken und Möglichkeiten zusammengetragen – die Wichtigkeit des Themas wurde dadurch nochmals sehr deutlich.

Ausstellung noch bis zum 12. Juni geöffnet

Noch bis zum 12. Juni immer Freitags 15 bis 18 Uhr, Samstags von 15 bis 17 Uhr, Sonntags  von 14 bis 16 Uhr und nach Vereinbarung über Horst Blaschko, Telefon 0160/95637257 oder Email Horst.Blaschko@t-online.de ist die Ausstellung im Schlossmuseum zu sehen.

Am Freitag, den 20. Mai um 18 Uhr werde im Rahmen des Begleitprogramms Dr. Götz Hartmann am gleichen Ort einen Vortrag zum Thema Geboren in ein bedrohtes Leben: Kinder außerhalb der NS-»Volksgemeinschaft« halten.

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